Wie noch gemeldet wird, nahm der Kongreß in der Nachmittagss

Die Sozialisierung des Bergbaues hung weiter die Berichte der einzelnen Delegationen entgegen

werte

Internationaler Bergarbeiterkongreß Genf, 3. Auguft.

Gohl( Tschechoslowakei  ) erklärte, daß die Tschechoslowaken der Frage der Sozialisierung große Bedeutung beimessen, da auch in der Tschechoslowakei   die Kohlenproduktion um 30 Prozent zurüdgegangen sei. Die Tschechoslowaten lehnten aber die Ver= ftaatlichung ab, da damit unabweichbar die Bureaukratijie­rung verbunden sei. Dagegen wünschten sie die Sozialisie­rung der Bergwerke, b. h. eine Verwaltung der Berg­bie durch Bertreter der Arbeiter, der Ver­braucher und des Staates. Die tschechoslowakischen Delegier ten stellten von neuem den Antrag, daß die Bergarbeiterorga­nisationen sich verpflichten sollten, überall die Rationalisierung oder Sozialisierung der Bergwerte anzustreben. Die zu bildende Rörperschaft, bestehend aus Bertretern des Staates, der Arbeiter und der Verbraucher müsse verpflichtet werden, jede Ausbeutung der Verbraucher auszuschalten, die Erzeugung zu steigern, die Preisfestsetzung und die Verteilung der Kohlen vorzunehmen. Battuil( Frankreich  ) erklärte, die Franzosen seten mit den Don Hodge ausgesprochenen Grundsägen über die Nationalisie­rung der Bergwerte einverstanden. Die Bergwerte müßten in Gemeineigentum übergeführt werden. Bartuil sagte ferner: Wir glauben nicht, daß die Forderung der Deutschen   auf Ein­fegung eines internationalen Kohlenrates sich durch­führen läßt, bevor nicht die Sozialisierung der Bergwerfe in den einzelnen Ländern durchgeführt ist und damit eine internationale Verteilung der Kohlenproduktion. Die Einführung des Kohlen­tates unter fapitalistischer Mitwirtung hat nur die Folge, die Arbeiter ihres Einflusses auf die Kohlenproduktion zu berauben. Eine Einigung läßt sich auf dem Kongres leicht erzielen, da über die grundsägliche Notwendigkeit der Sozialisierung Meinungsver schiedenheiten nicht bestehen. Notwendig aber ist, daß der Kongreg nicht nur Resolutionen faßt, sondern daß die Bergarbeiter zu einer praktisen Attion übergehen. Wenn sie geschlossen vor­gehen, so stellen sie heute

die stärkste wirtschaftliche Macht der Welt

bar.( Beifall.)

3wanziger( Desterreich) erklärte, daß die österreichischen Bergarbeiter ebenfalls die Sozialisierung beantragen. Sie machten aber darauf aufmerksam, daß die Oesterreicher   eine geson­derte Aktion unter feinen Umständen vornehmen könnten, da die Regierung unter dem Drucke der Alliierten sich gegen die Soziali­fierung ausgesprochen habe.

Nachmittagssigung.

Der amerikanische   Delegierte Avage erklärte für die ameritant­fchen Bergarbeiter bedeute die Nationalisierung eine vollständige Kontrolle der Kohlenproduktion durch den Staat. Die ameri­tanische Delegation tönne nicht zugeben, daß die Bergwerke dem Staate gehören und von ihm ausgebeutet werden. Die Erfah­rungen in Amerita während des Krieges feien durchaus nicht günstig und ermutigen nicht zur Nationalisierung. Apage befürwortete Kontrollmaßnahmen der Regierung im Verein mit den Bergarbeiterorganisationen gegen die Verschwendung der Arbeitskräfte und der Kohlen.

