Einzelpreis 10 Pfg Jahrgang 2
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Dienstag, den 1. April 1919
Nummer 156-
Abend- Ausgabe
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Die Regierung des Belagerungszustandes.
Belagerungszustand in Stuttgart . fertigen, die nur dazu angetan feien, die Verwirruna.
Stuttgart , 1. April. Die Regierung hat heute früh surch Maueranschlag bekanntgegeben, daß wegen dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Belagerungszustand für das Gebiet des Stadtbezirkes Stuttgart , des Oberamts Stutt gart , Eklingen, Cannstadt und Böblingen von der Staatsregie
rung rklärt wird.
die Arbeitslosigkeit und das Elend noch zu steigern.
Die Danziger Frage.
Rotterdam , 31. März. " Daily Chronicle" meldet aus Paris , daß im Augen blid, wo die Beratungen der Vier sich ihrem Ende näherten, das Mißverständnis mit Danzig ein Hindernis bilde. General Nudant scheine mehr gefordert zu haben, als nach dem Waffenstillstandsvertrag vom November zulässe fei, als er verlangte, daß Deutschland den Truppen des Generals Haller gestatten solle, in Danzig zu landen. Das Blatt fügt hinzu, daß Stuttgart , 1. April. dies fonft als ein Bruch des Waffenstillstandes ange Seute vormittag hat hier bei der Bekämpfung des General- fchen werden würde. Man fähe im Nat der Vier ein, daß die Bit. ftreits der Abwehrstreit eingefest, der zugleich eine Ver- dung eines polnischen Korridors nach dem Meere, durch den mehr tranenskundgebung für die Reg crung sein soll. An dem Abwehr- als zwei Millionen Deutsche von ihrem Lande abgetrennt würden, ftreit beteiligen fich Handwerk, Gewerbe, Kanflente, Sandel. In- eine ernste Gefahr und die Ursache für einen Krieg buftric, staatliche, städtische und private Beamte, Aerzte, Apo. in der Zukunft abgeben würde. Man gebe sich Mühe, diese thefer und sonstige freie Berufe. Die biesigen Zeitungen wer- Schwierigkeiten zu überwinden. ben bis auf weiteres nicht erscheinen. Der Postbetrieb ruht vollständig, ebenso der Straßenbahnverkehr. Die Sfeatseisenbahn bewirfte heute früh lediglich den Arbeiterverkehr und die Milchverforgung.
Auch hier wieder Streif der Aerzte und der Apothefer. Was fümmert diese Kreise auch Leben und Gesundheit der Bevölkerung!
Die Gewaltpolitit.
Was alle Einsichtigen voraussehen konnten, ist wieder eingetreten. Die Gewaltvolitik der Regieruna bat die Er. requna in der Arbeiterklasse nur gesteigert, und jetzt icheinen wir wiederum dort zu stehen, wo wir vor wenigen Wochen standen, als die Noske- Garden in alle Streifgegenden zogen. und Ruhe und Ordnung" wiederherstellten. Die Regierung fennt auch icßt nur ein Mittel: Ge. walt und immer vermehrte Gewalt. Diesmal allerdings uk sie ihr letztes Wort reiprochen haben. denn eine weitere Steigerung ist kaum mehr möglich. In der ganzen bisheri aen Geschichte der Arbeiterbewegung wird man kein zweites Beispiel eines Utaies finden, wie ihn die Reichsregierung und die preußische Regieruna zenen die streikenden Arbeiter gerichtet hat. Nur im zaristischen Rußland , wo der Streik zugleich ein politisches Verbrechen war, ist man in ähnlicher Weise vorgegangen.
Die Regieruna beginnt sofort mit der Verbänaung des Belagerungszustandes und läkt die Negie. rungstruppen das Gebiet bejeßen. Man weiß nun genugsam, was das zu bedeuten bat, und man darf sich febr bald auf Krieasnachrichten aus dem Ruhrgebiet aeZur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung errichtet das fakt machen. Echließlich droht sie. den Streifenden die Bolfskommissariat für Inneres die Landesorganisation Lebensmittel au entziehen, wobei es absichtlich im der Roten Wa che, die aus wenigftens 30 000 fich freiwillig unflaren gelassen zu sein scheint, ob es sich dabei wirklich meldenden unbedingt verläßlichen Proletariern bestehen wird." ur um die neu eingeführten Lebensmittel bandeln wird, Frankfurt a. M., 31. März. Die Kommandanten der Wachen werden ge- oder ob den Streifenden auch die bisherigen Nationen aana Bei der Verhaftung einer Glüdsspielerin kam es nachmittags wählt. In den Städten, Bezirken und Komitaten werden die der teilweise entzogen werden sollen. auf dem Bürneplas zu 3usammenstößen zwischen der Truppenfommandanten ernannt, doch ist ihre Liste 8 Tage Bolizei und einer Volkemenge, die für die Frau Bar. hindurch öffentlich bekannt zu geben, damit gegen ihre Ernennung tei nabm. Die Menge stürmte das nahe gelegene Polizeirevier 1, allenfalls Einspruch erhoben werden kann. berbrannte auf der Straße die Aften und entwaffnete die Polizeia
Unruhen in Frarffurt a. M.
