Es if müßig, in einer solchen Zeit der Not nachträglich noch über die Zewdmäßigkeit einer so zustandegekommenen Arbeits gemeinschaft" zu reden."
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Diese Regierung der Zentralarbeitsgemeinschaft wird, was zu beachten ist, in der Deutschen Arbeitgeberzeitung" ausgesprochen. Das sollte allen Arbeitergewerkschaften zu denken geben. Die Gelben versichern weiter, die bisherigen Fehler bei dem diesmaligen Wiederaufbau nicht wieder machen zu wollen. Sie haben sich auch mit der Gründung einer faufmännischen Organisation beschäftigt, meinen jedoch:„ Ob eine solche entstehen wird, hängt aber nicht zuletzt von dem Verhalten gewisser schon bestehender kauf männischer Angestelltenverbände ab". Da das Verhalten der hier gemeinten faufmännischen Harmonievereine trog einiger radikaler Redensarten„ gut“ zu nennen ist, so wird wohl auf die Gründung der selben Kaufmannsgebilde verzichtet werden.
In der neuen Organisationsform des Nationalverbandes it zu beachten, daß die angeschlossenen Organisationen, nach Suftriegruppen gegliedert sind. Bei diesem Aufbau ist bar daran gedacht, die Betriebsräte einzufangen. Nach m Geislerschen Auffaz richtet ihan sein Hauptaugenmert arauf ,,, in den Betriebsräten eine möglichst starke Verretung zu erreichen und dadurch die Betriebsräte zu einem Mittel der Produktionssteigerung statt der Bolschewisierung inseres Wirtschaftslebens zu erheben".
Dieser Organisationsplan der Gelben darf, so wenig sle m allgemeinen heute zu bedeuten haben, von der Arbeiterhaft in seiner Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden. Hier werden die Betriebsräte als das Objekt der Korruption leichzeitig vom Unternehmertum und von den gelben Hausvereinen in Bearbeitung genommen. Der Gedante, als lönnten die Betriebsräte ihre Aufgaben innerhalb des Betriebes ohne Fühlung mit der Gesamtheit der organiierten Arbeiterschaft lösen, d. h. der Betriebsegoismus wird fünstlich genährt. Die Deutsche Arbeitgeber Zetfung" und die Gelben unterstützen ganz systematisch jede Bestrebung, die darauf ausgeht, die Betriebsräte von den reien Gewerkschaften zu trennen, und sie haben von ihrem Standpunkt aus allen Grund, eine Vereinigung der beiden Faftoren im Befreiungskampf der Arbeitnehmer zu ver indern. Ob aber die Arbeiter. und Angestellten diesen Sünschen der Unternehmer folgen sollen?
Wenn im weiteren Programm der Gelben Nationalefühl und Festhalten an der privatwirtschaftlichen Wirthaftsordnung und an der christlichen Weltanschauung els ie geistigen Grundlagen erwähnt werden, so sind das die ort von jeher üblichen Schlagworte. Dieses Nationalefühl wirkt sich aber neuerdings in ganz bestimmter Rich ung aus. Herr Geisler sagt darüber sehr fnapp:
,, An zahlreichen Orten des Reiches finden fortgesetzt zur Schuang ihrer Vertrauensmänner voltswirtschaftliche und staatsaürgerliche Lehrgänge statt. In der technischen Nothilfe durch Stellung von Facharbeitern und in den Einwohnerwehren haben sich gerade die Mitglieder dieser Bewegung rühmliche Verdienste im Interesse der Algemeinheit erworben."
Diese Verbindung der gelben Wertvereine mit bet tehnischen Nothilfe bestätigt nur den Charakter dieser Streif brecherorganisation. Der Nationalverband der Gelben" ist nach alledem mehr als eine Neuauflage der früheren Wertvereine. Er muß als ein Instrument der Gegenrevo lution angesehen werden. Seine Gönner haben in der neuen Regierung den entscheidenden Einfluß; fie arbeiten am ederaufbau" des Kapitalismus .
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Wieder geschwindelt!