Lombard( Belgien  ) betonte, daß mit der Forderung auf Sozialisierung erflärt werden muß, daß die Bergwerfe nur gegen eine Entschädigung an die bisherigen Befizer in den Besitz der Allgemeinheit übergehen könnten. Präsident Sachse und Sodge( England) schlagen vor, eine grundsägliche Ab. timmung darüber vorzunehmen, daß der Kongreß die Nationa­liftezung oder Sozialisierung der Bergwerle verlangt. Ueber die Durchführung der Aktion hätte das Internationale Komitee näher Beschluß zu fassen.

Bartuil( Frankreich  ) schlug bagegen vor, daß der Kongres fich auf ein bestimmtes Attionsprogramm einige. Es müsse ein bestimmter Beitraum festgesetzt werden, innerhalb dessen die Nationalisierung oder Sozialisierung durchgeführt werden mlife. Wenn nach diesem Zeitraum das Ziel nicht erreicht sei, so mie das Internationale Komitee eine einheitliche Attion an ordnen.

Der englische   Delegierte Smillie warnte bavor, schon jetzt ein bestimmtes Attionsprogramm zu beschließen, da die englischen Dele­gierten ihre Zustimmung dazu nicht geben tönnten, bevor nicht die Frage der Nationalisierung geregelt sei. Auch der deutsche Dele gierie Sue vertrat einen ähnlichen Standpuntt. Schließlich ge= langte die folgende von der englischen Delegation vorgeschlagene Resolution einstimmig zur Annahme:

Der Rongres beschlicht, daß alle Länder endgültig für die Nation nalisierung oder Sozialisierung der Bergwerke eintreten, ebenso für die Beseitigung der tapitalistischen Befiherrechte und die Durch führung der Kontrolle und Verwaltung der Bergbauindustrie durch Bertreter der Staaten, der beteiligten Arbeiter und der Konsu menten. Der Sefretür jeder angeschlossenen Organisation wird dem Internationalen Bureau in jedem Bierteljahr über die Fortschritte,

über die Arbeitsbedingungen und Lohnverhält nisse in ihren Ländern. Dabei verweist der Borsigende des deuts fchen Bergarbeiterverbandes auf die außerordentliche Teuerung, unter der die deutschen   Bergleute zu leiden haben. Eine Besserung ihres Loses hänge nicht allein von Deutschland   ab, sondern in piel größerem Maße von der Hal­tung der Entente. Eine Besserung der Ernährungs­Tage der deutschen   Bergarbeiter fomme sicherlich nicht nur diesen, sondern der ganzen internationalen Kohlenproduk­tion zugute.

Bei der Mandatsprüfung teilte der Präsident mit, daß der Kongreß 2 606 215 Beraarbeiter vertrete.

Zum Schluß der Sigung gelangt ein Brief der Berg­Ieute des Saargebiets zur Verlejung, in dem diese die französischen   Kameraden um ihre Vermittlung bei der französischen  Regierung bitten, damit nach deutschem Muster Ferien eingeführt werden, was die französische   Regierung abgelehnt hatte.

Vom Genfer   Kongreß

Genf  , 3. August.

Der Internationale Sozialistenfongres feste heute Vormittag feine Arbeiten fort. In der Besprechung der von der Kommission eingebrachten Revolution über die Stellung der Internationale zum Völkerbund erklärte der Schwede ng bjerg, daß der Völker­ bund   zwar sehr der Verbesserung bedürfe, daß der heutige Zustand Europas   aber doch nicht so beunruhigend fet, wie vor dem Jahre 1914. Troelstra  ( Holland  ) kritisierte die Resolution als zu wenig scharf gefaßt. Er tadelte vor allem, daß Sowjetrußland vom Völker bund ausgeschaltet sei, und bekämpfte insbesondere die Bestimmung, daß nur diejenigen Nationen zugelassen roerben, die ihren Ver. sprechungen nachfommen. Dieser Passus habe sich im Jahre 1919 auf Deutschland   bezogen, jezt könne er sich nur noch auf Rußland  beziehen.

