Die Außerordentliche Arbeiter­konferenz in England

Einig zur Abwehr der Kriegsgefahr Am Freitag, den 13. August, fand im englischen Unterhaus eine außerordentliche Arbeitertonferenz statt, über die wir schon furz berichteten, um zur drohenden Kriegsgefahr Stellung zu nehmen. Nach dem Daily Herald hatte die Beratung folgenden Verlauf: Es waren 1044 Delegierte anwesend, von denen 689 die Gewerkschaften und 355 die Arbeiter: parteien und sozialistischen Organisationen, im ganzen über 6 Millionen Arbeiter vertraten. Adam= son, der Vorsitzende der Arbeiterpartei, leitete die Konferenz. In seiner Begrüßungsansprache betonte er, daß niemals in der Ge­schichte der englischen Arbeiterbewegung eine Konferenz von solch weittragender internationaler Bedeutung stattgefunden hat. Die Situation in Europa   erscheine so ernst und die Kriegsgefahr so nahe, daß beschlossen wurde, die Arbeiter Englands zusammen­zurufen.

Wenn jemals eine Körperschaft, die Arbeiter vertrat, ihren Namen verdiente, so war es der Attionsrat. Er hat die öffent­liche Meinung des Landes so wirksam beeinflußt, daß er die gegen­wärtige Regierung von dem schlüpfrigen Wege zurüdgehalten hat, der zu einem neuen europäischen   Kriege geführt hätte. Adamson griff den gegenwärtigen Kriegsminister Churchill   heftig an, dessen Vorgehen er als unheilvoll und gefährlich bezeichnete. Es sei jezt nicht die Frage, ob die russische   Regierung tugendhaft oder lasterhaft sei. Die Arbeiter sind vor allem daran interessiert, ob England in eine Politik der Ungewißheit und der Einmischung hin­eingetrieben wird. Der Ministerpräsident hatte im Unterhause erklärt, daß wir bereit sein müßten, die Unabhängigkeit Bolens zu sichern. Adamson erinnerte an die Erklärung der Sowjetregierung vom 28. Januar über die polnische Unabhängig teit, die der Ministerpräsident Lloyd George   nicht bekannt gegeben hat. Weiter hat die höchste Institution der Sowjetregie­rung, das allrussische Zentralexekutivkomitee dem polnischen Bolte eine Erklärung abgegeben, die bestimmt war, jeden Zweifel in dieser Beziehung zu zerstreuen. Die Unabhängigkeit Bolens war niemals in Frage gestellt, und fein fluger Staatsmann, der wirklich den Frieden münscht, fann auf Grund einer so oberfläch lichen Hypothese friegerische Maßnahmen in Betracht ziehen. Fin­stere Kräfte sind am Werke, einen Krieg mit Rußland   u entflammen und die Regierung, statt diese Bewegung zu unter­drücken, steuert dem Abgrunde zu. Die Arbeiterbewegung des Landes ist entschlossen, feinen Krieg mit Rußland   zu dulden. Wir erklären der Regierung bestimmt und fategorisch, daß wir gegen eine solche Politik sind, und daß wir alle Schritte unternehmen werden, um sie zu verhindern.

Dann gab Ernest Bevin   den Bericht über die Lage, die zur Einberufung der Konferenz geführt hatte. Die Regierung hat in dieser Frage eine zweideutige Saltung eingenommen. Auf der einen Seite machte sie Anstrengungen, die Sowjetregierung an­zuerkennen, auf der anderen Seite wandte sich der Kriegsminister an unseren alten Feind Deutschland  , mit dem sie niemals wieder sprechen wollte, ihnen zu helfen, Rußland   niederzuschlagen. Bevin  erklärte unter lautem Beifall, daß er von den Führern der fra n= zösischen Arbeiterbewegung die Versicherung erhalten habe, daß auch sie beabsichtigen, einen nationalen Arbeiterrat ein­zusetzen, um die französische   Regierung daran zu hindern, Rußland  mit Krieg zu überziehen. Die englische Arbeiterbewegung ist gegen jebe Form von Krieg mit Rußland   und würde die Lieferung von Munition und Kriegsmaterial an irgendeinen der Feinde Ruß­ lands   zu verhindern wissen. Der Aktionsrat wird solange auf dem Posten bleiben, bis der Friede gesichert ist.