Die Tägliche Rundschau" hatte vor einigen Tagen behauptet, Herr Bittor Kopp betreibe in Verbindung mit der U. S. B. D. eine geheime bolschewistische Propaganda. Die russischen Kriegsgefangenen würden bereits einegerziert und sollten zusammen mit der Raten Armee" den Umsturz durch führen. Wir haben damals gteich gesagt, daß die Tägliche Rundschau" ihre Unterlagen für den sensationellen Artikel von einem Subjekt bekommen habe. welches aus der Verbreitung von Lügen ein gutes Geschäft mache. Jezt wird nun auch amtlich
Bourgeoisie
Das amerikanische Sosialistenblatt The Toller" veröffentit folgenden Brief Magim Gortis, der offenbar aus bem rsien, in Rußland bereits überwundenen Stabium bes Bolschewismus stammt. Wir geben den Brief nachstehend mit unwesentlichen Kürzungen in ber Ueberlegung wieber.
Ich habe eine Anzahl Briefe von verschiebenen Bersonen erhalten, die alle im Ton tödlichen Schredens und größter Traurigteit geschrieben sind. Ich fühle, daß die Briefschreiber untle Stunden und Tage durchgemacht haben, daß ihre Herzen Qualen erleiden, daß ihre rastlosen Gebanten sie nicht schlafen affen.
Was ist aus dem guten russischen Boff geworden? Warum perwandelte es sich plöglich in wilde Bestien?" schreibt mir eine Dame auf einem parfumduftenden Briefbogen. Chriftus ift vergessen, feine Jdeen sind entweiht," schreibt Graf B. Einige janten und fluchen, andere seufzen und flagen. Alle find gereizt, niedergebrochen und voller Furcht bei dem Gedanken an diese tragische und große Epoche. Da ich nicht die Möglichkeit habe, persönliche Antwortbriefe an jeden einzelnen zu schiden, ant worte ich hiermit allen zugleich. Meine verehrten Herren und Damen! Die Tage der Strafe für thre sträfliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben des Voltes And getommen. Alles was Sie jetzt erleben, haben Sie voll verdient. Und ich kann Ihnen nur eins sagen und raten: lassen Sie diese Schrecken, die Sie fich selbst geschaffen haben, eine noch tiefere und heftigere Form annehmen. Lassen Sie Ihre Herzen noch rubeloser werden. Sie verdienen es, Gie werden erschöpft sein, aber vielleicht wird dann das Gesunde und Rechtschaffene in Ihrer Seele von dem Schlamm und der Niedrigkeit gereinigt werden. Ihre Seelen find voller Lügen, voller Herrschsucht und aller niebrigen In tintte.
Berehrte Dame, Sie wollen wissen, was über das Bolt ge tommen ist? Die Leute haben einfach die Geduld perloren. Sie waren zu lange still, sie ertrugen eine zu lange Zeit hindurch Beleidigungen, ohne zu murren. Ihre Rüden haben die Lasten ihrer Herren zu lange getragen. Run önnen sie es nicht mehr. Was sollte das Bolt weiter tun, als ich in ,, wilde Tiere" verwandeln? Was haben Sie getan, um ndere Resultate zu erwarten? Saben Sie ihm je etwas gutes gelehrt? Haben Sie in feine Seele Tugenden gefät?
Während Ihres ganzen Lebens benutzen Sie feine Arbeit, hne jebes Verständnis, daß Sie damit ein Verbrechen begingen. Ste lebten, ohne danach zu fragen, wovon Sie lebten, ohne zu tagen, wo die Kreft lag, die Sie ernährte. Wenn Sie auf Ihre Landfige zogen und Seite an Seite mit den Bauern wohnten, ahen Sie auf diese herab wie auf eine ausgestoßene Raffe.
Das Bolt hat eine gutmütige Statur, aber Ihr machtet es böle. The hieltet ure Feste ab, an Benen sie, die Ausgestoßenen, nicht teilnehmen fonnten. Und doch fordert Ihr von ihnen Dantbarkeit. Eure Frivolität, mit Verachtung gemischt, konnte in thren Seelen feinen Respekt für Euch erweden. Was habt Thr für He getan? Sabt Ihr versucht, sie aufzuklären? Nein! Ihr habt Euch eher bemüht, sie zu verbummen. Und nach all
enflärt, baß alle Behauptungen der Rundschau" den Tatsachen nicht entsprechen, also glatter Schwindel sind. Dus Blatt für die gebildeten Stände" hat in den letzten Wochen wiederholt derartige unwahre Artifel gebracht. Trotzdem wird es sich auch nach dieser erneuten amtlichen Abstäubung von seinen unanständigen Methoden nicht freimachen können, wetl die„ nationalen Parteien der Echwindel nun einmal zum politischen Rüstzeug gehört. Charakteristisch ist, daß die Rundschau" nicht einmal den Mut aufbringt, ihren Lesern die amtliche Berichtigung zu unterbreiten. Sie verspricht fi chaljo von ihren Butschlügen eine große Wirkung und möchte sie nicht durch eine Richtigstellung abschwächen.