Stanning( Dangmart) übte scharfe Kritik an dem Vertrag von Versailles   und am Bölkerbund und erklärte, daß die Uneinigkeit der Nationen heute größer sei denn je. Aufgabe des Sosialistens tongresses sei es, auf diese Tatsache hinzuweisen und dagegen Stellung zu nehmen.

Bernstein( Deutschland  ) erklärte, daß der Vertrag von Ver­failles für die Deutschen   eine aroße Enttäuschung bedeute, weil die Altierten gegen die deutsche Republik dieselbe Stellung einnehmen wote früher gegen das tatierliche Deutschland  . Dte deutsche Revo lution fet aber durchaus ernst zu nehmen und sei nicht etwa ein Verfuch gewesen, fich der Verantwortung zu entziehen. Durch die Revolution set in Deutschland   der politische Schwerpunkt vollständig verschoben worden. Der Vertrag von Versailles   verseze dem Selbst­bestimmungsrecht der Völker einen sehr schweren Schlag.( Lebhafte Zustimmung.) Wenn von Deutschland   als von einer Berbrecher­nation gesprochen werde, so müsse festgestellt werden, daß es fetne Nation von Berbrechern gebe, sondern daß Irrtümer und Ver brechen in allen Nationen begangen würden. Das deutsche   Volk fet ebenso viel wert wie alle anderen Völker. Deutschland  , das ernftlich den Frieden wolle, sei eine fozialistische Republik   und als Nation durchaus ehrlich; allerdings seien Waffen verborgen, sowohl von der äußersten Linfen wie von der extremen Rechten, dadurch werde aber nur die Ruhe im Innern bedroht. Gegen einen Ein­marsch im Often tönne Deutschland   sich nicht schügen. Eine Aen­berung des Versailler Vertrages und des Bötterbundes könne mur burch eine internationale Attion der Massen erreicht werden, bte allein den Frieden Europas   sichern tönnten. Bernstein   empfiehlt sodann die Resolution der Kommission zur Annahme.( Starter Beifall.)

Den Hauptberatungsgegenstand der Nachmittagssigung bildete bie Verlegung des internationalen Sefretariats von Brüssel   nach London  . Die Kommission sprach sich dafür aus, da die engltiche Partet als stärkste Organisation am besten dazu ge eignet fei, bte Berhandlungen mit benjenigen Gruppen zu führen, bie der zweiten Internationale nicht angehörten. Huysmans  als Generalfetretär pflichtete dem Vorschlag aus dem gleichen Grunde bet. Die Berhandlungen mit ben der Internationale fernstehenden Gruppen feten, so betonte Vandervelde,( Belgien  ) außerordentlich wichtig. Auch müßten die Verhandlungen so schnell wie möglich durchgeführt werden, wenn nicht die zweite Internationale ausein anderfallen solle. Einstimmig wurde sodann die Verlegung des Generalsekretartats nach London   beschloffen vorbehaltlich der Zu­stimmung der englischen Sektion, die zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen hatte. Weiterhin wurde die englische Organi falton beauftra t, Verhandlungen mit den der zwelten Internationale fernstehenden Gruppen auf Grund der Genfer   Beschlüffe herbeizuführen.

