Oberschlesische Haßstimmung

Immer deutlicher stellt sich heraus, daß die Ereignisse vom Diens­tag zum Mittwoch in Kattowitz   von den deutsch  - nationalistischen Elementen planmäßig vorbereite't worden sind. Um die jezigen Vorgänge zu verstehen, muß man auf die unheilvollen Dinge zurüdgehen, die sich in Oberschlesien   unter Duldung und Zustimmung der Reichsregierung ereignet haben und die nicht nur dahin führten, daß tausende revolutionäre Arbeiter in die Gefängnisse geworfen oder gar ermordet worden sind, sondern die auch die nationalen Gegensätze zwischen Polen   und Deutschen   aufs äußerste verschärft haben. Die interalliierte Kommission fam, Ober­ Schlesien   wurde von französischen, italienischen und englischen Trup pen in einer Gesamtstärke von 20 000 Mann besegt, aber die na­tionalistischen Organisationen der Deutschen   sind, zum Teil unter Aenderung ihrer Firmen, geblieben. Wir haben dort die Freie Bereinigung, daneben hat sich der Verein Heimattreuer Ober­ Schlesier   ausgebreitet, angeblich zur Förderung der Interessen der deutschen   Abstimmungsberechtigten, und schließlich wurden illegale, mit Waffen versehene Stoßtrupps gebildet, die unter militärischem Kommando stehen und militärisch organisiert sind. Was, Dre gesch" für ganz Deutschland   sein will, das ist in Oberschlesien  schon längst durchgeführt, unter weitestgehender Förderung und ma terieller Unterstützung durch die Reichsbehörden.

Die interalliierte Kommission hatte sich bisher, wie uns aus oberschlesischen Arbeiterfreisen versichert wird, einwandfrei benom men. Ihr erste Maßnahme war die Aufhebung der von den frühe­ren Machthabern aufgerichteten 3wangsherrschaft; hunderte von Arbeitern find sofort aus den Gefängnissen befreit worden. Von dem französischen   Obersten Blanchard, der in Kattowitz   tom mandiert und gegen den sich jetzt heftige Angriffe der bürgerlichen Presse richten, wird uns berichtet, daß er vor dem Kriege als Ingenieur im Süttenrevier tätig war, die deutsche Sprache poll­ständig beherrscht und sich über die Verhältnisse in Oberschlesien  gut unterricht zeigt. Es soll nicht bestritten werden, daß auch eine lebhafte polnisch- nationalistische Agitation betrieben wird, aber bisher konnte der Nachweis dafür nicht erbracht werden, daß bie Interalliierte Kommission, wie das von den deutschen   Na­tionalisten behauptet wird, die Polen   einseitig begünstigt habe. Sicher ist, daß von deutsch  - nationaler Seite die polnische Bevölte­rung, die in Oberschlesien   die Mehrheit bildet, immer wieder in brüster Weise herausgefordert und der Haß der Deutschen   gegen die Bolen unausgesetzt geschürt wird. Diese Haßftimmung hat man auch gegenüber der Interalliierten Kommission gefördert und sie schließlich auf die den Hauptteil der Besatzung bildenden franzö­fischen Truppen konzentriert.

Die deutsche Propaganda hat sich nicht damit begnügt, der ober­Schlesischen Bevölkerung zu zeigen, wie sehr sich angeblich die deutsche über die polnische Kultur erhebe, sondern man hat zu ben albernsten und niedrigsten Agitationsmitteln für das Deutsch­tum" gegriffen. Sunderte von Spigeln, die mit deutschem Gelde unterhalten werden, beleben das ganze Gebiet und sorgen dafür, daß die polnisch- deutschen   Gegensätze nicht verschwinden. Bolnische Firmenschilder werden überstrichen, aus den auf interalliierte An­ordnungen zweisprachigen Wegweisern entfernt man nachts die polnischen Bezeichnungen, zu Dußenden schießen deutsche Zeitun gen aus dem Boden, denen die Käuflichkeit an der Stirne ge schrieben steht, anständige Mädchen, die mit franzöfifchen Soldaten auch nur in einem freundlichen Verhältnisse stehen, werden in den Blättern und auf Blakaten an den Pranger gestellt.

