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in Deutschland nach 1871 entstand unter der Einwirkung der chine- fische» Kriegsentschädigung in ganz Japan eine fieberhafte industrielle Eränderthäiigkeit. Im Laufe von anderthalb Jahre» wurden 3200 Gesellschaften für die verschiedensten wirthschaftlichen und gewerbliche» Unternehmungen gegründet, wodurch auch die Zahl der Industrie- Arbeiter und Arbeiterinnen um mehrere Hunderttausend vermehrt wurde. Aber schon jetzt ist ein Drittel dieser Aktiengesellschaften bankrott oder sie gelangten überhaupt nicht zu einem lebenskräftigen Dasein. Der gesammte Konsularbericht faßt sei» Urtheil dahin zusammen, daß infolge dieser wahnsinnigen Grüudcrthätigkeit und der dadurch herbeigeführten Ueberprodnklion heule bereits die denkbar schärfste wirthschaftliche Krisis in Japan herrsche. Dieselbe werde jedoch kaum zu einer Ein- schräukuug der Produktion führen, sonder» bewirken, daß durch terabsetzung der Arbeitslöhne, und durch Ausdehnung es Absatzgebietes in de» übrige» ostasiatische» Ländern die japanische Industrie der europäischen eine immer stärkere Konkurrentin werde. Man sieht hieraus, daß Japan auf demselben erhabenen Stand- Punkt wie der europäische Kapitalismus augelangt ist. Durch Er- niedrigiing'deriLöhne und damit Herabdruck ihrer Lebenshaltung, sucht man die Industrie konkurrenzsähig zu machen. Man nennt diese Praxis wohl auch im Lande der ausgehenden Sonne»Schutz der nationalen Arbeit*. Der Sultan und Indien.Daily Mail* meldet aus Kalkutta , der Sultan habe an die indischen Muselmänner eine Note gerichtet, die sich gegen die englische Politik ausspricht. Das Londoner Blatt fordert deshalb von der englischen Regierung, daß sie dem Treiben des Sultans gegenüber ganz energische Maßregeln ergreise. Afrika . Priitoria, 6. August. In dem Bericht der Kommission zur Untersuchung der Lage der Industrie wird eine lange Reihe von Reformen zu guusteu der Minen- Industrie im Rand anempfohlen und die Regierung aufgefordert, sich bestimmt darüber zu äußern, ob das Dyuamitmonopol aufgehoben werden kann; für den Fall, daß dieses letztere geschehen kann, empfiehlt der Bericht freien Handel in Explosivstoffen und Ermäßigung der Tarife der Niederländisch- Südafrikanischen Eisenbahn um pCt. Ein englischer Kolonialkrieg beendet. Einem Telegramm aus Wari vom 7. d. M. zufolge ist dort aus der Stadt Benin ein Brief eingetroffen, welcher berichtet, daß der König von Benin sich ergeben hat. Amerika . Vom Goldlande in Nordamerika . Die Regierung von Kanada hat, wie aus Ottawa telegraphisch gemeldet wird, einen neuen Gesetzentwurs zur Regelung der Goldgräberei in Nord- Columbia ausgearbeitet. Derselbe bestimmt, daß jeder zweite Claim(das heißt ein LaudlooS von 500 Fuß Läng« und KSS Fuß Breite längs der goldhaltigen Flüsse) als StaatSeigenthum zurückzuhalten ist, während die übrige» Claim? den«intreffenden Goldgräbern unentgeltlich überlasse» werden. Jedoch haben dieselben 25 pCt. des gewonnene» Golde? als Steuer an den Staat ab- zuliefern; auch darf ein männlicher Goldgräber in jedem Jahre nur einen Claim erhalten. Gleichzeitig bestimmt da? Gesetz, daß Chinesen in das Goldland nicht mehr zugelassen werden sollen. Indessen kommt diese Bestimmung für das nächste Jahr offenbar zu spät, da bereits mehr als 20 000 Chinesen und Japaner da8 Gebiet erreicht habe», oder aus dem Wege dorthin begriffen sind. Diese werde» de» Ioukon