Lloyd George   über Deutschland  

HN. London, 3. Auguft. Deutschland   einen Vorschuß von 5 Millionen Pfund zu gewähren, Bei der Einreichung der bekanntlich angenommenen Borlage, sagte Lloyd George  : Dies bedeutet teine Abweichung von dem Ablommen, so wie es von den Kritikern dargestellt worden war. Das Ungeheuer, als das man das Versailler Abkommen dargestellt habe, sei grundverschieden von dem tatsächlichen Worts laut des Abkommens, z. B. sage bereits Artitel 285, daß Deutsch­ land   Schadenvergütung leisten müsse. Gleichzeitig Jollen aber gegen diese Schadenvergütung Vorräte von Rohmaterial und Nahrungsmitteln geliefert werden und zwar werden es die Alliierten für notwendig, halten, Deutschland   in die Lage zu vers fegen, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Im Ab­tommen von Spaa ist festgelegt, daß der Ertrag des Verkaufs von Schiffen, die England überwiesen worden sind, Großbritannien  zuzuschreiben ist. Er fönne nicht sagen, um welche Summe es sich handelt, aber wenn man nur 20 Pfund pro Tonne Schiffsraum rechnet, würde schon ein Betrag von 40 Millionen Pfund erreicht werden. Dazu tommen noch die Schiffsfrachten, die gleichfalls mehrere Millionen ausmachen. Deshalb beschränkt sich die Vors Tage darauf, daß jetzt dieser Betrag aus der erhaltenen Entschädi­gung vorgestredt werde, damit Deutschland   seine Erzeugung erhöhen und seine Verpflichtungen erfüllen tann. Frant reich und Belgien  , die zwei Millionen Tonnen Steinfohlen monatlich erhalten, müssen ähnlich vorgehen. Frankreich   lönne das Geld aus Anleihen deden. Dem Schein nach handle es sich um einen Vorschuß aber tatsächlich werde nur von dem weit größeren Betrag, der bereits als Schadenvergütung gezahlt wurde, ein Teil zurüdgezahlt. England schicke diese 5 Millionen Pfund an Deutschland  , damit dieses seine Bedürfnisse für die industrielle Benölterung erfüllen tönne. Frankreich   brauche Steinfohle und Steinkohle jei Gold. Je mehr Steinkohlen Deutschland   erzeuge, besto mehr könne es zur Dedung seiner Verpflichtungen sparen. Andererseits fönne es nicht produzieren, solange die Bevölkerung unterernährt sei. Großbritannien   und Frankreich   seien über­zeugt, daß, wenn die Steinfchlen aus dem Ruhrgebiet   oder Ober­ Schlesien   geliefert werden sollen, die erste Vorbedingung dafür sei, baß sie ben Bergarbeitern die notwendige Ernährung und fo bie nötige Kraft geben, ihre Arbeit unter den schwierigen Um ständen zu erfüllen. Es wäre für Frankreich   und Belgien   weit besser, diese zwei Millionen Tonnen Steinkohlen monatlich auf diese Weise zu erhalten, als eine große Armee in das Ruhrgebitt zu entfenden, um die Kohlen zu holen. Lloyd George   fagte weiter, er jei froh, daß die Meinung des Unterhauses dieser Borlage günstig sei und er würde es bedauert haben, wenn es gezögert hätte, die Vorlage anzunehmen. Es sei dies auch der einzige Weg, die gute Gesinnung der deutschen   arbeitenden Be­völkerung für England zu sichern.

Die Berliner   Arbeiterschaft und die KPD  .

Die Rote Fahne  " lebt ausschließlich von den blöbesten Ans rempelungen gegen unsere Partei. Die heute stattfindende Demonstration nimmt sie wiederum zum Anlaß zu einer Rüpelei. Die K. P. D. habe die Anregung zu einer solchen Demonstration gegeben und eine gemeinsame Veranstaltung der Kommunisten und unjerer Genossen vorgeschlagen. Das sei von der U. S. P. D.   ab­gelehnt worden, und nun riefen wir aus fleinlichem Parteiegois mus" die Arbeiterschaft zur Rundgebung auf, aber nicht mit bez tommunistischen Partei". Daran tnüpft die Rote Fahne" die üblichen wüsten Beschimpfungen gegen unsere Partei.

