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Redaktion und Expedition: Berlin NW. 6, Schiffbauerdamm 19 III Fernsprecher: Amt Norben 833-36, 2895 und 2896.

Montag, den 29. März 1920

Nr. 95/ A 52 Morgen- Ausgabe

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greiheit

Berliner Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Ein Ultimatum der Regierung.

Fönnte.

Schein und Wirklichkeit.

Drohung an die Arbeiterschaft. it provozieren und fich in der Saltung, die ſie bisher

Berlin , 28. März.

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[ verderblich wirfen, wenn wir auch hoffen, daß die Arbeiter sich nicht Die neue Regierung findet fast überall jene fühle und eingenommen haben und durch die sie selbst für Ruhe jorgen refervierte Aufnahme, die aus dem Gefühle entspringt, daß Die Reichsregierung hat an die Aufständischen im wollen, wankend machen lassen werden. Das Ultimatum dieses Kabinett nur ein notdürftiger Augen- rheinisch- westfälischen Kohlenrevier folgende Forde. der Regierung ist um so unangebrachter, als inzwischen Blidsbehelf ist. Eine Ausnahme machen höchstens die rung gestellt: Die Regierung hat durch die Bielefelder Unterhändler, die beiden Parteien angehören, ins Ruhr Demokraten, die sehr glücklich find, wieder dabei zu Verhandlung" versucht, ohne Anwendung von Gewalt die gebiet abgereift find, um mit allem Nachbruck für die fried­hein. Aus ihrer Befriedigung spricht die heilloie Angit, die Ruhe und Ordnung im Ruhrgebiet wieder herzu- liche Erfüllung der Vereinbarungen einzutreten. fie davor hatten, daß die Arbeiter allein die Macht über- ftellen. Der Versuch ist gescheitert. Die Rote Armee hat sich Da der Regierung die nötige Einsicht zu fehlen scheint, nehmen könnten. Aber wenn die Herren über den Sieg nicht danach gerichtet. Die Angriffe auf Wesel sind mit wird es die Aufgabe der Arbeiterorganisationen und der des Koalitionsgedanfens" jubeln, so freuen sie sich doch etwas größter Heftigkeit fortgesetzt worden. Die Gefangenen borzeitig. Sie übersehen, befangen in der parlamentarischen wurden nicht freigegeben, die Abgabe der Waffen nicht rechtssozialistischen Partei sein, dafür zu sorgen, daß dem in Dentweise, vollständig, daß die wirklichen Macht grund- durchgeführt. Die Verhältnisse haben sich im Gegenteil dem Ultimatum angekündigten Vorgehen rechtzeitig Einhalt Tagen sich denn doch ein wenig verschoben haben und daß noch verschlechtert. Zahlreiche Notschreie aus allen geschieht. Dies ist um so notwendiger, als der Inhalt des der Versuch, dem alten Roalitionsgedanken etwa auch die Kreisen der Bevölkerung berichten über Verbrechen Ultimatums sich auf Berichten aufzubauen scheint, die der alten Taten folgen zu lassen, ihnen sehr übel bekommen und Gewalttätigkeiten, die von den Roten Regierung von ihren militärischen Vertrauensleuten, ins­Truppen begangen werden. Das zwingt die Regierung zum Das wirkliche Ergebnis des Kampfes ist fürwahr nicht energischen Handeln, um möglichst bald wicher geordnete besondere von dem General v. Watter, zugegangen sein bieses Ministerium, sondern das gestiegene Macht- völkerung vor Willfürafte zu schüben. Um aber allen Ver- bürften. Eine Rote Armee gibt es nicht. Der Regierung bewußtsein der Arbeiterklasse, der feste führten nochmals Gelegenheit zu geben, zur Vernunft zu- muß es bekannt sein, daß sich die Arbeiter aller Parteien, Entschluß, die Einheit und Gefchlofien rückzukehren, will die Regierung noch eine leste Frist auch die Rechtssozialisten, Demokraten und Christlichen Ge­beit der Arbeiterfront gegen die bürger gewähren, che fie mit Waffengewalt einschreitet. Sie for werffchaften einmütig erhoben haben, um die Mitschuldigen liche Gesellschaftaufestigen und unter allen Um- Sert daher bis zum 30. März, 12 Uhr mittags an dem Kapp- Putsch zu beseitigen. Es muß ihr bekannt fländen zu verhindern, daß Teile der Arbeiterklasse unter eine ausreichende Sicherheit für den Militärbefehlshaber sein, daß selbst die Gegner der Arbeiterschaft berichten Mitwirkung oder Duldung von Arbeitervertretern bom des Wehrkreises 6, Generalleutnant v. Watter, müssen, wie musterhaft für Ruhe und Ordnung gefolgt Militarismus zugunsten der Aufrechterhaltung der Bour- in Münster für die Annahme und Durchführung folgender müssen, wie musterhaft für Ruhe und Ordnung gesorgt wirb, daß Ausbreitungen und Plünderungen so gut wie geoisherrfchaft abgeschlachtet werden. Datin sind heute alle Bedingungen: Arbeiterorganisationen einig, und alle Arbeiterorganisatio- 1. Uneingeschränkte Anerkennung der verfassungsmäßi- gar nicht vorkommen, daß auf Wesel keine Angriffe der Ar­nen, gewerkschaftliche Verbände wie die politischen Barteien, gen Staatsautorität. 2. Wiedereinsehung der staatlichen beiter gerichtet werden, sondern daß diese sich lediglich der haben sich verpflichtet, die ganze Macht der Arbeiterklasse in Verwaltungs- und Sicherheitsorgane, soweit sie nicht durch Angriffe des Militärs erwehren. bie Wagichale zu werfen, um den Krieg gegen die Arbeiter Gintreten für die Kapp- Lüttwit- Regierung belastet sind. Wir erwarten nach alledem, daß das unheilbringende 3. Sofortige Auflösung der Roten Armee. 4. Völlige Ent- Borhaben der Regierung nicht ausgeführt wird! unmöglich zu machen. Dafür zu sorgen ist vor allem Pflicht der rechts- waffnung der gesamten Bevölkerung, einschließlich Ein­fosialistischen Partei, und von der Durchführung wohnerwehren unter Aufsicht der rechtmäßigen staatlichen

