Die Pläne der Entente
Die englische Hilfe versagt
HR. London, 5. August.
Cine Meldung des Manchester Guardiana" befagt, die britische Regierung sei der Ansicht, daß die rein militärischen Beglaubi gungsschreiben der polnischen Waffenstillstandsdelegation angenommen werden mußten, um den Abschluß eines rein militärischen Waffenstilstandes zu ermöglichen. Rußland hälte aber als wesents lichste Bedingung für den Waffenstilland eine Forderung gestellt, die nur durch vie polnische Regierung behandelt werden könne. Es würden zweifellos große technische Schwierigkeiten entstehen, aber man müsse den polnisch- russischen Waffenstillstand mit dem Waffenstillstand vergleichen, der zwischen- Entente und Deutsch land geschlossen wurde. England bedauere, daß die Russen weiter vorrücken und so den Abschluß des Waffenstillstandes aufschieben. Das Blatt meint, diese Taftit jei jedoch vollkommen mit den Kriegsgesehen vezeinbar. Die harte Wirklichkeit sei die, daß England teine Seere mehr nach Bolen sajiden fönne, denn die Tatsache, daß in Rußland Brotmangel herrsche, berechtige zu der Hoffnung, daß nicht alles verloren sei.
Das Blatt berichtet weiter, in amtlichen Kreisen herrsche eine große Beunruhigung darüber, daß die russische Antwort noch immer ausbleibe. Ein Waffenstilstand wiirde innerhalb zwei Stunden abgeschlossen werden können, aber man müsse fürchten, daß die Bolschewifi ihren Sieg vollständig ausnügen würden. Es sei eine schwere Niederlage für die guten Absichten der englischen Regierung, der es nur mit großer Mühe gelungen sei, Frankreich für die Friedenstonferenz um= zustimmen. Die Lage der britischen Regierung werde noch schlimmer, da ste fortwährend durch antibol chewistische Propaganda ber Northcliffe presse bedroht weroc. Rußland habe die britische Regierung in eine sehr schwierige Sadgaffe gebracht. Das Blatt erblidt dann ein Zeichen der Ermutigung darin, daß die Mission von Kamenew und Krassin zur zeit in London eintraf. Man würd feine Abordnung nach Lon don entsandt haben, wenn nicht in Rußland die Absicht bestände, die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen und der Beziehun gen im allgemeinen zu England zu beschleunigen.
,, Evening News" berichtet aus Warschau , daß die französische und britische Militärmission Warschau verlassen haben. haben.
Englischer Peffimismus
HN. London, 4. August. Die ,, Times" behandeln die Frage der Hilfeleistung an Bolen Das Blatt erinnert daran, daß alle Expeditionen, die man im Often unternahm, flein begonnen haben und dann einen immez größeren Umfang annahmen, bis das Ziel einigermaßen erreicht werden fonnte. Die Expedition nach Murman z. B. begann mit der Landung von 150 Seefoldaten und stieg dann bis auf 18 000 Mann. In Mesopotamien begann man mit zwei Brigaden und endete mit 900.000 Mann. Die sechs Divisionen, die ursprünglich 1914 nach Belgien und Frankreich gefchidt wurden, stiegen bis auf 63 Divisionen, bevor der Sieg erreicht wurde. Man soll sich daher nicht zur Absendung von Truppen bewegen lassen, denn man kann den Endumfang derartiger Operationen nicht von vornherein feststellen. Gerade das muß aber bei der augenblidlichen Lage besonders betrachtet werden.
Times" vernimmt aus Warschau , die polnische Regierung sei feineswegs bereit, mit Räterußland über den Frieden zu verhan beln, wenn nicht England und Frankreich ander kon ferenz teilnehmen. Die englisch - französische Mission hatte gestern Besprechungen mit dem Ministerrat und dem polnischen Generalstab.
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TU. London, 5. August.
