Das Ende der Spaa- Debatte
Der zweite Tag der Spaa- Debatte brachte im großen und ganzen nur Wiederholungen. Die bürgerliden Parteien stritten sich untereinander um den Ruhm des größten Nationalismus. Während Herr Stresemann das nationale Empfinden der Teutschen Vollspartei gegenüber den Angriffen der Deutschnationalen zu rechtfertigen suchte, bestritt der Führer der Deutschnationalen Hergt es energisch und fuchte die Opposition seiner Partei gegen den Vertrag von Spaa mit dem Argument zu rechtfertigen, daß diese Oppofition der Regierung den Rüden für Genf stärke.
Mit vollem Recht entgegnete ihm darauf die Genosin Sender, die als zweite Rednerin für die Unabhängige Sozialdemokratie gewandt die Angriffe der Gegrer zu parieren wußte, daß der Standpunkt der Teuschnationalen nur den Ententeimperialismus gestärkt habe. Auch in ihren Sonstigen Darlegungen wußte sie mit großem G: schid die Einwände der übrigen Gegner zurüdzuweisen, um dann zum Angriff gegen sie überzugehen. Sie fennzeichnete die Leichtfertigkeit der Nationalisten, die die Besetzung des Ruhrgebiets in den Kauf genommen hätten und legte dar, daß die Bergarbeiter jetzt mit aller Entschiedenheit die Durchführung der Sozialisierung erkämpfen werden, daß ohne sie teine Erhöhung der Kohlenerzeugung eintreten werde. Der Kampf der Unabhängigen gegen den deutschen Militarismus bedeute Unterstützung des Kampfes der ausländischen Sozialdemofraten gegen den Militarismus in den Ländern der Entente. Die revolutionäre Bewegung in diesen Ländern mit aller Kraft zu fördern, das sei die Ausgabe aller Sozialdemokraten, nicht aber, wie es Hermann Müller gelan Fabe, die Möglich feit einer Aftion der Arbeiterklasse in den Ländern der Entente von vornherein zu verneinen. Vorher hatte Klara 3etkin begründet, warum die Kommunisten ebenso wie dem Versailler Friedensvertrag auch dem Abkommen von Graa ihre Zustimmung versagen.
Bemerkenswert war der Eifer des Herrn Stresemann, feinen Freund und Gönner Stinnes gegenüber den Angriffen Breitscheids zu verteidigen, ohne allerdings auf das einzu gehen, was den Kern der Ausführungen von Breitscheid gegen Stinnes dargestellt hatte. In einer persönlichen Bemerfung stellte Breitscheid das feft und machte außerdem darauf aufmerksam, daß es doch recht bezeichnend sei, daß Stinnes sich von Stresemann verteidigen lasse, und anstatt persönlich im Reichstage zu erscheinen, im Hotel Kaiserhof fige und Konferenzen abhalte.
Tie Abstimmung ergab die Ablehnung des deutschnationalen Mißbilligungsantrages gegen die Stimmen der Antragsteller, und die Annahme des Antrages der Mehrheitsparteien und der Rechtssozialisten mit den Stimmen diefer Parteien. Die Unabhängige Sozialdemokratie hatte den Antrag eingebracht:
Der Reichstag verlangt von der Reichsregierung als notwendige Voraussetzung der Durchführung des Abkommens von Spaa die fofortige Sozialisierung des Bergbaues.
Er wurde gegen die Stimmen der beiden sozialdemokratifchen Fraktionen abgelehnt, nachdem der Minister Dr. Simons das Gespenst auswärtiger Verwiflungen an die Wand gemalt hatte, wofür er vom Genossen Ledebout eine furze, aber treffende Abfuhr erlitt.
Abg. Böhm( Bayer. Voltop.) erklärt, daß die Spaadelegation herausgeholt hat, was möglich war.