Genossen Truppenbewegungen

in

Auf diesem Hintergrund haben sich die Ereignisse abgespielt. Die Arbeiterorganisationen hatten für Dienstag Protestversammlungen gegen den Versuch angekündigt, Polen   mit Truppen und Materialtransporten Sere zu Hilfe зи fommen. Un­verlangten, daß die Franzosen ihre bie Oberschlesien  , nach Auffassung eine Verlegung der deutschen   Neutralität bedeuteten, threr einstellen sollten. Diese Bewegung ist von den nationalisti Ichen Elementen misbraucht worden. Sie glaubten offenbar, daß die Gelegenheit günstig sei, nicht nur gegen die Bolen, sondern auch gegen die Franzosen einen Hauptschlag führen zu können, und die Kundgebungen der Arbeiter sollten ihnen zum Vorspann dienen. Es muß aufgeklärt werden, wer die Gerüchte über einen angeblich bevorstehenden Generalstreit in die Welt gesetzt hat. Wer hat die Massen" veranlaßt, vor den Ge­bäuden der Interalliierten Kommission und der Polen   Die Wacht am Rhein   und Siegreich wollen wir Frankreich   schlagen" zu fingen? Wer hat die Gymnafiaften auf die Straße gefchidi? Wer hat die Angriffe auf polnische Zeitungen und Geschäfte geleitet? Wem ist das Recht verliehen worden, aus dem Hotel Deutsches Saus" in Kattowik 17 Bersonen zu verhaften und eine davon ,, an Ort und Stelle" sofort stand rechtlich zu erschießen? Bon der Art der Berichterstattung über die Ereignisse haben wir gestern eine erbauliche Probe erhalten. Wolffs Bureau ver­breitete am Abend folgende Meldung:

Breslau  , 19. Auguft.

Nach einer Meldung der Schlesischen Zeitung" aus Kattowitz   be fand sich unter der verhafteten Besagung des Deutschen Hauses auch ein Gehilfe Korfantys und ein polnischer Student mit Namen Roj. Bei diesem wurden ein Armeervolver und ggen 50 Patronen ge funden. Im Verhör soll Koi gestanden haben, daß er mit 45 an deren Polen   aus Lomnih' Hotel in Beuthen   nach Kattowiz ge sandt worden sei, um die Schießerei zu inszenieren. Sämtliche Bolen waren mit Schußwaffen ausgerüstet.

Der anrüdenden Feuerwehr und der Sicherheitswehr gelang es, den Brand zu löschen und die Privatbewohner aus den oberen Stockwerken zu retten. Nun drang die Menge in das Hotel. Große Stöße von polnischen Flugblättern, Zeitungen, Atten und Bapieren wurden auf die Straße geworfen. Es wurde ferner eine sehr große Menge von Munition und Waffen erbeutet, die unter die Menge

perteilt wurden.

Im Laufe der Nacht wurden die Geschäftsräume der Gazeta Ludowa" vollständig zerstört und eine Reihe von polnischen Läden zertrümmert, u. a. das Geschäft des Großpolen Czaplinsti und das Geschäft des Eisenhändlers Giforsti. Es muß jedoch ausdrücklich betont werden, daß die Menge keine Plünderungen im landläufigen Sinne sich zuschulden tommen ließ. Sie ließ z. B. die Juwelier­läden und ander Geschäfte mit kostbarem Inhalt, soweit bisher bekannt ist, unberührt und warf die aus anderen Geschäften ent= fernten Waren einfach auf die Straße. Erst später wurden dieſe Waren von lichtscheuem Gesindel, unter dem sich auch Bolen bes fanden, weggeräumt. Die Schießerei hielt die ganze Nacht an.

nistischen Elementen mißbrauchen zu lassen. Das Proletariat| Regierung im Lande des weißen Schredens, der Unterstützung von tämpft für die Interessen seiner Klasse und hat mit| militärischer Tobsuchts- und Gesezlosigkeit, nicht anders erwartet den Revancheideen und der nationalistischen Hehe der Bourgeoisie werden fann, in lügenhafter Weise die Absicht einer Silfeleistung nichts zu schaffen! für Bolen zu dementieren.