Das ist eine Anmaßung, die ihresgleichen schwerlich finden dürfte. Man dente: Ohne die Kommunisten um Erlaubnis a bitten und zur Beteiligung einzuladen wagt es unsere Partei. die Berliner   Arbeiterschaft zu einer Demonstration aufzurufen! Aber warum tut die K. P. D. nicht das gleiche? Wagt fie est. weil sie fürchtet, daß sie bei selbständigem Auftreten der Arbeiter schaft zeigen würde, daß nur ein dürftiges Säuflein ihrer Fahne folgt? Schon seit langer Zeit hört man nichts mehr von einem selbständigen Auftreten der K. B. D.   in Berlin  . Von ihrer fonspirativen Vergangenheit ist als Reft geblieben, daß fie unter Ausschluß der Deffentlichte it existiert. Darum biebert sie sich bei jeder Gelegenheit bei unserer Partei an. Wir möc)= tenber, Roten Fahne" einfür allemalsagen, daß bie Berliner   Arbeiterschaft vertreten wird burd Die Korporationen, die zur heutigen Demonstra tion auffordern, nicht durch die K. P. D. Darum be­stimmen jene Organisationen Form und Zeitpunkt von politischen Rundgebungen der Berliner   Arbeiterschaft allein und nach ihrem Ermessen

bie in jedem Lande zur Erreichung dieses Zieles gemacht werden, Die ungarische Stoßtruppe gegen Wien   bereits der Beschluß bestand, gegen das Entwaffnungsgesetz

Bericht erstattten.

leben! Wie aber, wenn man den scheußlichen Dingen ihre lette Maste herunterreißt und das Ding geradezu bei seinem Namen nennt? Vaterland, wie häßlich bist du! Vaterland, du wohnst in einer Mördergrube! Da hört sich alles auf. Baterländische Poesie, vaterländische Verdienstmedaille, alles. So plump fann nur eine lettische Bauerndirne sein. Wahrscheinlich hat sie auch gar tein Vaterland- nämlich feine vaterländische goldene Ver Dienstmedaille.

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Ich habe sie daher start im Verdacht, daß fie auch nicht ver­faffungstreu ist. Alle Verfassungsurkunden aller anständigen Kulturvölter fagen nämlich, ehe sie ihre übrigen schönen Sachen fagen, gleich zuerst und im Baragraph Eins: Der König hat das Recht, Kriege anzufündigen und Frieden zu schließen. Diese chöne tonstitutionelle Bestimmung würde das leittische Mädchen in ihrem rohen Zorn wahrscheinlich so formulieren: Der König hat das Recht, euch umbringen zu lassen; hierauf fommen eure Bolfsrechte. Das schmeckt nach Sochperrat, nämlich nach Republik  , und damit kommt man freilich nicht in eine Blumenlese für die gebildete Jugend, sondern höchstens in die Alservorstadt Nr. 1. Sochverrat dürfte auch sonst außer Zweifel stehen. Franz, wie fonntest du dich verleiten lassen!" Wenn man bei einem Soldaten den Ausbrud verleiten" hört, so hat das nur einen Sinn: zum Trenbruch verleiten. Sier aber heißt es: Zur Fahnentreue verleiten! Welche Grundsätze hat dieses Mädchen! Und wenn dieser ganze Radikalismus wenigstens noch moder ner Fortschritt wäre! Aber daß das eine Stimme von hundert Jahren her ist, und noch lange vor Erfindung des Wortes radital" und vor der Mündigwerdung" der untersten Volks fchichten" verdrießt mich am meisten. Diese lettische Bolts­geschichte tommt mir verflucht mündig vor!

