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Sonntag, den 7. Dezember 1919

Nr. 594/ A 324 Morgen- Ausgave

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Freibeis

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Marloh, Kessel, Reinhard- Noste.

Die Verantwortlichen.

Wenn es Leute gibt, die noch immer für die ungeheuer. lichen Schandtaten, die der Marloh- Prozeß enthüllt, nach Entschuldigungen suchen, so vermögen Worte das Maß von Verachtung nicht auszudrücken, das wir für solche erbärm­liche Gsellen empfinden. Unter allen anständigen Menschen, ganz gleich welcher Barteirichtung sie ange­hören, können die Verhandlungen mur ein Gefühl aus Lösen, das der tiefsten und wildesten Empörung.

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treten, und nun wird das berhängnisvolle Treiben in feiner ganzen scheußlichen Nacktheit offenbar. Die Sdfleier, bie den Militarismus der Republik   berhüllten, werden bis gu seiner obersten Spize beseitigt, und nun tommt es mur darauf an, ob man entschloffen ist, sich nicht auf das Kurieren an Symptomen zu beschränken, fondern der Schlange den Kopf zu zertreten.

Dem Berdienste seine Krone.

1. Zamichid, ein mehrfach vorbestrafter Mann, von der

stellt und womöglich auch in Empörung macht. Für die Bilatusgeste, mit der sie ihre Hände in Unschuld wäscht, fönnen wir nur Verachtung empfinden. Sie trägt die Berantwortlichkeit für das, was geschehen ist, und niemand wird die Schuld von ihr zu nehmen vermögen. Der Hauptmann Schwabacher hat als Beuge das rich tige Wort gefunden, wenn er ausführte:" Es besteht bei dieser Regierung die Tendens, für ihre Anordnungen nicht einzutreten und untergeordnete Organe für die Ausführung der Befehle verantwortlich zu machen." Sie befißt nicht den Mut, sich zu ihren Absichten zu befennen. Sie stroft Und nur darüber mögen die Meinungen auseinander- die Täter, aber fie liebt die Tat. Sie hat die Sibu- Von den Verbrechen, die die monarchistische Offizierss gehen, welche von den Personen, die an Gerichtsstelle auf- ation herbeigeführt, in der Greuel zur Notwendigkeit wur- famarilla unter dem System Noste auf ihr Haupt ge treten, die größte Schuld an dem in der Geschichte der zivi- den. Sie düngte den Boden, auf dem die grauenvollsten laden hat, ist bisher auch nicht eines gefühnt worden. Im lisierten Welt beispiellosen Verbrechen trifft: den Oberst Verbrechen enporfprießen mußten. Sie konnte sich zurüd- Gegenteil, die Missetäter erfreuen sich einer liebevollen Reinhard, der die allgemeinen Anweisungen zum halten und brauchte das Leyte nicht auszufprechen, denn sie Fürsorge und werden wie brave Kinder belohnt. Dafür rücksichtslosesten Borgehen gegen die Matrojen trifft, den durfte überzeugt sein, daß sie in dem Augenblick, wo sie die ein paar Beispiele: Hauptmann v. Kessel, der diese Anweisungen in die Vertreter des alten Militarismus mit der Aufrechterhaltung Form bestimmter Befehle bringt wobei es dahingestellt der Ordnung betroute, das Geschick der Revolutionäre in Berliner   Kriminalpolizei im Jahre 1918 wegen feines Berlebens bleiben mag, ob er die Verfügungen seines Vorgesetzten ab. die Hände von blutdürftigen Hentern   legte. Noste und entlassen und bei der berüchtigten Streifabteilung effets als geschwächt oder verstärkt hat oder den Oberleutnant feine Kollegen brauchten nichts Schriftliches von sich zu Offizierftellvertreger aufgenommen. Er erschießt Jogifes Martoh, der durch entmenschte Bestien die barbarischen geben, ihre Schergen wußten, was sie zu tun batten und Offizierftellvertreger aufgenommen. Er erschießt Jogises Befehle ausführen läßt, nachdem er willkürlich die Opfer weifelten nicht daran, daß sie, wenn nicht das laurte Lob, found Dorenbach auf der Flucht". Belohnung: Leutnant flir feine Maschinengewehre aus der Schar der Unschuldi- doch die stille Zustimmung ihrer Herren finden würden. für Man liek die Reinhard und Kessel gewähren und hielt Die stärkste Abneigung richtet sich zweifellos gegen feine schüßende Hand auch dann noch über sie, als ihre Ge­Kessel, und sicherlich ist er die widerwärtigste Er- finnung und ihre Taten aller Welt fundig waren. Für scheinung von den dreien. Aber nach unserer Ueberzeugung Beute, die sich nicht böswillig gegen die Wahrheit abschlof­find sie alle, Reinhard, Kessel und Marloh, in derselben sen, bedurfte es nicht erst dieses Prozesses, um einen Blid 3. Streiffompagnie. Hat das Strafverfahren gegen Marloh   au Verdammnis. Sie haben mit der gleichen Gewiffenlofig in den Abgrund der Scheußlichkeiten des herrschenden verhindern gesucht, Tatberichte und Urkunden gefälscht, Atten ge­feit dem System gedient, dessen abgrundtiefe Gemeinheit Systems zu öffnen. Aber man ließ Marloh   fliehen, man flaut, zum Meineid verleitet, das Attentat auf Rabel vora fich hier enthüllt, jenem System, das seine verbrecherische hielt Reinhard auf seinem Posten, und Herr v. Reifel, bereitet. Belohnung: auptmann bei der Sicherheits­Unmoral, feine Storruption und seine Brutalität mit dem dessen Untergebene, von anderem abgesehen, den Moro mehr. fabenscheinigen Mäntelchen der Offiziersehre und der wissen haben, wurde Polizeibauptmann in Berlin   bolfen, ihm 5000 Mart und gefälschte Papiere überbracht, Be an Jogiches   und Dorenbach auf dem Ge­boterländischen Interessen" zu verdecken sucht, und nur und stand in engster Verbindung mit dem berühmten lohnung: Oberleutnant bei der Sicherheitswehr. Deshalb bis zum heutigen Tage lebt, weil es auch in der preußischen Staatsfommissariat zur Erhaltung der öffent Deutschland   der sogenannten Revolution als eine erhabene lichen Ordnung, in dem auch jener Geheime Regierungsrat der Franzöfifchen Straße befehlsgemäß vorgenommen haben und 5. Eine Anzahl Soldaten, die die Massenschlächterei ir und nahezu göttliche Einrichtung verehrt wird. Strauß fißt, der den falschen Baß für den Oberleutnant die heute nicht mehr wissen, wo das Geld, die Uhren, Ringe, Män. Marloh ausgestellt hat. Und nur eins vermögen die an- tel und Schube der ermordeten und gefangenen Matrofen geblie geblichen Träger der heutigen Regierungsgewalt vielleicht ben find: Unterwachtmeister bet ber Sicherheits­für sich ins Treffen zu führen, daß nämlich die Rollen von polizei. Herren und Knechten immer mehr wechselten.