Der französische Botschafter Laurent hat gestern dem Reichspräsidenten sein Beglauoigungsschreiben übergeben. Laurent fnüpfte daran eine Ansprache, in der er ausführte, daß er sich bemühen werde, zu einem fruchtbrin= genden gemeinsamen 3usammenwirten zwecks Heilung der Wunden des Krieges und sanellen wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas in ehrlicher Ausführung des Friedens vertrags beizutragen. Dem neuen Deutschland wünsche er Ge deihen in Arbeit und Frieden Der Reichspräsident erwiderte, daß die deutsche Regierung von dem gleichen Bestreben erfüllt sei. Sie werde alles tun, um dem Botschafter die ihm gestellte Aufgabe nach Möglichkeit zu erleichtern. Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten
Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegenheiten trat Donnerstag Abend zu einer Sigung zusammen. Der Minister des Aeußeren erstattete eingehenden Bericht über die Vorbereitungen der Konferenz von Spa. Darauf vertagte sich der Ausschuß, ohne in eine Besprechung einzutreten.
Lochspitzel für die Deutschnationalen
Am 12. Juni hatten wir einen Brief von Jacques Meu nier, Generalsekretär eines franzöfifchen Eisenbahner- Syndi tats, veröffentlict, worin die deutschen Arbeiter auf die Urlachen des Deutschenhafses eines Teiles der Franzosen hingewiesen wurden. Es war darin gesagt, daß die deutschen Junker und die Offiziert die Urheber des bedauernswerten Schidfals Deutschlands seien und die not heute das ganze deutsche Volt tyrannisierten, aber es gebe in Frankreich Männer, die an der Arbeit seien, ihre Nation dahin zu bringen, nicht mehr die zu haffen, die an alledem, was geschehen ist, unschuldig find. Dann werde der Tag lommen, wo der Deutsche und der Franzose fid) die Bruderhand reichen werde.
Der Abdruck dieses Briefes war allen denen unangenehm, die von Meunier jo schonungslos bloßgestellt wurden. Ihnen gesellt sich jetzt Ernst Heilmann zu. Er behauptet, daß der Verfasser dieses Briefes ein Gelber oder ein Spigel Clemenceaus sei, dessen Spiel wir unterstützt hätten. Daran knüpft er folgende Schlußfolgerung:
Wir finden das gar nicht so unbegreiflich, denn wir wissen längst, daß die Auslandspolitik der Unabhängigen weder revo lutionär noch international ist, sondern lediglich im Dienste der französischer und englischen Imperialisten steht. Diefer Heilmann hat Ende Juni 1915 einen Artikel geschrieben, in dem er sich über die Versuche lustig machte, durch eine Berständigung mit den Kriegsgegnern durch die Wiederhersteliung der sozialistischen Internationale den Krieg zu beenden. Darin tamen felgende Stellen vor:
Run it's genug. Jeder weitere Schritt zur Verständigung wäre von unserer Selie ein Mangel an Selbstachtung Es gibt teine sozialistische Berständigung, die diesen furcht baren Weltkrieg beilegen tönnte, ihn enbet nur der Sieger der stärkeren Gewalt!.... So zerschmetternd müssen die Feinde geschlagen werden, daß ihr Ring zerbricht, die Roa lition birst. Die Friedensbedingungen sollen, hier milde, bort hart, die Wiederkehr des Eintreifungsbundes unmöglich machen. Mögen darum die ewig wankenden Gestalten plöglich den Berrina der Internationale spielen wollen, ich gehe zum Hindenburg ."
