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30 Pfg. 3. Jahrgang

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Mittwoch, den 4. Auguft 1920

Nummer 312-

Morgen- Ausgabe

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greiheit

Berliner Organ

Der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Vormarsch auf Warschau

Durchbruch der Narewlinie

Paris , 3. August.

" Savas " veröffentlicht folgenden Bericht der Bolschewißten vom 2. d. Mts.: In der Gegend von Lomsha wurden die Ufer des Bobr und des Narew überschritten. Die Offensive wird energisch fortgesetzt. Im Westen von Bialystok wurde die Stadt Bolst be legt, ebenso die Station Balmajchew. Vier Gejhüze wurden er­beutet. Im Norden von Kobrin haben die bolichewistischen Trup­pen den Widerstand des Feindes gebrochen und neues Gebiet er: obert. Eine feindliche Batterie wurde erstürmt..

Unterbrechung der Waffenstillstands­verhandlungen

London , 3. Auguft.( Reuter.) Ein Mostauer Funkspruch meldet: Die Waffen= #tillstandsverhandlungen sind ausgesett wors den. Die polnischen Delegierten fehren nach Warschau zurüd, um von ihrer Regierung die Ermächtigung zur Unterzeichnung nicht nur des Waffenstillstandsvertrages, sondern auch der grund­legenden Friedensbedingungen, die die Sowjetregie rung aufgestellt hat, zu erlangen,

Militärdiktatur in Polen

DA. Warschau, 2. August.

Die unmittelbare Bedrohung der polnischen Hauptstadt hat die Einsetzung eines Militärgouverneurs für Warschau notwendig gemacht. Dem Vernehmen nach soll mit diesem Posten General Latinit betraut werden. Für ganz Polen werden auf Befehl des Kriegsministeriums mit unmittelbarer Wirkung Standgerichte eingeführt, die alle Desertionen, Plünderungen, Spionageversuche und ähnliche Verfuche abzuurteilen haben. Die einzige Strafe, auf die diese Standgerichte erkennen dürfen, ist die Todesstrafe. Gleich­zeitig hat sich der Landesverteidigungsrat veranlaßt gesehen, die polnische Heeresleitung anzuweisen, militärische Führer, die ihre Pflicht vor dem Feinde vernachlässigen, unter gleichzeitiger Ver­haftung dem Feldtriegsgericht oder dem Militärgericht zu über­fehlswidrig Stellungen aufgeben, find gleichfalls zu verhaften und abzuurteilen.

geben. Führer, die in den Verdacht der Feigheit geraten oder be­

Ungarn rüstet gegen Rußland

DA. Budapest , 3. Auguft.

Der Vormarsch der russischen Truppen verursacht in Ungarn lebhafte Erregung, da man befürchtet, daß die russischen Truppen über die Karpathen in Ungarn einbrechen werden. Das Kom­mando der Nationalarmee gibt bekannt, daß im Falle eines weiteren russischen Vormarsches durch Galizien Freiwilligenforma­tionen aufgestellt und an die Nordgrenze Ungarns geschidt werden sollen. In diesem Zusammenhange wendet sich die ungarische Presse schärfstens gegen die deutsche Regierung wegen der Frei­lassung Bela Kuns . DA. Paris, 3. Auguft.

Ueber die Verhandlungen der polnischen Delegation mit den Bolschewisten find immer noch teine Nachrichten eingetroffen. Die polnische Waffenstillstandskommiffion fam mit vierstündiger Ber spätung am Zusammenkunftsort an. Der Führer der Delegation ist der frühere Kommandeur der ersten polnischen Armee, Ge­neral Romer, er wird begleitet von dem Obersten Sollohub, der mit den Bolschewisten bereits an der Murmanfüfte verhandelte. Der dritte Delegierte ist der Vizepräsident des Ministerrats, Wroblemsti.