Times" melden, daß Krassin und Kamenew gestern von Lloyd George und Bonaz Law in Downing Street empfangen worden sind, wobei Bonar Law [ charfe Worte wegen des fortgesetzten Vormarsches an die russischen Delegierten richtete
Der polnische Frontbericht
TU. Warschau, 5. Auguft. Amtlicher Heeresbericht vom 4. August: An der deutschen Grenze hat der Feind Kolno besetzt. Bei Ostrolenta wurden alle feindlichen Angriffe abgeschlagen. Südlich davon, bis nach Ostrowo finden Kämpfe mit feindlichen Kräften statt, die den Narew bei Lomza überschritten haben. Am Bug bei Drohyczye find weiter Kämpfe mit feindlichen Abteilungen im Gange, welche auf das Südufer des Flusses gedrungen find. In der Schlacht von Kolti haben unsere Abteilungen mehrere hundert Gefangene gemacht, zwei Geschüße und mehrere Maschinengewehre genommen. In der Umgebung von Brest von Neple bis Canfufi haben unsere Podhaler und pomerellen Infanterieabteilungen in heldenmütiger Abwehr alle bolschewistischen Angriffe, die auf die Ueberschreitung des Bug hinzielten, abgeschlagen. Bei einem der gestrigen Angriffe wurden allein bei der Eisenbahnbrüde Brest 500 feindliche Tote auf dem Schlachtfelde gefunden. Zwischen Brest und Luzt planmäßige Umgruppierung ohne Druck von Seiten des Feindes. Rach einer Reihe von hartnädigen Kämpfen wurde Brody von unseren Abteilungen, unter Genetal Krajewsti, eingenommen. Weitere Kämpfe finden jetzt in der Gegend von Radziwilow statt, wo der Feind hartnädigen Widerstand leistet. Die ukrainischen Truppen schlugen in für uns günstigen Kämpfen den Angriff des Feindes, der auf den Uebergang über ben Sereth hinzielte, ab.
Transporte durch Oberschlesien Drohender Generalftreik der Eisenbahner
von
DA. Kattowig, 5. August.
Bei der hiesigen Eisenbahndirektion ist ein geheimer telegraphischer Befehl der Interalliierten Rommillion eingelaufen, wonach am 8. und am 12. Auguft verschiedene Sammelzüge mit französischen Mannschaften, und zwar in den Stärten 800, 300, 80 und zu legt 30 Mann über verschiedene Richtungen zuerst nach Oppeln und Don dort gesammelt in größeren Transporten nach Oberberg , Pleß bezw. Jeditz geleitet werden sollen. Ein weiterer 3ug mit 300 Offizieren mit dem Bestim= mungsort Swieczin wird ebenfalls avisiert. Die Transporte enthalten außerdem reichlich Lebensmittel, Feldfüchen und Munition. Das Telegramm besagt weiterhin, daß demnächst noch verschiedene andere Züge zu stellen seien. Die oberschlesischen Eisenbahner befinden sich in begreiflicher Erregung. Falls die Eisenbahndirek tion dem Verlangen der Interalliierten Kommission nachgeben sollte, brohen die Eisenbahner mit der Stillegung des gesamten Eisenbahnverkehrs in Oberschlesien .
Bayern gegen Truppentransporte
Der bayerische Verfehrsrat hat in feiner Bolligung beschlossen, das bayerische Eisenbahn- und Postpersonal durch Vers mittlung seiner Organisationen auf schleunigstem Wege anzuweisen, daß allenfalls beabsichtigten Versuchen der Entente zur Be
förderung von Truppen, Waffen und Munition durch Bayern mit allen Mitteln, wenn möglich auch durch völlige Trans: portlähmung entgegenzutreten ist. Der Beschluß wird u. a. mit der Notwendigkeit begründet, die Regierung in ihrer Neutralität in russisch - polnischen Kreisen zu unterstützen.
