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Reiches rund 209 Milliarden, darunter 107 Milliarden dis tontierte Schatzanweisungen und 10 Milliarden undiskontierte Schakanweisungen aus Zahlungsversprechungen." Die Anga­ben für Ende April waren also mit denen für Ende März nicht vergleichbar, ebensowenig die Angaben für Ende Juni mit denen für Ende April. Bei Einrechnung der Verpflichtungen des Reiches an Länder und Gemeinden aus der Uebergabe der Staatsbahnen und aus Kriegsaufwendungen erhöht sich die Reichsschuld für Ende Juni von 209 auf 265 Milliarden. Darin sind aber offenbar noch nicht einbegriffen die für April nachgewiesenen 8,7 Milliarden Sicherheitsleistungen mit Schazanweisungen und Schatzwechseln".

Steuerbehörden sind überall unbeliebt. Aber nirgends sonst ist wohl das Mißtrauen und die Mißachtung gegen über der Finanzverwaltung so groß wie bei uns. Die Ars beiterschaft ist mit Recht darüber ergrimmt, daß sie die Ein­tommensteuer von ihrem gegenwärtigen hohen Lohn zahlen soll, während die Unternehmer einstweilen nach ihrem frühe­ren, niedrigeren Einkommen veranlagt werden. Die Unter­nehmer aber machen sich darüber lustig, daß z. B. die im September 1919 durch Gesetz verkündete Kriegsgewinnsteuer noch immer nicht erhoben wird und erklären auf Grund ihrer Erfahrungen in den letzten Jahren, niemand sei in Deutsch­ land   so steuerscheu wie die Steuerbehörden. Es wird nach gerade Zeit, daß diesem Skandal ein Ende gemacht wird. Und mit der Beseitigung der Unordnung bei den Steuerbe­hörden muß auch die Unordnung in der Berichterstattung über die Reichsschulden aufhören.

Das Menetekel

Die Universität hatte gestern ihren großen Tag. Die Nachricht, daß Genosse Ledebour   und der von den Reaktionären gehaßte Professor Nicolai sprechen würden, hatte tausende und aber­tausende auf die Beine gebracht. Lange vor Beginn war der Riesenraum des Auditorium Maximum" bis zum letzten Platz gefüllt, so daß sich die Massen in den Vorgärten und auf der Straße stauten. Der Reftor Meyer ließ in seiner Angst( so viel Arbeiter hatte er noch nie beisammengesehen) die Sicherheitswehr anrüden. Aber auch die Grünen" waren hilflos. Bis in die Nacht standen die Menschen, nachdem im Lustgarten Parallel­versammlungen abgehalten worden waren, um auf die beiden Referenten zu warten.

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In tropischer Hitze auf den Fensterkreuzen saßen noch Zu­hörer lauschten die Anwesenden den Worten Nicolais. Dieser entwidelte die Theorien des Pazifismus, bekannte jedoch, daß er von seinem Optimismus abgefommen sei, und daß auch der Pazi­fismus nur durch die zur Macht gekommene Proletarierklasse ver­wirklicht werden könne.

Ledebour, von stürmischem Beifall begrüßt, geißelte die Verbrechen des internationalen Kapitalismus  . Als Zwischenrufe einiger deutschnationaler Studenten gegen die Juden laut wurden, erflärte er, sowohl der beschnittene als auch der unbeschnittene Rapitalismus" sei zu verdammen. Zur Frage der Kriegsschuld sei zu bemerken, daß alle tapitalistischen Regierungen den Zünd­stoff angehäuft, die deutsche   Regierung. durch ihre wahnsinnige Hehe gegen Serbien   aber besonders viel Schuld hatte.

Während der Rede Ledebours warf ein deutschnationaler Stu bent eine Stinkbombe, die rasch unschädlich gemacht wurde. Der gebildete junge Mann" wurde gepadt und festgestellt. Die Ver­Sammlung nahm einstimmig eine Resolution an, die die so­fortige Wiedereinsegung Nicolais verlangte. In der größten Ruhe ging man auseinander. Den Rabaustudenten war proletarische Wille auch auf der Universität, diesem Bollwerk der Reaktion, durchgesezt.