Abg. Zetlin( R. P. D.): Ich habe nicht die Absicht, Partei zu ergreisen, in dem 3wist, der entbrannt ist. über die persönlichen Tugenden oder Laster des Herrn Reichsministers des Auswärtigen. ( Seiterkeit.) Er hat in der fledenlosen Beste des anständigen Mannes eine Ertrafour gemacht, die fachlich ganz belanglos ist, da sie im schärfsten Gegensatz zu seiner stets betriebenen Polttit steht. Denn die war ganz ausgesprochen nach rechts orientiert, besonders in der Entwaffnungsfrage. Wir wissen ganz genau, was wir und was er mit Ihnen( zu den Bürgerli hen) unter dem Schutz des Wirtschaftslebens verstehen, Gie nämlich, den Schutz der fapitaliſtiſchen Aus.eutung und diese Bedeutung hat Herr Simons deutlich zum Ausdruck gebracht.( Fehr richtig! fints.) Er ermahnte die englischen Kapitalisten, fie möchten sich doch mit den Deutschen zusammenzuschließen, zu gemeinsamem Niederwerfen des jogenannten inneren Feindes. Die deutsche Arbeiterschaft wird ihm diese Aeußerung nicht vergessen und wird ihre Schlußfolgerungen daraus ziehen. Ein Minister, der so unzweideutig die Gegenrevolution vertritt, ist ein Minster, der einmal einen Theaterdonner gemacht hat, um die zwei Tatsachen zu verhüllen, daß unter der Wucht der realen Tatsachen jenes Lügendaß unter der Wucht der realen Tatsachen jenes Lügen gewebe über Rußland sich nicht mehr aufrecht erhalten läßt und die andere, daß in Spaa tro3 aller nationaler Gegensäge der Bersuch gemacht wurde, eine
Verkündigung zwischen den ausländischen und den deutschen Kapitalisten
herbeizuführen. Mehr als alles andere bemeist diese lettere Tatsache, die Erscheinung, daß die Aktien der Bergwerke raid und riesig gestiegen find, um 25, 30 und 40 Prozent.( Sört, hört!) 3u den objettiven Worten, die er ein paar Mal für Rußland fand, Zu den objektiven Worten, die er ein paar Mal für Rußland fand, möchte ich fragen, woher stammt diefes Material? Und wher stammt dann das Material des Herrn Profesor Hoeksch? Das tlang nämlich ganz nach dem Material der Internationalen Liga zur Bekämpfung des Bols bewisnus, einer internationalen Vers brecher und Ehwindelgesellschaft.( Bravo !) Und dabei hat er und Herr Abgeordneter Stresemann vergehen, die Zerrättung der russischen Wirtschaft durch den Zarismus.( Lachen rechts.) Roltschat hat dieses Werk fortgesetzt, er hat Lausende und Aberzehntausende von russischen Arbeitern nach Eibirien verschleppt, als ob es belgische Arbeiter wären.( Lebhafter Widerspruch und Tumulte erregte Zurufe des Abg. Ledebour .) Nun noch einmal zu Epaa. Wir lehnen mit aller Entschiedenheit unsere Zustimmung zu den Beschlüssen von Spaa ab, wie wir auch dem Friedensvertrag von Versailles unsere Zustimmung verwei
gert hätten. Wir rufen die Sand- und Kopjarbeiter Deutschlands und der gesamten Welt auf zum revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus, wie rufen fie auf zur dritten Internationale, zur Weltrevolution, die die Vorfrucht des Weltfriedens bildet.
Abg. Müller- Franten( Soz.): Der Geist des her so oft zitierten Engländers Keynes beherrscht noch nicht die Staatsmänner der Entente, bei ihnen ist vielmehr Foch obenauf. Man fann uns daher wahrhaftig nicht zumuten, in den Bölferbund einzutreten, so lange wir dauernd in der Gefahr schmeben, mit Krieg überzogen zu werden, weil irgend eine Klaujel des Friedensvertrages nicht erfüllt ist. An dem Mißtrauen gegen uns ist nicht allein die Reichswehr schuld, sondern auch die Leute, die fortwährend die Reichswehr aufputschen. Es ist ein Standal. daß die Kompagnie, die befehlsgemäß aufziehen mußte, um die französische Fahne zu grüßen, mit Burufen empfangen worden ist, wie: Pfui! Pfui! Schämt Euch, dahin zu gehen. Spaa war die Folge von Versailles . das ist richtig. Aber Versailles war die Folge des Waffenstillstandes von Compiegne , und der Waffenstilstand die
Folge der gewaltigsten Niederlage, die je ein Militarismus erHerr Breitscheid meint, wie hallen den tien nicht to lange ( Lebhafte Zustimmung fints, Widerspruch rechts.)
