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Dienstag, den 1. Juni 1920

Nummer 202 Morgen- Ausgabe

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greibeit

Berliner Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Der Knecht folgt seinem Herrn.

Die Ungestellten

und die Reichstagswahlen.

Die Barteien der mehr oder minder aufdringlichen Re

Die Ratten verlassen das fintende Schiffles Greiben gebedjenes Mertzeng ber denik- aftton, von den Verfechtern der Ebert- Noste- Demokratie

zeigt deutlich die Größe der Gefahr. Reichswehr ist ein ausgesprochenes

Die Butschgefahr.

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Vor dem Kriege hatte man das Wort vom neuen Mittelstand" erfunden. Die fändig zahlreicher werdende Schicht der industriellen und Handelsangestellten und ihre Bewegungen wurden mit wadfamen Augen berfolgt. Unter­nehmertum, Regierung und Bureaukratie waren fieberhaft bemüht, zwischen Arbeitern und Angestellten einen scharfen Trennungsstrich zu ziehen. Was die große Zahl der Ange­stellten damals noch nicht wußte, das sahen sie voraus: daß erst jene Macht dem Unternehmertum gegenüber bilden Arbeiter und Angestellte, in Solidarität vereint, würden, die in Wahrheit unüberwindlich ist. Regie rung und bürgerliche Parteten taten alles, was sie nichts foſtete, um das Standesbewußtsein" der Angestellten zu nähren. Sie machten ein besonderes Arbeitsrecht und eine eigene soziale Versicherung für die Angestellten und täusch ten so eine soziale Sonderstellung der Angestell­ben gegenüber den Arbeitern vor, Ausbeutung eine Sonderbehandlung der Angestellten um dafür in puncto um so weniger nötig zu haben, es sei denn, daß die Aus­beutung die Angestellten noch weit schärfer und rücksichts­lofer traf als die Arbeiter. Und sie alle taten baß erstaunt und puterrot entrüstet, als Angestellte es wagten, fich ge­loser traf als die Arbeiter. Und sie alle taten baß erstaunt Streifrecht auch für sich in Anspruch zu nehmen. und puterrot entrüstet, als Angestellte es wagten, sich ge­werkschaftlich zu organisieren und das