Scheidemanns Unzulänglichkeiten bie Sprengung nicht geglüdt. Zum ersten Male hatte sich der

Herr Victor Hahn  , der Besitzer und Herausgeber des ,, 8 Uhr- Abendblatts", der sich gelegentlich in der Rolle eines politischen Lehrmeisters für das deutsche   Volk und seine Par teien gefällt, hat neulich einmal in seiner Zeitung die Rechtssozialisten ernstlich getadelt, weil sie den Unabhängigen nachliefen. Der Vorwurf aus diesem Munde und an dieser Stelle scheint Herrn Scheidemann wichtig genug, um in demselben Blatte eine ausführliche Rechtfertigung seiner Partei vorzutragen. In der überlegen höhnischen und hämischen Art, die seine Auslaffungen neuerdings auszuzeichnen pflegt, und die auch seine letzte Rede im Reichstag zu einer so unerfreulichen Leistung machte, beschäftigt er sich zunächst mit dem Genossen Ledebour und sucht ihm mit der schartigen Klinge seiner billigen Wigeleien beizukommen. Dann erzählt er noch ein­mal, daß an seiner Person die Einigung der Arbeiterschaft nicht scheitern werde und zeigt damit nur, wie sehr er die Bedeutung seines eigenen Jchs überschätzt. Er sollte eigents lich wissen, daß, wenn in unseren Reihen von der Unmöglich­feit gesprochen wird, sich mit Scheidemann   zu ver einigen, nicht sowohl der frühere Ministerpräsident und der gegenwärtige Oberpräsident von Kassel   gemeint ist, sondern ble Politit, die mit seinem Namen getenn zeichnet wird.

Endlich zur Sache fommend, versichert der wikige Philipp dann, daß die sozialdemokratische Partei den Unabhängigen nicht nachlaufe, sondern im Gegenteil hoffe, die unabhängigen Wähler würden sich eines guten Tages doch wieder zu den Rechtssozialisten zurückfinden und mit ihnen unter dem Banner fämpfen: Durch die Demofratie zum Sozialismus! In diesem Zusammenhang orafelt er natürlich wieder einiges von Demokratie und Dittatur und erbringt dabei aufs neue ben Beweis, daß er von diesem Problem genau soviel ver steht wie etwa Herr Victor Hahn  .

Es liegt uns fern, seine Hanswurstiaden zum Anlaß für eine ernsthafte Diskussion zu nehmen; wir möchten aber nicht unterlassen, ihm die Lektüre eines dieser Tage in der Boffischen Zeitung" zum Abdrud gelangten Vortrags von Walter Rathenau   über Demokratische Ent. widlung" zu empfehlen, in dem an dem Wesen der for­malen Demokratie, die Rathenau   ganz zutreffend lieber als liberal- fortschrittliche Demokratie bezeichnen möchte, eine Kritik geübt wird, die im im Prinzip der unsrigen einigermaßen nahefommt. Allerdings zweifeln wir daran, daß diese Lektüre Herrn Scheidemann irgendwie beeinflussen wird, denn Borbedingung des Verständnisses einer Sache ist die Fähigkeit, sich in sie zu vertiefen, und an der fehlt es leider dem worte und mäßchenfrohen Führer der Rechts­fozialisten vollständig.

Henri Barbusse  :

Brief an einen Anarchisten

Verehrter Freund!

Empfangen Sie herzlichen Dank für die Freundschaftsversiche rungen Ihres legten Briefes, die der Clarte und mir gelten. Ich möchte mich zu den Vorwürfen äußern, die Sie mir wegen meiner Meinungen über die Anarchisten machen. Es handelt sich um die Bebeutung des Wortes Anarchist". 3wischen dem Begriff An= archie, der im Tagesgebrauch Unordnung bedeutet und dem Bes griff Anarchie, der eine praktische und theoretische Lehre bezeichnet, besteht ein ungeheuerer Unterschied, der, wie ich Ihnen zugebe, von den Berteidigern der unheilvollen fapitalistischen Ordnung in perfider Weise ausgebeutet wird.

Ohne weiteres erkenne ich an, daß die anarchistische Lehre, die die Berwirklichung des Kommunismus erstrebt, der nicht auf einem 3wangsmittel, sondern nur auf der freiwilligen Vereinbarung aller beruht, eine Lehre von großem moralischen Wert ist, und baß es unmöglich ist, einem solchen Plan der Gestaltung des öffentlichen Lebens seine Sympathie zu versagen. Aber ich will Ihnen wiederholen, was ich oft Ihren Kameraden der Jdee und der Tat gesagt habe, unter denen ich viele sehr gute Freunde habe: Dies Ideal, das das ganze Gebäude der Gesellschaft lediglich auf den freien Willen der Einzelnen stüßt, ist zu schön, und bei dem gegenwärtigen Geisteszustand der Menschen wird das praktische Ergebnis gleich Null sein.