noch während des Sommers erreichen und dort- selbst den Wniter über verbleibe». Wenn also inzwischen das vor- geschlagene Gesetz in krast tritt, so wird man doch kaum die un- gebelenen Gäste aus dem himmlischen Reiche wieder los werden. DerFrankfurter Zeitung * wird auSNew-Uork" gemeldet: Die kanadische Regierung«iederuft die Verfügung betreffs Erhebung einer Cpezialabgabe auf die Goldausbeute in Clondike. Der Strom der Goldsucher dauert trotz der Warnung der Behörden fort. Unser streitbarer Genosse in derS ä ch s i s ch e n A r b e i t« r- Zeitung* kann sich wirtlich noch nicht beruhigen, obwohl ihm ein stilles Justchgehen sehr nahe liegen sollte. Wir hätten als Redaktion nochmals Anlaß, ihm zu erwidern. Wir erkennen jedoch nach Rücksprache mit dem Genosse» Schippe! mit dessen Ein- verstäudniß natürlich auch unsere letzte redaktionelle Bemerkung erschien gern an, daß eS nutzlos Raum und Zeit ver- sch w en d e n sheißt, mit einem Gegner, wie es uuser Dresdener Kollege offenbar ist, sich sachlich verständigen zu wollen. Sagt mau, die Einführung von Getreidezöllen in England sei eine vollständige Revolutionirung von dessen traditionell ge- wordener Lebensmittelpolitik, so erwidert unser Ueberdiplomat mit klügster Miene, ob wir denn nicht wüßte», daß die Revolutionirung der Lebensmittelpolitik Englands... dO Jahre hinter un? liege und mit der Aufhebung der Kornzölle be- ginne und fügt da»» noch naturburschenderb hinzu: hat der Vorwärts* das verschlafe», müsse» w i r ihmdie Augen mit Gewalt aufreiße»*?! Sagt man in der gegenseitigen Stimmung, zwischen englischen Kolonien und englischem Mutterlande habe sich im letzte» Menschenalter eine große Wandlung vollzogen, aber von da bis zum wirklichen Ausbau eines Zollbundes, dessen Grundlage englische Koruzölle wären, müsse zum mindesten noch sehr viel Zeit vergehe» so tobt unser Freund wieder in allem Ernste los: welcher schmachvolle Widerspruch! Erst hat sich nach demVorwärts* die Wandlung im Ver« hältniß zwischen Kolonien und Mutterland bereits seit einem Menschen- alter vollzogen, und nun soll sie fich erst vollziehen und»och lange Zeit brauche»!! Es fehlt nach diesen Proben auf der Seite unseres Gegners für die Möglichkeit einer der Sache fördernden Auseinander- fetzung so vollstäudig jede, aber auch jede Vorbedingung, daß es uns wie dem Genossen Schippet durchaus zwecklos erscheint, unter solchen Umstände» eine Polemik fortzusptnuen. Wvlff'S Telegraphenbureau sendet un? ein Schreiben folgen­den Inhaltes: In der Nummer 186 Ihres BlatteS und zwar in der Politi- scheu Uebersicht vom 11. August wird i» bezug auf»ine Mittheilung derKölnischen Zeitung *, wonach i» Petersburg der übermäßigen Begeisterung für de» Besuch des Präsidenten Faure durch kaifer- liche Verordnungen Dämpfer aufgesetzt worden wären, behauptet, das Wolff'sche Bureau habe dieses Telegramm derKöln . Ztg.* der gesammte» deutschen Presse mitgetheilt. Diese Behauptung ist, soweit unser Bureau dabei in Frage kommt, durchaus unrichtig und wir dürfen Sie wohl ersuchen, dieselbe in Ihrer nächsten Nummer zurückzunehmen. Das Telegramm derKöln . Ztg.