Die Delegation deru. S. P. in Moskau

Dem Unabhängig- sozialdemokratischen Zeitungsdienst hat Ge­nosse Crispien folgende, vom 23. Juli datierte Nachricht aus Moskau zugehen lassen:

Deutsche Delegation der U. S. P. D. am 18. Juli 20 in Peters burg eingetroffen. Am 19. Juli feierliche Eröffnung des 2. Kon greffes der 3. Internationale in Peterburg im Taurischen Palais. Zug der Delegierten mit Mujit und Fahnen, begleitet von Ar­beiter- und Kinderdemonstrationen. Lenin sprach über die welt­politische Lage und die Aufgaben der 3. Internationale. Lenin sprach russisch, mit Rücksicht auf die vielen russischen Arbeiter und Frauen, die der Eröffnungssigung beiwohnten. Die Uebersetzung der Rede ist in Aussicht gestellt, aber noch nicht vorgelegt.

Am 20. Juli fuhr der gesamte Kongreß mit Extrazügen nach Mostau. Am 23. Juli wurde die zweite Sigung des Kongresses im alten Zarenschloß im Krem I abgehalten. Sinowiew refe­rierte in deutscher Sprache über die Notwendigkeit und die Auf­gaben der politischen( fommunistischen) Partei. Die politische Bartei sei notwendig vor der Eroberung der politischen Macht und notwendig, ja von noch größerer Bedeutung, während der Dittatur des Proletariats. Die moderne Dreigliederung der Ar­beiterbewegung sei Partei, Gewerkschaften, Räte. Aber Gewert. schaften und Räte beherrscht und geführt von der Partei. Die Rede war eine Absage an den Syndikalismus und an die K. A. P. D. Am 21. Juli nahm die Delegation der U. S. P. D. an einer Sigung des Egetutipfomitees der 3. Internationale teil. Crispien gab eine gedrängte Darstellung von der Entwicklung und dem Wesen der U. G. P. und dem Auftrag ihrer Delegation. Sie sei gekommen als Einleitung zu Verhandlungen wegen eines Zusammenschlusses der u. 3. B. D. mit der 3. Internationale. Bon Mitgliedern des Egetutivlomitees wurden verschiedene Fragen an die Delegation der U. S. P. D. gerichtet, die in einer weiteren Sigung beantwortet werden sollen. Das Exekutivkomitee beschloß, die Delegation der U. S. P. D. , wie die Genossen der französischen fozialistischen Partei, einzuladen, am Kongreß mit beratender Stimme teilzunehmen. Sobald die Arbeiten des Kongresses es gestatten, werden die Verhandlungen des Exekutivkomitees mit der Delegation der U. S. P. D. fortgesetzt."

Köpenick in Zittau

Nach zuverlässigen Nachrichten aus Zittau scheinen hinter den Vorgängen, die zum Generalstreit und zur Berhängung des Belagerungszustandes geführt haben, unverantwortliche Ele­mente zu stehen, die der SpizeIzunft entstammen. Die Vor­gänge haben absolut teinen politischen Hintergrund; nur Narren fönnen des Glaubens sein, daß sich von Zittau aus eine Regie­rung stürzen oder gar die Räterepublik proklamieren lasse. Die Verhängung des Belagerungszustandes durch die säch­fische Regierung erweist sich als eine höchst blödsinnige Maß nahme, zumal fie ihn nicht nur über Zittau , sondern auch über 25bau verhängt hat, wo absolut nichts geschehen war. Zuguter Iezt ist gegen Zittau ein halbes Regiment Reichswehr in Be­wegung gesetzt worden. Diese Handlung kann sehr leicht als Pro:

Eine deutsche Note

Wie die P. P. R." von zuständiger Stelle erfahren, wird deutscherseits der Friedenstonferenz in Paris eine Note überreicht werden, in der das Ersuchen an die Mächte gerichtet wird, Mu­nitions- und Ablösungstransporte für die alliierten Truppen in den Abstimmungsbezirten rechtzeitig anzumelden, damit die Re­gierung in die Lage versetzt wird, unliebsame Zwischenfälle von der Art hintanzuhalten, wie sie lezthin in Erfurt und anderen Orten vorgekommen sind.

Arbeiter! Parteigenossen!

Die von unserer Partei, sowie von den Gewerkschaften und Räten heute 5 Uhr nachmittags im Luftgarten verans staltete

Maffenkundgebung

gegen das neue Zuchthausgefeh muß ich zu einer gewaltigen Demonstration der gesamten Arbeiterklasse Groß- Berlins gestalten.