litten hat.
dauern lassen dürfen. Sie wissen doch, daß im Januar 1918 eine große Berliner Streitbewegung versucht hat, dem Krieg ein Ende zu machen und daß damals die Machtverhältnisse das unmöglich machten. Damit mußten wir doch rechnen. Erst im Laufe des Sommers 1918 entwickelten sich die Dinge zur Revolution hin. Mir ist jetzt wieder mitgeteilt worden, daß die Reichswehr, die nach Ostpreußen geschickt worden ist, um die Grenze zu verteidigen, ostentatio nicht bloß
Bezeichnend war, daß selbst in dieser Grundfrage ber fozta listischen Arbeiterbewegung sich die Tatsache ergab, daß ostentatio einer der Rechtssozialisten dem Antrage der Unabhängigen die 3ustimmung verweigerte. Es war dies der frühere Vorsitzende des Deutschen Metallarbeiterverbandes, Herr Alexander Schiide. Er blieb bei der Abstimmung sigen und erhob sich selbst dann nicht, als Rufe unserer Genossen ihn an seine proletarische Pflicht zu erinnern suchten und Gesinnungsmit schwarzweißroten Fahnen ausgerückt ist, genossen von ihm ihn zum Aufstehen zu veranlassen suchten. Soweit dieser Fall die Person des Herrn Echlife betrifft, ist er von nicht allzu großer Bedeutung. Denn bereits aus der Ministertätigkeit dieses Herrn weiß die Arbeiterschaft, daß sie in ihm einen ausgesprochenen Vertreter kapitalistischer Andjauungen befigt. Von der Behandlung dieses Falles aber durch die rechtssozialistische Fraktion dürften Echlüsse darauf zu ziehen sein, ob sie es mit ihrer Abstimmung überhaupt ernst gemeint hat oder ob sie nur die no: gedrungene platonische Zustimmung war, die der Antrag der Unabhängigen erzwungen hatte.
Am Schlusse der fast achtstündigen Sigung wurde eine Interpellation der Regierungsparteien und der Rechtssozialisten über polnische Gewaltbestrebungen behandelt.
Der Sigungsbericht
Vizepräsident Dr. Bell eröffnet die Sigung um 2 Uhr 20 Wit. Die Aussprache über Spad wird forigejekt.
Abg. Dr. Stresemann( D. B.): Spaa bedeutet sachlich für uns die schwerste Belastung. Die Unterschrift ist folgenschwer. Die Entente muß sich darüber klar sein, daß Spaa und Genf unmittelbar im fachlichen Zusammenhang stehen. Die wirtschaftlichen Leistungen sind von den finanziellen, über die in Genf verhandelt werden soll, nicht zu trennen. Weshalb werden nicht genaue Angaben über unsere Leistungen an die Feinde veröffentlicht? Die Gelt muß wijen, daß niemals ein Volt einem anderen solche ribute gebracht hat, wie das deutsche Volt der Entente. Der Bertrag von Bersailles fann nicht als volferrechtliche Grundlage angesehen werden. Er ist zustande gelommen unter Beiseitelebung der Lansingshen Note vom November 1918.( 3uftimrung.) Nach dieser Richtung hin muß der Frieden revidiert werden. Dem Auftreten des Herrn Elinnes in der Kohlenfrage ist außerordentlich viel zu danken. Herr Breitscheid hat nicht das Recht, ihm falsche Bewegründe zu unterschieben.( Lärm b. d. U. S. ) Den Maßnahmen für die Wahrung der Neutralität im Osten timmen wir zu. Breitscheid beglüdwünscht die Ruffen zu ihrem Strieg, weil diefer Krieg nach feiner Meinung für gute Ideen geführt wird. Wer von diesem Hause aus die siegreiche russische Armee beglüdwünscht, der hat das moralische Recht verwirtt, die Lobrebner des Krieges anzugreifen.( Sehr richtig! b. d. Mehrheit. Unruhe b. b. U. S. ) Das Bild, das der Minister von Ru land gab, hat uns außerordentlich befremdet. Unsere Kritik bedeutet nicht ein Mißtrauen gegen das Kabinett oder gegen die Delegation. Wir würdigen ihre Beweggründe, wenn auch die große Mehrheit meiner Freunde nicht im Einklang mit ihrer Entscheidung steht.