* wurde durch ein Depeschen- bureau verbreitet. Jrrthllmlicherweise wurde das Wolff'sche Bureau genannt, es war nicht dieses, sondern das Depeschenbureau Herold, da? die Nachricht verbreitet hat. Dritter internationaler Tertilarbeiter-Kongreß z« Donbair. R o ub a ix, 10. August. IL Der Bericht des Sekretärs des internationalen Komitees. Die heutige Sitzung, die von James Mawdsley aus Manchester geleitet wurde, nahm zunächst den Bericht des General- sekretärs des internationalen Komitees entgegen. H a r d y n s aus Gent gab darin einen Ueberblick über die Entwickeluug der internationalen Beziehungen der Textilarbeiter. Der Gedanke ging von den Engländern aus, die im Jahre 1894 de» ersten internationalen Kongreß nach Manchester einberiefen. Er war verhältnißmäßig schwach besucht. Am nächsten Kongreß in Gent nahmen bereits die Deutschen theil und der Kongreß in Roubaix zeigt die stärkste Betheiligung. So wie die Zahl der Delegirteu gestiegen ist, so ist auch die Zahl der organisirten Textilarbeiter gewachsen. Bereit? in Manchester wurde auf die Nolhweudigkeit hingewiesen, neben der gewerkschaftlichen Organi- sation die politische Aktion zu pflege». Dieser Gedanke kam in Gent noch stärker zum Ausdruck. Beschlossen wurde dort, an die Arbeilervertreter in alle» Parlamenten die Aufforderung zu richten, von ihren Regierungen die Einberufung ei» es internalioualeu Arbeiterschutz - Kongresses zu fordern, der unter Hinzuziehung der Gewerkschaften- den Achtstundentag international durchführen sollte. Nur in der belgischen Kammer wurde ein solcher Slntrag von der sozialdemokratische» Fraktion eingebracht, von der Majorität aber abgelehnt. Außerdem wurde in Gent ein internationales Textilarbeiter- Komitee gebildet und das Sekretariat in die Hände des Referenten gelegt. Leider konnte im Verlauf der beiden letzte» Jahre das Sckrckariat»och nicht seine volle Wirksamkeit entfalten, da die Berichte aus den einzelnen Ländern mit Ausnahme von Deutschland ausblieben. Doch trat bei einige» Streiks die internationale Solidarität in Erscheinung. So unter- stützten die Engländer die Streiks i» Kotlbus, Guben , Dresden und Mülhausen finanziell: für den letzteren sandten sie 4000 M. Der Streik der Weber in Verviers , der sich gegen die Einführung des Zweistuhlsystems richtete, schlug wegen mangelnder Unter- fiutzung fehl. Die hämischen Angriffe, die die Gegner gegen die Genter Arbeiterpartei richteten, zwange» den General- Sekretär, seinen alten Kampfposten in der Redaktion desVooruit* wieder einzunehmen und werden zu einer anderen Besetzung des Postens des Generalsekretärs nöthigen. Aufgegeben darf das internationale Büudniß nicht werden, so schwer auch der Ansang ist. Gerade in der Textilindustrie zeigt sich am deutlichsten, daß die Kapitalisten am Ende ihres Lateins stehen. Die Folgen der anarchischen Produktionsweise machen sich in der furchtbaren Krisis bemerklich, die die europäische Textilindustrie bedroht. Amerika verschließt seine Märkte, und England, das Mutterland des Frei- Handels, kündigt seine Handelsverträge mit Deutschland und Belgien . Das Ende des Manchesterthums ist da. Der kapitalistische Staat soll jetzt der Kapitalistenklasse den nationalen Markt und die Kolonien sichern. Aber die Kolonien machen sich immer unabhängiger. In Japan , China und Südamerika wachse» furchtbare Konkurrenten der europäischen Industrie heran. Der Ver- lust der Kolonialmärkte ist das Todesurlheil für die gegenwärtige Produktionsweise, die nur für deu Profit arbeitet. Sie wird abge- löst werden durch die sozialistische, die die Produktionsinstrumente in den Dienst der Gesellschaft stellt. Hierzu aber muß die Arbeiter- klaffe sich nicht nur gewerkschaftlich organisiren, sondern mit Hilfe des Stimmrechts auch de» politischen Kampf aufnehmen. Auf diesen Standpunkt sollte sich auch dieser Kongreß stellen.