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Dienstag, den 13. April 1920

Summer 121 Abend- Ausgabe

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greiheit

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Gefahr im Verzuge.

Aufhebung der Militärgerichts­barkeit?

Von Kurt Boenheim.

Der seit langent angekündigte Gefebentwurf über die Auf Die Reichswehrgenerale rüsten. Auf der gan-| Tagen. Der Truppenteil wird gesäubert." An der pol- lung zugegangen. Jedoch der Titel Aufhebung der Mili hebung der Militärgerichtsbarkeit ist der Nationalversamm zen Linie wird zur Sammlung geblasen. Die monarchisti- nischen Grenze werden diese Truppen zunächst für die Mon- tärgerichtsbarkeit" täuscht; denn der Entwurf bringt feine schen Offiziere wissen, daß es um ihre Existenz geht. Einige archisten unschädlich sein. Unterdejsen wird die Säuberung völlige Aufhebung des prozessualen Sonderrechts, dem bisa haben den Versuch gemacht, sich an die radikalen Parteien wirksam geworden und ein neues monarchistisches Korps ge- her die Militärpersonen unterworfen waren. Das Militär au verkaufen. Die anderen aber hoffen, nochmals mit den bildet sein. wird zwar der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterstellt; die Waffen in der Hand die Entscheidung herbeiführen und die Dazu kommt, daß es bisher nicht gelungen ist, auch nur Buständigkeit der Gerichte und das Verfahren wird jederh Scharte des Kapp- Butsches auswegen zu können. die Marinebrigade Ehrhard zu entwaffnen, daß der in den wichtigsten Bunkben so abweichend von dent bürger­Daß es so fommen konnte, ist Schuld der Regierung. größte Teil der Reichswehr nach wie vor unter dem Kom- lichen Strafrechtsverfahren geregelt, daß man eher von einer Sie hat den psychologischen Augenblick zur Säuberung der mando von Stodreaktionären sieht. Dazu kommt, daß sich gerichtsverfahrens sprechen kann. Das Militär bleibt noch Aenderung als von einer Aufhebung des Militär­Reichswehr, zur Beseitigung der monarchistischen Generali  - in München   ein reaktionäres Bentrum herausgebildet bat, immer zum Nachteil des gemeinen Soldaten einem sehr be tät versäumt. Einige Generale find weggeschickt worden, die das über die Regierungsgewalt verfügt und in gleichem denklichen Sonderrecht unterworfen. meisten sind geblieben. Während das Schicksal der Republik  , Sinne wie die monarchistischen Generale arbeitet. Dazu das Schicksal des deutschen   Volkes auf dem Spiele stand, fommt, daß in Ostpreußen  , Pommern  , Schlesien   der Adel stimmt, daß auch für Militärpersonen die allgemein gülti­Charakteristisch ist gleich der grundlegende§ 3. Er be entsetzten sich die deutschen   Minister über die Nachrichten, und ein großer Teil der Bauernschaft und der Bourgeoisie gen Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte und dns daß an einzelnen Orten im Ruhrrevier Schuh  - und Kleider- mit Ungeduld auf einen neuen reaktionären Vorftoß warten. Strafverfahren" Anwendung finden sollen. Das bedeutet an geschäfte geplündert wurden. Niemand kann die Aus- Bir glauben ganz gerne, daß auch die Regierung eine sich: das Strafverfahren für Militärpersonen soll fein ande schreitungen, die da vorgekommen sind, mehr bedauern als Ahnung von dieser Gefahr hat. Helfen tönnte aber nur res fein als das allgemein gültige" für Bivilpersonen! gerade die Arbeiterschaft, deren Sache dadurch großer allergrößte Entschlossenheit. Statt dessen Ebenso soll die Zuständigkeit der Gerichte für Militärper­Schaden erwachsen ist. Aber wie furzsichtig von einer Re- fehen wir nur Silflosigkeit und Bedenken. Der Belage- sonen die gleiche sein wie für Zivilisten. Aber der§ 3 macht gierung, fich von solchen Eindrücken leiten zu lassen im rungszustand mußte 107ort aufgehoben werden, die sofort den einschränkenden Bujak: soweit dieses Gefeß nicht Mugenblid, wo die Zukunft des Deutschen Reiches selbst in Regierung läßt ihn bestehen. Berläßliche Truppen in den einschneidendsten Buntten getroffen. etwas anderes bestimmt". Und solche Bestimmungen werden Frage steht! müßten aus organisierten Arbeitern gebildet Die Generale nuken die Situation rüdsichtslos aus. werden. Die preußische Regierung ist zwar bereit, die fassung, das Strafverfahren in der trafprozeßordnung ge­Die Zuständigkeit der Gerichte ist in der Gerichtsver Die Reichswehr wird gesäubert, aber nicht von den reaktio- Sicherheitstruppe durch Aufnahme organisierter Arbeiter zu regelt. Nach der Gerichtsverfassung sind für die mit ge­nären Offizieren, sondern von den verfassungstreuen Mann reformieren. Ein Aufruf an die organisierte Arbeiterschaft, ringeren Strafen bedrohten strafbaren Handlungen die schaften. Bei der Marine wollen die von den republikani- fich dafür zur Verfügung zu stellen, wird in kurzer Zeit er- Schöffengerichte, für die mit erheblicheren Strafen bedrohten schen Matrosen in Schutzhaft gesetzten Seeoffiziere von der scheinen. Aber wer garantiert uns dafür, daß er nicht zu Straftaten die Straffammern und die Schwurgeriche zu Regierung um Berzeihung gebeten werden, dann werden sie spät kommt? ständig, in denen Laien, nämlich die Geschworenen, allein so gütig sein, den Dienst aufzunehmen und die Marine von Die Regierung beschwört durch ihr Zögern jedenfalls über die Frage, ob der Angeklagte schuldig ist, zu entscheiden allen republikanischen Elementen zu reinigen. Vorläufig neue Gefahren herauf. Entschließt sie sich nicht endlich boben. Zwischen den Straffammern und den Schwurgerich treiben die Burschen Cabotage und haben die Marine zu energischem Sandeln, dann kann es vielleicht wieder zuten ist die Zuständigkeit derartig verteilt, daß für die mit ingenieure zur Dienstverweigerung angestiftet. Aus Ha meiner Katastrophe kommen:

burg wird gemeldet, daß die republikanischen Truppen zum Die Arbeiterklasse verfolgt mit äußerster Spannung Grenzschutz an die polnische Grenze abgeschoben werden sol- diese Entwicklung. Sie hat ihre Stärke fennen gelernt und Ien. Ein Offizier telegraphierte, wie der Borwärts" mel- wird es verstehen, davon, wenn es sein muß, den nötigen det, gleichzeitig an einen Vizefeldwebel: brüstung Blöd- Gebrauch zu machen und die Arbeit, zu der die Regierung sinn, Ihre Entlaffung Quatsch. Brauchen Sie in einigen unfähig ist, dann selbst zu verrichten.

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Ein. Proteststreit in der französischen   Marine.

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Gefängnis oder mit Buchthaus bis zur fünf Jahren be die mit mehr als fünf Jahren Zuchthaus   bedrohten Straf drohten strafbaren Handlungen die Straffammern, für taten die Schwurgerichte zuständig sind. Eine Bestimmung über die Zuständigkeit der Gerichte für Straftaten, auf die mehr als fünf Jahre Gefängnis stehen, enthält die Straf­prozeßordnung nicht, weil das Höchstmaß der Gefängnisstrafe in bürgerlichen Straffachen fünf Jahre ist. Da die militäri­schen Verbrechen zum großen Teil mit erheblich schwereren Abgeordneter, bie fünftig trobem an Tagungen der National- find, imd da bürgerliche Straftaten mit so hohen Freiheits pendiert seien, eventuell die Wiedereinreise oberschlesischer Strafen bis zu 10 und 15 Jahren Gefängnis- bedroht H. N. Paris  , 13. April. bersammlung, der Preußischen Landesversammlung oder des strafen den Schwurgerichten unterstehen, müßte der Entwur Auf Aufforderung des Nationalrats der Syndikalisten, haben Provinzialfandtages teilnehmen, verhindert werden würde. auch für die mit Gefängnis von mehr als fünf Jahren be­alle Marineangehörigen in den Häfen von Dünkirchen  , Boulogne  , Gleichzeitig hatte die interalliierte Kommission in einem offiziösen drohten militärischen Verbrechen die Schwurgerichte für zu­Le Havre, Nantes  , Bordeaux  , Marseilles und Gette einen Breffecommuniqué erflärt, daß die oberschlesische Bevölkerung an ständig erklären. Aber hier beginnt das Sonderrecht für 24stinbigen Streit proflamiert, und zwar als Proteft der Wahl des Reichspräsidenten und an den Reichstags Militärpersonen. Denn§ 4 des Entwurfes schaltet die gegen das Amnestiegesez, das die Matrosen der Handelsmarine wahlen nicht teilnehmen könnte. Schwurgerichte für militärische Straftaten mit mehr als fünf Gegen diese Maßnahmen hat der deutsche Bevollmächtigte Fahren Gefängnis aus; die Straffammern sind auch für weis, daß Oberschlesien  , solange nicht etwa auf Grund der Ab- für dieses Sonderrecht: Bei dem weiten Nahmen des Mili­stimmung seine rechtliche Loslösung aus dem deutschen Reiche tärstrafgesetzbuches würde das Schwurgericht sonst zu sehr erfolgt sei, ein Teil des deutschen Reiches bleibe und die Ober- belastet werden. Hierbei muß es," fährt die Begründung schlefier Anspruch auf volle Ausübung ihrer staatsbürgerlichen fort, mit in den Rauf genommen werden, daß die Straf Rechte haben. fammern borerst nur noch mit gelehrten Richtern besetzt sind."