J. R. Clynes sprach im Namen der Parlamentsfrat tion. Wenn der Völkerbund   den Krieg nicht verhindern Lönne, so müssen die Arbeiter die Zügel ergreifen. És gäbe teine Rechtfertigung für eine englische Intervention, da die Unabhängig Leit Bolens gesichert ist.

J. S. Thomas( Eisenbahnarbeiter) begründet eine Resolution, In der die Bildung des Attionstates, zusammengefeht aus den drei Vertretungstörperschaften der Arbeiter, gebilligt und der­selbe beauftragt wird, in der gegenwärtigen Lage die ührung zu übernehmen. Die Verantwortung für irgendwelche Maßnahmen müßte einer Körperschaft übertragen werden, die die gesamte Ar­beiterbewegung umfaßt. Wenn es die Umstände erfordern, müßte eine direkte Attion von der Gesamtarbeiterschaft unternom­men werden. Er habe immer die direkte Aktion bekämpft, da ez geglaubt habe, durch parlamentarische Methoden zum Ziele zu tommen. Aber heute müsse er sagen, daß feine Abstimmung einen Krieg verhindern könnte, und daß teine parlamentarische Attion das vollbringen tönnte, was von der Ar beiterschaft gefordert wird. Die Lage ist so gefähr= lich und verzweifelt, daß nur verzweifelte und gefährliche Methoden einen Ausweg schaffen fönnen. Durch die Annahme der Resolution werden die Arbeiter nicht zu einem bloßen Streit ver­pflichtet. Diese Resolution bedeutet eine Kampfanjage an die Berfassung des Landes. Minutenlanger begeisterter Beifall folgte dieser Erklärung.

A. G.   Cameron von der Solzarbeitergewerfschaft unterstützte die Resolution Thomas und erklärt, daß die 150 000 Solzarbeiter seines Verbandes sofort dem Rufe des Arbeiterrates folgen würden.

Die Resolution wurde einstimmig angenommen, wor­auf die Delegierten aufsprangen und spontan die Rote Fahne Sangen.

W. H. Hutchinson, Vorsitzender der Metallarbeitergewerk­schaft, unterbreitete die prinzipielle Resolution( ab­gedruckt in der Morgenausgabe der Freiheit, Dienstag, den 17. August, 1. Spalte). Wenn Frankreich   nicht bereit ist, Frieden mit Rugland zu schließen, so müssen wir darauf sehen, daß es England in dieser Beziehung nicht im Wege steht.

Nachdem noch 3. W. Bowen von der Bostangestellten gewerkschaft, Robert Williams von der Transports arbeiterorganisation fraftvolle Worte der Entschlossen­heit und des festen Willens gesprochen hatte, mit allen Mitteln einen Krieg zu verhindern, erhob sich der greije Führer der eng­lischen Bergarbeiter, Robert Smillte, der dem englischen Kriegsminister Winston Churchill   den Dank aussprach, daß er die englische Arbeiterbewegung so geeinigt hatte und er hoffe, daß diese Einigkeit anhalten werde. Wir dürfen Frankreich   in feiner Weise in dem Bemühen unterstützen, diesen Krieg gegen Rußland   zu führen. Wenn es Frankreich   und Wrangel gelingt, Rugland die Kohlenzufuhr abzuschneiden, werden wir uns dann in Frankreich   einmischen, wenn wir mit der Kohlenzufuhr an Frankreich   aufhören? Würde das von Frankreich   als ein un­freundlicher Att betrachtet werden, wenn die englishen Bergarbei­ter in Ausführung des Beschlusses dieser Konferenz sich weigern würden, Kohlen für Frankreich   zu fördern, oder die Eisenbahner sich weigern würden, Kohlen nach Frankreich   zu ver­laden? Frankreich   muß auch mit der Aktion der französ sischen Bergarbeiter rechnen, die sich gleichfalls auf dem Internationalen Bergarbeiterfongreß verpflichtet hatten, sofort die Arbeit einzustellen, wenn irgendeine Nation einen ungerechtfertig­ten Krieg erklärt. Reine Regierune. fein Churchill  , teine Macht fann der Kraft der organisierten Arbeiterschaft widerstehen