(Lebh. Beifall.) AuS dem finanziellen Bericht, der von einer Kommission geprüft werden soll, ging hervor, daß Hardyns sein Jahrcsgehalt von 500 Fr. nicht erhoben, sondern demVooruit" überwiesen hat. Mawdsley tadelt diesen Verzicht. Wenn Hardyns sein Geld nicht haben wolle, hätte er eS den Textilarbeitern lassen sollen. Die Berichte der Delegirten. Die englische Delegation erstattete zuerst Bericht über die Lage der englischen Textilindustrie. Vier Delegirte aus den Haupt- zeutren und Branchen der Industrie theilten sich in die Arbeit. Die englischen Textilarbeiter erfreuen sich einer außerordentlich starken Organisation und verfügen über Millionen. So sind z. B. von 20 000 Spinnern in Laucashire 18 800 organistrt. Als der Weberverband einen fünfzehnmonatlichen Streik von 2000 Webern hinter fich hatte, der 720 000 M. kostete, waren noch 2 040 000 M. in seiner Kasse. Natürlich sind die Beiträge entsprechend hoch, 50 bis 70 Pf. wöchentlich. Die längste Arbeitszeit beträgt 72, die kürzeste 56t Stunde» wöchentlich. Auf die bedeutsamen Fortschritte der englischen Arbeiterschutz� Gesetzgebung wurde in dem Bericht gebührend hingewiesen und besonders die Nothwendigkeit der Organisation betont. Ein ganz anderes Bild zeigten die Berichte aus den anderen Ländern. Der deutsche Bericht, den Hübsch auS Berlin erstattete, konnte wenigstens ein starkes Wachsthum der Organisation feststelle», Der Textilarbeiter-Verband, der Männer und Frauen umsaßt, zählte 1892, in dem Jahre seiner Gründung, 2000 Mitglieder, 1894 waren es 7500, 1895 12 000 und jetzt sind es fast 24 000. Die Zahl ist freilich noch gering im Vergleich zu de» 697 000 Personen, die in der deutschen Textilindustrie überhaupt beschäftigt sind. Der Groß- betrieb herrscht vor, im Kleinbetrieb sind aber doch»och 100 000 Arbeiter beschäftigt. Die Arbeitszeit beträgt für Kinder bis zu vierzehn Jahren 3 Stunden täglich. Die durchschnittliche Arbeitszeit der übrigen Arbeiter beträgt 10 bis 12 Stunden. Der Wocheuverdieust schwankt zwischen 8 und 20 M.; breite Schichten der Weber und Wirker verdienen noch nicht 600 M. jährlich; tausende müssen für Hungerlöhne von 150300 M. jährlich in der Hausindustrie arbeiten. Für Streiks wurden vom Januar 1896 bis Juni 1897 191 092 M. ausgegeben. Vier Streiks waren erfolgreich(betheiligt waren 4475 Personen), sechs gingen verloren(betheiligt waren 2388 Personen), zwei Streik? (5437) wurden durch Vergleich beendet. Für die Flachs- und Baumwollspinuer Gents nahmen zwei Delegirte das Wort. In ihrem Bericht kam das Erstaunen über die Lage der englischen Textilarbeiter lebhaft zum Ausdruck. Als sie auf dem Genter Kongresse die wohlgenährten englischen Spinner und Weber gesehen und von ihren Riesenorganifatiouen gehört hatten, feie» sie vor Verwunderung fast aus den Rücken gefallen. Ihre Löhne seien um mehr den» 25 pCt. niedriger, ihre Arbeitszeit um 15 pCt. länger alS in der englischen Textilindustrie. Die Organisationen sind schwach, die Leistungen gering. Die Arbeiter- schntz-Gesetze bleiben wirkungslos, weil die Strafen, die die Fabri- kante» treffen, zwischen 1 und 5 Franks variireu. Gerade ihre elende Lage hätte ihnen aber gezeigt, daß die Verkürzung der Arbeitszeit die wichtigste Forderung sei. Für Oesterreich sprach Roscher auS