Aus der Internationale
Die Pariser„ Sumanite" veröffentlicht in ihrer Nummer vom 29. Juli folgende Notiz:
„ Unser Londoner Korrespondent hat uns fürzlich den Auszug einer Denkschrift übersandt, die Cachin und Frossard dem Exekutivlomitee der kommunistischen Internationale überreicht haben. Dieser Auszug ist von Moskau nach London durch das Pressebureau des„ Centre soyous" der Genossenschaften in Reval gelangt. Wir wollen diese Analyse, wie sie auch sei, nicht veröffentlichen, weil mehrere Stellen darin dunkel sind und underständlich bleiben. Wir wissen andererseits, daß eine russische Uebersetzung davon in einer der letzten Nummern des„ Isvostia" erschienen ist, die noch nicht in unsere Hände gelangt ist. Da die Rückkehr von Cachin und Frossard sehr nahe bevorsteht, ist es wohl unsere Pflicht, abzuwarten, daß sie selbst uns den französi schen Text" ihrer Dentschrift bekanntgeben, damit jede Veränderung der wahren Erklärungen, die unsere belden Delegierten dem Komitee der britten Internationale gemacht haben, vermieden wird."
Die Zurückhaltung des französischen Parteiblattes läßt sich wohl darauf zurückführen, daß die Veröffentlichung des Telegramms von Cachin und Frossard, in dem sie erklärten, daß der Anschluß an die 3. Internationale ihnen persönlich nötig erscheine, eine umfangreiche Debatte aller Richtungen in der französischen Partei hervorgerufen hat. Täglich bringt die Sumanite" Aztitel von Vertretern der verschiedenen Richtungen, in denen das ganze Problem der Internationale wieder aufgerollt wird und in denen für oder gegen die 3. Internationale Stellung genommen wird. Diese Debatte ist jedoch notwendig, vor allem im Hinblid darauf, daß bereits in der nächsten Zeit ein Kongreß der französischen Partei stattfinden wird, der über den Anschluß der Partei an die Partei stattfinden wird, der über den Anschluß der Partei an die tommunistische Internationale zu entscheiden hat.
Bom Genfer Rongreß Resolution zum Friedensproblem und zum Vers sailler Vertrag- Protest gegen den weißen Terror in Ungarn Resolution zur Sozialisierungsfrage Genf , 4. Auguft.
In der heutigen Vormittagssigung legte die Kommission dem Rongreß den Zegt einer Resolution über den Frieden und den Völkerbund vor. Der erste Teil dieser Resolution, die sich mit der Stellungnahme ber Sozialisten zum allgemeinen Friedensproblem und zum Versailler Bertrag befaßt, lautet:
Der Internationale Sozialistentongreß stellt fest, daß der Krieg, ber Europa dem wirtschaftlichen Untergang zugeführt hat, mit etnem Frieden abgeschlossen worden ist, der die Welt in einem Zustand der Unsicherheit und Zerrissenheit beläßt Im Namen der einen Frieden und eine Neuorganisation des selbstorganisierten politischen und wirtschaftlichen Lebens verlangenden Menschhett protestiert der Kongreß gegen jene Bestimmungen des Versailler Bertrages, deren einseitiger Charakter für die Aufrechterhaltung eines dauernden und endgültigen Friedens ein Hindernis bildet. Der Geist der Unversöhnlichkeit der die Borberatungen beherrschte und die Revision des Friedensbertrages zurückhielt, fährt fort, einen verhängnisvollen Einfluß auszuüben. Er schafft einen Geift, der an den sozialen Aufbau und die Tilgung der Kriegsschulden die schwersten Anforderungen stellt und ben Völkern immer neue Laften auferlegt, bie unerträglich sind und mit Recht kritisiert werden, die auch bet den bestegten Bölkern Brotest hervorrufen und deshalb wiederum bei den fiegenden Völkern Angitgefühle hervorrufen, die bei den führenden imperalistischen Kreisen an einer Fortfehung und Stärkung des Militarismus ausgenutzt werden. Im gleichen Sinne protestiert der Kongreß gegen die Ausschreitungen des Militarismus in den besesten Gebieten und dagegen, daß die russischen Randstaaten in diese Aktion hineingeführt