Auch diese Resolution wurde unter begeistertem Beifall ein­stimmig angenommen Zum Schluß unterbreitete Harry Gas= ling einen Antrag, der dem Aktionsrat vollständig freie Sand inbezug auf die nächsten Aftionen gibt und das parla­mentarische Komitee des Gewerkschaftstongresses beauftragt, die finanziellen Mittel für den Aktionsrat durch ein Umlageverfahren auf die Mitglieder der angeschlossenen Organisationen herbeizu­Schaffen

Mit dem Absingen der Internationale wurde diese denkwürdige Konferenz geschlossen.

Amsterdam  , 18. August. Allgemeen Handelsblad meldet aus London  : Der Attions= ausschuß hat beschlossen, im Kriegsfalle lediglich die Betriebe, die für die Kriegführung notwendig sind, st ill zu legen und den anderen Betrieben zu gestatten, bie Arbeit fortzusetzen,

damit nicht die Nation der Lebensmittel und anderer Lebensnotwendigkeiten beraubt wird.

Das russische   Friedensprogramm

Rußland   wünscht den Frieden

HN. London, 18. Auguft.

Der Korrespondent des Daily Herald" stellt jest, daß die pol­nische Delegation am 16. August in Minst eingetroffen ist. Da

Russen haben unter unerhörten Anstrengungen nunmehr schwers Artillerie herangeführt und in Stellung gebracht. Die Be Schießung Warschaus   soll jezt beginnen und fortgesetzt werden, bis die Stahr gefallen ist.

pisewsti, der Führer der russischen Abordnung, hatte mit dem Beginn der Minsker Berhandlungen

Rorrespondenten eine Unterredung. Er erklärte ihm, alle Sigun­gen der Friedenskonferenz würden öffentlich sein, entsprechend dem Grundjage der offenen Diplomatie, der von der Sowjetregierung verfolgt wird. Wir haben, sagte er, feinerlei Absicht, das Ver: failler Geheimverfahren nachzuahmen, noch nach Versailler   Muster den Frieden zu diftieren. Wir wollen aufmerkjam auf alle polni­schen Argumente hören und hoffen, daß wir die bereits ver= öffentlichten Friebensbedingungen beibehalten fönnen, da wir nicht die Absicht haben, irgendwelche verständi­gen Aenderungen, die von der Gegenseite verlangt werden sollten, abzulehnen.

Rußland   wünscht ehrlich den Frieden und wird sein Möglichstes tun, um die Verantwortung für ein Miklingen der Konferenz nicht tragen zu müssen. Die Sauptgrundsäge der russischen Politit gründen sich auf eine vollständige Anerkennung von Polens   Unabhängigkeit und seiner Souveränität. Wir wollen jedwede Ein­mischung in die inneren Angelegenheiten Pos lens vermeiden. Die wichtigsten Puntte betreffen lediglich die Sicherheiten, die wir gegen agressive Pläne Polens   vers langen müssen. Reinerlei neue Forderungen werden den bereits veröffentlichten hinzu gefügt werden.- Der Korrespondent des Daily Herald" fügt hinzu, daß der Wunsch nach Frieden von seiten der russischen Bevölkerung ebenso aufrichtig wie intensiv ist.

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Die militärische Lage

Königsberg   i. Pr., 18. August.

Die Eisenbahnlinie Deutsch- Eylau  - Thorn überschreitend haben bolschemistische Truppen Lessen und Rehden   erreicht. Südlich von Bischofswerder   ist russische   Kavallerie aufgetreten. Graudenz   wird mit Hilfe der Zivilbevölkerung beschleunigt armiert. Der Bahn­hof Wie Jawet liegt unter russischem Artilleriefeuer. Südwestlich von Ciechanow   ist der Entlastungsstoß des polnischen Nordflügels zum Stehen gebracht. Ciechanow   ist in den Händen der Bolsche= wisten. An der Nordostfront von Modlin   und der Ostfront von Warschau   halten starke bolschewistische Angriffe an. Der Gegen­stoß des polnischen Zentrums aus der Linie Warschau  - Jwangorod und der Flankenstoß nördlich des Oberlaufes der Wieprz gewinnen an Boden. Kämpfe bei Nowo Minst, nördlich von Zelechow und bei Lukow  . An der Südfront örtliche Kampfhandlungen.