Reichenbevg. Von deu 414 931 Textilarbeitern des Lande? sind 5769 organisirt. Die Löhne, die am niedrigsten in der Baum- woll-Weberei sind, schwanken zwischen 4 und 5 Gulden. Di« Fabrikanten führe« durch schwarze Listen Krieg gegen die Organi- sationen. Plötzliche Streiks der Unorganisirten flammen auf. In Dörfl bei Reichenberg wurden bei einem solche» Streik drei Personen durch die Gendarmen erschossen. Die Feier des 1. Mai führte zu zahlreichen Aussperrungen. Der elsstündige Normalarbeitstag gilt, der zehnstündige wird von de» Fabrikanten mit Hinwei? auf die Zustände in anderen Ländern abgelehnt. Nachdem ein holländischer Delegirter die traurige Lage der dortigen Textilarbeiter geschildert hatte, deren Organisation die Klerisei zum Hauptfeinde habe, wurde» die weitere» Berathunge» auf Mittwoch vertagt. Am Abend findet im Kongreßsaale ei» Fest zu Ehren der Delegirteu statt. Roubaix , den 11. August. IH. Die Berichte der Delegirteu wurden in der heutigen Sitzung, die der Oesterreicher Roscher leitete, zu Eude geführt. Ueber die Lage der russischen Textilarbeiter lag ein sehr intereffanter schriftlicher Bericht derZ e n t r a l- O r g a n i s a t i o n der Weber in Bialystok " vor. Er lautet: Auf dem inter - nationalen Textilarbeiter-Kongreß werden nur Vertreter eines Landes mit entwickelter Textilindustrie fehlen Rußlands . Die politischen Ver- hältniss« unseres Landes machen uns eine aktive Theilnahme an Eure» Kongressen unmöglich. Der Zarendespotismu? verbietet uns, un? in Vereinen zu organisiren, uns zu versammeln, um über das, was uns noth thut, zu berathen. er verbietet unS sogar, Streiks zu veranstalten, um unsere Lage zn verbessern. Aber er hat nicht die Macht, die einmal unter deu Arbeitern begonnene Bewegung zu er- sticken, und wir, die Weber von Bialystok , können mit gerechtem Stolze Euch, Genossen, versichern, daß wir in dem Kampfe der Weber bei weitemsnicht den letzten Platz einnehmen. In unserer Stadt hat sich die Lage der Weber infolge de? unvermeidlichen Ganges der wirthschaftlichen Entwickeluug in den letzten 10 15 Jahren bedeutend verschlimmert. Während vor zehn Jahren der durchschnittlich« ver­dienst des Weber? i» der Woche 1012 Rubel betrug, erreicht gegen- wärtig der Wochenverdienst kaum 45 Rubel, und sinkt bisweilen sogar auf l'/s 2 Rubel herab. Außer den allgemeinen Gründen, welche den Verfall der Weberei und das Sinken der Weber- löhne in unserer Stadt und Umgegend verursachte», spielten dabei noch eiue besondere Rolle dieLonüstinks*(Zwischen­meister, Sweaters). Um den Einfluß der Lonlretrulcs auf die Lage der Weber zu kennzeichnen, genügt es, auf die Thatsache hin- zuweise», daß, während der Weber auf der Fabrik 39 Kopeken für das Garngebiude bekommt, der I-oaKetnileL seinem Arbeiter dafür »ur 5 5V2 Kopeken bezahlt. De» Lontzetnitzs verdanken es die kleine» Fabrikanten, die ihre Arbeiter besonders stark ausbeuten, daß sie die Konkurrenz der großen Unternehmer ertragen können. Schon 10 Jahre dauert bei uns der Kampf gegen die Lorfketnilcs, aber bis jetzt blieb er erfolglos. Durch die ständigen Mißerfolge sind wir zurUeberzeugung gelangt, daß das einzige Mittel dagegen die Verkürzung des Arbeitstages und Lohnerhöhungen sind. Im Laufe dieses Sommers haben wir aus eigener Kraft in allen Webereien den Arbeitstag von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends mit einstündiger Mittagspause durchgesetzt an stelle des früheren Ib stllndigen Arbeilstages und bei den Lonketniks eine Er­höhung der Lohnsätze von 5 auf 7 3 Kopeken für das Garngebinde durchgesetzt. 