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Mittwoch, den 12. Mai 1920

T

Summer 171 Morgen- Ausgabe

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Freiheis

Berliner   Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Kapitalistische Verschwendung

Gegen die Weltreaktion! und sozialistische Wirtschaftlichtelt.

Die Kundgebung des Berliner  Broletariats.

stehen, brachten die Redner in lebhaften und eindringlichen Worten zum Ausdruck. Und da, wo sie von der heldenhaf­ten Arbeit unserer russischen Genossen sprachen, erfüllte jubelnde Zustimmung den weiten Platz.

Ebenso wie der Glaube an die Notwendigkeit der kapi­ talistischen   Ronkurrenz ist auch die Ansicht zum populären Vorurteil geworden, daß der Kapitalismus   die höchste Steigerung der Produktivität und die größte Entfaltung der Produktivkräfte bedeute. Auch diese Meinung hält einer näheren Prüfung nicht stand.

sind, was und wieviel zu produzieren ist. Daher die Er schütterungen der kapitalistischen   Wirtschaft durch die periodi­schen Arisen mit ihren verwüstenden Folgeerscheinungen, daher die riesigen Unkosten zur Eroberung des Abjakes, die Verschwendung für Handel und Neklame, die dieses Wirt­schaftssystem charakterisieren.

In einer Demonstration von imponierender Größe Der gewaltige Aufmarsch der Berliner   Arbeiterschaft Wir denken dabei nicht nur an jene Berluste, die aud und gewaltiger Eindrudskraft brachte gestern das Berliner   hat der Regierung und den reaktionären Gewalten in dem unorganisierten, anarchischen Charakter der Wirtschaf Proletariat seine Sympathie für Sowjet- Rußland und Deutschland   deutlich zum Bewußtjein gebracht, daß die Ar- willen für einen unübersichtlichen Markt, dessen Bedürfnisse entspringen. Der Kapitalismus produziert um des Profites seine Verachtung und seinen Abscheu gegen die reaktionären beiterschaft sich jeder Aktion gegen Sowjet- Rußland ent- niemand tennt. Er ist nicht Bedarfsdedungswirtschaft; es Mächte zum Ausdruck, die Rußland   nicht zur Ruhe kommen gegenstemmen wird. Die Arbeiterschaft fordert die so gibt fein Organ, das feststellt, wie groß der gesellschaftliche lassen. Dem Rufe der unabhängigen und kommunistischen fortige Aufnahme der politischen Bezie- Bedarf ist, welche Bedürfnisse zu decken wirklich notwendig Barteileitungen waren Hunderttausende von Männern und hungen mit Sowjet- Rusland. Sie fordert, daß Frauen gefolgt. Hier wurde nicht für ein unmittelbares die deutsche   Außenpolitik ein freundnachbarliches Berhält materielles Intereffe demonstriert, hier galt es nicht die nis zu Rußland   anbahnt. Sie fordert vor allem, daß die Durchießung einer bestimmten politischen Forderung, eines deutsche   Regierung dem Treiben der russischen politischen Rechts. Nein, die Solidarität, das heilig- onterrevolutionäre in Berlin   ein Ende echte Gefühl der Kameradschaft mit den russischen Brüdern, macht. Man bat soviel gezetert in diesen Tagen über die der Avantgarde der Weltrevolution, trieb die Massen auf Neutralität", die es uns verbiete, in die politischen die Straße. Die Berliner   Arbeiterschaft hat erneut den und militärischen Berwicklungen anderer Staaten fympa­Beweis geliefert, daß sie ebenso auf den Blan tritt, wenn thisch oder antipathisch einzugreifen. Wo bleibt die Neutra­die Kundmachung der Ideale berinternationalität, wenn in Berlin   in aller Deffentlichkeit die Pläne der ren Solidarität es erbeischt, als wenn es sich um un- ruffischen Gegenrevolution geschmiedet werden? Wo bleibt mittelbare innerpolitische Kampfziele handelt. die Neutralität, wenn deutsche Offiziere, wie Bischoff, Ehr­hardt u. a. mit diesen russischen Konterrevolutionären ge­meinsame Sache machen? Man besinne sich da auf seine Neutralität, wo es sich um die Organijierung aktiver