Judenaustreibung in Oberschlesien  Eine Neutralitätsverlegung des Auswärtigen

Amtes

Zu unseren Meldungen über die Borgänge in Oberschlesien   er« fahren wir von unterrichteter Seite, daß der Abschub der polnischen Deserteure auf Grund eines Erlasses der

Plebiszittommiffion in Oppeln   erfolgt ist. Diese Verordnung hatte zum Ziel die Räumung Oberschlesiens   von agitatorisch tätigen Ausländern und gründete sich angeblich auf die Wohnungs und Lebensmittelnot. Die deutsche Behörde nun, die in Kattowiz angeblich die Befehle der französischen   Besatzungsbehörde aus­führte, hat die allgemeine Verwirrung, die infolge der Unruhen in Kattowiz bestand, benutzt, um eine großzügige Juben austreibung in die Wege zu leiten. Bezeichnenderweise ließ man Polen   unbehelligt. Jüdische Arbeiter hingegen wurden auf Denunziationen, zu denen die Polizei aufreizte, aus den Arbeits­stellen geholt und gegen den Protest ihrer Arbeitgeber auf Autos verladen und der Grenze zutransportiert. Das Unglaubliche aber ist, daß die Polizeibehörde, als der Abtransport schon in vollem Gange war, noch die Auskunft gab, es handle sich um eine bloße Feststellung der Personalien. Die Absperrung und Durch­suchung der Häuser wurde, wie uns berichtet wird, feines­wegs vom französischen   Militär, sondern von der deutschen  Sicherheitspolizei, vorgenommen. Bei der Zusammen treibung tam es zu Ausschreitungen der Sicherheitspolizei gegen die unglüdlichen Opfer, die geschlagen und mißhandelt

Man beachte die Einzelheiten dieser Meldung. Sie geht von der Schlesischen Zeitung" aus, einem der reaktionärsten deutschen Blätter, dem Hauptorgan der schlesischen Konservativen, woraus sich schon ein Rückschluß auf ihren Wert ziehen läßt. Die Sicher heitswehr hat in Gemeinschaft mit der Feuerwehr den Brand ge­löscht, aber nichts getan, um das Eigentum der Polen   zu schützen. Im Gegenteil, die sehr große Menge von Munition und Waffen", die doch ein gewichtiges Beweismaterial gegenüber den Bolen hätte bilden können, wurde unter die Menge" verteilt. Woher hat denn ,, die Menge" die Waffen gehabt, mit denen sie den Siz der Bolen angegriffen hat? Die weiteren Plünderungen sind nach dieser Meldung nicht im landläufigen Sinne" vorgenommen worden, sondern wahrscheinlich nach Art der Pogrome, die von dem Schwarzen Hundert   in Rußland   veranstaltet worden sind. Und So ist dieser ganze Bericht eine Kette von Unwahrscheinlichkeiten und verlogenen Darstellungen.

wurden.

Die ganze Angelegenheit erhält dadurch eine besondere Be­deutung, da überhaupt von den deutschen   amtlichen Stellen systematisch gegen die polnischen Deserteure, soweit sie jüdischen Glaubens oder jüdischer Nationalität sind, vorgegangen wird. So stellen sich bisher merkwürdigerweise auch die Zentralstellen, unter ihnen auch besonders das Auswärtige Amt, auf den Stand­punkt, daß der Frage der polnischen Deserteure mit der Neutralität nichts zu tun hat. Wir möchten allerdings gegen diese Aus­legung des Begriffs Kriegsmaterial, die eintritt, wenn es sich um jüdische Arbeiter handelt, aufs schärfste protestieren.

Die Lage in Rattowiz

DA. Berlin, 19. Auguft.

Nach den an amtlicher Stelle heute mittag hier vorliegenden Nachrichten herrschte in Kattowig gestern Ruhe. Das von den Straßen zurüdgezogene französische   Militär blieb in den Kasernen. Die Gewertschaftsführer find eifrig bemüht, in be= ruhigendem Sinne auf die Massen einzuwirken und man darf erwarten, daß weitere Ausschreitungn unterbleiben werden.

