tat 13. Marz nachmittags, auf dem Hofe de» Ostbahnhofe», von Mannschaften der 2. FreinnlUgen-ESkadroa de» Husaren-Regiment» 8, drei M-inner erschossen, lediglich auf Grund der Tat» fache, dah man in ihren Wohnungen Waffen gefunden hatte. Der Erschießung ging eine kurze, standrechtliche Verhandlung dovau».' Dieser zweite DivistonSbefehl wurde bei der Garde- Kavallerie-'Ähützendiviswn bereits lvemge Stunde« nach der Veröffentlichung de» Roske-ErlasseS bekanntgegeben. Die Truppe, die zum großen Teil aus Offizieren und Afpi- ranten besteht, ncchm den Befehl mit a�l l g e m e i n e r B e- friedigung auf. In der Nackt von DienStag zu Mitt» woch. wurde auf der Oberbaumbrücke ein Mann wegen mir unbekannter Sandlungen erschossen und von den Mann- schalten der obengenannten Formation unter den rohesten Witzen(Du Aas. mach dir doch nicht so steif) ia die Spree gevorsen. Der Zeuge, der au» bürgerlichen K-reisen stammt, ist bereit, durch Eid zu bekunden, daß der obengenannte Divi- stonsbefebl den Angehörigen der Garde-Kavallerie-Schützen- hivision bekanntgegeben worden ist. ES ist also erwiesen, daß die OffizierSfttmerilla auf eigene Faust Befehle erläßt und nach ihrem Gutdünken durchführt. Viele Menschen- fcben find auf Grund diese» fürchterlichen Befehl» getötet worden. ES waren Unschuldige. Wir verlangen daher, daß die Diviston wogen diese» Befehle» zur Rechenschaft ge- zogen wird. Das Slandrechl. M? haben zu wiederholten Malen berichtet, daß auf Grund de» Stand..r«cht»* in Berlin Leute erschossen war- den find, in deren Häusern man bei der Durchsuchung Was- fen gefunden hat. ohne daß nachgewiesen werden fonnte. daß di« Leute damit auf RegierungStruppen geschossen haben. Die» wird jetzt auch durch eine Zuschrift bestätigt, die der Rechtsanwalt W i t t n e r im»Berliner Tageblatt" veröffentlicht. Darin heißt e»: »Heute abend gegen S Uhr hörte ich. daß im Hause Holz- »arktstriße 61 ei« Mann namen» Sbrahamsohn auf Be- fehl«ine» Offizier» erschossen worden sei. weil er den Besitz von Waffen verheimlicht Hab«. Ich versuchte, nähere Feststellungen zu machen, weil ich«in« Ueberschreitung der B«- fugniss« vermutete, und erfuhrPdaß e» sich um einen Mann »on über 60 Jahren handeln soll, der erst kurz vorher von einer stranBhei» genesen sei; er habe den Besitz von Waffen ge- leugnet; al» darauf trotzdem Waffen und Munition In seiner Wohnung oder einem dazu gehörigen Räume gefunden worden seien, sei der Mann auf Befehl de» Offizier» im Hofe erschossen worden. Die» wurde mir von Hau»bowohnern erzählt, die noch hinzufügten, daß der Mann sich keine»»««» »«wehrt habe.' Herr Wittne? ist bei dem Gespräch, da» er zur Fest- stellung de» Tatbestände» mit den Bewohnern des betreffen- den Haufe» führte, verhaftet worden,„weil er die Leute aufhetze." Da»»Tageblatt" zweifelt trotz des mit- geteilten Tatbestände» daran, daß derartige Erschießungen dar genommen worden find. Nun, sie find tatsächlich er- folgt. Und zwar auf Grund de» Befehl» der Gavde-Ka- Vallem-Sck>ützertdiviston. die sich erlaubt hat, den NoLke- Erlaß in chrem Ginne zu ergänzen. Die siegleningslruppen. Im Leitartikel seiner gestrigen Morgennummer«rfucht der »vorwärt»' die RegierungSlruppen zu verteidigen. Sr schreibt: S» wäre natürlich Unfln». leugnen zu wollen, daß auch auf d« Seite der Regierung«iruppen Dinge vorgekommen sind, die jeden billig Denkenden mit tiefstem Abscheu und Snt- rüstung erfüllen müssen. Gi« haben in mehreren Fällen Vere-n». und versammlu««»recht»ergewa l- ti a t. und die verantwortlichen müssen de»hokb schonung»Io» bestrast werden,«der e» ist tatsch und ungerecht, sich rückhalt. los die radikalen, blutrünstigen Phrasen zur Verächtlich- «achung der Regierungltruppen zu«igen zu machen. Da» Schlimmst« also, wa» der.vorwärt»" den Regierung». kuppen vorzuwerfen hat, ist. daß sie da» verein», und ver- fammlung» recht vergewattigt haben, weich harmlase» Gemüt! Matrosen, die sich ihr« Löhnung holen, Zahlmeister, die sie au»- zahlen wollen, werden ermordet. Zwei Männer, die Stiele wn Handgranaten in der Wohnung haben, werde« er- schössen Ander« auf Denunziatton böswillige. Hau»- bewohn« hin au» den Betten geholt und ohne Prstfnng erschaffen. All« dies« Fälle find durch Zeugen de- stätigt und««Viesen. Aber da» ist für den.««wärt»' gegen- über der Störung von Versammlungen unbedeutend. Auch vir find Veit entsertn davon, jede« einzelnen Soldaten, der bei den R«gi«rung»truppeu kämpft, für»inen Verbrecher zu halten, der mordet, weil er Wollust darüber empfindet.«» Sozialdemokraten wissen wir viel zu gut. daß da» «che der Fall ist. Wer wir wissen, daß durch die b>»***" ßt g st e Propaganda, durch die«ufpeitschung aller Leidenschaften. durch di« Verbreitung von Lügenmeldungen aber die Unmenschlichkeit der Spartakisten und nicht zuletzt durch in« Von der Regierung erfundenen und verbreiteten tzEveuel Nachrichten von dem Lichtenbeeger Beamte ninord, die Truppen in eine Stimmung versetzt worden stnd. in der sie. u n z u- rechnungsfähig. Schandtaten begehen, die die vernünftigen unter ihnen gewiß selbst bedauern. Hinzu kommt, daß st« durch vier Jahre de» Kriege» mit allen Mitteln der milttarrschen Hetze zu ihrem unmenschlichen Handwerk erzogen stnd. Und nun werden dsme durch Krieg und Verhetzung irregelei- teten Soldaten noch offiziell zu Mord und Totschlag augetrieben. Der Ltandrechtserlaß verbietet ihnen gcraoezu, da« Leben ihrer Gefangenen zu schonen; ste werden geradezu auf. gefordert, wehrlose Menschen niederzuschießen. Solche grau- samen Befehle find nicht einmal im Kriege gegeben, wenig- ften» nicht offiziell.,.,• Statt also die im Krieg verwilderten Soldaten zurückzuhalten Und zu beruhigen, putscht NoSke sie noch aus und g-bt dann in die Hand dieser aufgeregten und aufgeputschte» Soldaten da» Leben der Berliner Bevölkerung. Sz ist daher doppelte Pflicht der Presse, die �'ß' � Leberanfse die Grausamkeiten und Untaten der RoSkesoldaten an» Licht zu ziehen. Der.vormärt»' ist durchaus im Unrecht. wen» u glaubt, darüber schweigen zu dürfen. Wer Verbrechen vertuscht, macht sich mitschuldig,»rst am Sonnabend abend, also »»chd«» di« bürgerliche Presse bereit, gegen dte willkürlichen«rschietzunge» p'-tefti-rt halte, fleht er fich v�aalaßt. seinen Lesern von zwei der»teten Füll« KtinAni, zu geben. Sie Retler veriins. Wie das nach Herrn Justizminister Heines Worten auf einem Mißverständnis beruhende Stondrecht in Berlin von den NoSkegarden ausgeübt wird, davon haben wohl