Vor kurzem haben in Deutschösterreich die Eisenbahner geftreift. Die Situation war sehr kritisch, da die Lebensmittelzüge, auf die die aanze Bevölkerung mit ihrer Er nährung angewiefen ist, nicht meiter fonnten. Die deutschBudapest, 31. März. österreichische Regieruna bat iede Drohuna unterlassen und beamten teilweise. Als Matrofen zuilfe eilten, wurden auch Die revolutionäre Räteregierung hat beschlossen, die Berbat iolanae mit dem Staatskanaler an der Evite mit den biefe entwaffnet. Der Matrafe Roebel , der erft Sonntag ficherungsgesellschaften au fozialisiere n. Der geheiratet hatte, mußte vor der Menge fliehen, wurde aber am Volkskommissar für Finanzen wird ermächtigt. die Leitung fämt fam. Tie Regierung Scheidemann verhandelt nicht. Streifenden verhandelt, bis die Einigung zustande Main ingeholt und in den Main geworfen. Befonnene licher Versicherungsgesellschaften zu übernehmen und unter KonLeute, die den Mann retten wollten, wurden von dem Mob mit trolle zu stellen. Schadenversicherungen werden Sie schickt ibre Noske- Garden. nur bis zum dem Tode bedroht. Der Matrofe ist ertrunken. Der Volkshaufe Betrage von 2000 Kronen ausgezahlt, die übrige Summe wird den Beraarbeitern in der Frage der Betriebsräte und der Die Regierung beruft sich auf die Rugeständnisse, die sie sog hierauf nach dem Untersuchungsgefängnis in der dem Zentralfinanzinstitut überwiesen. Auf Grund von Lebens- Berkürzung der Arbeitszeit gemacht hat. Sie beruft sich weiter Sammelgaffe, entwaffnete die hier zum Schute des Gebäudes auf- versicherungspolicen fönnen monatlich nicht mehr als 2000 Stronen auf ihr Sozialisierungsgeiek. Das letztere wird auf die Berggeftellten Soldaten, brang in das Gebäude ein und befreite ausgezahlt werden, falls der Versicherte nicht bereits von seinen arbeiter, die seit bald einem halben Jahre auf die wirkliche fämtliche Gefangenen, darunter zahlreiche Schwerver eventuellen Spareinlagen diese Summe behoben hat. brecher. In der Fahreofse wurde eine Waffenhandlung erftürmt im Auslande oder in den bejezten Gebieten Lebenden zukom- Denn gerade das Vorgehen der Regierung in der Soziali Die den Sozialisierung warten, nicht gerade beruhigend wirken. und ausgeplündert. Gegen 9 Uhr abends wurden zahlreiche menden Versicherungssummen sind der Finanzzentrale unierungsfrage muß auf die Bergarbeiterschaft, die mit Recht ganz andere Erwartungen begen konnte, eher provozierend
Kleider. und Konfektionsgefchäfte am Liebfrauenberg und in der neuen Kraeme von halbwüchigen Burschen er stürmt und eben. falls ausgeplündert. An verschiedenen Stellen der Innens
stadt kam es im Laufe des Nachmittoas zu Schießereien, bie bis in
die späten Abenditunden anh eften. Auch mit Maschinengewehren wurde geschoffen, doch sind, soweit bis jetzt Meldungen vorliegen, Menschenleben dadurch nicht zu Schaken gekommen. Die Unruben tragen feinerlei politischen Charakter und find nur auf ungezügelte und rohe Glemente zurückzuführen. Für die Nacht find außerordentliche Sicherheitsmaßnahmen angeordnet. Bekanntmachung des Polizeipräfid ums verhängt für die Stadt von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens eine Straßensperre und verbietet Anfammlungen zu jeder Zeit auf den Straßen und öffentlichen Blähen.
Eine
Frankfurt a. M., 31. März. Bis jetzt wurden 300 Plünderer verhaftet und in einer Kaserne interniert. Bei den Unruhen tam auch ein Silfsschutzmann ums Leben.
geschmälert zu überweisen.
Eine heute erscheinende Verordnung der Räteregierung regelt wirken. Denn in Wirklichkeit ist irgendetwas entscheidendes die Frage der Befugnisse ber Brovingiairäte und bisher ja nicht geschehen, und das Gesetz ist nichts als ein Direktorien. Versprechen, von dem die Bergarbeiter sehr genau wissen,
vorräte re'cher Bürger zu sperren.
