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st. 127. i4. IchWz. i. Keilllge desNmarts" Kttlmer MlltsblM. z. Inni l8S7. An die grtvevKfchÄfllidi oegnniltvken flu- �ritev und Nubvtteuinnvn Vrulins und Mmgegend. Im preußische» Abgeordnetenhause ist mit Hilfe der national- liberalen Partei eine Bestimmung in das Vereinsgesetz hinein» gekommen, des Inhalts, daß Minderjährige an politischen Vereinen und Versammlungen nicht theilneh in en dürfen. In Zukunft sollen also die Minderjährigen alle Organi- satiouen und Versammlungen meiden. Wird diese reaktionäre Maßregel Gesetz, so ist daS»in neuer Schlag gegen die Gewerkschaftsbewegung, gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter und gegen die Arbeite- rinnen. In die Hände der P o l i z e i- O r g a n e soll hinfort einzig und allein die Eatscheidung und Beurtheilung über die Theilnahme der Minderjährigen, auch an Gewerkschaflsversamm» limge» gelegt werden. Hiergegen gilt eS entschieden Front zu machen. Zillen Gesellen, Gehilfen und Arbeiterinnen unter 21 Jahren wäre der Zutritt zu Vereinen und Versammlungen dann verwehrt; sie könnten nicht mehr über ihre wirlhschastlichen Fragen ge- meinsam bcrathen und gemeinsam an der Besserung ihrer Lage arbeiten. Ein einstimmiger Protest muß erfolgen gegen diesen neuesten Versuch, uns das ohnedies schon so beschränkte Vereins- und Versammlungsrecht noch mehr zu verstümmeln. Herr v. d. Recke sprach den Gedanken aus. welcher die Re- gierung zu dieser Maßregel veranlaßt hat:.man legt in industriellen Kreisen großen Werth auf den Ausschluß der Minder- jährigeu!' sagte er in der Kommission.Die industriellen Kreise", das find die König Stumm und Genossen, die nicht wollen, daß Arbeiter zum Klassenbewußtsein und zu selbständigem Denken ge- langen. Und die nationalliberale Partei, die eine Geldsackspartei ist, hat zu dem Attentat ihren Segen gegeben. Arbeiter, Arbeiterinnen! Die Unterzeichneten fordern die Genossen und Genossinnen der einzelnen Gewerkschaften und Jndustriegruppe» auf, für Mittwoch, den 9. Juni, öffentliche Gewerkschafts- Versammlungen einzuberufen mit der Tagesordnung: Das Attentat ans das Koalitionsrrcht der Arbeiter nnd Arbeiterinnen und die Stellungnahme der Gewerkschaften." Durch massenhaften Besuch der Versammlungen und durch imposanten Massenprotest niüssen die Arbeiter und Arbeiterinnen beknnden, daß sie dies« neue Polizeimaßregel als einen Schimpf kmpfinden, und entschlossen sind, sich nicht vergewaltigen zu lasse». Gleichzeitig wäre zu empfehlen, daß in g a n z D e u t s ch l a» d die Sewerkschaften innerhalb der nächsten zwei Wochen nach- drücklich gegen diese Neuerung des Bereinsgesetzcs Stellung nehmen, daniit dem Produkt deselendesten aller Wahlsysteme" gezeigt wird, wie die Gewerkschaften über das Altentat und die Attentäter urtheilen. Mi Ilarg, Tischler. D u p o n t, Bildhauer. Rüther, Metall- arbeiter. M a s s i n i, Buchdrucker. Hagen , Töpfer. Z e i S k e, Gastwirthsgehilfe. Glocke, Tischler. Niederauer, Schuh- macher. H i n tz e, Kaufmann. Busse. Lederzurichter. E i l l i« r. Steindrucker. Börner, Tabakarbeiter. Timm, Schneider. S i lb er s ch m i d t, Maurer . Th. Fischer, Zimmerer. Nörsten, Metallarbeiter. Rein, Hausdiener. Vogel, Putzer. W i n k l e r, Bildhauer. Treue, Textilarbeiter. Fried meyer, Tapezirer, H ä n i s ch. Glasarbeiter. IM. Die Genoffen werden ersucht, für den 9. Juni keine andere Versammlungen einzuberufen. t». tr. Mitzoiv. Achter Verhandln ngstag. Mittwoch, d e n 2. I u n i. Redakteur Bcrger von derStaatSbiirger-Zeitnng". Zeuge: Kurz vor Beginn des Leckert-Prozesses hat ein Herr, der ein Rechtsanwalt zu sein schien, in einem Pferdebahnwagen geäußert:Infolge des Prozesses wird ein höherer Polizei- be amter fliegen." Aus mein Befragen setzte e» hinzu:Dr Levysohn hat ihm mit einer Postkarte ein Bein gestellt." Auf meine Frage, welcher höhere Beanite das sei, erhielt ich keine Antwort; als ich nieinte, ob der Name vielleicht mit v. T. beginne, nickte mir der U» b e t a n n t e zu. Der Zeuge verneint die Frage des Vorsitzenden, ob von Tausch zemals versucht habe, direkt oder indirekt derStaatsb.-Ztg." politisch« Inspirationen zu übermitteln. Redakteur Griittcfien vomBerliner Tageblatt" bestätigt, daß Dr. Levyioh» am 21 Ottober abends im Lesezimmer der Rekaktion eine Unterhaltung mit v. Tausch gehabt habe. Er sei nicht im Zimmer gewesen, aber als v. Tausch sich entfernt, habe ihm Dr. Levysohn in einer flüchtigen Begegnung mitgetheilt, d. Tausch dagewesen fei und sich bemüht habe, den v. L Ü tz o iv weiß z u waschen und den Leckert als Haupt- schuldigen hinzustellen und schließlich habe Tausch gesagt: Leckert soll auch im Auswärtigen Amte empfangen worden sein. Präs.: Waren Sie durch die Mittheilung überrascht? Zeuge: Ja, aber weniger durch die Thatsache des Empfanges Leckert's im Auswärtigen Amle, als durch die Be- slätigung dieser Thalsache durch eine Person mit amt- lichem Charakter. Präs.: Haben Sie vielleicht schon vorher einmal mit Herrn Levysohn über die Thalsache des Empfanges Leckert's im Auswärtigen Amte gesprochen? Zeuge: Nein. Präs.: Hat Levysohn Ihnen diese Thalsache als Schluß- solgerung seiner Unterhaltung mit Tausch oder als direkte Wieder- gäbe einer Tansch'schen Aeußcrung mitgetheilt? Tausch habe zwar zugegeben, von Leckert, vom Auswärtige» Amte gesprochen zu haben, vielleicht auch darüber, was jetzt alles erzählt werde, aber diese Aeußerung habe Tausch bestritten. Zeuge: Ich kann nur wieder- boten, was ich gesagt habe. Der erste Theil der Levysohn'schen Mittheilung: Tausch habe Lützow reinwaschen wollen, sei ja eine Schlußfolgerung, der zweite Theil: daß Leckert im Auswärtigen Amt empfangen worden sein soll, war die Wiedergabe einer T h a t s a ch e. Präsident: In der Vorvernehmung hat der Zeuge be- kündet, daß Tr. Levysohn's Aeußerung dahin ging:Leckert soll doch im Auswärligen Amt empfangen werden." Diese Version klingt wie die Bestätigung einer frühere» Nachricht, die Levyiohn schon bekannt war. Zeuge: Das Wörtchendoch" rührt vom Untersuchungsrichter her, der es einsügle, weil er sagte, ihm fehle ein Wort zur Herstellung des Zusammen- Hanges. Präs.: Aber uns fehlt es doch nicht. Und Si« haben das Protokoll doch in dieser Fassung, die einen anderen Sinn hat, unterschrieben. R.-A. Dr. Schwind t: Wird der Zeug« im Auswärtigen Amt empfangen? Zeuge: DasTageblatt" erhält zahlreiche Privattelegramme, ich bearbeite den Theil der auswärtigen Politik und halte es für meine Pflicht, mich erforderlichen Falles im Auswärtigen Amt zu erkundigen, ob die un? gemeldeten Nachrichten zutreffend sind. Wenn nun etiva durch die Frage des Vertheidigers angedeutet werden soll. daß dasBerliner Tageblatt" intime Beziehungen zum Auswärtigen Amt habe oder ich im Interesse des Auswärtigen Amtes gegen den Angeklagten eingenommen sein könnt«, so muß ich bemerken, daß dies nicht der Fall ist. Ich bin gegenwärtig sogar vom Aus- wärtigen Amte verklagt worden. Präs.: Der Herr Zeug« kann eine ganz genaue Wiedergabe der Worte deS Dr. Levysohn uns nicht mehr bringen. Wir haben hier, wo der Angeklagte unter der