weder Her? NoSke, noch Herr Heine eine Ahnung. Ja, wir müssen gestehen, daß wir selbst-nicht geglaubt hätten, daß diese» blinde Wüten der Regierungstruppen einen so großen Um- sang angenommen hat. wie eS in Wirklichkeit der Fall ist. Unsere Redaktion wird andauernd bestürmt von Besuchern. die darüber zum Teil geradezu erschreckende Mitteilurigen machen. Manche der berichteten Vorfäll« klingen unglaub- lich, erweisen fich aber, sobald wir dieselben näher unter- suchen lassen, als durchaus wahr. Man kann e» nicht für möglich halten, daß eine Regierung damit einverstanden sein kann, daß ihre Truppen in einer derartigen Weise auf die Menschheit losgehen. Es kann sich nur darum handeln. daß sich innerhalb der Freikorps Elemente, und zwar in nicht geringer Zahl, befinden, die durch den Krieg gänzlich verroht find, und die nicht ander» als im Blutrausch leben können. Mit aller Dringlichkeit muß deshalb von neuem gefordert werden, daß das Standrecht sofort beseitigt wird, und außerdem die Regkerungstruppen, die mehr Unruh« al» Ordnung in Berlin geschaffen haben, zurückgezogen werden. Geschieht da» nicht, dann muß man annehmen, daß nicht die Aufrechterhalwng von Ruhe und Ordnung die Aufgabe dieser Truppen ist. sondern daß mit ihrer Hilf« die gcgenrevolutionären Kreise ihre alten ver- lorenen Machtpositionen wieder aufrichten wollen. Wir lasten nun hier wieder eine Reihe der Schilde- rungen folgen, die ein Bild geben von den Grausamkeiten, durch die sich die Regierungstruppen in Berlin auSgezeich- net haben. Ein Augenzeuge erzählt, daß er am Mittwoch die von RegierungSt? Uppen besetzt gehalten«, für Fußgänger gesperrte Overbaumbrücke passieren wollte, aber mit den Worten:.Zurück, marsch, marsch!' abgewisien wurde. In dem'soiden Augenblick knallten auch schon einige Flintenschüsse, und ein in der Nähe stehender alter Manu sank ge- troffen zu Boden. Der Zeug« rettete sich in«in nahe- gelegene» Nesiaurant.. Dort erschien eleich darauf«in Unter- offizier, der in barschem Ton« erklärte:.W er noch einmal seinen Kopf au» der Tür her au» st r e ck t, wird sofort erschossen;«» ist Belagerungszustand, und ich habe e» jetzt bald satt mit euch Sippschaft!' M» einer der Gäste nur äußerte:.Ranu'. da nahm der Held da» Gewehr iu Anschlag und schrie:.Wer spricht da noch?' und drohte zu schießen. Tin anderer Augenzeuge teilt un» mit. daß am Mittwoch vormittag am Markgrafendamm an der Stralauer Allee»in Trupp von sechs Soldaten, der dort die Straße abgesperrt hatte, nach Mgeben einiger blinder Schüsse auch einige scharfe Schüsse abgab, wodurch die Tochter«ine» Molkereib« sitzer» und ein achtjähriges Kind getötet und außerdem vier Personen verwundet wurden. Der darauf zur Rede gestellte Offizier, der den Trupp besehligt«, erwiderte, daß e, Befehl sei; wenn e» heiße:.Straße frei!', so habe keiner da» Recht, sich auf der Straße sehen zu lassen. von anderer Seite wird un» folgender Vorgang mitgeteilt: Am Donnerstag abend gegen VX Uhr kamen sechs Regierung«- soldaten(anscheinend drei Offiziere und drei Mann) mit»oei Männern vor fich hergehend, von der Schönhauser Allee in di« Eantianstraß« biegend. Am Durchgang bei dem Geräteschuppen angelangt, bosahlen sie den beiden, diesen Gang zu