Herr Bernhard Rausch, Zivilreferent im Reichs- nationalen Verschwörer geworden. Sie kann jeden Tag zum bis zu jenen Volksparteien, die sich im Schmuße des wehrministerium, hat seinen Posten niedergelegt und diesen Hauptschlag gegen den Bestand der Mepublif ausholen. Herr Knuppel- Antisemitismus wälgen, umiverben im Wohldampfe Schritt in einem längeren Schreiben an den Unterstaats- Rausch, der Noske bei der Bildung dieser reaktionären Wehr- mit besonderem Eifer die Angestellten. Sie find fetretär Stod begründet. Herr Rausch, der bis zum macht jeden erdenklichen Dienst leistete, bekommt jetzt das eine breite Schicht und haben viele Stimmen abzugeben. Da 13. März mit Noske durch dick und dünn gegangen ist, und Grauen vor seinem eigenen Wert. Der Herr ist zum Wahlimmen als eine billige Bare gelten, die mundfertige jede von diesem gegen die Arbeiterschaft berübte Schondtat Abgang gezwungen worden, der Knecht folgt freiwillig Demagogen für leere Versprechungen erwerben journalistisch zu rechtfertigen verstand, versucht in seinem nadj. Aber es foll hier ganz deutlich ausgesprochen werden: fönnen, so fürst man sich auf der ganzen Linie in erheb Schreiben, die Nostepolitit noch einmal zu verteidigen, wo- Nicht Noste und Rausch, sondern die ganze liche Unkosten. Das besitzende Bürgertum erklärt sich völlig bei er allerdings doch die Einschränkung machen muß, daß rechtssozialistische Partei ist für die solidartsch mit den Angestellten und billigt ihnen jene ge­der Einfluß, den Noste den reaktionären Offigie- Ratastrophe verantwortlich, vor die die fellschaftliche Gleichstellung mit den Gebildeten" zu, die dem ren in der Wehrmacht sicherte, fich als verhängnis- deutsche Republik durch seine Wehrmacht Arbeiter stets versagt bleiben wird. Men boran schreiten boll erwiesen habe. Herr Rausch gesteht dann ein, daß gestellt wird. Mögen sich Noske und Nausch aus der die Demokraten, die fich als die berufene Bertretung der fich nach dem 18. März nichts geändert habe.. Im Schlinge zu ziehen versuchen, die Partei, in deren Auf- demokratisch fühlenden Mittelschichten" anpreisen. Gegenteil, es sei alles noch viel schlimmer geworden. Dann trag fie ihre antirepublitanije militär­fchreibt er wörtlich: politik betrieben haben, ist für alle Beiten mit der Es ist heute schlimmer als je zuvor. Gewiß gibt es in der Schuld beladen, das Schidial der arbeitenden Klaffe an die Truppe unb namentlich im Reichswehrministerium eine ganze fonterrevolutionären Militärs bewußt und planmäßig ver­Anzahl einfichtsvoller, loyal dentender Offiziere, die hohe Achtung raten zu haben. und absulutes Vertrauen verdienen. In der Maffe find fie aber weiße Naben und bedeutungslos gegenüber der ges fchloffenen Phalang einer bewußten staatsfeindlichen Reaktion und eines großen Offiziersegoismus, ber besonders in der Die Nachrichten über einen bevorstehenden Butsch der Rechts­Truppe felbst heute freder auftritt, als je suvor. Aus gahl parteien verdichten sich immer mehr. Wir sind nicht in der Lage, reichen Einzelerfahrungen bin ich zu der Erkenntnis gelangt, daß die einlaufenden Meldungen auf ihre Richtigkeit im einzelnen zu verfaffungstreue, republikanische Elemente nun erst recht, ton prüfen, fie ergeben aber in ihrer Gefamtheit, daß eine neue Er sequent und zäh, in bewußter ober unbewußter Sollbarität aus hebung gegen die Republit geplant ist und daß diese Erhebung ber Meichswehr entfernt werden, und daß demgegenüber die über kurz oder lang erfolgen kann. Die Neuanwerbungen bon Bentralstellen zur Zeit so gut wie machtlos find. Den Beuten, Truppen, die dauernde Verschiebung von Waffen und Munition, bie zu ihr kommen, muß ich immer wieder fagen, daß ich ihnen das systematische Hinausdrängen aller republikanisch gesinnten wenig helfen lann. Noch jetzt, fechs Wochen nach dem Kapp Elemente aus der Wehrmacht beweisen im Zusammenhang mit Butsch, werben die wegen ihrer verfassungstreuen Haltung den Drohungen der Rechtsparteien, daß die Organi schifanierten und geschädigten Unteroffiziere und Mannschaften fation der Gegenrevolution bereits eine sehr fe fte Form an mnerhab des Minifteriums von einer Stelle zur anderen ge- genommen hat und zum Rosschlagen bereit ist. Es liegen gana fchidt, weil der von uns gewünschte Ausschuß zur Bearbeitung bestimmte Bläne vor, nach denen verfahren werden soll. Die noch werden dieje Fälle in der Regel von den Dienststellen in sollten, nicht wieder von der Reichshauptstadt ausgehen, sondern ihrer Angelegenheiten bis heute noch nicht ein Gejes ist. Immer geplanten Operationen werden, wenn sie ausgeführt werden ber Truppe erledigt, gegen die fich die Klagen und Beschwerden es ist beabsichtigt, zuerst das flache Land Bayern, Bommern , richten. Das erzeugt bei ben verfassungstreuen, zuverlässigen Cftpreußen und Schlesien in Besitz zu nehmen, die Städte also Elementen ein Gefühl der Erbitterung und des Verzu zernieren und sie durch Hunger zur Uebergabe zu zwingen. taisenseins, das für den Geist der Reichswehr von ten Die Ende der vorigen Woche vom Vorwärts" aus Frant­berhängnisvollsten Folgen sein muß. Sie