schweren Anklage des Meineides steht, natürlich die Pflicht, auf daS Minutiöseste zn prüfen, in wie weit er seine Eidespflicht verletzt hat. Rechtsanwalt Dr. S« l l o: Ich möchte dem Zeugen folgend« loyal« Erklärung abgeben: Wir machen ihm keineswegs einen Vorwurf daraus, daß er im Aus- wärtigen Amte empfangen wird; wir heben dies nur immer wieder hervor, daß eS psychologisch nicht wahrscheinlich ist, daß sich der Angeklagte mit einer Bemerkung, die das Auswärtige Amt diskreditiren mußte, gerade an diejenigen wenden wird, die zum Auswärtigen Amte so freundliche Beziehungen unterhalten. Schriftsteller HanS Krämer. Präs.: Sie sollen seinerzeit Ihr Erstaunen ausgedrückt haben, daß v. Tausch unter seinem Eide bestritten habe, politische Artikel inspirirt zu haben. Zeuge: Nein, ich habe nur meine Berivun- dernug darüber ausgedrückt, daß v. Tausch unter seinem Eide die Frage des Vertheidigers, od er über den Gesundheits- zustand des Kaiser? Mittheilungen an Journalisten gemacht habe, verneint habe. Ich möchte aber etwas vorausschicken und will das sehr lebhaft betonen, daß ich nicht f r e i w i l l i g als Zeuge gegen den Angeklagten v. Tausch erscheine, sondern daß dies die Folge eines Gesprächs ist, die ich in einem Privatkreise von 4 oder S Personen gehabt habe und das, wie ich annehme, durch Denunziation der Staatsanwallschaft bekannt geworden ist. Ich bin darauf zur Vernehmung vor den Untersuchungsrichter geladen und dort sofort vereidet worden. Meine Papiere, die in der Anklage verwerthet sind, habe ich wider meinen Willen Heransgeben müssen. Am zweiten oder dritten Tage des Leckert- Prozesses wurde in dem Privatkreise, den ich vorher erwähnte, der Bericht über die Verhandlung vorgelesen, nnd da drückte ich meine Verwunderung darüber aus, daß v. Tausch unter seinem Eid« be- stritten haben sollte, jemals Berichte über den Gesundheitszustand Sr. Maj. des Kaisers in die Presse lancirt zu haben. Dies wider- sprach nieiner eigenen Erfahrung. Wie V. Tausch mit Journalisten anknüpft. Zeuge: Ich bin mit Herrn v. Tausch nur etwa dreimal in Berührung gekommen. Er ließ mich eines TageS am 17. März 1894 vorladen und fragte mich, ob ich geneigt wäre, eine Anfrage, die er im Auftrage S r. Maj. an mich richten wolle, zn beantworten. Ich sagte:Ja, soweit ich kann und soweit es sich mit meiner Ehre verträgt." Er hielt mir dann vor, daß in den Zeitungen die Nachricht gestanden habe, daß die H a r d e n' sche Zukunft" an den Grafen Henckel v. Donnersmark verkauft worden sei. Der Kaiser, so sagte er, sei sehr empört darüber, daß einer unserer ersten Magnaten gerade diese Zeitung ankaufen sollte und habe Befehl gegeben, daß die Sache sofort untersucht werden solle. Ich frug ihn: Wieso kommen sie da gerade zu mir? v. Tausch sagte mir, er habe geglaubt, von Dr. Levysohn Auskunft zu er- halten, dieser habe ihn aber an mich gewiesen, da ich an derZn- knnft" betheiligt sei, was nebenbei gesagt nicht wahr war. Ich war der Meinung, daß es im Interesse Hardens und deS Grafen Henckel v. Donnersmark liege, schleunigst Aufklärung zu verschaffen, ich fragte sofort bei Harden an und dieser erklärt« die Nachricht für durchaus unwahr, er denke gar nicht daran. Tausch sagte, die mündliche Auskunft reiche nicht ans, es wäre seiner vor- gesetzten Behörde angenehm, etwas Schriftliches zn erhalten und da habe ich ihm denn den kleinen Zettel mit der Auskunft Harden's. der bei den Akten liegt, auf kurze Zeit überlassen. Er schickte ihn mir dann mit Dankeszeilen zurück. Zu den Akten hat Tausch aber erklärt, er habe