1500 Arbeiter hielten standhaft an den anfgestellten Forderungen trotz aller Roth und des Mangel? jeder Unterstützung fest. Nach einem zweiwöchigen Ausstande mußten die Lonketniks nach- gebe». Und wen» es unsauchnichtgelnugen.miteinemMale die Lonket­niks zu beseitigen, so haben wir ihre Stellung jetzt schon bedeutend geschwächt. Unsere(infolge der politischen Verhältnisse Rußlands ) geheime Organisation hat sich zum Ziele gesetzt, die Arbeiter mit dem Bewußtsein zu erfüllen, daß das Proletariat erst dann vollstäudig befreit sei» wird, wenn an stelle der kapitalistischen Gesell« schafisform die sozialistische getreten sein wird, und daß der wichtige Schritt in dieser Richtung bei uns der Sturz des Zareu-Despotismus sein muß. Euch, Genossen, wird es angenehm sein, zu erfahren, daß unter uns Arbeitern verschiedener Natiouali- täten und Bekenntnisse, trotz aller religiösen und nationalen Ver- hetzungen unserer Regierung und der herrschenden Klassen, voll- kommenste Solidarität herrscht. In dieser Hinsicht erscheint das proletarische Bialystok im Gegensatz zu dem unter den herrschenden Klassen üppig wuchernden Chauvinismus. Die Ruf en, Polen , Deutscheu und Juden, die die hiesige Arbeiter- scha t bilden, halten treu und fest zusammen, die Bürgerschaft einer besseren Zukunft in diesem von Rasseuvorurtheilen erfüllten Lande. Wißt, Genosse», daß weit von Euch, in einem Lande, das unter dem Joche des Absolutismus stöhnt, es viele Arbeiter giebt, die mit Euch eins sind in ihrem Denken und Fühlen und i» ihren Zielen. Und zu derselben Zeit, wo das bürgerliche Frankreich seinen Präsidenten zur Verbeugung vor dem russischen Despoten schickt, strecken wir, die Proletarier Rußlands , auch brüderlich die Hand entgegen und schließen uns von ganzem Herzen an den Protesten der französischen Arbeitervertreter gegen die Kriecherei de? republikanischen Frank- reich. Wenn wir uns auch leider nicht aktiv an Euren Berathunge« betheilige» tömien, so haben Eure Resolutionen für uns doch die größte Bedeutung; sie zeigen uns den Weg, den die Arbeiter der vorgeschrittenen Länder zurückgelegt haben und auf dem sie weiter- schreite» wollen. Der Werkmeifierverband der mechanischen Webereien N o r d- E n g l a n d s hat zu den Verhandlungen des Kongresses einen Delegirten, Mr. Sidebottom, entsandt, der die Solidarität der Werkmeister mit den Arbeitern hervorhob. Dieser Zusammenhalt sei deu Fabrikanten sehr unangenehm. Der Verband zählt 5000 Mitglieder und hat eine wohlgefüllte Kasse, die im Streikfalle 15 M. wöchentlich dem Mitglieds zahlt. Hierzu kommen noch die Zuschüsse der Lokalkasse. Ueber die Zustände in der französischen Textil- industrie berichtete» Delegirte au? den Hauptzentren der frauzösische» Seiden-, Wollen- und Baumwollen- Weberei. Aus Lyon liegen zwei Bericht« vor, weit die dortigen Eeideuweber in zwei Richtungen zerfallen. Die«ine ist für Schutzzoll, die andere für Freihandel. Der Bericht aus R o u b a r x theilt mit, daß infolge der schlechten Geschäftslage der Industrie »ur 3 Monate im Jahre Arbeit vorhanden ist. In deu Woll- kämmereien herrscht die größte Unsauberkeit; es fehlt an jeder Ventilation. In den letzten 6 Jahren ist die Handweberei um 40 pCt. zurückgegangen. Die Arbeit ist immer intensiver geworden, während die Löhne gesunken sind. Statt 1824 Fr. wöchentlich ver- dient der Handweber jetzt nur 1013 Frcs. In den mechauischen Webereien beträgt die Arbeitszeit 1314 Stunde» täglich. 