Verpflichtung hängt unferer

Meinung Organe. Die Art und Zeit der Durchführung der Entwaff Aufhebung des verschärften Belagerungs­

Falls diese Bedingungen angenommen werden, wird die Reichsregierung von einem Angriff absehen.

zustandes.

Berordnung.

Berlin , 28. Märg.

Andernfalls erhält der Inhaber der Ich habe die am 19. März 1920 für den Bezirk Groß­bollziehenden Gewalt Freiheit des San- Berlin und die Provins Brandenburg auf Grund bes Deins zur vollen Wiederherstellung gefes- Artikels 48, Abjas 2, der Reichsverfassung zur Wiederherstellung

mäßiger Bustände.

dieser nach nicht δας nur Partei, nung wird durch die Inhaber der vollziehenden Gewalt Schicksal dieser Sofortige Freigabe der Ge­fondern bor allem auch die nächste Zukunft der näher bestimmt werden. deutschen Arbeiterbewegung ab. Die Einsicht, daß fangenen. das Noste- Syftem ein Unglück und ein Verderben war, ist heute auch unter der rechtssozialistischen Arbeiterschaft in folge der tener erkauften Behre des app- Butsches und der entfeßlichen Ausschreitungen des Militarismus so allgemein, nijeglichene pruna fich dem nicht länger entziehen kann. Auch der Vorwärts" sagte gestern, baß bei allem Vertrauen, das er in den guten Willen der sozialistischen Minister sege, es auf die Taten der Regierung ankommen muß, und er Der Reichskanzler. fordert vor allem die schleunigste Umgestaltung des gez. Müller. Militärs, das Verhindern von Blutver Ton und Inhalt dieses Ultimatums müssen aufs gießen im Ruhrgebiet , die Abstellung der ungeheuerlichen Mißgriffe, die auch in den schärfste verurteilt werden. Die Ausschüsse der Arbeiter legten Tagen vom Militär begangen wurden, und die Be- haben versprochen, daß sie dafür sorgen würden, daß an allen ftrafung ihrer Urheber. Orten die Vereinbarungen anerkannt werden würden. Es

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Berlin , den 28. März 1920.

Die Reichsregierung.

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Der Reichswehrminister. gez. Geler.

der öffentlichen Ordnung und Sicherheit getroffenen weiteren Maßnahmen hiermit auf.

Die auf Grund der Berordnung vom 19. März 1920 von dem Inhaber der vollziehenden Gewalt erteilten Weisungen treten mit ber ortsüblichen Bekanntmachung dieser Aufhebungsverordnung burch den Inhaber der vollziehenden Gewalt außer Kraft. Der Reichspräsident.