( Beifall.)
Abg. Sauhmann( Dem.): Dr. Simon hat selbst erklärt, er hoffe, In Genf ein besseres Ergebnis zu erreichen. Die Fehler, die unsere Wehrmacht in den letzten zwei Jahren unter Führung gewisser Offiziere gemacht hat, haben leider dazu beigetragen, das Mißtrauen gegen uns zu stärken. Die Versenkung der Flotte pon Slapa- Flow war ein unerhörtes Urrecht. bas an Tents fard von Marinestellen begangen wurde,( Sehr richtig! lints) haben sowohl Sue wie Stinnes, indem sie ihre Meinung aussprachen, dem deutIchen Interesse einen Dienst geleistet( Sehr richtig! bei den Dem.), und sie verdienen es nicht, in der Weise angegriffen zu werden, wie es gestern seitens des Vertreters der Unabhängigen gej hehen ift. Der Reichstanzler hat sich mit Recht verbeten, daß man den deutschen Unterhändlern unterstellt, sie hätten die nationale Würde preisgegeben.( Erneute Zustimmung.) Die Zukunft gehört nicht dem Bolschewismus, sondern der Demokratie.( Beifall.)
sondern auch die Marinetriegsflagge auf ihren Bügen entfaltet
hat.( Sört, hört!) Das ist eine frehe Provokation genenüber der großen Mehrheit der deutschen . Bevölkerung.( Eehr richtig! links.) Breitscheid hat die Tätigkeit der jebigen Regierung mit der der früheren verglichen. Zu der Zeit, als ich im Amte war, lagen die Verhältnisse ja ganz anders. In der ersten Zeit nach der Revolution hatten wir in der russischen Politik die Hände nicht frei. Wir waren gezwungen, im Baltikum Truppen zu halten. Breitscheid genießt ja bei seinen eigenen Genossen nicht viel Vertrauen. Breitscheids Reden machen sich vielleicht in Boltsversammlungen ganz gut, aber gegenüber dem Ausland können sie Deutschland schwer schädigen.( Bustimmung.) So oft mir wäh rend meiner Amtstätigteit von dem Treiben von Werbes offizieren Mitteilung gemacht worden ist, habe ich mich an die Instanzen gewandt, die zum Ein reiten befugt waren. Das Auswärtige Umt selbst hat ja gar teine Erefutivorgane. Ich habe in einzelnen Fällen, die Ausweisung von ungarischen Offizieren beantragt. Herr Kopp hat seinen Aufenthalt in Berlin meiner Vermittlung zu verdanken. Wir haben uns seit Monaten Mühe gegeben, eine Kommijjion nach Rußland entienden zu können. Daß Die Kommission erst so spät die Einreiseerlaubnis erhielt. lag nur Auffassung über die ruffischen Verhältnisse niemals gehabt, die an der russischen Regierung. Jh periönlich habe die optimistische Minister Simons hier ausgesprochen hat.( Lebhaftes Hört, hört!) Wie ich überhaupt der Ueberzeugung bin, daß das, was in Ruß land sich heute an Sozialismus breit macht, nichts mehr mit Sozialismus zu tun hat, als die Arbeitsgemeinschaft.( Sehr gut! bei den Soz.) Die deutschen Arbeiter fönnen nicht auf die Weltrevolution warten( Sehr richtig! bei den Goz.) Sie wären zehnmal verhungert, wenn sie das bisher getan häften. Europa tann nur gefunden, wenn die Bolitit von einer sozialistischen Arbeiterila se tontrolliert wird.( Lebhafter Bei, all bei den Soz.)