Man wird derstehen, daß wir uns mit einem Subjekt, bas eine berartige fchamlose Kriegshege auf dem Gewissen hat, nicht in Auseinandersetzungen einzulassen wünschen.
bem verlangt 3hr, daß fie gut sein sollen? Der Bauer war in Euren Augen nur eine Art Vieh. Wenn Ihr mit ihm spracht, behandeltet 3hr ihn wie einen Wilden. Ist es nun ein Wunder, baß er fich jezt in ein wildes Tier" verwandelt hat? Madame, Ihre Frage zeigt nicht allein Lebensunkenntnis, sondern auch bie Heuchelet etnes Berbrechers, der seine Schuld fühlt, fie aber nicht öffentlich zu befennen wagt. Sie wußten, wie der Bauer lebt. Ein menschliches Wesen, das fortgesetzt geschlagen wird, muß fich früher oder später rächen; ein Wesen, das undankbar behandelt worden ist, hat für niemanden Mitgefühl. Das ist tlar, ja mehr: es muß so jein. Wie können Sie von einem Herzen Dant oder Mitgefühl erwarten, in bas fie Rachsucht fäten? Meine Dame, in Kiew warf das gute alte russische Bolt ben berühmten Fabrikanten Brodsky zum Fenster hinaus. Die Erzieherin wurde ebenfalls zum Fenster hinausgeworfen. Aber bém fleinen Kanarienvogel in seinem Käfig wurde fein Leid angetan. Denken Sie bitte über dieses Ereignis nach. Dieser fleine Bogel erwedte Mitgefühl in einem Augenblid, wo mensch liche Wesen zum Fenster hinausgeworfen wurden. Augenscheinlich haben also auch geschändete Herzen Raum für Mitgefühl, aber dieses Mitgefühl besteht nicht für menschliche Wesen, da Diese es nicht verdienen. Darin liegt das Eniseyliche und die ganze Tragödie.
Sind Sie noch immer so ganz überzeugt, daß Sie ein Recht haben, menschliche Behandlung zu verlangen, während Sie selbst während des ganzen Lebens undankbar gegen Ihre Mitmenschen gewesen sind und sie nicht als Jhresgleichen betrachtet haben? Sie schreiben Briefe, Sie haben eine Erziehung genossen. WahrScheinlich haben Sie Bücher gelesen, in denen das Leben der Bauern beschrieben wurde. Was tönnen Sie von den Bauern erwarten, da Sie ihr Leben kannten, aber nichts taten, um ihre Leiden zu mildern?
In einem Lande, wo das Bolt mit Beitschen und Knuten geschlagen wurde, wo die Unterdrüdung feine Grenzen fannte, wo die Gewalttaten solche Formen annahmen, daß man fich dessen schämte in einem solchen Lande herrscht tein Mitgefühl. Ein Volt, das durch Fauftschläge und Knutenhiebe aufgebracht ift- fann nicht weichherzig sein. Ein Volt, auf dessen Körper die Polizisten traten, fann auch auf die Körper anderer Menschen treten.
In einem Lande, wo so lange die Ungerechtigkeit regiert hat, ist es schwer, die Herrschaft der Gerechtigkeit einzuführen.
Wir fönnen nicht verlangen, daß ein Mann, bez niemals bie Gerechtigkeit sah, gerecht ist, Meine Dame, verlangen Sie nichts vom Bolt, was Sie ihm nicht gegeben haben. Sie haben fein Recht, den Dank des Volkes zu fordern. Dieses Volt wurde schmählich unterdrückt. Nun, da der Zarismus und der Kapitalismus es zur Revolution gebracht haben, tommen all seine bunklen Kräfte hervot, alles, was ihm leit Jahrhunderten etn gebrannt worden ist, und überall schreit es nach Rache.
Trotzdem hat das Land noch eine andere Kraft, leuchtend burch den großen Gedanken, befeuert durch den sehnsüchtigen Traum nach Gerechtigkeit, Freiheit und Schönheit. Aber warum foll ich jemanden die Schönheit und die Größe des Meeres be Schreiben, der doch keine Augen hat, um sie zu sehen?
Auch der„ Borwärts", in bem ein Junger Mann des Helfe mann die auswärtige Politik macht, behauptet heute früh, daß wir auf einen Agenten Clemenceaus hineingefallen wären und mit der Veröffentlichung des Briefes nur die Absicht verfolgt hätten, ben rechtssozialistischen Reichstanzler Hermann Müller und seinen Parteigenossen Dr. Köfter zu verleumden Nachdem in der geftrigen Reichstagssigung die Schieberpolitik der rechtssoziali tischen Parteileitung durch die Beröffentlichung des Geheim briefes an die Redaktionen an den Pranger gestellt worden ist, glaubt das Blatt die Aufmerksamkeit davon dadurch ablenten zu können, daß es sich in eine Reihe mit den vielfachen Lods pizzeln seiner Partei stellt, die das Geschäft der deutschen Revanchepolitifer besorgen.