WTB. Beuthen, 19. Auguft.

Kattowth war nachmittags ruhig, die Spannung hält an, der Theaterplatz ist durch französische   Ravallerie und Infanterie mit einem Banzerauto besetzt, Patrouillen mit aufgepflanztem Seiten gewehr durchziehen die Straßen. Die Sicherheitspolizei erhielt Verstärkungen. Italienische Truppen sind eingetroffen, ihre Stärke ist unbekannt. Das Plebiszittommissariat für Deutschland   erläßt einen Aufruf, worin die deutschden tenden Oberschlesier   aufgefordert werden, Ruhe und Besonnenheit zu bewahren und Gewalt zu vermeiden.

Aus dem Freistaat Danzig  

Aus Danzig   wird uns geschrieben:

Danzig   mußte auf den Wunsch des Oberkommissars in der Ver­fassunggebenden Bersammlung in Danzig   durchgepeitscht werden, pa Sir Reginald Tower die Verfassung bis zum 15. August in

Die Verfassung der zukünftigen freien Stadt

seinen Händen haben wollte, um fich damit nach Paris   zu begeben. In den ersten Septembertagen sollte dann der Völkerbundsraf über Oberkommissar Tower hat jedoch im Hinblick auf die Lage im die Verfassung entscheiden und den Freistaat Danzig   begründen. Often seine Reise aufgeschoben, um erst deren Klärung abzu auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben worden. warten. Damit ist die Konstituierung des Freistaates ebenfalls

Die Entwicklung Danzigs   zur internationalen Safen stadt scheint sich schon vorzubereiten. Die Auswanderung aus vornehmlich über Samburg oder Bremen  . Jetzt geht der Vertehr Polen   nach Amerifa und anderen Staaten ging vor dem Kriege über Danzig  . Am Hafen ist ein Baradenstadtteil entstanden. Täglich tommen zu hunderten die Emigranten hier an, meistens vorwiegend polnische Juden. Augenblicklich beträgt deren Zahl 6-7000, fodaß deren Unterbringung Schwierigkeiten bereitet. Sier werden die Durchreisenden erst entlaust und ärztlich unter­sucht, die Kleider werden desinfiziert. Vor der Abreise müssen fich alle Personen noch einmal von einem amerikanischen   Arzt untersuchen lassen. Die Lebensmittel werden von der polnischen Regierung geliefert. Der Aufenthalt ist hier sehr teuer. Betten foften pro Tag und Person 18-22 M., Mittagessen aus der Massenspeisung 11 M.

Die von der Danziger Arbeiterschaft aus polnischer Kriegsgefangenschaft befreiten 63 Bolschewisten befinden sich immer noch im Internierungslager Pr. Holland, wo sie seit sechs Wochen schon auf eine Entscheidung von der deut­ schen   Regierung warten.

Protest der französischen   Gewerk­

schaften

Paris  , 19. Auguft. Der Verwaltungsausschuß des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes erläßt einen Aufruf, in dem er gegen die Ausweisung der beiden englischen Arbeitervertreter Einspruch erhebt. Er übermittelt dem englischen Proletariat seinen brüderlichen Gruß und versichert es der engsten Zusammenarbeit gegen den Krieg und für die Unab­hängigkeit der Völker. Die französischen   Arbeiter werden aufge­fordert, alles zu tun, um den Weltfrieden zu sichern. Der Ber­fische Regierung dem General Wrangel   zuteil werden lasse. waltungsausschuß wendet sich auch gegen die Hilfe, die die franzö

Internationale Solidarität

Runmehr fügten sich auch die gewerkschaftlichen Organisationen des italienischen Proletariats der großen, internationalen Arbei­terattion zur Aufrechterhaltung der Neutralität im russisch- polni­Jchen Kriege an. Wie aus Mailand   berichtet wird, verhandelte ber italienische Gewerkschaftsbund mit den Gewerkschaften Eng­lands und Frankreichs   über die Ostfrage und sicherte ihnen voll­ständige Unterstützung des italienischen   Proletariats in ihrem Kampfe um die Berhinderung eines Eingriffes der Alliierten in Rußland   zu. Auch die Entsendung von Waffen und Munition wird mit allen Mitteln verhindert werden.