Abg. Toni S.nder( ISP)
Ser Soetsch wollte uns mit feiner Rede zeigen, daß der Geist von Potsdam noch lebt. Das waren dieselben leichtfertigen patriotischen Ziraden mi wir sie im Kriege chart haben. Wenn der deutsche Imperialismus entwaffnet wird, so stärten wir damit unfere reuve in den anderen wandern in dem Kampf gegen ihren Imperialismus. Wir wissen genau, daß wir unser Ziel nur etappenweise erreichen. Herr Hoesch hat auch keinen Ausweg gezeigt, wie si die Delation in ma nach feirer Meinung ite verhalten sollen. Spaa ist nicht nur eine Folge von Versailles , auch nicht nur eine Folge der leucrlage, fondern eine Folge der imperialistischen Politit, die alle Parteien dieses Hauses, mit Aus nahme der unsrigen, seit 1914 getrieben haben.( Zustimmung bet Den U. Co. Stürmisches Gelächter bei der Mehrheit.) Simons Saltung gleicht derjenigen Wilsons während des Krieges. Wir haben auf Wilsons friedliche Gesinnung und auf seine 14 Buntte vergebens vertraut. Simons hat sich allerdings fchon nach 24 Stun den der herrschenden Strömung gebeugt. uns ist nicht damit gedient, wenn nur der deutsche Imperialismus entwaffnet wird, aber wir wissen, dah durch Entwaffnung des deutschen Imperialismus unfere anstände Genollen die Kamei erleichtert mird. ir fönnen darum die Hoffnung des Herrn Stampfer auf den Völterbund nicht teilen( See ricig.) In den Welterbund ausgenommen fann nur ein fapitalistisches Deutschland werden, für uns. fönnte es sich nur um einen
Lölferbund der Arbeiterrölfer handeln. An der Politit der Arbeit gemeinschaft haben wir tein Interesse, denn sie ist teine so falistische, wir verstehen unter Sozialisierung der Bergwerfe teine Arbeitsgemein baft und teine Ver staatlichung, sondern die Enteignung der Besiker und Uebernahme durch die arbeitende Klasse.( Sehr richtig!) Ran ein paar Worte
zu Herrn Müller. Auch er. hat wie die Bürgerlichen feine Hoffnung, daß Rußland aufbauende Arbeit leisten kann, und hat ferner feine Hoffnung, daß die ausländischen Genossen den Ruf der Welta revolution aufnehmen werden. Er glaubt es damit beweisen zu fönnen, daß in Frankreich vor kurzem der Mörder pon Jaures freigesprochen werden konnte, ohne jede Aktion der fran zosischen Arbeiter; da erinnere ich nur an die Mörder von Lieb tnecht und vielen anderen.( Sehr richtig! bei den U. Soz.) Es ist auch recht eigenartig von Herrn Müller, daß er die ausländis fchen Genossen für nicht reif genug hält.( Lebhafter Widerspruch bei den Mehrheitssozialisten. Buruje: Das hat er gar nicht gesagt.) Air fud grundsätzlich friedlich, aber wir sind nicht gewillt, uns weiter die Gewalttätigkei.en der besitzenden Klasse gefallen zu lassen, sondern werden uns mit allen Mitteln verteidigen. Wir sind uns dabei bewußt, daß die Arbeiterschaft den Ruf aufnehmen wird in allen Ländern, und daß dem Volterbund entgegentreten wird der Bund der siegreichen Proletarier.( Beifall bei den U. G. ) Abg. Hergt( D. Nat.): Wir fönnen es nicht billigen, daß diese Urfunden unterschrieben worden sind; es beweist dies, daß die Delegation eben die Nerven verloren hat und innerlich zua lammengeflappt ist.( Sehr richtig! bei den D. Nat.) Ueber Herrn Stresemann habe ich mich sehr gewundert: Ich war der Meinung, daß wir mit seiner Partei über die Wahrung der nationalen Wurde einig wären. Sollte die Deutsche Volkspartei heute nicht mehr so peinlich über die nationale Würde denken.( Lärm bei der D. Bp. Anhaltende Unruhe. Zurufe: Unerhört! Präsidenten.) Die Regierung hat in Spaa nicht die erforderliche Festigkeit gezeigt.