Es zeigt sich auch bei dieser Gelegenheit, daß die von der rechtssozialistischen Partei betriebene auswärtige Politit die gerade Fortsetzung ihrer Kriegspolitik ist. Der von uns vers öffentlichte Brief des Franzosen sollte dazu dienen, den Ars beitern die Notwendigkeit flar zu machen, den Haß, der von den Kriegstreibern zwischen die Bölker gesät worden ist, endlich wieder zu beseitigen. Diese Heilmann, Noste, Heine und Viktor Schiff aber bilden eine Einheitsfront mit den Chauvinisten vom Schlage des Grafen Reventlow, schüren immer aufs neue die Völkerverhegung und kennen feine wichtigere Aufgabe, als jeden Versuch, eine Wiederannäherung der feindlichen Nationen zu ermöglichen, im Keime zu erftiden. Wie in der inneren, so üben sie auch in der äußeren Bofitit die Praktiken des Schieber gesindels aus; diese rechtssozialistischen Politiker bilden freiita ben verächtlicheren Teil dieses Konsortiums: Fe sind in Wahrs heit die agents provocateurs der nationalistis schen Gegenzevolution.
Die Bezüge der Altpensionäre.
Wie bekannt geworden ist, sollen den Altpenstonären und Altvinterbliebenen zur Behebung der Notlage bts zu der in Aus ficht stehenden gefeßlichen Regelung 50 v. 5. threr bisherigen Be züge an Benfion, Witwen- und Watsengeld vom 1. April 1920 ab als Borichus gezahlt werden. Wie von zuständiger Stelle mitge tellt wird, find soweit die Heer Boerwaltung hierbet in Betracht tommt die Penfionsregelungsbehörden und Versorgungsämter be retts mit entsprechender Weliung bersehen worden. Diese Behörden werden die Zahlstellen schleunigst zur Zahlung auweisen. Immers hin wird bei der großen Zahl der Benfionäre noch einige Bett ver gehen bis alle Zahlungen angewiesen sind. Ein Grund zur Bennruhigung Hegt daher nicht vor, wenn die Nachricht der Zahlungs. anweifang bel einzelnen Empfangsberechtigten fich etwas verzögern follte. Eines Antrages des Pensionärs bedarf es nicht.
Berhaftung des Reichskommiffars für das Flüchtlingss wesen. In Effen ift der angebliche Hauptmann von Mudra , der Letter des dortigen Flüchtlingslagers, verhaftet und der Staatsanwaltschaft zugeführt worden. Mudra war nicht nur Better bes aus den Kruppschen Baraden gebildeten Flüchtlingslagers, in dem über 5000 Perionen Unterkunft fanden, sondern er war auch von ber Reichsregierung zum Reichstommiffar für das gesamte Flüchtlings wesen ernannt worden and verfügte über entsprechende Ausweis papiere. Er hat das ihm übertragene Amt im weitesten Maße zu Willtonenschtebungen, Unterschlagungen und Betrügereten mi braucht und hat Riefenbeträge auf die Sette gebracht. Wir werden über bieje Angelegenheit noch ausführlicher berichten.
Pressestelle des Staatskommiffars für die öffentliche Ordnung. Das bisher vom Preffereferenten des preußischen Staatsministeriums geleitete Preffereferat des Staatsfommiffars für öffentliche Ordnung ist, wie die P. N." erfahren, vom 1. Juli ab als eine selbständige Breffeftede eingerichtet worden. Mit der Leitung des Preffereferates wurde der bisherige Rebab teur am Berliner Tageblatt", Dr. Brandt, beauftragt.
Auf der internationalen Seemannskonferenz in Genua teilten die Vertreter der Neeber von Dänemark , Schweden und Norwegen mit, die Achtundvierzigstundenwoche fel für die Frage der Arbeitsdauer auf See für fte an annehmbaz Die Kommiffion für die Festsetzung der Arbeitszeit fonnte fich dieser Ansicht nicht anschließen. Die englischen Vertreter der Arbeitnehmer stellten feft, daß sich die Vertreter ihrer Regierung und der englischen Reeder in der Oppofition befänden. Arbeitervertreter wunderten sich über diesen Widerstand und erklärten, unter diesen Umständen sei eine weitere Berhandlung zwecklos. Havelod Wilson, der Bertreter der englischen Seeleute, erklärte den Vertretern der Reeder, wenn es in Genua in dieser Frage an feiner Einigung tomme, so würden bis englifchen Seeleute aur Waffe des Streits greifen.