werden. Gegen die offene oder versteckte Intervention fremder Regierungen gegen Rusland erhebt der Kongres energischen Protest. Der Zustand, welcher durch die Wahlarbeit der Imperalisten ge schaffen wird, droht die sozialistischen Proletarter durch den Mili tarismus um thren Frieden zu bringen. Der Untergang des russischen, deutschen, und öfterreichischen Kaiserreiches hat die verderblichfle Kriegsursache verschwinden lassen. Die Ausrichtung der Demos tratie in den früher der Autokratie und dem persönlichen Regime unterworfenen Bändern gibt der Welt eine neue Friedenshoffnung, getäuscht werden, wenn das Proletariat nicht feine unermüdlichen die der Kongreß unit Freuden begrüßt. Aber diese Hoffunng värde Anstrengungen fortfeste, um sein Recht auf Kontrolle der auswärtigen Politik sicherzustellen und eine Friedensaktion je nach den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen jedes Landes einzuleiten. Die Resolution schließt: Darum fordert der Kongreß das Proletariat auf, fich feiner geschichtlichen Aufgabe in dem gegenwärtigen Augenblicke bewußt zu sein. Diese Aufgabe besteht darin, sich an die Spiße aller auf Ehaltung des Friedens gerichteten Bestebungen zu stellen und gegen Imperalismus und Militarismus den Kampf zu führen. Dieser Kampf soll nicht gegen den Böllerbund, sondern zu dessen Beeinflußung und Verbefferung geführt werden.
An diesen ersten Tell ber Resolution schließt sich die bereits be fannte Resolution an, die sich mit der Sellungnahme der Internationale zum Bölkerbund befaßt. Weiter wird in der Resolution gefordert, daß der Völkerbund in feiner ersten Sigung die in auziehung der Sentralmachte und aller derjenigen Länder verkünde, die dem Völkerbund angehören wollen.
In der Nachmittagssigung segte der Internationale Sozialistenfongreß die Aussprache über die Haltung Ungarns gegenüber Deters reich fort und nahm eine Entschließung an, in der sich der Kongreß auf das Entschiedenste gegen den weißen Terror in Ungarn ausspricht, der vor allem die Existenz des österreichischen Staates gefährde. Der Kongreß erwartet von den alliterten Re gierungen, daß fie gegen die Machthaber in Ungarn einschreiten. Ueber das Problem der Sozialisierung unterbreitete namens der Kommission der holländische Delegierte Biebold eine sehr umfangreiche Resolution, nach welcher die Sozialisierung schrittweise vor genommen werden soll und nach der Organisationen erst dann zerflört werden dürfen, wenn sie durch eine beffere Form ersetzt sind. Eine Entschädigung müsse gewährt werden. In wirtschaftlich hochentwickelten Gemeinwesen, in Städten und start bevölkerten Industriegebieten käme bie Nationalisierung, die fommunale und die genossenschaftliche Form in Frage. Der Landbesitz müsse nationalistert werden unter Aufrechterhaltung des bäuerlichen B sizes usw. Der Inhalt der Ent schließung, die, wie Mollenbuhr- Deutschland ausführte, nur für den Anfang Richtlinien geben soll, stieß bei einzelnen Delegationen auf Widerspruch, namentlich bei dem Vertreter von Neuseeland , der in der vorgesehenen Form der Sozialisierung nur eine Verstaatlichung fah. Jm wetteren Verlauf der Aussprache über diesen Bunit fam es zu Lärmszenen auf der Tribüne, wo eine Gruppe Genfer Linksraditaler den deutschen Delegierten Molkenbuhr fortgesetzt durch Burafe unterbrach. Der Generalsekretär Huysmans gab seinem Bes dauern darüber Ausdruck, daß in der freien Schwetz die Freiheit des Wortes gestört werde und beraumte die Fortsetzung der Beratung auf morgen Vormittag an.
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Die Demonftranten sammelten sich nach Schluß der Sigung vor dem Konferenzgebäude an in der Absicht, Sheldemann und Vander. velde zu belästigen, die jedoch nicht erschienen.
Förderung der Ronterrevolution
Geßler und Koch ins Zuchthaus!