Aber es galt noch mehr, als die unverbrüchliche Soli­darität mit Sowjet- Rußland zu befunden. Es galt den Massen vor Augen zu führen, daß der Feldzug gegen So­wiet- Rußland in Wahrheit der Kampf des inter  - Rampfhandlungen dreht! nationalen Rapitalismus gegen den in­Das revolutionäre Proletariat hat seine Stimme er­ternationalen Sozialismus ist. Es galt, den hoben gegen die versuchte Erdrosselung Sowjet- Rußlands  . Massen klarzumachen, daß das Schicksal Rußlands   auch das Es hat seine Stimme erhoben gegen die internationale Re­Schicksal Deutschlands   ist: Gelingt es dem Ansturm des aktion, die die revolutionäre Bewegung in den Kultur­internationalen Rapitalismus und feines reisigen Bruders, staaten in einem Blutmeer erstiden möchte. Nicht mehr des Militarismus, die Sowjetmacht in Rußland   zu brechen, teilnahmslos steht das Proletariat den Ränkezügen der ka­jo ist auch das Schicksal der deutschen   Revolution besiegelt. pitalistisch- imperialistischen Stabinettspolitit der Regierun­Die Reaktionäre arbeiten Hand in Hand. Der Saß gegen bas revolutionäre Proletariat und vor allem die Angst um die angestammte Stellung in der Gesellschaft eint sie alle, die sich zum Teil gestern noch feindlich gegenüberstanden. Bolen ist nichts weiter als der Bollstrecker des Willens des besteuropäischen Rapitalismus.

Diese Tatsachen, die heute aller Welt klar vor Augen

gen gegenüber, es tritt selbst auf den Plan und stellt seine revolutionäre Aktion dem reaktionären Ansturm entgegen. Unter leuchtender Sonne, im Anblick der zahllojen roten Banner, die Siegbaft über die wogende Menschenmasse flat­terten, brachte das Berliner   Proletariat sein Gelöbnis dar: Gegen die Weltreaktion,

für die Weltrevolution!

Wir wollen bier nur von der Produktion selbst sprechen. von der Tatsache, daß neben den technisch und ökonomisch best eingerichteten Fabriken ein nicht unerheblicher Teil der Produktion noch in recht rückständigen oder schlecht gelege­nen Betrieben hergestellt wird. So groß im einzelnen der technische Fortschritt oft ist, so überwältigend seine Erfolge zu sein scheinen, man vergißt nur allzu häufig, daß seine Belieben der einzelnen gestellt ist, ein häufig recht lang­Berallgemeinerung, gerade weil sie ganz in das faner Prozeß ist. Gerade je häufiger die Prosperitäts­perioden sind, je länger Hochkonjunkturen und Preis erhöhungen andauern, desto langsamer vollzieht sich die tech­nische Auslese. Das hat darin feinen Grund, daß in Zeiten der Hochkonjunktur, wenn der Absatz flott geht und die Nach­frage womöglich das Angebot überholt, die unter ungünsti geren Bedingungen produzierenden Werke die Preise be­stimmen, so daß auch rädständige noch mit Profit weiter­betrieben werden können, während die technisch besser ein­nerichteten hohe Ertraprofite machen.

Gilt das schon für die Industrie, so gilt das in noch weit höherem Maße für die Urproduktion, also für die Land­wirtschaft, für die Kohlen- und Metallgewinnung. Sier ist es fast stets so, daß die Preise hoch genug sind, um auch die unter den ungünstigsten Umständen arbeitenden Unterneh mungen rentabel zu erhalten. Hier ist der Zwang zum tech­nischen Fortschritt am geringsten, und hier erfolgt er auch am langsamsten.

Die erste Liste der Kriegsverbrecher. Boſpitalſchiffe angeklagt. Eine Reihe von Offizieren und Unter Beriode, wo der eitmarkt durch die Entwicklung der Me­

Berlin, 11. Mai.

In Berfolg der Zusicherung in ihrer Note vom 16. Februar, eingehend und im einzelnen die Straftaten eines jeden, ber eines Kriegsverbrechens verdächtigt wird, zu sammeln, zu veröffent lichen und der deutschen   Regierung mitzuteilen, haben die Alli. ierten der Reichsregierung heute mit einer Note die erfte Ramenstifte übersandt. Die Lifte wird sofort dem Oberreichsanwalt übergeben und, sobald die einzelnen, öfters ungenau wiedergegebenen Namen identifiziert sind, ver­öffentlicht werden.

*

Die erste Liste der von den allierten Mächten zur Aburtei­ung vor dem Reichsgericht in Leipzig   unter Anklage gestellten Personen enhält 45 Ramen von Offizieren, Unteroffizieren und

Mehrere Seeoffiziere werden wegen der Torpedierung englischer offizieren sollen in den Lagern Kriegsgefangene mißhandelt haben.

Berschiebung der Konferenz von Spaa?

H. N. Brüffel, 10. Mai.

Wie von zuständiger Seite mitgeteilt wird, ist es so gut wie sicher, daß die Konferenz in Spaa bis Ende Juni hinaus. efchoben wird.