Der Ring der proletarischen Neutralitätsverteidiger in Europa  ift nunmehr durch Italien   geschlossen worden. Einzig und allein Horthy- Ungarn hat bisher ganz offziell wagen fönnen,

Um die Amnestie

Aus dem Parteibureau wird uns geschrieben: Seit Annahme des Amnestiegesezes sind uns so viele An fragen nach der Art der zu amnestierenden Fälle zugegangen, baß es uns beim besten Willen unmöglich ist, sie alle einzeln zu beantworten. Wir werden natürlich in Gemeinschaft mit der Reichstagsfraktion alles versuchen, um eine möglichst Orientierung unserer Genossen weisen wir darauf hin, daß weitgreifende Auslegung des Gesetzes zu erzwingen. Zur als Hochverrat gegen das Reich oder damit im Zusammen­unter die Amnestie alle politischen Vergehen fallen, die sich hang stehend charakterisieren. Einfacher Landfriedensbruch etwa, der nicht mit einem Unternehmen gegen das Reich in 3usammenhang steht oder gebracht werden kann, würde nach den Buchstaben des Amnestiegefeges nicht straffrei sein.

Ausdrüdlich ausgenommen von der Amnestie sind alle Ver­gehen und Verbrechen der Brandstiftung, und des Raubes und der Plünderung. Ferner Verbrechen gegen Leben und Gesundheit, wenn sie aus gemeinen Motiven verübt wurden, also vermeidbare Rohheitsakte darstellen, auch dann, wenn fie im Zusammenhang mit zu amnestierenden Verbrechen vorgenommen wurden.

Justizbehörden zu vielen Willkürlichkeiten Anlaß geben wird, Daß die Auslegung des Amnestiegeseges durch reaktionäre Frist uns durchaus bewußt. Wir werden in allen solchen Fällen, sobald sie uns zur Kenntnis gelangen, bei den Ben fralbehörden intervenieren, um Abhilfe zu erzielen.

Der Achtstundentag

Der Herr Wieber, Vorsitzender des christlichen Metall­arbeiterverbandes, und wie wir berichteten, wütender Gegner des Achtstundentages, scheint mit seiner reaktionären Brandrebe selbst bei seinen Berbandsmitgliedern feinen Antlang gefunden zu haben. Ueber die Beschlüsse der Essener Generalversammlung wird heute gemeldet:

Die neunte Generalversammlung des Chriftlichen Metall­arbeiterverbandes, die seit Sonntag hier tagt, hat eine Ents schließung angenommen, die seine Befriedigung darüber aus spricht, daß die 1904 von der dortigen Generalversammlung er­hobene Forderung auf Einführung des Achtstunden­tages erfüllt sei. Die Versammlung fehe jedoch in der gea genwärtigen schematischen Arbeitszeit eine Ungerechtigkeit, namentlich für die Feuer- und Schwerstarbeiter sei eine wei­tere Berkürzung gerechtfertigt. Angesichts der darnie­berliegenden Wirtschaft und des drohenden Ruins tönne deri Achtstundentag nicht besser geschützt werden, als durch pflichts bewußte Ausfüllung der regelmäßigen Arbeitszeit.

Das muß Herrn Wieber passieren. Während er eine Rede gegen den Achtstundentag und für eine möglichst lange Arbeitszeit hält, beschließen seine Kollegen das Gegenteil

Lord Curzon   über die Ziele der englischen Bolitik

DA. London, 18. August.