gen ausgewählt hat.

bei der Sicherheitswehr.

2. Beuther, Offizierstellvertreter. Nimmt die Erschie sung ber 32 Matrofen vor, freute sich herzlich darüber, diese untat ausführen zu können, ist jeden Tag bereit, fie freudigen Herzens zu wiederholen. Belohnung: eutnant.

3. Oberleutnant v. Reffel, Gardeoffizier, Führer ber

4. Leutnant offmann. Sat Marloh zur Flucht vera

Geht er geht er nicht

Geht er nun oder geht er nicht? Wir empfehlen, daß Noske fich die Frage an den Westenknöpfen abzählt, vorausgesetzt, daß Reinhard ihm die Entscheidung dieser Frage überhaupt ger stattet.

Doch nicht alle Schuldigen sind vor Gericht erschienen. Die Liste ist mit den drei Offizieren nicht erschöpft. Der Mann, der die lekte Verantwortlichkeit trägt, wird nicht bernommen, und nur sein Geist spukt durch die Verhand. Iungen. Unsichtbar sitt er neben Marloh   auf der Anklage. bank und sein Name zittert durch den Saal: der Name des übrigen Sozialdemokraten im Kabinett sein, daß sie sich Aber es fann feine Entschuldigung für Noste und die Reichswehrministers Noste. Von einem Pro- die Zügel aus den Händen winden ließen und von den zeßtag zum andern rückt Noske mehr in den Vordergrund. Kreaturen, die sie selbst gemacht hatten, abhängig wurden. Stelle behauptete am Donnerstag, daß Reinhard entlaffen Die offiziöfen Stellen liegen sich in den Haaren. Die eins Marloh und die Zeugen treten hinter ihm zurüd. Diese Entwicklung war von allem Anfang an gegeben. werde. Darauf am Freitag prompt das Dementi, bak Reinharb Nicht nur, weil der Minister der Urheber des Erlasses Es ist gekommen, wie es fommen mußte, und die bleibt. Gestern wieder ein neues Dementi: Reinhard geht! ist, der für die zum Himmel schreiende Freveltat so etwas Berantwortung vor dem Volk und vor der Drei Stunden später die Deutsche Allgemeine Zeitung": Nein wie eine formale Rechtsgrundlage geschaffen hat, sondern, Geschichte trägt niemand anders als die hard bleibt! weil zuletzt alle die Beteiligten nur die Werkzeuge Regierung. Alle Wohlgerüche Arabiens können ihre feines Willens gewesen sind. Noske und seine Re- Hände nicht von dem Blutgeruch befreien. gierungskollegen haben zur Stüße ihrer Herrschaft die Män­Selbst wenn fie es wagen würden, den Oberst Reinhard ner herbeigerufen, von denen sie sich solcher Taten versehen jetzt zu entlassen und allgemein ein Säuberungswerk in den mußten, und sie haben die Atmosphäre geschaffen, in der Steihen ihrer Helfershelfer vorzunehmen, so wäre domit ihre diese Greuel geradezu unvermeidlich wurden. Zu Schübern Schuld nicht im geringsten gefühnt. der Republik   bestellten sie Elemente, deren leidenschaftlicher In feinem europäischen   Staat fönnten nach einem Haß gegen die republikanische Staatsform und gegen die Prozeß wie dem, der sich jetzt abspielt, die Minister länger Revolution, aus der sie geboren war, jedem offenkundig sein im Amte bleiben. Selbst ein kleiner Bruchteil von den Nachdem die Regierung den offiziösen Apparat und mußte, und die nur auf die Gelegenheit warteten, ihre Rache Ungeheuerlichkeiten, die hier ans Licht gekommen sind, auch Herrn Seine aufgeboten hat, um ihre Einwohner­an den Revolutionären zu nehmen. Dann wurde mit würde allenthalben den Sturz der Regierung nach sich wehren und Beitfreiwilligen und