gehen. Nach ungefähr fünfzig Schritten riefen sie den Männern zu. stehen zu bleiben. Der ein« von ihnen sagte noch mit lauter Stimme: .Was wollen Sie denn von un», wir haben doch nicht»' und streckte beide Arme von sich. Währenddem hatten fich die.Unerbittlichen' in einenz Halbkrot» ausgestellt und dernochetenSprechende sank von sech» Kugel» getroffen zu Bode». In seiner Todesangst lief nuu der ander« davon, brach aber ebenfall» nach kurzem Lauf getroff«» zu- s a m m e n. Nachdem sie sich überzeugt hatten, ob die.Gerich- teten' auch wirklich tot sind, entfernten fich di«.Bollstvecker' un- bekümmert um di« Leichen, viner von ihnen äußerte noch Im Weggehen:.Donnerwetter, ich habe aber gleich losgedrückt!"— Den ganzen Vorgang hatte ein unfreiwilliger Zeuge unbemerkt au» nächster Nähe mit angesehen. Er und ein de» Wege» kom- mender Unteroffizier nahmen sich der Leichen an und brachten sie nach der Unfallstation in der Gaudhstraße. Al» sie am andern Morgen zur Protokollaufnähm« auf der Polizeiwache erschienen. wurde ihnen gesagt, sie könnten wieder gehen, denn die Erschösse- nen seien al» Spartakisten erkannt und standrechtlich erschossen worden. Auffällig ist, daß bei den Erschossenen keinerlei Wert- fachen mehr vorgefunden wurden. Der eine war«in großer, kräf. tiger, blonder Mann von etwa 40 Jahren, mit starkem Schnurr- bart; er trug schwarzen Paletot und ebensolchen Hut. Der andere war von mittlerer Figur, hatte dunkle» Haar und kleinen Schnurr. bart; er war etwa«5 Jahre alt; bekleidet war«r mit einem grauen Paletot. Bei der Schießerei wurd« auch noch ein« Frau von einem verirrten Geschoß durch Beinschuß schwer verletzt. Au» Weißens«« wird un» mitgeteilt, daß auf einem Ge- lande, da» die Berliner Kartoffelmieten enthält, scharfe Schüsse zum verscheuchen von Kartoffeldieben abgegeben wurden, obwohl Schreckschüsse auch genügt hätten. Da- bei wurde ein u n b e t e i l« g t e.r M a n n, der dort zufällig vor- überging, schwer verletzt. Da fortwährend gefeuert wurd«, war«» nicht möglich, dem verwundeten Hilf« zu leisten. Al» später die Feuerwehr kam, um ihn abzuholen, war der Rann verblutet. Im Zusammenhang mit der cm anderer Stelle unsere» Blattes nochmals-geschilderten Ermordung der Matrosen steht die folgende Zuschrift: Der Sohn»ine« Steg- litzer Hauswirtes, der der Volk»marine-Dtviston ange» hörte, ging am 11. Rärz, also an dem Tage, wo die Matrosenerschießungen pattfanden, zur Französischen Straß«, um sich dort seine Lohnung abzuholen- Sa kam jedoch nicht wieder nach Haus«. Die«tern fanden ihren Sohn al» Leiche im Leichenschau. haus wieder Ein RWenschu» hatte da» Her» durchbohrt. Nach Angabe der Citern ist ihr Sohn in Zivil in die Französische Steahe gegangen. Waffe,' oder Militärvapicre führte er nicht bei fich. Sr hatte nur einen Anmeldeschein, der von der Ort». Polizeibehörde audqesteM war und einen AuSwei», ausgestellt von den Reinhardtruppen, der ihn berechtigte, die Postenkette zu passieren. Jetzt ist die Frage aufzuwerfen: Ist der hier Genannte in der Französischen Straße erschossen Word«- oder al» Gesang«- ner in Moabit ? Nach Angabe der Ettera hat ficy ihr Sohn an den Kämpfen absolut nicht beteiligt. Außer diese» au»M>rlicher wietdergegebenen Fällen