Biele Jahrhunderte werden noch vergehen, und die Gefräßigkeit bes fapitalistischen Systems wird die Menschheit noch durch Kriege und Katastrophen hehen, bevor jeder aus freiem, inneren Trieb bas Rechte dentt und tut und sein Lebenswert harmonisch der menschlichen Gesamtleistung einfügt, bevor die erträumte zu fünftige Gemeinschaft erblüht.

Wir verwerfen die anarchistische Lehre nicht wie die rachfüchtige Bourgeoisie, die den Anarchismus in rasender Wildheit zu Boden ftampfen will. Aber wir finden, daß sie bei den wirtschaftlichen Krisen, die sich von Tag zu Tag vergrößern, nicht die Kraft hat, ber organisierten Unterbrüdung durch die Klaffe, die wie ein Rertermeister herscht, zu widerstehen und daß sie nicht die Mittel hat, sich an ihre Stelle zu legen. Die sozialistische Lehre, die be Scheibener ist, will die soziale Wahrheit nicht aus dem Abgrund bes" ziehen; sie wendet sich an die Anstrengungen der Massen, an die Systematisierung der Willen auf der Grundlage einiger Lehräge von gesundem Menschenverstand und schließlich an die Herschaft der Geseze. Sie ist, wie Sie wissen, trodener, und in gewiffem Sinn abstrakter, aber sie ist viel positiver und bietet die einzige erfolgreiche Lösung. 3bre wirklichen Ergebnisie häufen fich,

Hues Rede

Wir geben nachstehend die Rede Hues in der Sonnabend­fizung der Konferenz in Spaa wieder, die wir wegen Raum­mangels zurüdstellen mußten. Sue spricht in dieser Rede aus, was vom internationalen Arbeiterstandpunkt zur Kohlen­frage zu sagen ist. Sie stach auch deshalb wohltuend von Stinnes Rede ab, als sie jede nationale Phrase vermied und nur das Sachliche hervorhob. Die beiden Reden haben auch Bresse gefunden. Der Temps" entrüstet sich über die das ihren Inhalt entsprechende Echo in der französischen  Aeußerung Stinnes, daß die Regierungen der Entente noch an der Siegerfrankheit litten, und er gibt seiner Ge nugtuung darüber Ausdrud, daß das Auftreten des der einzigen Krankheit heilen müsse, an der sie bisher ge ,, Kriegsgewinnlers  " Stinnes die Alliierten von litten hätten, der Uneinigteit. Die Agence Savas" versucht die amtlich festgestellte Tatsache zu verschleiern, daß Stinnes nicht im Namen der deutschen   Abordnung gesprochen hat, sondern als Vertreter der Großindustrie. Die Agence Havas" behauptet nämlich, daß die Rede, die Stinnes vor den Delegierten der Alliierten gehalten habe, vorher den Vertretern der Reichsregierung in Spaa bekanntgegeben worden sei.

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des Herrn Stinnes in ihrem Sinne auszubeuten, läßt die Neben diesen Bemühungen, die temperamentvolle Sprache Pariser Presse doch erkennen, daß die fachlichen Dar­ferenz einen starten Eindrud hervorgebracht haben, legungen des Vertreters der Bergleute, Sue, auf die Ron und daß auf Grund der Besprechungen unter Sachverstän­digen schließlich doch ein Einvernehmen über die Kohlen­lieferungen erzielt werden dürfte, das die so sehr herbeis gewünschte Besetzung des Ruhrgebietes hinausschieben fönnte. Die Rede Hues in der Sonnabendigung der Konferenz lautet:

Ich will darauf verzichten, auf die Zahlen, bie Herr Millerand  Gestern genannt hat, einzugehen, wie ich mich überhaupt einer großen Kürze befleißigen werde.