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Glocke des
Bizelanzler Heinze: Wer nicht in Spaa anwesend war, kann sich von der fritischen Situation fein Bild machen; der kann auch nicht barüber urteilen.( Unruhe bei den D. Nat.) Wir erheben entshiebenen Protest gegen die scharfe Weise der Deutschnationalen, Zweifel an unserer nationalen Gesinnung zu erweden.
Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons: Die Opposition hat uns nicht nur nicht gestützt, sondern sie ist uns sogar in den Rüden gefallen mit ihrer Erilärung, daß wir in Spaa die Rechtslage verschlechtert hätten. Meine Aeußerungen über Sowjetrußland sind vielfach falsch aufgefaßt worden. Ich halte es für auperordentlich gefährlich, wenn man in Rußland nichts sieht als einen dauernden Aschenhausen. Deutschlands Politik geht jetzt auf einem Jahmalen Grat: jeder Fehltritt rechts oder links fann uns in den Abgrund bringen. Die russischen Staatsmänner sind die gegebenen Sprecher Rußlands , solange sie das Vertrauen oder die Billigung des russischen Bolles haben. Es ist unrecht, ein Volk deswegen anders zu behandeln, als es sonst üblich ist, weil man fich davor fürchtet, daß die Gesinnungen dieses Voltes gegenüber den herrschenden Anschauungen des eigenen Voltes gefährlich wers den könnten. Nur durch eigene geistige Arbeit fann man der Gefahr Herr werden. Unsere Vertragsgegner werden sicher kommen, wenn sie einsehen, daß ohne Deutschland der Wiederaufbau un möglich ist.( Beifall.)
Abg. v. Edhech( D. Bp.): Wir Bayern sind bereit, für das Reich lieber ein Hundeleben zu führen, als ein Schlaraffenleben Don Frankreichs Gnaden. Für den Süden gibt es nur eine Lösung: das Reich soll uns doch bleiben.( Lebhafter Beifall.)
Damit schließt die Aussprache.
In einer persönlichen Bemerkung hält Abg. Breitscheid( U. Soz.) feinen Angriff auf Abg. Stinnes aufrecht. Seine persönliche Abwesenheit dürfe nicht vorgeschoben werden, um Angriffe auf ihn zu unterbinden, wenn eben Herr Stinnes , statt hier zu erscheinen, es vorzieht, im Kaiserhof" zu fizen.( Großer Lärm bei der D. Vp.) Zum Antrag Woerhold( U. Eoz.), der die sofortige Sozialisierung des Bergbanes zur Durchführung des Kohlenablommens von Spaa fordert, erklärt Reichsminister Dr. Simons namens der Regies rung, daß die Regierung nach Rücksprache mit den Parteiführern der sozialistischen Partei den Antrag so versteht, daß der Bericht der Sozialisierungsfommission abgewartet werden soll. Der Antrag fönnte in seiner Ausführung im Auslande den Anschein erweden, als ob wir uns von den bereits im August beginnenden Kohlenlieferungen brüden wollten.
des Antrages doch klar dahin gehe, daß fofort die gesetzgeberi hel Abg. Ledebour( U. Soz.) erklärt demgegenüber, daß der Sinn Maßnahmen vorzunehmen feien, um die Eozialisierung durchzus führen. Daß dadurch unter gar feinen Umständen eine Vers fchleppung der Ablieferung an die Entente erfolgt, ist eine Selbsts verständlichkeit.
Der Antrag wird gegen die Stimmen der beiden sozialistischen Parteien abgelehnt.
Das Mißtrauensvotum Hergt( D. Nat.) wird gegen die Stimmen der Deutschnationalen abgelehnt.