tieote um* viele«uta» Daritelluna«» mu. die nutU minder charakteristisch stnd für da»-Aufkreien der Regse- rungstW-ppen. Sie alle anzuführen, würde unser Raum nicht gestatten. Allgemein wird über daS� schroffe Benehmen der Soldaten geklagt; wer nur ein Wort der Widerrede zu sprechen versucht oder nicht ganz schnell eiijem Anruf oder Befehl Folge leistet, setzt sich der Gefahr deS unmittelbarxn Erschießens oder Mißhandlungen aus. Die Soldaten, und besonders die Offiziere, sind sich ihrer Macht bewußt. Sie fühlen sich wieder sicher im Sattel. Von einem Teil des Bürgertums, das die Negierungstruppen als„Be- freier" begrüßt, wird dieses Selbstbewußtsein noch genährt. Man bewirtet von dieser Seite die Truppen reichlich, be- kränzt sie mit Blumen und liebäugelt mit ihnen. Dafür werden diese Herrschaften denn auch meistens von Haus- suchungen verschont, und es kann ihnen dann auch nicht passieren, daß ihnen Gegenstände abhanden kommen, wie dies in mehreren Fällen uns gegenüber von Leuten beklagt wurde, bei denen gehaussucht worden ist. Zagd aus role Kokarde». Von einem llirteroffizier, der vier Jcchre tat Felde gewesen ist, wird un» folgender Vorfall gemeldet: .Am Donnerstag kam zwischen Bernauer- und Oderberger Straß« einer der dort stehenden RegkrungSsAdlinge auf mich zu. hielt mir den Revolver auf di« Drust undj forderte mich auf, di« rote Kokarde abzunehmen. Ich antwortete ihm darauf, daß diese doch niemandem etwa» getan habe, sie sei doch schließlich da» Zeichen unserer sozialistischen Anschauung. Gr ließ fich aber aus kein Reden ein, entsicherte den Revolver und forderte mich zum letzten Male auf, die Kokarde von der Mütze zu nehmen. ES blieb mir gegenüber der Gewalt nichts andere» übrig, als die Kotkard« herunterzunehmen. ES sammelten sich um mich mehrer« Menschen an, di« mir' beistehen wollten. Dies« wurden aber durch Soldaten mit der Drohung zum Schießen auseinandergetrieben.' Die Jagd«ruf rote Kotkarden wird auch in anderen Stadt« teilen unternommen. Teilweise sind ganze Stoßtrupp» aus dt« Beine gebracht worden, um nach roten Kokarden zu fahnden. Auch dies« Vorgänge beweisen mi», daß e» den RegieruugStrup» Pen in der Hauptsache daraus ankommt, die Errungenschaften der Revolution und wa» damit irgendwie im Zusammenhang steht, mH Stumpf und Stiel auszurotten. Eine Verleumdung. Der bisherige Kommandeur de» Franzer-Regiment», Herr Sp i ero. hat seinen Posten niedergelegt, weil er der dauernden Hetze, di« gegen ihn unternommen worden ist, nicht mehr stand- hatten konnte. Die bürgerliche Presse nimmt das zum Anlaß zu behaupten, er sei abgefetzt worden, weil er versucht habe, di« Franzer in da».aufständige Lager' zu bringen. Auch ein« Reihe von anderen Verleumdungen wurden gegen ihn vor- gebracht. Er hat deshalb gegen die„Berliner Nettesten Nach- richten", dir sich dabei besonder» hervorgetan haben, Klage an- gestrengt. Auch die Berliner Kommandantur sah sich veranlaßt, die Verleumdungen zurückzuweisen. Hinter der Hetze lag aber System. Die Franzer hatten sich auf Grund der revolu- ttonären Srrungenschaiten ihren Führer selbst gewählt. Dg» wollten die militaristischen„Republikaner" nicht länger dulden,.' Man arbeitete sogar mit Lockspitzeleien gegen