Reichswehrminister. gez. Dr. Ge fler.

gez. Ebert. Nachdem die Standgerichte schon vor einigen Tagen be

Dazu muß mit allem Nachdrud gesagt werden, daß die mußte ihnen jedoch eine Frist gelassen werden, um eine wei- fettigt wurden, ist nunmehr auch der verschärfte Be­jostalbemo Frattiche Partei in bollem Au 3- mute mak die Berantwortung für die Regie- tere Entspannung der Läge zu ermöglichen. Die Stund- lagerungszustand aufgehoben worden. Es ift bringens not­rungshandlungen au tragen haben wird. Denn gebung der Regierung atmet aber aufs neue den alten Geist wendig, daß dem ganzen Ausnahmezustand, der sich fast nur ihre Mitwirkung ermöglicht überhaupt die Koalition des Militarismus und der Staatsautorität". Das kann nur gegen die Arbeiterschaft richtet, ein Ende gemacht wird! und sie ist deshalb jederzeit in der Lage, die Regierungs. bollilit entscheidend zu bestimmen. Denn gegen den Einspruch der sozialdemokratischen Partei können die bür- Dies gilt insbesondere für die dringendste wichtigste Idigt hat, daß sie das Militär nicht fest in der Hand habe, gerlichen Regierungsmitglieder ihren Willen nicht durch. Frage, für die Löfung der Krise im Ruhrrevier. Sie wird auch berstehen müssen, daß einzelne Uebergriffe der fegen, wenn die Sozialdemokraten wirklich bereit sind, alle bildet zugleich den Prüfstein nicht nur für die Fähigkeit der anderen Seite nicht vermeidbar find. Es ist eine Forde­Stonsequenzen zu ziehlen. Diese Konsequenzen müffen ge- Regierung, sondern auch für die Entschlossenheit der Sozial- rung der Gesamtarbeiterschaft, daß im Ruhr­zogen werden, wenn die Regierung eine Politik gegen die demokratie, mit der alten unglückseligen Politik endlich zu rebier nicht passiert, was die Lage dort verschärfen würde und zu unheilbollen Konsequenzen führen müßte. Unter Arbeiter, unter welchem Vorwand immer, beginnen will. brechen. Wir verhehlen uns durchaus nicht, daß die Situation im feinen Umständen darf bon neuem Arbei­Sonst würde die sozialdemokratische Partei die ungeheure Berantwortung tragen, arbeiterfeinbliche Bolitik zu ermög- Ruhrrevier schwierig ist. Allerdings herrscht im allergrößten terblut fließen. Die Militärs müssen im Baum ge­lichen und dadurch die Stampffront der Arbeiterklasse zu zer- Teil des Reviers Ruhe und musterhafte Ordnung. An ein- halten werden. trümmern. Diese Sonfequenzen können gezogen werden, zelnen Bunften haben sich allerdings durchaus erklärlich Leider scheint nicht bei allen Regierungsstellen das ba in sem Abwehrkampf gegen die bürgerlichen Anschläge bei der außerordentlichen Erregung der Arbeiter- syndi nötige Verständnis vorhanden zu sein. Herr Ebert, der bas Brofetariat einig und gegen das einige Proletariat fich falistische Einflüsse bemerkbar gemacht und zu lebergriffen so viel Energie gezeigt hat, um die Herren Bauer und Die Bereitwilligkeit geführt. Wir wissen aber, daß die Arbeiterschaft Noste zu halten, läßt diefe Energie sehr vermissen, wenn feine Regierung behaupten könnte. unſerer Bartei, an einer sozialistischen Regierung teil- entic loifen ist, felbft mit allen Mitteln er fie gegen die Generale anwenden soll. Obwohl er nach zunehmen, hat da volle Klarheit geschaffen und die politische dem entgegenzutreten und diesen Ueber- Artikel 48 der Verfassung unmittelbar verantwortlich ist Verantwortlichkeit deutlich gemacht. Dies um so mehr, als griffen schleunigst ein Ende zu machen. Und für das Eingreifen der bewaffneten Macht, sobald der unsere Partei ihrerseits bestrebt ist, mit allen Mitteln dahin fie find start genug, diesen Willen zur Geltung zu bringen. Ausnahmezustand verhängt ist, hat er bisher jede periön­zu wirken, daß die außerordentlich schwierigen und ver- Unter feinen Umständen dürfen diese vereinzelten Bor - liche Einflußnahme unterlaffen und war trok wiederholter widelten Verhältnisse ihre Beilegung auf dem Wege kommnisse als Vorwand benutzt werden, um das Militär Bemühungen für die Vertreter der Arbeiterorganisationen der Berhandlungen erfahren und alle militärischen marschieren zu laffen. Denn wir wissen, wenn das Militär nicht zu erreichen. Es wird deshalb Aufgabe der Regierung Waßnahmen deshalb nicht nur überflüssig, sondern per- erft marschiert, ist alles verloren. Die Regierung, die fich fein, schleunigt die Beseitigung des Belage bei allen Ausschreitungen des Militarismus mit entschulnandes au beranlassen und so den kommand bredetish miren