Militärpolizei gegenüber wohlüberlegter Absicht die Wut dieser Reaktionäre zur ziehen. Nur in Deutschland  , in dem Lande der angeblich der Ententenote zu verteidigen, bat fie offenbar doch den Siedehitze gesteigert durch die Lügen, die man über die vollendetsten Demokratie, scheinen Männer am Ruder blei- Eindruck getoonnen, daß man angesichts des neu aufleben­Träger der Umsturzbewegung verbreitete. Noske und ben zu können, die den Schild über die fürchterlichsten Ber  - den Militarismus in Deutschland   durch dieses Geschwätz feine Freunde hatten feinen Anstand genommen, brechen halten, und Führer, von denen sich überall in der die Alliierten nicht davon überzeugen kann, daß diese Ein­fich auf die Plätze ชน feben, bon denen Welt jede Partei mit Abscheu wenden würde, tönnen bei richtungen in Einklang mit den Bestimmungen des Frie durch die Entschloffenheit und den Kampfesmut densvertrages stehen. Man versucht es deshalb andersrum der roten Matrosen und ihrer Genossen, die Würdenträger uns an der Spike der Sozialdemokratie stehen. Aber wir haben es allmählich aufgegeben, der Regie- und bemüht sich, der Entente die Einwohnerwehren schmad­des kaiserlichen Regimes verjagt worden waren. Aber die, die ihnen- freilich wider ihren Willen den Weg be- rung und den Rechtssozialisten das Gewissen zu schärfen. haft zu machen als Schutz gegen den auch die Entente be reitet hatten, wurden jetzt zu Verbrechern gestempelt und Das Bemühen iſt aussichtslos. Aus dem Sumpf, in den drohenden Bolscherismus". Daß sich dabei Gelegenheit als Auswurf der Menschheit dem Born der Solda  - ie geraten find, vermögen fie fich nicht mehr zu retten. Wir bietet, auf Kommunisten und Unabhängige die Schuld zu testa preisgegeben. Mehr als das: um den Vorwand für lagen nicht mehr an, wir stellen nur noch fest, und wir schieben, macht die Dinge für die Regierung besonders reiz das gewalttätige Vorgehen zu schaffen, wurden die März hoffen auf den Augenblick, in dem die empörten Massen die voll. Irgendein Offiziosus bemüht sich deshalb in der Germania  ", der Entente flar zu machen, daß gerada unruhen von oben her heraufbeschyvoren. Spizel und Bro- Abrechnung mit ihren Verrätern beginnen.

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Undersrum.

bofateure der Regierung baten ihre niederträchtige Arbeit, Zu ihrer Aufrüttlung wird der Marloh- Prozeß sein die Gegnerschaft der U. S. P. gegen die Polizeiorgane be und der Mord an den Mitgliedern der Volksmarine- Divi- Teil beitragen. Denn es ist die erste Gerichtsverhandlung, weist, daß diese nicht zu einem Kampie mit dem äußeren fion war jo nur die naturnotwendige Folge einer Politik in der die Lügenmauer der Offiziere durchbrochen wird. Feinde, sondern gegen den inneren, nämlich die kommu­der Verhebung, mit deren Hilfe Noste und seine Freunde Im Liebknecht- Prozeß und in zahlreichen anderen standen nistischen Umstürzler und die in ihrem Gefolge auftretenden sich die Hindernisse aus dent Weg räumen wollten. sie zusammen zu gegenseitiger Teckung. Jetzt ist einer, Plünderer, verwandt werden sollen". Und um noch deuts

Es hilft dieser Clique nichts, daß sie sich jetzt überrascht dem man gar zu übel mitspielen wollte, aus der Reihe ge- licher zu werden, wird dann auf die Weltrevolutionsprobos