Einzelpreis 30 Pfg. 3. Jahrgang Dienstag, den 24. August 1920

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Nummer 346

Morgen- Ausgabe

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greiheit

Berliner Organ

der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands

Friede zwischen allen Völkern!

Die polnische Friedensablehnung

Was wir befürchteten, ist eingetreten. Berauscht von ihren Waffenerfolgen, haben die Polen die in Minst begonnenen Friedensverhandlungen abgebrochen. Wie französische Blät ter aus Warschau melden, wurden die Verhandlungen in Minst eingestellt, weil die polnische Delegation die russischen Bedingungen als unannehmbar bezeichnete. Die russischen Bedingungen seien angeblich noch weitgehender, als dies der Deffentlichkeit bisher bekannt geworden sei.

Schon diese Motivierung zeigt, daß die Polen trampfhaft bemüht sind, irgend einen Vorwand für ihre Friedenssabo­tage zu finden. Bevor sie aber den urkundlichen Beweis er bringen, daß die russischen Friedensbedingungen über das bereits veröffentlichte Programm der russischen Friedens belegation wirklich hinausgehen, wird man die polnische Be­hauptung nicht ernst nehmen dürfen. Und das umso we niger , als von polnischer Seite jezt ein Programm veröffent licht wird, das mit aller Deutlichkeit zeigt, daß die Polen wieder in ihren wahnsinnigen imperialistischen Rausch zu rüdgefallen find. Wie die polnische Presagentur in Paris meldet, haben die polnischen Delegierten in Minst folgende Forderungen aufgestellt:

1. Bolen verlangt jene Gebiete, die hauptsächlich von pol nischer und latholischer Bevölkerung besiedelt sind. 2. Bolen tritt für das Los jener Völker ein, die früher zum polnischen Reich gehörten. Es fordert deshalb für diese Bevölkerung das Recht, frei darüber zu verfügen, zu wel chem Staate fie gehören wollen.

3. Die polnische Regierung muß Garantien von der Sowjets regierung verlangen, daß diese beiden obigen Punkte tab fächlich eingehalten werden.

Wenn dieses Programm tatsächlich zutrifft, so haben wir es hier mit der Wiederbelebung jener Kriegsziele zu tun, mit denen Pilsudski Arm in Arm mit Petljura im Frühjahr dieses Jahres die Offensive gegen Kiew eröffnete. Bolen maßt sich hier das Recht an, die früher zum polnischen Reich gehörigen Völker zu befreien". Es strebt auch jetzt danach, ausschlaggebenden Einfluß auf die Gestaltung der Verhältnisse in der Ukraine , in Weißrußland , in Litauen zu Formel der Selbstbestimmung der erwähnten Nationen. Wir tennen aber viel zu gut den Schwindel, der mit derartigen Formulierungen getrieben wird, wir wissen, daß auch die deutschen Imperialisten in Brest - Litowst mit denselben Be gründungen ihre Eroberungsziele im Often zu rechtfertigen suchten. Genau so steht es mit dem Anspruch Bolens auf die Befreiung" der Ukraine , Weißrußlands und Litauens . Die erwähnten Nationen wollen von diesen Befreiern", die nur die Wiederherstellung ihrer alten Herrschaft anstreben, nichts wissen. Sie haben zum Teil schon mit Sowjetrußland Fries den geschlossen und ihr Selbstbestimmungsrecht frei ausgeübt. Bolen hat deshalb nicht das geringste Mandat, für diese Nationen einzutreten, und die Aufstellung dieser Forderung bedeutet nichts anderes, als daß an Stelle der polnischen Un abhängigkeit, auf die sich die geschlagenen Bolen vor zwei Wochen zurüdfonzentrierten, jetzt wieder das sogenannte Belvedere- Programm lebendig geworden ist, d. h. jenes Pro­gramm, das die Herstellung einer starken Barriere unter der Hegemonie Polens zwischen Rußland und Westeuropa an strebt.

Das Wahnsinnige und Verbrecherische eines solchen Pro­gramms bedarf nicht der näheren Begründung. Hält die derzeitige polnische Regierung an diesem Programm fest, so übernimmt sie vor der gesamten Welt die Verantwor für Verantwortung belastet, wird sie trotz ihrer vorübergehenden bas iederaufleben des Krieges im Osten. Mit dieser militärischen Erfolge nur um so schneller dem Untergang entgegentreiben.

Der Internationale Gewertschaftsbund erläßt folgenden Aufruf

An die Arbeiter aller Länder!

In Anbetracht bes schweren Ernstes der politischen Weltlage fordert der Internationale Gewerkschafts. bund von dem organisierten Proletariat der ganzen Welt, jedem Kriege seinen unerschütterlichen Widerstand ent­gegenzusehen.

Die organisierten Arbeiter ber Welt haben sich gemäß den Beschlüssen der internationalen Gewerkschaftstongreffe von Bern und Amsterdam bereit zu halten, mit allen iynen zu Gebote stehenden Mitteln den Krieg zu bekämpfen und vereint vorzugehen, um den

enbgiltig herzustellen.