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Der in Berlin weilende Organisator der Weißen Garden, Saupta mann Escherich aus München , läßt in der Bresse erklären, daß die Veröffentlichung über seine große, das ganze Reich umfassende Geheimorganisation der Gegenrevolution, nicht ganz richtig sei Er behauptet, daß diese Organisation dem Schutze der Ber fassung" diene, gegen„ Bolschewismus und Verbrechertum" tämpfe und ,, an maßgebender Stelle sogar Mitglieder der Mehrheitssozial hematratie" in ihren Reihen habe. Das letztere will uns schon glaubhaft erscheinen, denn die Berliner Selbstschugorganisation, die nach den Plänen Escherichs arbeitet, bestimmt in ihrem Statut, saragraph 27, den„ Lokalanzeiger" und den Vorwärts als Bereinsorgan. Wichtiger aber ist folgendes:
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Die„ Deutsche Allgemeine Zeitung" teilt von zuständiger Seite mit, daß ,, weder die Reichswehr, noch das Reichswehrministerium, noch irgendwelche Befehlsstellen der Reichswehr mit den Escherich Organisationen auch nur das geringste zu tun haben. Es bestche zwischen diesen Organisationen und der Reichswehr nicht der geringste Zusammenhang." Diese Erklärung ist eine bewußte Irreführung der Deffentlichkeit, denn wir wissen bestimmt, daß Escherisch mit dem Reichswehrministerium tagelang unterhandelt hat und dabei ein sehr befriedigendes Ergebnis mit nach Sause genommen hat. Die Deutsche Zeitung", die mit den Buischisten in sehr guten Beziehungen steht, ist ehrlicher. Gie bestätigt die Richtigkeit der Nachricht, behauptet aber, daß es sich um eine legale Organisation handele, der sowohl ber Reichswehrminister Geßler als auch der Minister Koch ihre Unters tilgung zugesagt hätten.
Diese Nachricht ist richtig. Sie zeigt uns, daß Geßler und Koch die das Entwaffnungsgejet angefertigt haben, die Bes waffnung der Zivilisten aus dem rechten Lager durchführen und überwachen. Das heißt soviel, als daß die beiden Minister auf Grund des Entwaffnungsgesetzes. als erste unter Anilage gestellt werden und ins Zuchthaus kommen müßten. Im Reichstag aber wird über die Doppelseitigkeit der Minister noch ein ernftes Wort gesprochen werden müssen.
Schwindler bei der Reichswehr
Eine Magdeburger Zeitung brachte am 4. Auguft die aussehenerregende Meldung, in Altenburg sei bei Nacht und Nebel die Räterepublit ausgerufen worden. Wie die Pressestelle des Oberpräsidenten Sörsing feststellt, ist diese Nachricht von einem Reichswehrgruppentommando in das betreffende Blatt lanziert worden. Es wäre sehr erwünscht, wenn diese Reichswehrlügenzentrale näher mit dem Namen bezeichnet würde. Wir wissen zwar, daß jede Reichswehrformation eine sogenannte Rachrichtenstelle hat, deren Aufgabe es ist, den Ludendorffschen Schwindel traditionsgemäß fortzupflanzen. Der Altenburgis sche Räteschwindel ist aber insofern besonders interessant, weil das betreffende Reichswehrgruppenkommando, das ihn in die Welt setzen ließ, damit sicher einen bestimmten militär- politischen Zwed verfolgte. Entweder will es putschen oder eine Formation in Alten burg, bei der sich noch einige harmlose Republitaner befinden, ge waltsam zersprengen. Deshalb die Frane an das Reichswehrs ministerium: Wie heißt das Gruppenfommando, das diesen Schwin del in die Welt segen ließ? Wieviel Offiziere werden dort mit Der Herstellung von unwahren Nachrichten auf Kosten der All gemeinheit beschäftigt?