Der Antrag Müller- Franken( So.), Beder( 3tr.), Strefe. mann( D. Bp.), Schiffer( Dem.): der Reichstag würdigt die Gründe, aus denen die Reichsregierung die Abmachungen von Spaa unterzeichnet hat und erwartet von allen Beteiligten ohne Unter chied, daß sie, was in ihren Kräften steht, rückhaltlos tun, um die Reichsregierung bei der Erfüllung der übernommenen Pflichten zu unterstützen, wird gegen die Stimmen der Deutsch nationalen und der Unabhängigen angenommen.
Abg. Dr. Fleischer( 3tr.) begründet eine von allen Fraktionen mit Ausnahme der Unabhängigen eingebrachte Interpellation über die polnischen Absichten Teile des ost- und westpreußischen Abstim mungsgebietes trog des überwältigenden deutschen Ergebnisses der polnischen Staatshoheit zu unterstellen.
Minister Dr. Simons: Die deutsche Bevölkerung im Osten hat bewiesen, daß fie beim Reiche bleiben will. Es gibt nur einige Rechte, den Bestimmungen des Friedensvertrages und dem Selbstbestimmungsrecht der Böller entsprechende Lö, ung: die Zuteilung des gesamten oft und westpreußischen Abstimmungsgebietes an das Deutsche Reich. ( Beifall.)
Um 8 Uhr wird die Besprechung der Interpellation bei ganz schwach bejeztem Hause geschlossen.
Abg. Schulz Bromberg( D. Nat.), Pohlmann( Dem.), Everling( D. Bp.) erheven scharfen Protest gegen das Vorgehen der Polen .
Abg. Ledebour ( U. Soz.): Auch wir betrachten diesen polnischen Versuch als eine Verletzung des Friedensvertrages und des Selbst bestimmungsrechts der Voicer. Er ist aber eine logische Konse quenz des viel größeren Berstoßes, der durch die Eingliederung der Bosenschen und westpreußischen Teile des sogenannten Korria dors an Polen durch die Entente begangen wurde. Menn für diese Gebiete der Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts maß gebend gewesen wäre, würde sich sicher ebenfalls eine Mehrheit für Deutschland gegeben haben. Alle diese Ungerechtigkeiten wird die proletarische Revolution, die mit Siebenmeilenstiefeln mar schiert, ausgleichen.
Abg. Schulz- Westpreußen ( So.): Auch wir Sozialdemokraten wollen hoffen, daß die bisher vorliegenden Nachrichten nicht in ihrem vollen Umfange auf Wahrheit beruhen. Sollte dies aber der Fall sein, dann wäre dies angesichts des tief in die Geschichte eingeschriebenen Abstimmungsergebnisses einfach eine Ungeheuerlichkeit. Deshalb ersuchen auch wir die Regierung, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden.
Damit ist die Interpellation erledigt. Donnerstag, 1 Uhr, Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit, Not- Etat. Schluß gegen 9 Uhr.
Wieder ein Schandurteil
Unser Genosse Lachaise Essen, Redakteur des„ Ruhr- Echo", ift f. 3t. vom Kriegsgericht zu einem Jahr Gefängnis vers urteilt, weil er die Arbeiter aufgefordert haben soll, die Waffen nicht abzuliefern. Tatsächlich hatte L. nur geschrieben, angesichts des Wortbruchs der Gegenseite und des drohenden weißen Echredens werde man nicht erwarten dürfen, daß die Arbeiterschaft die Waffen so ohne weiteres abgeben würde.
General v. d. Golz hat öffentlich aufgefordert, die Abs machungen von Spaa zu jabotieren und die Waffen nicht abzuliefern. Wir erwarten, daß die Staatsanwaltschaft n flage gegen ihn erhebt. Oder softe es im freien deutschen Volts. staat etwa doch kein gleiches Recht für einen erzrealtionären Ge neral und einen unabhängigen Redakteur geben? Diese Frage möchten wir an die Begründer der verfassungsmäßigen Rechts gleichheit" in der deutschen Republik richten.