Die Lage vor Warsch au

DA. Kopenhagen, 18. August. Die Sowjetmeldungen über die Einnahme von Warschau  scheinen start verfrüht. Die Schlacht um Warschau   geht mit größter Heftigkeit weiter und ist noch immer unentschieden. Auf der Ostseite Warschaus   hat es furchtbare Nahkämpfe gegeben. Die

Die sozialistische Kammerfraktion in Paris Paris  , 18. Auguft.

Zu der Forderung der sozialistischen   Kammetfrat. tion, die Kammer sofort einzuberufen, wird berichtet, daß die Fraktion einstimmig beschlossen habe, sofort eine Interpella­tion über die Ausweisung der englischen Delegierten einzu­bringen, sowie eine Interpellation über die ungefeßliche Haltung der Regierung gegenüber der russischen Revo­lution. In Berfolg dieser Interpellationen wird die sozialistische Kammerfraktion verlangen, daß die Ministerien Clemenceau   und Millerand in Antlagezustand versetzt werden.

Bedingte Aufhebung der Zwangs=

wirtschaft für Fleisch

Der Volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstages führte gestern in eingehenden und teilweise heftigen Diskussionen die Beratungen über die Fleischwirtschaft zu Ende. Alle Einwände, daß die Auf­hebung der Zwangswirtschaft eine erhebliche Rerteuerung bringe, daß die Massen sich das Stüdchen Fleisch nicht mehr werden faufen fönnen, blieben unberüdsichtigt. Der Magistrat Berlin hatte in legter Stunde eine Eingabe an den Ausschuß gerichtet, daß er jede Berantwortung für die Versorgung Berlin   mit Fleisch ab­lehnen müsse, daß die Aufhebung der Zwangswirtschaft seine Mast­verträge gefährde. Auch diese Gründe blieben unberücksichtigt, die Mehrheit blieb entschlossen, die von ihr systematisch unterhöhlte 3wangswirtschaft jekt ohne jebe Rüdsicht restlos zu beseitigen.

Bei der Abstimmung aber gelang es trotzdem, ihnen einen Riegel vorzuschieben, der ihren Absichten sehr unangenehm werden dürfte. Der Minister hatte die Aufhebung der Zwangswirtschaft für Fleisch zum 1. Otiober n. a. von der Schaffung einer Brot­getreidereserve von 2 Millionen Tonnen abhängig gemacht. Diese Boraussetzung hatten die Rechtssozialisten zu einem förmlichen An trag formuliert, der mit Hilfe einiger Zentrumsabgeordneter zur Annahme gelangte, so daß die gegen die Stimmen der beiden Sozialdemokratischen Fratiionen endgültig angenommene Ent­schließung dadurch folgenden Wortlaut erhielt:

Die Zwangsbewirtschaftung für Fleisch wird spätestens bis zum 1. Ottober aufgehoben; die Einfuhr von Futtergetreide, ins besondere von Mais, foll sofort freigegeben und das Reichsfinanz ministerium ersucht werden, ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, um durch eine Verbilligung des Mais cine aus­reichende Ernährung des Viehs zu ermöglichen und die Verfütte­rung des Brotgetreides zu vermeiden. Das Reichsernährungs­ministerium soll alle Maßnahmen ergreifen, um bis zum 1. Otto­ber etwa 2 Millionen Tonnen Brotgetreide zu sichern, und es ist nur dann die Freigabe der Viehwirtschaft zu empfehlen, wenn diese Sicherung erreicht ist."

Durch diesen Antrag ist der Wille des Boltswirtschaftlichen Aus­schusses unzweideutig festgestellt, daß die Aufhebung der Zwangs­wirtschaft für Bich nur dann erfolgen darf, wenn die zur Siche­rung der Getreideversorgung der Bevölkerung nötige Reserve von 2 Millionen Tonnen bereits vorhanden ist. Etwaige Ver­fuche, die Zwangswirtschaft bereits dann vollständig aufzuheben, wenn diese Reserven erst in Aussicht stehen, wären sowohl mit dem Wortlaut als auch dem Sinn des gefaßten Beschlusses unver= einbar.