Die Mäledirektorien haben die Verfügung über die Polizei- daß es sich die Regierung Stück für Stid von ihnen erst gewalt sofort zu übernehmen und im Einvernehmen mit ben hat abringen lassen. Bugleich aber hat die Regierung durch Kommandanten für Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. die Gewaltpolitif, die sie bei den früheren Streits Die Polizeigewalt ist durch vollkommen zuverlässige Genoffen auf getrieben hat, es selbst bewirkt, daß die Rugeständnisse, die c'ne solche Sahl zu ergänzen, daß die Verteidigung ber fie schließlich machen mußte, auf einen großen Teil der Berggesichert ist. Die Direktorien und Räte übernehmen in allen Ge- politik bat eben die Eigenschaft, immer aufs neue zu reizen Diktatur des Proletariats in dem betreffenden Gebiet arbeiterschaft nicht beruhigend gewirkt hat. Die Gewaltmeinden die Verwaltung. Die Direktorien und Näte nehmen alle Banken und Spar- und Erbitierung zu verursachen. taffen unter Sperre, dürfen aber ohne Vollmacht des Volkskommis- Deshalb läßt auch das Vorgehen der Regierung jett fars des Innern feinen Heller anrühren. Ebenso find die Geld das Schlimmste befürchten. Es handelt sich um einen Streit aus wirtschaftlichen und politischen Motiven. Bevor nicht Alle auf eine etwaige Gegenrevolution fich bezieheuben Mo- nähere Nachrichten vorliegen, läßt sich die Gesamtsituation mente find genau zu beobachten, nötigenfalls find Verhaftungen von hier aus schwer beurteilen. Aber ungeheuerlich vorzunehmen. Darüber hinausgehende Maßnahmen Im Verlaufe der heutigen Unruhen wurde sowohl das tommiffariat durchzuführen. aber nur nach Anfrage bei dem zuständigen Bolts. bleibt es, daß eine Regierung, in der Sozialisten ausschlaggebend sind für streikende Arbeiter die Strafe des Hungerneue wie das alte Gerichtsgebäude aeftürmt und die Akten Auf die ungestörte Funktion der Produktion ist zu achten. todes einführt. Man mag über den Streik der Bergarbeiter und und Einrichtungsa genitände auf die Strake aeworfen und Eine Grundverteilung darf nirgends vor. im gegenwärtigen Moment urteilen wie man will berbrannt. Die Führer der Unabhängigen und genommen werden. Gegen Plünderung und Raub ist mit mir selbst haben fein Hehl daraus gemacht, daß Streiks aus Kommunisten. Dißmann und Wittmann, größter Schonungslosigkeit vorzugehen. Die Verordnung betont materiellen Motiven in der gegenwärtigen Situation be hielten Aniprachen. in denen sie zur Ruhe ermahnten. Sie zum Schluß das Berbet eigenmächtigen Vorgehens. stimmte Edyranken einhalten müssen und daß politische fonnten jedoch den Sturm auf die Gerichtsgebäude nicht berBudapest, 81. März. Streifs, isoliert und zersplittert unternommen, eine Ge hindern. In der Altstadt wurden zahlreiche Ladengeschäfte Das Volkskommissariat für Unterrichtswesen erklärt, daß iamtaktion der Arbeiterschaft unter Umständen sehr eraeblündert. Bei der Plünderung des Schebelerichen Ge- die Benubung der Kirchen für andere als religiöje ichweren fönnen. Aber dieses Vorgehen der Regierung schäites wurden drei Leute ericholfen. Im aanzen find 25 3wede nicht beabsichtigt sei. Wer also in einzelne muß alle Arbeiter zum schärfsten Protest her Perionen verlegt worden. Die Leiter der fozialdemokrati- airchen unter Sozialisierungsvorwänden unter Sozialisierungsvorwänden eindringt, handelt ausfordern. Es bedeutet einfach das Verbot des schen Barteien, der kommuntischen Partei und des Ar- eigenmächtig. Solchen eigenmächtigen Aftionen gegenüber fann Streits und den Willen der Regierung, Streiks, die sie beiterrates traten in der Nacht zu einer Eikuna im Polizei von der Stadtkommandantur Polizeigewalt verlangt werden. bräsidium zusammen und einigten sich auf einen Aufruf.; in dem sie zum Ausdruck bringen, daß die Arbeiter. fdaft obne lnteridhied der politischen Gesinnung die Gewalttätigkeiten und Plünderungen per. urteilt und brandmarkt. Die zur Sunnersnot an- Die Blockade im Adriatischen Wicer wurde am 30. März aewachiene Lebensmittelfnopvbeit dürfe nicht Berbrechen mitternachts aufgebob u
Au hebung ter Blodede gegen Desterreich.
Nom, 31. März.
nicht billigt, mit aller Gewalt zu unterdrücken. Das ist eine so vollständige Entrechtung der Arbeiter, wie sie in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bis. her noch nie da war.
Dabei ist die eine Hauptforderung der Streifenden, der Sechsstundentag, eine Sache, über die sich durchaus verhandeln lassen müßte.