Ich wünsche, daß wir die 8iffern, bie uns Herr Milleranb gegeben hat, und die Herr Stinnes   ja ebenfalls zum Zeil ergänzt hat, in einer Stommiffion von Sachverständigen beraten. Ich gebe

feine Beseitigung ber internationalen Rohlennot bedeuten, sonder das Uebel nur noch verschlechtern würde. Wir sind also zu be Ueberzeugung gekommen, daß dieser Borschlag prattisch un burchführbar ist, und haben beswegen eine besondere Durch beratung in einer Stommission gewünscht.

Trotz ihrer starten Unterernährung und der dadurch hervorgerufenen Morbidität und Mortalität haben sich die deutschen   Bergarbeiter i diesem Frühjahr entschlossen, durch das Verfahren von Ueber lieferung an die Entente möglichst durchführen zu lassen. Dit schichten die Kohlennot im eigenen Lande zu mildern und so die Ab deutschen   Bergbauunternehmer haben zwar vorgeschlagen, daß die Arbeitszeit regelmäßig weiter verlängert werden solle, aber es i einfach ausgeschlossen, daß eine weitere Verlängerung der regeb mäßigen Schichtzeit eintreten kann, sondern die deutschen   Berg arbeiter haben, wie die englischen und amerikanischen   Berg arbeiter, als Ziel die sechsstündige Schichtarbeit, weil sie der Ueberzeugung sind, durch die sechsstündige Schicht nicht die Kohlew förderung zu schädigen, sondern sie sogar mit der Zeit zu heben. Die entscheidende Frage, mit der wir an die Erörterung der Erhöhung treten, ist: wie machen wir die Berg freudiger? Wir tönnen hier beschließen, was wir wollen, eine arbeiter leistungsfähiger und wie machen wir fie arbeits Ronferenz von Diplomaten fann beschließen, was sie will; legten Endes wird in den Bergbauzentren darüber entschieden, wie die Förderungserhöhung zu ermöglichen ist, und wie sie überhaupt vo sich gehen soll. Aus diesem Grunde werden 3wangsmaß regeln oder auch nur Androhungen von Zwangsmaßregeln nut bas Gegenteil von dem beabsichtigten Zweck erreichen; darüber sollte man sich von vornherein klar sein, um von diesen Faktoren zu einer Verständigung zu kommen.

Bir deutschen   Bergarbetter- Delegterten find ber Einladung nad Spaa gern gefolgt in der Hoffnung, hier mit den Vertretern anderer Länder zu verhandeln, nicht allein zum Zwecke des Wiederaufbaues Frankreichs  , sondern der ganzen Welt. Zu dieser Mitarbeit er flären wir als Bertreter der deutschen   Bergarbeiter- Organisation uns jederzeit bereit. Ich kann die Bertreter der Entente- Regierungen nur bringend bitten, uns diese Mitarbeit zu ermöglichen.

Der Arbeitsplan des Reichstags

Die durch die Verhandlungen in Spaa unterbrochenen Beratun gen des Reichstags werden, wie wir aus parlamentarischen Krei en hören, voraussichtlich am 28. Juli wieder aufgenommen und bis zum 6. August andauern. Es werden noch die wichtigsten Ge fete verabschiedet, außerdem Beschlüsse über die Ergebnisse der deutschen   Unterhändler mit den Vertretern der Entente in Spac herbeigeführt. Am 6. Auguft soll dann die Bertagung bes Parlaments bis Mitte September erfolgen.

Die Regierungsbildung in Bremen  

Die Bremer Bürgerschaft   hatte laut Berfassung einen 15- glied rigen Ausschuß gebildet, dem die Regierungsbildung oblag; an diesem Ausschuß hat die U. S. P. sich nicht beteiligt. Da die U. S.  - Fraktion die stärkste in der Bremer Bürgerschaft   ist, trat der Ausschuß an Sie mit dem Ersuchen heran, entweder die Regie rungsbildung zu übernehmen, oder sich bereit zu erflären, in einem . S.- Fraktion abgelehnt. Die Deutsche Volkspartei   als zweit Geschäftsfenat mitzuwirken. Beide Ersuchen wurden von der stärkste Frattion machte nun den Vorschlag, eine Koalitionsregie rung aus der Deutschen Volkspartei  , der demokratischen Barte und den Rechtssozialisten zu bilden. Der Vorschlag fiel ins Wal  fer, weil die Rechtssozialisten ablehnten. Da auch die alte Koo lition unmöglich war, Jchlugen die Demotraten einen Geschäfts gebildet werden sollte. Auch da machten die Rechtssozialisten nicht Senat vor, der nicht nach ausgesprochen politischen Gesichtspunties mit, sodah nunmehr ein sozialistisch reiner Geschäftssenat besteht der wahrscheinlich die Geschäfte bis zur Erledigung des Haus Die U. S.  - Fraktion ließ durch ihren Vorsitzenden erklären, daß haltes führen und mit den Bürgerschaftsneuwahlen abtreten with der Vorschlagsliste für die Regierung nicht zustimme, da es außer Frage sei, daß der Geschäftssenat den Interessen der revolutio nären Bewegung schnurstracks zuwider handeln werde.