Die
„ Bruder Martin" in der Volksbühne
Dieses Volksstück gehört nicht zu den schlechtesten seiner Gattung. Es bringt zwar nichts Nenes und verrät keinerlei individuellere Wesenszüge, aber vielleicht kommt ihm das gerade zugute. So hören und sehen wir denn wie anno dazumal, wie in beschaulichem, munteren Frohsinn, berber Luftigkeit und etwas sentimen taler Tragit das Leben des einfachen Bauernvoltes dahinfließt. Der Bruder Martin, ein fahrender Bettelmönch, der mit einem leibhaftigen fel auf der Bühne erscheint, ift der gute Geift, der die kleinen und großen Schmerzen seiner Bandsleute tennt und für jeben ein Kräutlein und eine Salbe in seinem Sade hat. Er führt den Müller und die Müllerin, die sich entzweit haben wieber aufammen und macht aus der Stangt, der Frau des Schneiders Warmel, einem wahren Hausbrachen, ein gefügiges Gheweib. 8war tun das nicht bie Kräuter und Salben, sondern die frische, menschlich natürliche Art, diesen Leutchen den Kopf aurechtaufezen. Das alles sieht hübsch heiter und fröhlich, zuweilen sogar mit gedrängter Komit an uns vorüber. Dazu schöne Bühnenbilder, luftige Boltsszenen, gutes Zusammenfptel. Aber- und das vers fiimmte ein wenig wozu die Kongeffionen an das liebe Pub litum? Wozu diesem Bruder Martin, der sich leidlich wahrhaftig unter den Landleuten außnimmt, Couplets in den Mund legen, dazu noch solche ber übelsten Sorte mit startem Philiftergehalt, mit Spigen auf die schlechten Zeiten, die leidige Politit", ganz wie der deutsche Spießer es gern haben will. Was Wunder, daß hier natürlich der Betfall einsetzte. Und doch ist's weiter nichts als eine Berballhornung des guten Geschmades, paßt in den ganzen Charakter dieses Boltsstückes wie die Fauft auf's Auge.
Alles in allem fann man dieses Boltsstück mit Gesang in 4 Atten von Carl Costa jebem empfehlen, der ein paar vergnügliche Stunden im Theater verleben will.
Die
„ Strohwitwe" im Staatstheater
Im Sommer legt auch das Staatstheater seine Feierlichkeit ab und gewährt der Operette des Opern- Generalmusikdirektors Leo Blech Die Strohwitwe" Gastfreundschaft( mit zweimonatlicher Aufent haltsbeschränkung). Es ist eine nur wenig veredelte Spielart der lanbläufigen Operettenwerte mit einem durchgefanten Tegt, von bem es genügt zu sagen, daß er mit Männchen", Schapt usw. umher wirft und wie Iteb, mein süßer Herzensbieb" retmt, im übrigen fich mit Sereniffimusverspottung, Stronprinsenliebe und fibelem Gefäng nis" ausbauernb beschäftig. Die Mufit Leo Blechs schent bor Triblalttäten des zugkräftigen Schlagertums nicht zurück, zeigt aber stellenwetie bte operntandige Hand bes echten Muftters, ber a höherem veranlagt tft. Schade, daß er ber Konjunktur so welt nach gibt und seine Kunst nicht vor den Niederungen der kapitalistischen Aera hütet. Immerhin gibt er auch hier gelegentlich Belangvolles, was sich musikalisch welt über den Durchschnitt erhebt( in der Art feiner fleinen Oper Berfiegelt"). Eine wahrhaft glänzende Anf führung besiegelte ben änßeren Erfolg. Blech, der selbst dirigierte, wurde oft gerufen. Die musikaltiche und szenische Einstudierung war von metfterlicher Präzision, die Einzelleistungen in Spiel und Gefange burchweg ersten Ranges. Bera Schwarz und Erik Wirl et prächtig fangesfreubiges Paar, Franz Groß auch ohne Ballew