Der Londoner   Korrespondent des" Petit Parisien" brahtrt: Am Sonntag hatte die deutsche Regierung noch nicht um eine Hinausschiebung der Konferenz in Spaa gebeten. Die englische Regierung ist angeblich gegen eine Hinausschi bung. Foch kommt Ende dieser Woche mit Millerand in London   an. Auch der Finanzminister Marsal wird dor; eintreffen.

Nun hatten wir etwa seit Mitte der neunziger Jahre bis zum Krieg eine außerordentlich günstige, nur durch ganz kurze Depressionen unterbrochene Hochkonjunktur des Rapitalismus, ganz besonders auch in Deutschland  . Die Preise batten im allgemeinen steigende Tendenz, die Profite waren hoch. Der Absatz der Produkte erfolgte in dieser thoden des Kapi erports eine rasche Erweiterung erfuhr, verhältnismäßig eicht. So gewaltig die Anwendung der chnischen Fortschritte bei den großen und führenden Wer­nowar, so erfolgte doch die Ausmerzung technisch zurück­leibender Betriebe verhältnismäßig langfam. Dies bat zur Folge, dah beute jede Betrachtung der Produktionsver­bältnisse selbst in einem in der Anwendung der Technik füh­renden Lande wie Deutschland   immer wieder in geradezu überraschender Weise lehrt, wieviel Rüdständigkeit und schlechte Defonomie in der industriellen Produktion nod vorhanden ist. Noch viel mehr gilt dies für das Gebiet der landwirt dnftlichen und der Urproduktion, und es gilt ir höherem Grade für Länder mit verbältnismäßig rubigerer fapitalisti cher Enthuidtung., olio mehr für England oder Frankreich   als für Deutsd land.

einigen Soldaten. Von den einzelnen Beschuldigungen seien fol Die Wielschaft. bej ehungen zwischen deutschland   aus berufen. Er stellt felt, das allem technischen Fort

and Frankreich  .

gende erwähnt: General Stenger, Kommandeur der 58. Brigade, wird angeflagt, einen Befehl zur Niedermachung von Gefangenen und Berwundeten gegeben zu haben; bier Offiziere T. U. aris, 11. Mai. jellen bei der Ausführung dieses Bejehls mitgewirft haben. Dem Die wirtschaftliche Konferens, die demnächst stattfinden wird General von Oven, früherem Gouverneur von Meb, wird aur Last gelegt, Gewalttaten der Truppen in zahlreichen Fällen bat nach franzöfifcher Darstellung das doppelte Ziel, ben wieder im August 1914 geduldet zu haben. Dem General von aufbau der zerstörten Gebiete methodisch zu organi Bülow, Führer der deutschen   Armee und eine Anzahl ihm fieren und seiren dem Versprechen Millerands die Grundlagen für wirtschaftliches Zusammenarbeiten unterstellter Offiziere werben Gewalttätigkeiten zur Last gelegt, ein swifden ebenso dem General von Kirchbach. Der Arzt Ostar Deutschland und Frankreich   zu faffen. Man studiert gegenwärtig einen Blan für die Zuteilung der Michelsohn, Direktor des Lazarette der 7. Armee wird ber Tötung zahlreicher ihm anvertrauter Kranten und Verwundeten Lieferungen und Arbeiten nach Maßgabe der Leistungen und durch systematische Mihhandlungen, Diebstahl von Nabrungs- Fähigkeiten unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deut mitteln und sonstigem Eigentum seiner Pfleglinge beschuldigt. fen und franzhicken Industrie.

Auch dafür fönnen wir uns auf das Beugnis Rathe. Schritt aum Trok die Abstufungen der Leistungsfähigkeit er Staunlich find. Rathenou führt donn weiter aus:

Schon der ersten Prüfung, der auf die Richtigteit des rtes, hält nur ein fleiner Teil unserer Unternehmungen anb. Maschinenfabrif n find entstanden, mo ein Obermeister ines älteren Werkes heimisch mar, Spinnereien und Papier­fabriken sieben an fleinen Waferläufen in verlassener Gegend, weil bor   Zeiten eine armjelice Wassertraft zur Verfügung stand, die längst durch tausendpferdig: Maschinen erjetzt ist, Glas­hütten wurden gebaut in der Nähe längst erschöpfter Brauntohlen­lager, chemische Fabriten erwuchsen in großen Städten, in denen Apothefer oder Chemiker Hausten  . Man hat die Mittel oder den Entschluß nicht rechtzeitig gefunden, diese Werke au verlegen; der