Im Oberhause nahm Lord Curzon   Gelegenheit, die englische Politik gegenüber Rußland   und Polen   noch einmal in längerer Rebe zu beleuchten. Er sagte u. a.: Welches sind unsere Ziele? Das erste ist, die Unabhängigkeit Polens   in seinen Ie­gitimen Grenzen zu sichern, nicht, wie ich betonen möchte, eines angriffsluftigen und imperialistischen Polens  , das eine Bedrohung für seine Nachbarn bedeutet, sondern des Polens  , mit dem wir aus der Geschichte vertraut sind und das imstande ist, seine eigene nationale Existenz als ein Bollwerk der Zivilisation und als ein Damm gegen die Anarchie in jenem Teile Europas   zu führen. Unser zweites Ziel, das viel weiter gestedte, ist der Friede Europas  . Wir wollen, soweit es an uns liegt, dieser zerrütteten Welt den Frieden bringen. Unser Land ist in teiner Stimmung für neue Kriege, wenigstens nicht für solche, die durch unmögliche Ziele dittiert und eingegeben sind. Mir haben auch nicht die verfügbaren Streitkräfte, noch Geldmitter übrig, um solchen Abenteuern noch weiterhin zu fröhnen. Die öffentliche Meinung hier, wie anderswo, ist einzig und allei darauf eingestellt, wenn es möglich ist, einen gerechten und ehrens haften Frieben sicherzustellen. Dies haben wir die polnische Re­gierung wissen lassen, und ich möchte hinzufügen, daß auch unser italienischer Berbündeter unsere an Bolen erteilten Ratschläge vollkommen billigt und unterstützt."

Arbeiterverfolgungen in Lettland  

Stockholm  , 18. August.( Rofta.) Der Rigaer Sozialdemokrat" meldet, daß in der Nationalver sammlung Lettlands   von den Menschewiti eine Interpellation ein gebracht wurde, welche die Regierung wegen der Brutalitäten, die von den weißen Ausforschungstruppen begangen wurden und wegen der Erschießung von 53 Geifeln zur Verantwortung zog. Der An trag der Menschewiti, eine Untersuchungskommission zu bilden, wurde angenommen.

Blutige Kämpfe in Irland  

TU. London, 19. August.

Die aus Jrland eintreffenden Nachrichten beweisen, daß die nationalistischen und unionistischen Gegenfäße immer noch in schwerer Fehde einander gegenüber stehen. In London  Derry   fanden zwischen den feindlichen Parteien blutige Kämpfe statt, denen die Polizei machtlos gegenüber stand. Der Ar tillerietommandant Roger ist vorgestern in der Grafschaft Antrim von den Sinnfeinern unfreiwillig in ein Automobil geworfen und auf freiem Felde ausgesetzt worden. Die Entführer teilten ihm mit, daß er auf Grund eines Urteils erschossen werde, wenn er sich noch länger in der Grafschaft Antrim aufhalten sollte. In der kommenden Woche werden nicht weniger Protestmeetings als in der letzten Woche abgehalten werden, wegen der Stellung nahme der Regierung dem Erzbischof Mannir gegenüber. Der Oberbürgermeister von Cort wurde nach dem Gefängnis Don Bristol gebracht. Marschall French hat gestern abend Dublin   ver­lassen, um sich nach London   zu begeben.

Persische Regierungstruppen im Kampf mit den Bolschewisten

DA. London, 18. Auguft.

Aus Teheran   in London   eingetroffene Telegramme besagen, daß perfische Regierungstruppen mit roten Truppen bei Ismai labad zwischen Mendschil und Kaswin in Gefechtsberührung ge­treten sind. Die roten Truppen hatten dort eine start befestigte Höhenstellung bezogen, wo sie sich erbittert mit Maschinengewehren verteidigten. Nach sechsstündigem blutigen Kampfe gelang es den persischen Regierungstruppen, die Stellung der bolichemistischen Truppen einzunehmen. Der Kampf ist nach neuesten Meldungen noch nicht als entschieden anzu sehen, die Gefechte dauern weiter an.

Eine Verordnung über die Wahl des Reichspräsidenten   liegt dem Reichsrat vor. Der Entwurf lehnt sich an die Vorschriften ber Reichswahlordnung vom 1. Mai 1920 an, berücksichtigt in

Gegenüber den Meldungen von dieser Art müssen wir erneut die Mahnung an die Arbeiter richten, sich nicht von den nationa- Bolen seine Unterstützung anzubieten. Um pann, wie es von der delfen auch die Erfahrungen der Reichstagswahl vom 6. Juni 1920