selbst, Herr Staats- furt a. D. gebrachte Nachricht über die Pläne der Verschwörer jetretär, finb abgesehen von dem Ihnen zugewiesenen engen im Regierungsbezirk Frankfurt a. D. werden jest von ver­Arbeitsgebiet innerhalb des Ministeriums von einer Ihrer Stel trauenswürdiger Seite auch uns bestätigt. Der Butsch soll mit lung unwürdigen Einfluß- und Bedeutung der Berhaftung fämtlicher Führer der 1. S. B., der S. P. D. und losigkeit. Bei der Umorganisierung des Ministeriums hat des Nepublikanischen Führerbundes beginnen. Die Namen und man Sie nicht beteiligt und ihre Vorschläge übergangen. Der Adressen der zu verhaftenden Personen sind bereits festgelegt. sich aus den Verhältnissen natürlich ergebende Plan, dem par wie uns weiter gemeldet wird, sollen auf den Gütern die lamentarischen Staatsjefretär, als einer politischen Stelle, tas Stabsquartiere für die Leiter der Operationen schon ge­Aufklärungs- und Fürsorgewesen zu übertragen, ist gänzlich macht worden sein. Waffen stehen reichlich zur Verfügung, es unter den ich gefallen. fehlt aber noch an Munition, doch hofft man diese von den Grenz­So geht es nicht weiter! Die Reichswehr, namentlich ihr Offischutzformationen an der polnischen Grenze zu erhalten, da diese zierstorps, ist durch die reaktionäre Bresse und die deutschnationale sehr reichhaltig versehen sind. Truppenagation maßlos verheyt, und bei der traditionellen poli- Die Regierung wiegt sich, wie vor dem 18. März, in tischen Umbkdung des Durchschnittsoffisiers ist jest nich's not wendiger als eine fonfequente staatsbürgerliche Aufklärung und nwissenheit. Seedt und Geßler reisen im Lande Erziehung der Reichsmehr. Auf diesem Gebiete geschieht aber so herum und geben durch die Telegraphenbureaus Berichte weiter, gut wie nichts, ober, was noch schlimmer ist, es wird der in den daß alles in bester Ordnung fei. Die Truppenführer versichern den die Angestelltenschicht darstellte, gefallen. Alle Vorstöße Händen von Offizieren liegende vom Kriege her berüchtiger der Regierung ihre Loyalität, aber auf diese Zusicherungen gegen das Unternehmertum müssen nun, da sie von Ange­baterländische Unterricht fortgelegt. Wenn die Dinge kann und darf die Arbeiterklasse kein allzu großes Gewicht legen. ftellten und Arbeitern gemeinsam und in gleichem Geiste ge­so weiter laufen, dann ist die Reichswehr in kurzer Zeit eine Der Abgang des Zivilvoferenten 9 ausch aus dem Reichswehrführt werden, heftiger wirken und erfolgreicher enden als beutschnationale Prätorianergarde. Wir gehen zugrunde, wenn ministerium, worüber wir an anderer Stelle berichten, zeigt mit zuvor. nicht der Einfluß staatsse.ndlicher Neak ion, die sich fest und zähe aller Deur lichkeit, mie ernst die Lage geworden ist, zeigt uns vor an ihre aussichtsreiche Machtpositionen flammert, in der Reichs- allem, daß sich die Republik auf ihre Wehrmacht heute noch we­wehr gebrochen wird. Anständigkeit und Vertrauen wird als Angst niger stüten kann als vor dem 13. März. Wenn die Regierung wehr gebrochen wird. Anfändigkeit und Vertrauen wird als Angst nicht bon Gott und allen Teufeln verlassen ist, dam tann fie in und Schwäche ausgelegt. Die außerordentliche Beit erfordert vielleicht letzter Stunde das Unheil nur noch dadurch abwehren, außerordentliche di tel, namentlich auch Sicherungen dagegen, daß sie ihre den Gewerkschaften gegebene Zusicherung sofort in die daß die Masse der Unteroffiziere und Mannschaften in einer fal at umfezt und die organisierte Arbeiterschaft zum Schute der schen Anwendung des Disziplinbegriffes gänzlich schußlos mit Mepublik planmäßig bewaffnet. Auf die Wehrmacht ist ihrer ganzen Eriftena jenen Elementen ausgeliefert bleibt, die der abfolut fein Berlag. Und nur auf die organisierte Ar­bestehenden Staatsordnung ablehnend oder feindlich gegenüber beiterschaft fann sich die Republil stüßen, wenn sie mit dem Unter­#chen und die in ihren Händen liegende Wacht oft genug zum gang bedroht wird. Rachteil der Republik misbranchen. Die rechtestehende Preffe, die die Putschpläne der Militärs Unter den jezigen Verhältnissen bin ich nicht gesonnen, eine natürlich sehr genau tennt, treibt ihre Verschleierungspolitik wei Berantwortung für Dinge mitzutragen, die nicht zu verantworten ter, indem sie die Absichten der Militärs verichwe gt und dafür ind, und den Schein eines sozialdemokratischen Ein- um so schrechafter jeben Tag aufs neue die Gefahr eines Butsches flusses im Reichswehrministerium aufrecht zu erhalten, der von lints in allen Farben an die Wand malt. Demgegenüber be tatsächlich nicht vorhanden ist. Troß des Bedenkens, daß mein tonen wir mit aller Teutlichkeit, daß die Arbeiterschaft nicht im Rüdtritt eine weitere Schwächung unserer ohnehin schwachen geringsten daran denkt, sich gewaltsam zu erhoben, um damit die Bosition bedeutet, glaube ich doch, daß ein flares Aussprechen Geschäfte der Sealt on zu besorgen. Alle Nachrich en, die das bessen, was ist, und eine reinliche Scheidung in der gegenwär- Gegenteil behaupten, sind die Phantasieprodukte bezahlter Epibel. ice Etuation der Sache am forderlichsten