1372 bedienten 3 Arbeiter 400 Spindeln, 1830 mußten 8 Arbeiter 1000 Spindeln bedienen. Der Achtstundentag, ein Minimallohn von 60 Cents stündlich und doppelte Bezahlung etwaiger Ueberstunden wurden gefordert. Aus Troyes , dem französischen Chemnitz , wird über den schlechten Gang der Wirkerei und Strickerei geklagt. Von 1200 Arbeitern sind 4500 organisirt. Damit sind die Berichte erledigt. Auf Berichte über die Arbeiter schutz-Gesetze in der Textilindustrie wird allseitig verzichtet und eine au? Vertretern der verschiedenen Ratio- nalitäten zusammengesetzte Kommission gewählt, die die Forderungen des Kongresses auf dem Gebiete der Arbeiterschutz-Gesetzgebuug in einer Resolution formuliren soll. Der inkevnaktanalv FvoiuenKonsvvK in Vvüssel. Brüssel , 10. August. Hl. Unter allguneiner Theilnahmlosigkeit ist der Kongreß zu Ende gegange». Die Brüsseler Presse nahm kaum Notiz von ihm, und die Zuhörer fehlten fast ganz. Am zweiten Tage erschienen ein paar neugierige Senatoren, aber sie verschwanden bald und kamen nicht wieder. Die Verhandkiugeu zogen vorüber, ohne daß irgend ein be- merkenswerther Gedanke geäußert worden wäre. Auch die Debatte über die ökonomischen Rechte der Frau stand nicht auf der Höhe und ohne das Eingreifen der aus dem Kongreß dünn gesäien Eozialistinnen wäre sie nicht erwähnenswerth. Die frauzösischen nnd belgischen Frauenrechtlerinnen ergingen sich in langen Aus- sührungen über das unbeschränkt« Recht der Frau und verwarfen zede» Eingriff der Gesetzgebung zu ihre» gunsten. Sie behaupteten, daß hierdurch nur ihre Konkurrenzfähigkeit dem Manne gegenüber beschränkt werde. Da? SchlagwortFreiheit der Arbeit* mußte alles beweisen. Dagegen hat die Forderung: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit offenbar sehr viel Anhänger uuler de» Frauenrechtlerinnen gefunden. Nur bleibt eS unklar, wie man sich die Verwirklichung dieser Forde- rung denkt. Ein Theil glaubt, daß das gute Herz und die Ge- rechtigkeit der Unternehmer da? billige des Verlaugens einsehen nnd erfüllen wird. Andere denken vielleicht an einen Eingriff der Gesetz- gebung, natürlich erst, ivenn in unseren Parlamente» Frauen sitzen. Der dritte, allerdings der kleinste Theil hat begriffe», daß eine Er« höhung der Löhne»ur durch kräftige Arbeiterinnen- Organisationen erzielt werde» kann. Es waren treffende Worte, die Frau C h e l i g a aus Pari? über die Frage äußerte. Die ganze Frauen- rechtlerei, meinte sie, bleibt ein künstliches Gebilde, wenn sie sich nicht der Arbeiterinnenbeweguug anschließt. Die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterinnen muß mit allen Kräfte» von uns ge- fördert werden. Frau Bieber-Böhm aus Berlin stellte sich auf die Seite derer, die die Zulassung der Frauen aus die Berufe beschränkt wissen wollen, die die Gesundheit und Sittlichkeit der Frauen nicht gefährden. Was sie über die moralischen Gefahren sagte, denen die Kellnerinnen, Balleteusen und Zirkusdamen ausgesetzt sind, war gewiß richtig, nur vergaß sie eine große Klasse ganz, die Dienst- mädche», die an den häuslichen Herde» der Bourgeoisie den ärgsten Nachstellungen häufig �aenug ausgesetzt sind. Aber eS»st nun einmal so: auf den Kongressen der Frauenrechtlerinne« herrscht über die