Als Kuriosum sei noch die Stellungnahme der Bre gerschaft haben. Sie erklärten, daß fie es garnicht begreifes mer kommunisten erwähnt, die fünf Vertreter in der Bür Lönnen, weswegen die U. S. P. nicht in die Regierung eintrete Es sei die historische Aufgabe der U. S. P., in die Regierung ein zutreten, um dort Krisen und Konflikte zum Austrag zu bringen und dadurch die Revolution voranzubringen. Die U. S. P.- Frak tion lehnte diesen Krisel- Borschlag furz, aber entschieden ab.

ohne weiteres zu, wie mir aus Besprechungen und ben Zeitungen Mittwoch, den 14. Juli, ist in Groß

bekannt ist, daß in Frankreich   eine erhebliche Rohlennot herrscht. Es ist aber auch zweifellos, daß die von Herrn Ministerpräsidenten Millerand angegebenen Biffern für Deutschland   die Kohlenversorgung in Deutschland   zu gut erscheinen lassen.

Wir deutschen Bergarbeiter- Delegierten find der Ueberzeugung, baß wir bie Roblennot als internationales Hebei  nur durch internationales 8usammenarbeiten aller infrage tommenden Fattoren Ibsen tönnen. Wir haben unter uns genau überlegt und wir sind zu der Ueber. zeugung gekommen, daß die Ausführung des Borschlages Millerands

thre Kraft wächst im Gegensatz zur stürmischen und wundervollen Lehre des individualistischen Anarchismus. Es ist übrigens nicht richtig, daß der follettive 3wang Stlaverei auferlegt; denn dieser 3wang ist vernünftig.

Wir meinen, daß die Verwirrung des anarchistischen Geistes dem Fortschritt des sozialen Lebens schadet, indem sie den Widerstand gegen die sozialistische Logit vermehrt. Viele berühmte Schrift steller und Denter feilen die hochherzigen, aber utopischen und sterilen Meinungen der Anarchisten. Da fie den Fortschritt der Zivilisation nur in der freien, moralischen Entfaltung der Indi­viduen erblicken, haben sie fein Interesse am Kollektivleben, an den praktischen Organisationen des Sozialismus. Diese Intellektuellen graben zwischen der herrschenden Ungerechtigkeit und der Voll­endung der Gerechtigkeit gefährliche Abgründe.

Der innerliche Wert hervoragender Menschen, die ihr Leben nach ihrem Jdeal bilden und die nur der Stimme ihres Gewissens folgen, um fich einer großen universalen Lehre anzupassen, tann uns die Uebelstände nicht verbergen, die entstanden sind und immer entstehen werden, wo Gefühlsüberschwang und Mystit fich ins Leben der Wirklichkeit drängen. Wenn man das Prinzip der Frei heit in seiner Uebertreibung annimmt, tommt man zum Mißbrauch der Freiheit. Außerdem führt das Betonen des Menschentums innerhalb der sozialen Frage wider Willen zur Verstärkung der tapitalistischen Sophismen. Die tapitalistischen Theoretiker be haupten, daß das tapitalistische System, das Jahrhunderte über­dauert hat, tief in der menschlichen Natur wurzelt und daß man es als Naturtraft betrachten muß; eine Aenderung zu verlangen, sagen fie, wäre daher absurd. Diese Behauptungen sind die grausamsten Lügen, mit denen man die Neuerer niederschmettern will. Man muß zugeben, daß alle Lehren, die die soziale Frage auf quasi religiöse Weise lösen wollen, diesen Sophisten teilweise recht geben, soweit sie auch sonst von der Meinung der Autoritäts- Bortämpfer entfernt find. Der Sozialismus dagegen betrachtet. die gegen wärtige soziale Ordnung als ein fünstliches und überflüssiges Ge bäude, das sich nur durch Gewalt und Betrug bis heute erhalten bäude, das sich nur durch Gewalt und Betrug bis heute erhalten hat, und glaubt, daß, wie schrecklich auch ihr Zwang auf den Massen lastet, sie nur besteht, weil die Massen sie nicht fennen. Die Anarchisten fordern, daß der Mensch sein Herz öffnet und gut ist, die Sosialisten fordern nur, daß er die Augen öffnet und vernünftig ist.