Erscheint in Massen und bekundet damit Eure Empörung über den neuesten

Anschlag der Reaktion

Die Teilnehmer an der Kundgebung werden ersucht, strengstens darauf zu achten, daß jeder Versuch einer Pro vokation im Reime erstickt wird. Den Parolen unver­antwortlicher Elemente darf feine Folge geleistet wer­den. Die Anordnungen der von unserer Organisation be stellten Ordner, die durch rote Armbinden fenntlich gemacht find, müssen unbedingt befolgt werden. Beim An­marsch geschlossener Züge aus den Betrieben muß die Bannmeile um den Reichstag berüdsichtigt werden. Nach Schluß der Demonstration muß für geordneten Abmarsch gesorgt werden.

votation aufgefaßt werden, aber die demokratische" Republit tann scheinbar Konflitte nur mit Steilfeuergeschützen lösen.

Internationale Aktion gegen den Terror

Die ungarische Reaktion bedroht Desterreich Wien, 3. August.

Kämpfe und Hindernisse auf dem Wege zum Entwaffnungsgesetz

Die gestrige Sihung des Reichstags war beherrscht von erbitterten Auseinandersehungen über das Entwaff nungsgesetz, dessen bösartiger Charakter von einer ganzen Reihe unserer Redner erneut beleuchtet wurde. Je länger der Gesehentwurf unter dem Scheinwerfer sozialisti scher Kritik steht, um so flarer tritt die Möglichkeit hervor, daß er zum Gesetz erhoben in der Hand einer der Arbeiterbewegung feindlichen Regierung eine außerordent lich gefährliche Waffe gegen die Arbeiter lasse wird. Was wir schon gestern gesagt haben, daß es sich hier um ein in Verkleidung daherschleichendes neues Zuchthausgesetz handelt, ist bei der gestrigen Debatte aus­giebig mit beweiskräftigen Gründen belegt worden. Und nicht selten lieferten die den Entwurf verteidigenden Reden vom Regierungstisch und von den bürgerlichen Parteien hier das Material für das tiefe Mißtrauen, das in der Arbeiterschaft mit wachsender Gewalt auflodert.

Auch die Bedenken der Rechtssozialdemokratie scheinen im Wachsen zu sein. Ihr Redner Lübbring schilderte, in welch ganz merkwürdiger Weise in Ostpreußen die Ent­waffnung der Zivilbevölkerung" gedacht ist. Dort wird von amtlicher Seite die Bewaffnung der Kriegervereine mit Gewehren älteren Modells betrieben. Die selbstver ständlich gut nationalen" Mitglieder dieser Bereine sollen mit Militärgewehren Modell 71 und 84 ausgerüstet werden! Das geht auch den Rechtssozialisten über die Hut­schnur, und so rief Herr Lübbring aus, auch seine Fraktion werde nicht dulden, daß dieses Gesetz zu einem Ausnahme­gesetz gegen die Arbeiter werde. Welches Feuer den Rechts sozialisten dabei auf den Nägeln brennt, verriet Lübbring mit der Mitteilung, daß Deputationen ostpreußischer Ar­beiter bei der rechtssozialistischen Parteileitung erschienen seien und den Ausbruch großer Streits für den Fall ange fündigt hätten, daß außer der Reichswehr und den Polizei­organen irgendwelche Kreise im Besiz von Waffen gelassen würden.

Ueberzeugend legte für die Fraktion der Unabhängigen Sozialdemokratie Dr. Rosenfeld dar, daß dieses Gesetz für uns unannehmbar und überdies auch ganz unnötig sei. Sei die Regierung ernstlich gewillt, die Waffen von dort zu holen, wo sie tatsächlich liegen, so habe sie dazu jezt schon ausreichende Machtmittel.

In die dunklen Gänge offiziöser Waffenschies bungen leuchtete im Laufe der Debatte Frau 3effin hinein. Ihre Ausführungen gipfelten in dem Nachweis, daß noch nach Spaa unter Beteiligung der mit der Vers wertung und Vernichtung von Heereswaffen betrauten Reichstreuhandgesellschaft Gewehre und Munition älteren Typs in private Hände geleitet worden sind.