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die zur Erfenntnis der Notwendigkeit des gewerkschaftlichen Anfangs waren es nur fleine Scharen von Angestellten, Stampfes gekommen waren. Durch Krieg und Revolution find inzwischen auch die freien Gewerkschaften der Angestell­ten zu Massenorganisationen angewachsen- den Organisationen der Arbeiter nicht nur an Bahl der Mitglie der und an Einsicht in die Notwendigkeiten des gewerkschaft­lichen Stampfes ebenbürtig, sondern ihnen auch ver­bunden durch gleiche Taktik und gemeinsames Ziel.

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Das Unternehmertum ringt die Hände. Es erkennt, daß die Verstärkung, die die Macht der Arbeitnehmer" day durch erfährt, weit hinausgeht über den rein 3 a blen mäßigen 8uwachs an entschlossenen Stämpfern. Der ideelle Gewinn an Stärkung des Selbstbewußtseins bei den arbeitenden Massen, der die Folge dieser neuen Solidarität der beiden großen Gruppen ist, erscheint ihnen mit Recht weitaus gefährlicher, denn dadurch ist der Prellbod wischen Unternehmern und Arbeitern,

Aber alles das möchte noch hingehen, wenn der Kampf der Arbeitnehmerfront nur um Söhne und sonstige Arbeits­bedingungen geführt werden würde. So notwendig diese ämpfe auch sind, und so bedeutungsvoll ihre Erfolge für die materielle Beiferstellung der Arbeitenden fein mögen das Unternehmertum steht ihnen doch verhältnismäßig filhl aeneniiber, denn es hat eine Taktik ausgebildet, die es den organisierten Industriellen erlaubt, alle diese Stöße aufzu­fangen und dafür zu forgen, daß sie nicht die Wurzel der Serrichaft des Kapitals zu treffen vermögen. Es ist darum durchaus logisch und notwendig und im besten Sinne des Wortes revolutionär, daß die Gewerkschaften in der sozialistischen Revolution den Kampf um Forderungen ideeller Natur, um das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte, mit verschärftem Nachdruck füibren, und es ist nur zu beklagen, daß die wahnsinnige Preisgestaltung bisher allzu viel Kraft für den Lohnkampf in Anspruch ge­nommen und zu wenig Rannt gelaffen bat für den Kampf um das Räterecht. Hier wird der Gewerkschaftskampf der Novitalismus unmittelbar gefährlich. Ein besonderer Dern im Auge ist der Unternehmertum aber die energia