Schäme dich, Franz, daß du gestorben bist!" Hat der moderne Fortschritt dem Militärstaate je etwas Stärferes gejagt? Wäh rend diefer mit großem Applomb sein Bett der Ehre" sich auf­bettet, muß er sich von einem einfachen landmädchen fagen lassen: Schäme dich, daß du hier Bettgeber bift! Ich bin doch auch ein gebildeter Mann, habe die Brotokolle aller Brüsseler und Genfer  Friedenstongreffe ftudiert, habe mich mit der vereinigten Weis­heit von ganz Europa   fattfam gesättigt: aber so imponiert hat mir nichts. as fie auch immer jagen, sie sagen es mit Bathos, mit Affett, mit Deflamation; während dieses Lettenmädchen es ganz unschuldig heraussagt: Schäme dich Franz, daß du gestorben bist. Wo bleiben die Ehrensalven und zertrümmerten Fenster­cheiben, wenn die nächstbeste Bauerndirne solche Reden hinwirft und zwar nur im Borbeigehen, nicht einmal in einem steno­graphierten Protokoll und vor den besten Männern" Europas  . Der Mensch bedarf des Menschen sehr zu seinem großen Ziele,

nur in dem Ganzen wirket er:

Biel   Tropfen geben erst das Meer,

viel Wasser treibt die Mühle.

Schiller  , Die Weltweisen.

DA. Wien, 3. Auguft.

Das Staatsamt für Seerwesen gibt jetzt genauere Einzelheiten über die Bildung einer ungarischen Legion in 3alaegerszeg, die sich gegen die Wiener   Regierung richtete. Die Stärke dieser Legion betrug 170 bis 180 Mann, fie befa 3-4 Maschinengewehre, aber feine Artillerie und Kavallerie. Sie stand unter der Führung eines Majors Schwerdtner und verschiedener früherer österreichi­scher Offiziere. Das Gros der Legion bilden Offiziere und Muttat zöglinge, den Rest, in Stärte von etwa 70 Mann, Mannschaften, die zum Dienst gepreßt sind. Als Zwed der Legion, wurde den Mannschaften der Sturz der fehigen Wiener   Regierung und die Wiebererrichtung der Monarchie angegeben. Sierzu wurden die Mannschaften mit Handschlag und Unterschrift an Eidesstatt ver­pflichtet. Nach Mitteilung der Offiziere an die Mannschaften, follte die Spezialaufgabe der Legion die Bildung einer Terror truppe in Wien   jein, und es wurde den Mannschaften freie Plünderung in Aussicht gestellt. Die Behandlung und Ver pflegung war gut, der Infanterist erhielt 7 Kronen, der Offizier 15 Kronen tägliche Löhnung. Mannschaften und Offiziere trugen bie alte österreichische Uniform mit weißen Streifen an der Kappe. Alle Angehörigen der Legion führten Dednamen. In Ungarn   sollen sich noch weitere fünf Lager für österreimife Legionstruppen befinden. Als am 21. Juli eine Ententemission das Lager von Zalaegerszeg   besichtigte, mußte sich Mannns aften und Offiziere mit voller Ausrüstung im Walde versteden. In dem gleichen Lager befand sich noch eine froatische Legion, unter Füh­rung eines serbischen Hauptmanns und eines bulgarischen Ober­leutnants, die den 3wed verfolgte, die Umsturzbewegung in Jugo­flawien zu fördern. Als vor zwei Wochen 11 Mann der Legion desertierten, aber wieder eingefangen wurden, wurden 4 dieser Flüchtlinge in Szombathely   erschossen.

Wien  , 3. Auguft.

Staatssekretär Renner empfing heute nacheinander die Ge­fandten der Hauptmächte, um ihnen die durch den Einfall in Fürstenfeld und durch die Werbetätigkeit der Region in Zala Egerszeg geschaffene Lage tiarzulegen. Renner Jagte: Obwohl Deutsch  - Weftungarn durch den rechtskräftigen Friedensschluß von St. Germain Defterreich zuerfannt ist, hat die österreichische Regie rung mit Rücksicht auf die allgemeine Unsicherheit Mitteleuropas   und auf die fünftigen dauernden Beziehun gen zu Ungarn   jeben gewaltsamen Schritt unterlassen. Sie hat damit bekundet, daß sie die friedlichen Beziehungen unter allen Umständen aufrechterhalten will. Troßdem hören die Bedrohungen Desterreichs auf ungarischer Seite nicht auf. Desterreich muß den Schuh der alliierten Mächte finden, da ihm der Friedensvertrag eine wirtsame Gelbsthilfe unmöglich macht. Der Staatssekretär ersuchte die Gesandten, ihre Regierungen davon zu unterrichten, daß dieser Zustand fortwährender Bedrohtheit die innere Beruhi gung Desterreichs hemme und gefährde.