Dem General v. Gallwig, einem mehr forschen als glücklichen parlamentarischen Wortführer der Deutschnatio nalen, ist aus naheliegenden Gründen nichts an einer Mit wirtung wirkung irgendwelcher Arbeiterorganisationen bei der Er will völlig Durchführung der Entwaffnung gelegen. freie Hand für die Regierung und ihren Kommissar in der Art und Reihenfolge der Entwaffnungsaktion. Ihn fränkt an der angekündigten Strafstala bei Nichtablieferung ver­borgener Waffen nicht die zehnjährige Zuchthausstrafe( die niemals einem der Seinen blühen wird), wohl aber die in Aussicht genommene Geldstrafe von 300 000 Mt., die viel leicht einem unvorsichtigen begüterten Gesinnungsgenossen Kapps über den Hals fommen fönnte. Auch die eidesstatt liche Versicherung über den Besitz von Waffen, die der Ent wurf vorsieht, macht diesem Deutschnationalen feine Freude und er verlangt die Beseitigung, damit seine Freunde nicht in Meineidsgeschichten verwidelt werden. Eine parlamen tarische Kontrollinstanz dem mit der Durchführung der Ent waffnung betrauten Diktator beizugeben, lehnt der General auch ab.

Und damit war vollkommen flar gestellt, was die Milch brüder der Kapplinge aus dem Gesetz zu machen bestrebt find.

Die Herren Deutschnationalen werden aber des Erfolges ihrer Deflamationen nicht froh. Denn nun wurde in er giebiger Weise und mit erbrüdendem Beweismaterial auf­gezeigt, daß Deutschland tatsächlich ein Waffenlager dar reihte eine ganze Serie unserer Redner Fall an Fall, wo die Kreise der so biedermännisch sich gebärdenden bürgerlichen Parteien gegen alle Gesetze Waffen aufgespeichert haben und sie strupellos gegen die Arbeiter und ihre politischen Bestrebungen anwenden. Und immer wieder wurde dabei nachgewiesen, daß das geplante Gesetz nicht gegen diese Kreise gemacht werden wird.

Wie die Arbeiterzeitung meldet, richteten der Sekretär und der Vorsitzende der österreichischen Gewerkschaftstom mission eine Rundgebung an den internationalen Gestellt, aber ein solches der Reaktion. In langer Folge wertschaftsbund, in der betont wird, daß die ungarische Reattion das wehrlose österreichische Land bedrohe. Immer stärkere ungarische Truppenkontingente würden an der Grenze Desterreichs zusammengezogen. Die österreichische Arbeiterschaft ap: Desterreichs zusammengezogen. Die österreichische Arbeiterschaft ap. pelliere dringendt an die Gewerkschaften Englands, Frankreichs und Italiens , deu österreichischen Bolte in seiner äußerst schwieris gen Lage beizustehen.

Die Horthybande leugnet

Wien , 3. Auguft.

Die Neue Freie Bresse erfährt von ungarischer Seite, in Ungarn betrachte man den Fürstenfelder Waffenraub als öfter­reichliche Angelegenheit, ba in Budapest behauptet merde, bie Bersonen, die an der Beraubung teilgenommen haben, seien nicht aus Ungarn gekommen. Allerdings bestehe die Möglichkeit, daß bie Waffen gegenwärtig auf ungarischem Boden verborgen ge halten werden.

Bei all diesen Milieuzeichnungen wurde schärffte Kritik an den zahllosen Blößen des Entwurfs geübt. 3weimal springt der Minister des Innern ein und- bleibt wire fungslos. Die bürgerlichen Abgeordneten wittern Obstrut tion und werden immer nervöjer. Die Rechtssozialisten werben von der Nerpofität angestedt Gegen Abend fommt es zu einer polemischen Erplosion. Der Rechtssozialist Schöpflin, wirft der 1. S. P. vor, ihre Bertreter hätten im Ausschuß gegen das Gefes teine grund