von mir keine Auskunft erhalten. Wie V. Tausch mit LandSlenten sichnnterhält". Nachdem diese Frage erledigt war, sah er auf dem Tisch ein Werk von mir über den Fürsten Bismarck liegen und wir kamen in ein Gespräch, welche? einen gemüthlichen Cha- r a k t e r trug und mit der Bemerkung Tausch's eingeleitet wurde. daß wir ja als Süddeutsche Landsleute seien. Ich drückte mein Erstaunen darüber aus. daß Se. Majestät der Kaiser sich um solche Kleinigkeiten, wie der Verkauf derZukunft" doch für ihn sein müsse, bekümmere, v. Tausch erwiderte: Ja, Se. Majestät ist eben sehr nervös, sehr aufgeregt. Gerade damals im März war die Presse überfluthet mit Nachrichten über den Gesundheilszustand des Kaisers. Gerade zwei Tage vor dieser Unterredung hatte der offiziöseHamburger Korre­spondent" alle jene Nachrichten entschieden dementirt. Ein Blatt begleitete dann dieses Dementi mit der Bemerkung, die offiziös« Presse wolle nur verschleiern. Ich gebe nun gern zu, daß ich das Gespräch auf de» Gesundheitszustand de? Kaisers brachte. Da sagte mir v. Tausch: Der Gesundheitszustand des Kaisers ist allerdings sehr schwankend, wenn eS auch abgeleugnet wird. Thatsache ist, daß der Kaiser ernstlich krank ist und sich in Abbazzia einer Ohrenoperation durch Geh. Rath. v. Bergmann unterziehen niuß. Er drückte sich dabei ganzbestimnit auS. Er»ahm sogar ein Blatt Papier und zeichnete mir eine Stell« auf, wo hinter dem Ohr des Kaisers sich an- geblich«in Eiterherd nach Innen gebildet haben sollte, der un­bedingt einen operativen Eingriff nöthig mache. Wenn v. Tausch fragt, wieso er dazu kommen soll, einem wildiremden Menschen, den er zu», ersten Maie sehe, eine solche Mittheilung zu machen, und wenn er behauptet, daß nicht er mir, sondern ich ihm Mit- theilunge» dieser Art gemacht Hab«, so ist es doch schon von vorn- herein ganz unwahrscheinlich, daß ich einem Kriminal- kommissar gegenüber solche Mittheilungen machen würde, die er sofort amtlich gegen mich verwerthen könnte. Der Präsident will Thatsache«. Präs.: Beschränken Sie sich auf Thatsache». Sie müssen die Situation v. Tausch's berücksichtigen. Er stand damals, als er das von Ihnen sagte, unter der Anklage des Meineides und ver- theidigte sich, vielleicht nicht sehr geschickt, weil er alles ab- leugnete. Wenn aber jeder, der mit einem Journalisten spricht, gleich ohne weiteres in Verdacht kommt, er wolle Nachrichten in die Presse lnnciren, dann ist jeder in diesem Verdacht. Haben Sie irgendwie verrathen, daß Sie beabsichtigen, das Gespräch in die Presse zu bringen? Zeuge: Ich glaube nicht; ich hatle auch nicht die Empfindung, daß v. Tausch beabsichtigte, diese Nachrichten in die Presse zu dringen. Aber wenn er sie einem Preß- Vertreter niittheilt, muß er das gewärtigen, zumal in einer Zeit, wo die ganze Presse von solchen Mittheilungen voll ist. Präs.: Haben Sie Ihre Mißbilligung über solche Preßnachrichten ausgesprochen? Zeuge: Dazu lag kein Anlaß vor; damals wurden diese Nachrichten in weiteste» Kreisen geglaubt. Präsident: Wenn Tausch annahm, daß Sie solches Treiben mißbilligen, dann lag die Sache für ihn anders, dann konnte er nicht an Veröffentlichung Ihrerseits denken. Zeuge: Nein, mit keinem Worte sprach ich meine Mißbilligung auS. Was Herr v. Tausch weiter zu erzählen weiss. Präs.: Welches Interesse hatten Sie a» solcher Mittheilung über den angeblich schlechten Gesundheitszustand des Kaisers? Zeuge: I» den weitesten Kreisen war der Glaube verbreitet, daß der Kaiser krank sei. Ich war mehrfach von meinen Zeitungeu aufgefordert worden, ebenso