Ferner wurde eine Entschließung angenommen:

bie Reichsregierung zu ersuchen, bei der Freigabe der Fleisch­bewirtschaftung im Inlande dafür zu sorgen, daß bei der Reichs­fleischstelle dauernd die Gestaltung der Einfuhr von Fleisch über­wacht wird und die Einfuhrmengen an die Hauptbedarfsstellen geleitet werden. Wir sprechen ferner die Erwartung aus, daß auch fünftig in den Hauptbedarfsgebieten Aus landsfleisch, nachdem es aus Reichsmitteln verbilligt ist, ausgegeben wird."

Die Vertreter des Handels hatten hierbei Versuche unter­nommen, den Großhandel wieder einzuschalten und sogar die Er­

richtung einer neuen Außenhandelstelle verlangt. Die Herren, die sonst mit allen Mitteln den sofortigen Abbau aller behördlichen Zwangsorganisationen verlangen, wollten hier, weil es ihren

London  , 18. Auguſt( Reuter.) Eine heute in London   eingetroffene Moskauer   amtliche Meldi. besagt: Die russisch  - polnische Waffenstillstandskonferenz ist gestern abend 7 Uhr eröffnet und auf heute vertagi worden.

Die Haltung Frankreichs  

DA. Paris, 18. August.

Bon amtlicher französischer Seite wird mitgeteilt, daß die Nach richten, wonach die französische   Regierung den Polen   angeraten haben soll, die russischen Waffenstilstandsbedingungen zurüd weisen, nicht zutreffen. Die franzöfifche Regierung habe lediglic ihrem sehr verständlichen Willen Ausdruck gegeben, daß die russ schen Bedingungen die politische Unabhängigkeit Bolens nicht an tasten dürfen. Die Grenzen Bolens seien durch den Friedens vestrag von Versailles   festgesetzt worden und Frankreich   werde es nicht dulden, daß die Abmachungen des Bertrages von Ver sailles in irgendeiner Weise angetastet würden. Trotzdem haben aber die Polen   aus dieser Erklärung der Pariser   Regierung neuen Mut geschöpft, sowie auch daraus, daß die polnischen Heere bei Warschau   einige Erfolge erzielen konnten und die polnischen Dele gierten zeigen deshalb in Minst eine recht unversöhnliche Hab tung. Ministerpräsident Millerand ist durch den Einmarsch der Russen in den polnischen Korridor und durch die starke Bedrohung der Festung Graudenz   sehr beunruhigt und hat erklärt, daß die da durch geschaffene neue Lage eine andere Stellungnahme der Alliierten dringend erfordere.

Kein Kredit für Polen  

Paris  , 18. August. Nach einer Havasmeldung aus Washington   weigert sich die amerikanische   Regierung, den für Polen   bestimmten Anteil an einem bewilligten Kredit von 250 Millionen Dollar auszuzahlen, weil die Vereinigten Staaten   sich nicht mit Sowjetrußland im Krieg befänden und infolgedessen auch nicht in der Lage seien, Bolen in diesem Augenblid einen Kredit zu bewilligen.

Danzig   neutral

Danzig  , 18. Auguft. Der Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten der Verfassung gebenden Versammlung hat in seiner heutigen Sigung beschlossen, Den Oberkommissar Sir Reginald Tower   zu ersuchen, in dem Kriege zwischen Rußland   und Polen   für das Gebiet der künftigen Freien Stadt Danzig   bie strenge Neutralität zu erklären und hiervon den beteiligten Mächten unverzüglich Kenntnis zu geben. Der Beschluß ist in Abwesenheit der Vertreter der Polen   und gegen die Stimmen der unabhängigen sozialdemo fratischen Partei gefaßt worden. Auf Antrag des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ist die verfassunggebende Bersamm lung zu Freitag, den 20. Auguft, zu einer Bolligung einberufen worden mit dem einzigen Bunfte der Tagesordnung: Besprechung der außenpolitischen Lage.