ihn. So erhielte' er vor einiger Zeit einen Briof, mit Schreibma'chine geschrieben und mit der Unterschrift Dorrenbach verschen. In diesem Brief wurde ihm mitgeteilt. Dorrenbach befände sich bei den. Reinhardttuppen und wirke' dort zersetzend". Da» wae natürlich«ine Falle. Herr Spiero ist nicht hereingefallen. Aber gerade dieser Vorgang zeigt, welche Kräfte am Werke sind, um alle», wa» die Revolution geschaffen hat, zu untergraben. tesslvg-Theaker. Der rote Hahn. Gerhart Hauptmann » vieraktige Tragikomödie„Der rot« Hahn" bildet de» Abschwß der Lebensgeschicht« der Waschfrau Wolfs au» dem„Biberpelz ". Fand der„Biberpelz " erst nach Jahren bei der Kritik und dem Publikum seine volle Würdigung� so war gestirn«bend tat Lessingtheater Gelogenhcitz auch da? Urteil über den„Roten Hahn" einer Revision zu unterziehen, nachdem er vor fast zwei Jahrzehnten im Deutschen Theater trotz glänzender Darstellung glatt durchgefallen war. Ueber«inen Achtungserfolg hinaus brachte e» aber' auch die gestrige Aufführung unter Barnowsky» Spielleitung nicht. Bielleicht hätte«ine io allen Rollen au»- reichende Besetzung dem Stück«zu noch größerer Wirkung verholfen, obwohl e» nicht zu Hauptmanns stärksten Wer- ken au» feiner naturalistischen Periode gehört. Seit den'„Webern " und„Fuhrmann Henlchel" führte den Dichter de»„Biberpelze?" die Linie aufwärt» zttr JÄoft Berndt" und den„Ratten" um nur zu nennen, wa» am stärksten von seinem Volkstum durch- blutet ist. Ader auch im„Roten Hahn", der— anders als der auch technisch meisterhafte Biberpelz— dramatisch manche tote Stelle hat, im dritten Akt jedoch den unvergleichlich packenden Griff Hauptmann» zeigt, ist seine innige Vettvachsenheit mit den Menschen seiner Erde und seiner Schöpfung zu spüren. Mutier Wolffen, jetzt in zweiter Ehe Frau Fielitz, ist alt geworden, aber ihr unermüdlicher Drang, sich rechtschaffen oder auch skrupellos„aus dem Dreck heraus�. zuarbeiten", ist geblieben. Mit dieser.Lebensphilosophie" gelangt sie vom Diebstahl de» Knüppelholzes, des Biberpelze» und ähnlicher„Kleinigkeiten" zur Brandstiftung und— stirbt. Bis an ihr Ende Siegerin über die Dummheit der Welt und »och von der Tragik aller Gehetzten au» dem Volk umwittert. In ihrem Alter Ist ste nicht mehr di« vollsaftige Person aus den Zeiten de« Biberpelzes"— aber auch Ifta Brüning, die sie gestern mit starkem und ehrlichem Können verkörperte. hat nlcht die überströmend herzhafte Natur, die wir an Else .Lehmann gerade in dieser Nolle liebend bewundern. Von bei übrigen Darstellung kamen nur die Herren Götz, Adalbert und Baientin über da» Mittelmaß hinau». Ein« sichere oathologische Studie bot Herr Morgan. Dey Dr. Boxer spielte Herr Lind mit»er nötigen Wärme. Ein« Reben bemerkung: In dieser Figur de« Dr. Boxer ehrte Gerbart Hauptmann da» Andenken eine» ihm befreun- beten jüdischen ArzteS. der wegen seiner radikalen Gesinnung unter dem Sozialistengesetz nach mehrfachen Haussuchungen v-us- gewiesen wurde. DoS war damal» unter dem antisozialdeme- krotischen Ausnahmegesetz; heut«, unter dem Stond.recht" oraer schein sozialistische» Regierung wäre er wahrscheinlich erschossen wrnde»,.,, VI A-
Ausgabe
2 (16.3.1919) 126
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