Koalitionsverbot im Saargebiet
Wie die Frankfurter Zeitung " aus Saarbrüden meldet, schreibt der Entwurf der Regierungstommiffion betreffend das Vereinsrecht der Beamten vor, daß die Beamten sich nicht zu politischen Zweden vereinigen dürfen, daß die Sagungen der Beamtenvereine die Genehmigung der Regierungsfommission erfordern und daß nur attive Beamte dem Vorstand angehören dürfen. Ein Zusammenschluß mit deutschen Vereinen dürfe nur mit Genehmigung der Regierungskommission stattfinden. Der Saarländische Beamtenbund erhebt in einer Erklärung an die Deffentlichkeit fchärfsten Einspruch gegen diese Einschrän fung der persönlichen Freiheit und der politischen Rechte der Bes amten, sowie gegen die Abänderung des Reichsvereinsgesetzes ohne Anhörung der gewählten Vertreter der Bevölkerung.
Aufhebung der Fleischbewirtschaftung
Der volts wirtschaftliche Ausschuß des Reichs= tages fette am Mittwoch seine Erörterungen über die Auflichen Parteien mit sofortiger Wirkung verlangt wird. Das hebung der Zwangswirtschaft für Fleisch fort, die von den bürger Reichsministerium für Ernährung steht diesen Anträgen ablehnend gegenüber. Es hatte eine Berordnung vorgelegt, der die Reichsfleischfarte aufheben und die Einführung einer Kunden lifte vorschreiben will. Außerdem aber eine Verordnung über eine Senfung der Viehpreise von 40 90 art pro Zent ner Lebendgewicht. Abgesehen von einem Redner der Zentrums partei, der durchaus anerkannte, daß die Freigabe der Fleisch bewirtschaftung eine wesentliche Berteuerung des Fleisches und eine große Gefährdung der Milchpersorgung bringen werde, vers langten alle bürgerlichen Vertreter die sofortige Aufhebung ber Bewirtschaftung. Sowohl der Genosse 2ipinsti, als auch der frühere Wirtschaftsminister Robert Schmidt traten den Herren entgegen. Lipinski verlangt Aufrechterhaltung der Zwangswirts schaft und schärfere Erfassung, solange nicht der Bedarf und die billige Versorgung der Bevölterung gesichert sei. Schmidt wies darauf hin, daß die von den Agrariern verschwiegene Ursache des Sintens der Preise in einigen Gegenden in der Maul- und Klauen Seuche begründet sei. Alle Erfahrungen mit der freien Wirtschaft zeigen, daß Breissteigerungen mit ihr unlöslich verbunden sind. Die Landwirtschaft erziele dabei unerträgliche Gewinne, währen die Massen vom Hunger geplagt seien.
Der Reichsernährunnsminister Hermes erflärte, die Sentung der Fleischpreise müsse unter allen Umständen eintreten, da durch aus nicht sicher sei, daß im Herbst die Voraussegungen für die freie Wirtschaft gegeben sind. Die wirtschaftliche Lage weiter Kreise der Verbraucher vertrage feinen Preis, beffen sachliche Berechtigung nicht gegeben jet. Nach der Freigabe des Fleisches in Baden feien in Mannheim die Preise um fast das doppelte gestiegen. Auch dieses Beispiel zeige, bag der freie Handel keine Preissenfung bringt. Aber selbst bei Ginführung der freien Wirtschaft sei an eine Wiederkehr der Borkriegszeiten nicht zu denken. Gewisse Dinge, wie die Konzession des Sandels, Schlußscheinzwang usw., müßten un bedingt erhalten werden. Auch die Landwirtschaft sei verpflichtet, der schweren wirtschaftlichen Lage Opfer zu bringen. Jeber Schritt in der Freigabe der Fleischbewirtschaftung müsse getragen sein von der Sorge um die Sicherung unseres Brotgetreibes.
Trok dieser Ausführungen, die die freie Wirtschaft gegenwärtig als unmöglich erscheinen lassen, schienen die bürgerlichen Vers treter gegen die Herabsetzung der Preise und für die Aufhebung der Bewirtschaftung eintreten zu wollen. Die Entscheidung darüber fällt in der heutigen Sizung.