Sie haben Recht, wenn Sie schreiben, daß unsere Ziele ähnlich find, und das ist die Sauptsache. Aber ba es fich um ein Jdeal handelt, das vollständig zu erobern ist, muß man diejenigen, die ben Glauben an die Fortschritte auf dem Weg zum Ziel verringern, bekämpfen. Außerdem führt die Leidenschaft geistiger und morali­fcher Unabhängigkeit und die Abneigung gegen jeden äußeren 3wang die anarchistische Mentalität manchmal ins Abfurde. Solche Anarchisten find antifozialistisch, ia fogaz antifaziah

Berlin   Zahlabend

Barteigenoffen! Nügt die Gelegenheit zum Er werb der Mitgliedschaft der Verlagsgenossenschaft Freiheit und zur Beichnung von Anteilscheinen 3hr schafft damit die Möglichkeit zum Ausbau Eures eigenen Unternehmens und zur Ausbreitung Eurer Presse.

Um schließlich ein Tatsachenargument zu bringen: wir fönne nicht vergessen, wie wild das sozialistische Experiment in Rußland  , das in dieser Menschheitskrise so wichtig ist, von den Soldaten de schwarzen Fahne bekämpft worden ist.

Die Arbeiterbewegung in China  

Nach den Untersuchungen des englischen Genossen Jaz, die Genosse Georg Stolz( Prag  ) übermittelt, gab es in de legten Zeit in China   vier große nationale Beits- und Arbeites parteien, darunter zwei, die sich austa fie als fozialisti bezeichnen. Die älteste Organisaiton ift die von dem Arjenal schlosser Wen in Shanghai   noch vor der Republik   gegründete Republitanische Arbeiterpartei Chinas  "( deres Brogramm Jax gleich den anderen Barteiprogrammen ins Eng lische übertragen hat). Dieses Programm zeichnet sich, in eine für den chinechen Charakter äußerst bezeichnenden und ihm zu Ehre gereichenden Weise durch die besonderen moralischen Anjon derungen aus, die es ausschlim an die Parteigenossen stellt Unsere Geroffen sollen alle ordentlich, ebzenhaft, achtsam und zu verlässig sein. Nach ihrem Verhalten wird das Boll unsere ganze Partei beurteilen." Gefordert wurde von der Republikanischen Arbeiterpartei": Die geistige Ermcdung und grünole Bildung des niederen Boltes( abermals charatteristisch für das scholastisch- traditionelle China  ), die Betämpfung be Not in den. unterenSchichten und ihre Organisation als eine das Böse erkennende und bekämpfende klasse. wurde unter anderem ein System von Spar- und Darlehnstasjen Im Einzelnen gefordert, die Verkürzung der Arbeitszeit, eine parlamentarische Oppositionspolitit usw. Die Bartei war von Wen fast militäris organisiert( unter männlichen und weiblichen(!) Sauptleuten für jeden Fachverband); durch einen Streit feste fie eine Lohnerhöhing burch, doch ließ sich der Führer schließlich von Regierungsspigeln zu einem Aufstand provozieren und wurde hingerichtet.

Die neuere Sozialistische   Partei Chinas  " wurde bann unmittelbar nach der chinesischen Revolution im Jahre 1911 gegründet. Ihre vielen Artitel bezeichnet Genosse Jar als reichli untlar und noch feinesfalls sozialistisch im zeitgenöfifchen europa  ischen Sinne. Sie ist teine eigentlich revolutionäre, sondern in vielen Einzelheiten eine Reformpartei, die z. B. Abschaffung des Erbrechts, die Erhebung einer einzigen Steuer vom Grund und Boden( single tar!) verlangt. Die chinesischen Sozialisten übers nahmen dabei zunächst die Gebanten von den Japanern( und in birett offenbar von ameritanischen und englischen Reformen), versprachen die europäischen   Grundsätze mitdazuzunehmen und beschlossen, in den Versammlungen von Shanghai   frembe