Frieden zwischen allen Völkern

Die Internationale ber Gewerkschaften verurteilt auf Grund des Prinzips des Selbstbestimmungsrechts ber Bölfer sowohl jebes Eingreifen Frember in die inneren politischen Angelegenheiten eines Boltes als auch jebe den gegen revolutionären Armeen gewährte Unterstützung.

Der Jnternationale Gewerkschaftsbund forbert alle Arbeiter auf, fich dagegen zu erheben und dementsprechend zu handeln. Diesen Grundfäßen entsprechend und in Anbetracht der Tatsache, daß die russische Revolution durch Polen an gegriffen wurde, verlangt ber Internationale Gewerkschaftsbund die augenblickliche Beendigung der gegenrevolutio nären militärischen Angriffe auf Rußland und fordert für das russische Bolt Garantien gegen jeben weiteren Ueberfall

Angesichts der Erklärung der ruffifchen Regierung, die feierlich den Willen ausspricht, auf der Basis der polnischen Unabhängigkeit und bes Selbstbestimmungsrechtes des polnischen Volkes, mit Polen Frieden zu schließen, erklärt der Internationale Gewerkschaftsbund, daß auf dieser Grundlage die brudermörderische Massenschlächterei aufhören muß. Der allgemeine Weltfriebe muß ehebaldigst hergeft lt werden und zwar auf der Grundlage der Aner­rennung ber revolutionären Errungenschaften und der Unabhängigkeit der Bölker! Um dieses proletarische und durchaus menschliche Ziel zu erreichen fordert der Internationale Gewerkschaftsbund alle organisierten Arbeiter auf, sich nicht als Helfershelfer des kapitalistischen Imperialismus gebrauchen zu laffen und energisch jegliche

Beförderung von Truppen und Munition zu verweigern.

Die zielbewußte Aftion der Arbeiter muß als Schuhwache der Menschheit die reaktionäre, Heilige Allianz " zertrümmern, die man bemüht ist wiederaufzurichten.

Nicht ein 8ug mit Munition barf verkehren, nicht ein einziges mit Rriegsmaterial belabenes Schiff ben Safen verlassen, nicht ein einziger Solbat soll weiter beförbert werden!

Dem Kriege werbe keine neue Nahrung zugeführt!

Der Internationale Gewerkschaftsbund erklärt, daß die Proletarier aller Länder diese Aktion durchführen können und müssen.

In dem Bestreben, die Freiheiten ber Arbeiter und die Entwicklung der sozialen Errungenschaften zu beschüßen und in der Überzeugung, daß nur der Wille der Arbeiter den Kriegen Einhalt zu gebieten vermag, fordert der Internationale Gewerkschaftsbund alle Landeszentralen auf, sich be eit zu halten, um nötigenfalls durch Massen Aktionen oder durch den Generalftreit ihren Entschluß durchzusetzen.

Die gewerkschaftliche Internationale forbert überbies alle Organisationen auf, Maßnahmen zu ergreifen, um in allen Ländern der Erzeugung von Kriegsmaterial ein Ende zu machen, damit endlich die allgemeine Abrüstung burchgeführt wird, die die Völker vom Militarismus von jeglichem Militarismus!- befreien und die Steigerung der Produktionskräfte herbeiführen wird!

Kameraden! Im Jahre 1914 war unsere Organisation noch zu schwach, um sich dem Krieg zu widersehen. Heute ift fie eine starke Macht von 27 Millionen Mitgliedern, stark vor allem, weil von einem viel entschiedeneren anti­Für das europäische Proletariat wird die Friedenssabotage kapitalistischen und antimilitaristischen, einem viel ausgesprochener sozialistischen und revolutionären Geijte beseelt. Heute muß sie in sich selbst, in ihren eigenen Kampfmitteln, die Macht finden, der Welt die Erneuerung solcher Schrecken und

und die feroberungspolitik der polnischen Regierung nur noch ein stärkerer sein, den Kampf gegen bie brohende Kriegsgefahr und gegen bie unter: stügung Polens mit vervielfachter Energie weiter fort: zusehen.

Die Lage an der Front Neuer Widerstand der Rufsen DA. Warschau, 23. Auguft. Nach den nenesten Meldungen, die von der Front eingelaufen find, scheint sich der russische Widerstand auf dem nördlichen Ab­snitt des Kampfgebietes wieder zu versteifen. Zwischen Otto­lenta und 2om za leisten die Russen am Narew hartnädigen Widerstand, ebenjo tei Ostrow und Roizan Auf dem Bug­abschnitt find große russische Verstärkungen aus dem Innern Ruß Lands und aus Ditgalijien eingetroffen, vornehmltd Artillerie und auch sehr viel Munition Die zullischen Flieger, die in

Greuel zu ersparen!

Krieg dem Riieg! Dies fei bie allgemeine Losung, in der alle Arbeiter der ganzen Welt sich vereinigen! Die Verweigerung jebweben Transportes für Kriegszwecke ist heute der Ausdruck der internationalen proletarischen

Solidarität!

Kameraden! Der Internationale Gewerkschaftsbund zählt auf Euch!

Der Internationale Gewerkschaftsbund:

W. A. Apleton, Borsigender, 2. Jouhaug, 1. Vizeporfigender, E. Mertens, 2. Verftigender, Ebo Fimmen, J. Dudegeeft, Sefratáre