Interessen förderlich ist, sogar eine neue Organisation schaffen. Der Bersuch miglang jedoch.

mitteilung, daß sie wegen einiger Mißstände, die die Novelle 8 In der Nachmittagssigung machte die Regierung davon Einkommensteuergesetz hervorgerufen habe, eine Milderungin Steuerabzug nach der Richtung eintreten lassen wolle, daß bei Einfommen über 15 000 m. nur der 15 000. überstei gende Betrag einem Abzug von 15 Prozent, der darunter bleibende Teil aber von 10 Prozent unterliegt. Der Ausschuß er flärte sich mit dieser Absicht, die auf dem Verordnungswege durch geführt werden soll, einverstanden, und nahm ferner eine von den Unabhängigen gestellte Entschließung an, die die Regierung auffordert, durch Ausführungsbestimmungen anzuordnen, daß bei der Veranlagung des versteuerbaren Einkommens Entschädigungen für Ueberstunden, Sonntagsarbeiten, besonders Lohn oder Ge haltsaufschläge für Nachtarbeit, Bergütungen für außergewöhnliche Extraleistungen, Auswandsentschädigungen für Arbeit außerhalb des Betriebes oder Reisen für den Betrieb, nicht in Anreg nung tommen.

Verbot der Orgesch- Organisationen

Aus Kiel   wird mitgeteilt, daß auf Grund der Anweisungen des Ministers Severing der Oberpräsident von Schleswig- Holstein  , Kürbis, bereits am 27. Juli ein Verbot der Orges erlassen und folgende Anordnung getroffen hat:

Es muß in Zukunft lediglich Eache der Etaatsregierung feith die Ruhe und Ordnung mit den ihr zur Verfügung stehenden militärischen und polizeilichen Kräften aufrecht zu erhalten. Allen Organisationen der obenbezeichneten Art, insbesondere auch det sogenannten Escherich- Organisation, die in der Provinz Schleswig Holstein   Eingang zu finden sucht, ist nachdrüdlich ents gegenzutreten und die Bevölkerung über diesen Erlaß in Kenntnis zu setzen."

Im Anschluß an diesen Erlaß ist noch eine weitere Ver fügung des Oberpräsidenten ergangen

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Der Oberpräsident von Hessen- Nassau   hat für den Bereich der Provinz Heisen- Nassau sämtliche Orgesch Organis Tationen sowie die Organisation Jungdeutscher Orden  

perbolen.

Neue überflüssige Stellen? Durch eine Polemik der agrarischen Presse erfährt man, daß tros aller Bersicherungen der Regierung, daß mit den behördlichen Orga nisationen abgebaut werden solle, immer noch neue Stellen und Behörden anscheinend aus anderen, denn aus fachlichen Motiven geschaffen werden, die sich dann gegenseitig in der Arbeit behindern. Obwohl bereits seit Jahren die Biologische Reichsanstalt für Schäd lingsbekämpfung besteht, ist jetzt neuerdings ein Reichskommissariat für Schädlingsbekämpfung geschaffen worden. Jm Etat des Reiches find Mittel hierfür nicht vorgesehen, bei dem Nachtragsetat vont der Regierung auch nicht angefordert worden. Der Reichstag  fennt auch weder die Ausgaben des neuen Reichskommissariats noch die Gründe, die zu seiner Schaffung geführt haben. Er weiß auch nicht, woher die Mittel zur Bestreitung der Unkosten ge nommen werden.

Das ist ein Zustand, der schwere Bebenfen hervorrufen muß. Die Regierung ist deshalb der Oeffentlichkeit Auskunft über diese Angelegenheit schuldig.

Keine Entspannung der Saarfrise. Die Nachrichten aus dem Saargebiet lauten übereinstimmend dahin, daß die Spannung fei neswegs nachgelassen hat. Man muß also mit dem neuerlichen Ausbruch des Generalstreits rechnen.

Eisenhöchstpreise. Für Eisen von Saar  , Iothringischen und luxemburger Werten gelten in Zukunft folgende Höchstpreise: Form- und Stabeisen 3500 M., Bandeisen 3845 M., Feinbleche 4805 bis 4920 m. pro Tonne.