wie die anderen Blätter, etwas über den Gesundheitszustand des Kaisers zu bringen. Natürlich mußte ich annehmen, daß Herr».Tausch gut unterrichtet sei und deshalb konnten mir seine Informationen nur an- genehm sein. Als ich dennoch einen Ausdruck des Zweifels fallen ließ und ihn fragte, wieso er über diese Krankheit so gut unterrichtet sei, machte Herr v. Tausch in renommistischem Tone und mit der Miene eines Mannes, der wohl zeigen wolle, welche wichtige Person er sei, die Aeußerung: Aber ich bitte Sie, ich bin von allem unter- richtet, ich habe Se. Majestät in Abbazzia mit einen, Netz von Spionen umgeben. Jedes Wort, auch wenn es italienisch gesprochen wird, wird mir hinterbracht. Präs.: Sie müssen nur einräume», daß diese Aeußerung einem Herrn von der Presse gegenüber, dem ja eigentlich eine berufsmäßige Indiskretion obliegt, so ausgefaßt werde» kann, als sei es aus eine Ver- öffentlichnng abgesehen. Zeuge: Soweit es sich um Sachen von allgemeinem öffentlichen Interesse handelt, gebe ich dies zu. Präs.: Warum unterschieden Sie denn so genau, was Sie von dem Gespräche in die Oeffentlichkeit bringen wollten und was nicht? Warum brachten Sie denn die Benierknng des Herrn v. Tausch in betreff der Spione nicht auch i» die Presse? Zeuge: Das war nicht von öffentlichem Interesse, wie der Gcsundheitsztlstand des Kaisers. Ich würde mich in diesen» Falle sogar einer Beamtenbeleidigung schuldig gemacht haben. Außerdem kam doch auch die Quelle für meine Nachricht in betracht. Beim Ohrenleiden des Kaisers konnte ja ein Arzt meine Quelle sein, bei der Nachricht, daß der Kaiser in Abbazzia von einem Netze von Spionen durch einen Polizeikommissar umgebe» sei, mußte jedes Kind wisse», daß ich diese Mittheilung von Herrn v. Tansch hatte. Präs.: Sie brauchte» ja einfach nichtsj von einem Kriminal- kommissar zn schreiben. Ter Oberstaatsanwalt will diese ZeugenauSsaae wiederholt haben. Oberstaatsanwalt: Ich bitte den Präsidenten, den Zeugen zu ersuchen, das wesentlichste seiner Aussagen nochmals im Z u s a m n» e n h a n g e, ohne Unterbrechungen und ohne N e b e» b e in e r k u n g e n zu wiederholen. Der Zeug« wiederholt seine Ansführuitgen und fügt hinzn: Als Beweis für seine gute Unterrichleiheit erzählte mir v. Tausch und es ist mir sehr unangeuehin.Z dies hier zu berühren einen Vorfall vom 24. Januar 1893, wo Flügeladjutant Gras Moltke anläßlich der Wiederversöhniuig des Kaisers mit Bismarck nach Friedrichsruh «.... Der Präsident«nterbricht den Zcngen. Der Präsident erklärt sodann, daß es lediglich darauf ankomme, ob v. Tausch seine Eidespflicht verletzte, als er bestritt, daß er Artikel politischen Inhalts in die Presse lancirt hat. Wir z iv e i f e l n ja nicht a n Ihrer D a r st e l l u n g, aber hier handelt eS sich blos um diesen Vorwurf. Auch eine weitere Mittheilung ebenso indiskreter Aeußerungen liefert hierfür den Beiveis nicht. Oberstaatsanwalt: Wir gehe» hier nicht von der Ansicht aus. daß v.Tausch gerade diesen Zeugell zur Lancirnng politischer Artikel veranlaßle, sondern die Aussage dieses Zeugen ist deshalb allein wichtig, da daraus entnommen werden soll, ob es glaubwürdig ist, daß der Angeklagte v. Tausch auch seinen Agenten v. Lützow veranlaßt hat, Artikel über den Gesundheitszustand des Kaisers in die Presse zu bringen. Ich glaube Lützow eben nur, wenn seine Angaben durch andere Thatsacheu bestätigt werden. Zweifellos hat v. Tausch in der taktlosesten und un v e r a n t>v o r t- l i ch st e n Weise Bemerkungen über den Gesundheitszustand des Kaisers gemacht. Präs.: Dann würde also die Mittheilung des bisher Gehörten genügen. O b e r st a a t s a n w a l t: Wir sind auch mit der V e r t h e i d i g u n g v. Tausch einig, daß die Mittheilung von vielleicht noch taktloseren Aeußerungen Herr» v. Tausch nichts nützen werden. Rechtsanwall S e I l o: Wir geben zu, daß v. Tausch sich in dieser anderlhalbstündigcn Privat« Unterhaltung mit einem Landsmann höchst taktlos benommen; wir geben auch zu, daß v. Lützow und v. Tansch in außerordent- lich vertraulichem Verkehr gestanden und sich auch so unterhalten haben. Rechtsanwalt Lubszynski: Ich halte es doch für meine ernsteste Pflicht, auf die Roth- wendigkcit hinzuweisen, daß alles, was diesen Punkt betrifft, von dem Zeugen in der eingehendsten Weise erzählt wird. Es ist doch besonders für die Glaubwürdigkeit des Angeklagten von Lützow von der größten Wichtigkeit, daß ein Zeuge sich genau über die ihm von v. Tausch gewordenen Informationen so ausläßt, wie v. Lützow angiebt, daß er sie hat in die Presse bringen sollen. Präs.: Es hat doch keinen Sinn über Dinge zu verhandeln, die nur der Phantasie des Angeklagten v. Tausch entsprangen. Rechtsanwalt Lubszynski: Ans der kurzen Andeutung des Zeugen ersehe ich. daß v. Tansch genau dieselbe Mittheilung an den Angeklagten v. Lützow gemacht hat. Ich stelle a n h e i m, die Oeffentlichkeit so lange auszuschließen. Präs.: Das geht nicht. Wir würden damit allen möglichen Kombinationen freien Spielraum lassen. Es handelt sich hier nicht um Slaatsinteressen, sondern nur um die Behandlung einer delikaten Frage. v. Tausch: Ich habe niemals v. L ü tz o w eine solche Mittheilung gemacht und muß annehmen, daß Herr Rechtsanwalt Lud- szynSki seine Wissenschaft von den» Zeugen Krämer hat. Rechtsanwalt Lubszynski: Ich erkläre, daß ich den Zeugen Kränier heute zum ersten Male sehe. Angekl. v. Lützow : Herr Präsident, ich appellire an Ihre Gerechtigkeit. Für mich ist es von der höchsten Wichtigkeit, daß mir mehr oder mindestens ebenso viel Glauben geschenkt wird, wie Herrn v. Tansch. Ich habe genau dieselbe Angelegenheit bereits vor zwei Monaten dem Staatsanwalt zweimal initgetheilt, einmal auf seinem Zimmer, das andere Mal in meiner Zelle, ebenso meinem Vertheidiger, nnd ich habe Herrn Krämer nie in meinem Leben vor diesem Prozeß gesehen. Oberstaatsanwalt: Ich stehe ebenso wie der Herr Präsident auf dem Standpunkte, daß es Sache des Talles und des Anstandes ist, zu entscheiden, ob was zur Veröffentlichung in der Presse geeignet ist. Im übrigen gehe ich von der Voraussetzung aus, daß v. Lützow erreicht hat. was er erreichen wollte. An der Glaub w ü r d i g- k e i t des Zeugen Krämer wird hoffentlich von keiner Seite ge- zweifelt, und nur, wenn irgend ein Zweifel an der Glaub- Würdigkeit dieses Zeugen in irgend einem Punkte nicht erhoben würde, würde ich auf weitere Zeugen hierüber verzichten; es kann und muß a n g e n o m m e n werden, daß v. Tansch sich ebenfalls dem Angeklagten v. Lützow gegenüber derselben Indiskretionen schuldig gemacht hat, und dabei ist es gleichgillig, ob sie zum Zwecke der Veröffentlichung mitgetheilt wurden. Ich muß auch hervorheben, daß in den Akten auch nicht der geringste Anhalt dafür vorhanden ist, daß der Zeuge sich selbst angeboten hat. Ich habe erst durch einen indirekten Schluß den Namen des Zeugen erfahren. Es sollte der Herausgeber eines hochpalriotischen Werkes fein und dadurch bin ich auf den Zeugen gekommen. Rechts­nnwalt Lubszynski: Mit dieser Erklärung des Herrn Ober- staatSanwalls halte ich diesen Punkt für erledigt. Angeklagter