Weiter verwies Renner auf die politischen Erschütte zungen im Often Europas  . Desterreich wünsche von diesen Ereignissen tunlichst unberührt zu bleiben und volle Neutralität aufrechtzuerhalten.

Zu allem Ueberfluß find die Behauptungen der Roten Fahne auch noch unwahr. Als in unserer Berliner   Parteileitung zu demonstrieren, tamen die Kommunisten herbei, um zu einer gemein samen Veranstaltung am vergangenen Sonntag aufzufordern. Dies geschah am Sonnabend. Da die Zeit bis zum Sonntag für eine ordnungsmäßige Vorbereitung der Demonstration zu fur war und da außerdem für Sonntagmittag bereits die Friedens: tundgebung der Kriegsteilnehmer angekündigt war, lehnten unsere Genossen diesen Borschlag der Kommunisten allerdings ab. Es ist eine unverschämtheit, wenn nun die Rote Fahne  " be= hauptet, die Kundgebung sei von uns erft angeregt worden, nach bem die Kommunisten unsere Parteileitung durch Prügel" von der Notwendigkeit der Demonstration überzeugt hätten.

Der Reichslohntarif der Verkehrs­arbeiter

Der Reichstag   hat folgende Entschließung angenommen: 1. der Reichstag   ist damit einverstanden, daß die aus dem Ah­schluß des Reichslohntarifs für die Verkehrsarbeiter notwendig werdenden Mittel, sowie die daraus sich ergebenden Ausgleichs­zulagen für die Beamten, ausgezahlt werden;

2. der Reichstag   erklärt sich grundsäglich damit einverstanden, daß bei der eingeleiteten Nachprüfung des Reichsbesoldungsgesetzes die Folgerungen aus den Landesbesoldungsordnungen und den im Reiche bereits vorgenommenen Einstufungen gezogen werden, soweit dies mit dem einheitlichen Aufbau der Reichsbesoldungs­ordnung vereinbar ist und daß die sich ergebenden Vorschüsse gezahlt werden.

Durch diesen Beschluß ist den Anträgen, die die Unabhängige Fraktion gestellt hat, in der Hauptsache entsprochen worden."

Das Tumultschädengeseh

Die Genossen Mertel und Sauerbren haben im Reichstag folgende fleine Anfrage gestellt:

Das am 12. Mai 1920 in Kraft getretene Tumultschädengese's regelt die Ansprüche der Geschädigten nach den Grundsätzen des bis zum 31. März in Geltung gewesenen Militärversorgungsgesetzes. Die Leistungen dieses Gesetzes stehen nicht mehr im Einklang mit dem gefuntenen Geldwert.

Wir fragen an, ob die Reichsregierung gedenkt, die Sätze des neuen Versorgungsgefeges auch für die Opfer ber inneren Unruhen in Wirtjamteit treten au lassen?

Donaukonferenz. Montag nachmittag wurde die in den vers schiedenen Friedensverträgen vorge ehene internationale Ronferenz, bie die Grundlagen der internationalen Berwaltung der Donau   festlegen foll, eröffnet. Zum Vorsitzenden der Konferen wurde der französische   Revollmächtigte Begrand ernannt. Auf der Ronferens find vertreten Deutschland  , Belgien  , Frankreich  , England, Griechenland  , Italien  , Rumänien  , Südstawien, die Eicheco Slowakei  , Defterreich, Ungarn   und Bulgarien  .