vom Schwarzen Meer und in der Ostsee   von dieser Amnestie in Oberschlesien   energisch Einspruch erhoben, mit dem Hin- diese Straftaten für zuständig erklärt. Und die Begründung

ausschließt.

Generalftreitbeschluß in Jrland.

Amsterdam  , 18. April

Giner Telegraafmeldung ohts London   zufolge hat ber trische Gewerkschaftsfongreß im Verein mit der irischen Arbeiterpartei als Protest gegen die Behand­Tung der politischen Gefangenen, darunter auch die Sinnfeiner, durch die Engländer eine allgemeine Arbeitsnieder­legung berfündet. Ausgenommen davon sind allein die Ar­beiter in den geitungsbetrieben, das Personal der Telegraphen­ämter, die Bäcker, das Hospitalpersonal und alle bei der Lebens­mittelversorgung und Fütterung des Biebes beschäftigten Ar­beiter. Alle Betriebe und Verkehrsmittel in Julans sollen unter­brochen werden, bis die politischen Gefangenen in Freiheit ge­

jetzt sind.

Außerdem ist eine Protestnote der Reichsregierung zur ften Nates in Paris   gebracht worden. Kenninis der interalliierten Kommission in Oppeln   und des Ober­

Wiederherstellung der Eisenbahuverbindnag mit Rußland  .

Diese Ausführungen sind mehr als merkwürdig. Die Schwurgerichte haben gegenüber den mit Berufsrichtern be­fegten Straffammern den Vorteil, daß ihr Spruch meist mehe dem Rechtsempfinden des Volkes entspricht als der der Straf fammern. Damit das Schwurgericht nicht allzu stark be­lastet ist, wird der Beschuldigte trotzdem vor die Straffam­mer gebracht. Der Gesetzgeber ändert nicht etwa den Kopenhagen  , 13. April. verbindung zwischen Estland   und Sowjetrußland ist und vermeidet hierdurch die starke Belastung der Die Berlingske Tidende meldet aus Reval  : Die Eisenbahn  - die ungeheuerlichen Strafen des Militärstrafgesetzbuches auf weiten Strafrahmen des Militärgesetzbuches," er hebt nicht jekt wieder hergestellt. Der erste Zug aus Rußland   ist in Schwurgerichte, nein, er läßt es bei diesem Strafrahmen, Nariva angekommen. Die erste Sendung von Durchgangs- nimmt dem Beschuldigten aber das Recht, von den Ges gütern nach Rußland   wird heute auf 15 estländischen Eisenbahn- schivovenen abgeurteilt zu werden!

Deutscher   Proteft gegen die politische Enfrechtung wagen nach Maskou abgehen. Oberschlesiens  .

Der Spißel Lincoln- Trebitjh in Berlin  .

Unter der Begründung, daß der Friedensvertrag für die H.N. London  , 13. April. Dauer der interalliierten Regierung die politische Buge- Der Berliner   Vertreter der Daily Mail" teilt mit, daß hörigkeit Oberschlesiens   zu irgendeinem Staate bor- der berüchtigte Lincoln- Trebitsch am Freitag mit abrasiertem läufig aufgehoben habe, hatte, wie bereits bekannt, die inter  - Schnurrbart und furs gefchorenem Haar nad) Berlin   zurückgekehrt alliierte Stommission mitgeteilt, daß alle Abgeordneten sei. Er habe ihm erklärt, et täme von dem Zuflucht och des mandate her in Oberschlesien   domizilierten Berfonen in Obertes Bauer und anderen Stoppiter

Ebenso muß die Bestimmung des§ 7 starkem Wider­fbruch begegnen. Nach dem Militärstrafgesetzbuch braucht eine von einer Militärperson begangene Straftat nicht stets gerichtlich abgeurteilt zu werden. Der Vorgesetzte hat das Recht, gewiffe Straftaten, auf die nur geringfügigere Strafen stehen, einfach im Disziplinarwege zu ahnden.

§ 7 des Entwurfs steht die Entscheidung, ob die Straftat Dies Disziplinarrecht bleibt aufrecht erhalten. Nach Lim Difaiplinarwege geahndet werden oder ob der Belchuls