m. ' 16. Der prinzipielle„Antipnrlamentarismns" in dem Sinne absoluter und kategorischer Ablehnung der Teilnahme an den Wahlen und der parlamentarischen revolutionären Tätigkeit ist also eine naive, kindische Doktrin unter jeder Kritik, eine Politik, die bis- weilen einen gesunden Ekel vor den politikasterndcn Parlamen - tönern zur Grundlage hat, die aber nicht zugleich die Möglichkeit eines revolutionären Parlamentarismus sieht. Außerdem'ist diese Doktrin oft mit einer ganz unrichtigen Vorstellung von der Rolle der Partei verbunden, die in der Kommunistischen Partei nicht den zentraligerten Stoßtrupp der Arbeiter, sondern ein dezentrali- stertes Syftem lose mit einander verbundener Gruppen sieht. 17. Andererseits folgt aus der prinzipiellen Anerkennung der parlamentarischen Tätigkeit durchaus nicht die absolute Anerken- nung der Notwendigkeit konkreter Wahlen und konkreter Teil- nahnie an den Parlamentssitzungen unter allen Umständen. Das ist von einer ganzen Reihe spezifischer Bedingungen abhängig. Bei einer bestimmten Koinbination dieser Bedingungen kann der Austritt aus dem Parlament notwendig sein. Das taten die Bolschewiki, als sie aus dem Vorparlament austraten, um es zu sprengen, ihm jede Kraft zu nehmen und es dem am Vorabend des Aufstandcs stehenden Petersburger Sowjet schroff gegenüberzu- stellen. Ein gleiches taten sie in der Konstituierenden Versammlung am Tage der Auflösung, indem sie den 3. Kongreß der Sowjets zum Mittelpunkt der politischen Geschehnisse machten. Unter anderen Umständen kann Boykott der Wahlen und unmittelbare gewaltsame Beseitigung, wie des größten bürgerlichen Staats- apparates so auch der bürgerlichen Parlamentsklique oder aber Teilnahme an den Wahlen, während das Parlament selbst boy- kottiert wird usw., notwendig sein. 18. Auf diese Weise soll" die Kommunistische Partei , die die Notwendigkeit der Teilnahme an den Wahlen sowohl in die zen - tralen Parlamente, als auch in die Organe der lokalen Selbst- Verwaltung, sowie die Arbeit in diesen Institutionen als all- gemeine Regel anerkennt, von der Wertung der spezifischen Be- sonderheiten des jeweiligen Augenblicks ausgehend, die Frage kon- kret lösen. Boykott der Wahlen oder der Parlamente sowie Austritt aus den letzteren ist hauptsächlich dann zulässig, wenn die Vorbedingungen unmittelbaren Uebergaugs zum ve- «affneten Kampf um die Macht schon vorhanden sind. 19. Dabei soll man beständig die relative Unrichtigkeit dieser Frage im Auge behalten. Da der Schwerpunkt im äußerhalb des Parlaments geführten Kampf um die Staatsmacht liegt, so ver- steht es sich von selbst, daß die Frage der proletarischen Diktatur und des Massenkampfes dafür mit der besonderen Frage der Ausnutzung des Parlamentarismus nicht gleichzustellen ist. 29. Daher betont die Kommunistische Internationale mit aller Entschiedenheit, daß sie jede Spaltung oder jeden Spaltungsver- such innerhalb der kommunistischen Parteien in dieser Richtung und nur aus diesem Grunde für einen schweren Fehler hält. Der Kongreß ruft alle Elemente, die auf dem Boden der Anerkennung des Massenkampfes um die proletarische Diktatur unter der Füh- rung der zentralisierten Partei des revolutionären Proletariats stehen, die ihren Einfluß auf alle Massenorganisationen der Ar- beiter ausübt, auf, völlige Einheit der kommunistischen Elemente anzustreben trotz der möglichen Meinungsverschiedenheiten über die Frage der Ausnützung der bürgerlichen Parlamente. IV. Der revolutionäre Parlamentarismus. Um die wirkliche Durchführung der revolutionären parlamen- tarischen Taktik sicherzustellen, ist es notwendig, daß: 1. Die Kommunistische Partei in ihrer Gesamtheit und ihr Zen- tralkomitee bereits im Vorbereitungsstadium, d. h. vor den Parlamcntswahlen, für die hohe Qualität des persön- lichen Bestandes der Parlamentsfraküon sorgen müssen. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei muß für die gesamte Arbeit der kommunistischen Parlamentsfraktion verantwortlich sein. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei muß das unbestreitbare Recht haben, gegen einen beliebige» Kandidaten einer beliebigen Organisation Einspruch zu erheben, wenn keine Gewähr da ist, daß dieser Kandidat, wenn er. ins Parlament ge- längt,'! eine wirkliche kommunistische Politik verfolgen wird. Die Kommunistische Partei muß mit der alten sozialdemokrati- schen Gewohnheit brechen, ausfchlicßlich sogenannte„erfahrene" Parlamentarier, vorwiegend Anwälte und dergleichen, als Depu- tierte aufzustellen. In der Regel ist es notwendig, Arbeiter als Kandidaten aufzustellen, ohne sich daran zu stoßen, daß diese meist einfache Parteimitglieder ohne große parlamentarische Erfahrung sind: diejenigen Streberelemente, die sich an die Kommunistischen Parteien heranmachen, um ins Parlament zu gelangen, muh die Komn'.unistische Partei rücksichtslos brandmarken. Die Zentral- komitees der kommunistischen Parteien müssen nur die Kandidatu- ren derjenigen Leute bestätigen, die durch langjährige Arbeit ihre unbedingte Ergebenheit gegenüber der Arbeiterklasse gezeigt haben. 2. Wenn die Wahlen vollendet sind, muß die Organisierung der Parlamentssraktion sich vollständig in den Händen des Zentral- komitees der kommunistischen Parteien befinden, ganz abgesehen davon, daß die Eesamtpartei in dem betr. Zeitpunkt legal oder illegal ist. Der Aorsitzende und der Vorstand der kommunisti - schen Parlamentsfraktion müssen von dem Zeutrallomitee der Par- tei bestätigt worden. Das Zentralkomitee muß in der Parla- mentsfraktion einen ständigen Vertreter mit Einspruchsrecht haben und in allen politischen wichtigen Fragen muß sich die Parla- mentsfraktion vorherBerhaltungsmaßregcln vom Zentralkomitee der Parteien erbitten. Das Zentralkomitee hat das Recht und die Pflicht, bei einer bevorstehenden großen Aktion der Kommunisten im Parlament, den Redner der Fraktion aufzustellen, bezw. zu be- anstanden, von ihm die vorherige Vorlegung der LeNsätze seiner Rede bzw. der Rede selbst zwecks Genehmigung durch das Zentral- komitee usw.. zu fordern. Jedem Kandidaten, der auf der Wahl- Vorschlagsliste der Kommunisten steht, muß ganz offiziell die sthrijt- liche VervsliÄtung abgenommen werden, daß auf die erste Ausfor- derung des Zentralkomitees der Partei hin das Niandat nieder- zulegen ist, um in einer gegebenen Situation die Aktion des Aus- tritts aus dem Parlament geschlossen durchzuführen...... 3 In denjenigen Ländern, in denen es resorinistylyon, halb- reformistischen und einfache» Etreberelemenien bereits gelungen ist, »n die kommunistische Fraktion einzudringen(das ist bereits in einigen LLiidern geschehen), sind die Zentralkomitees der komrnu- nistischen Parteien verpflichtet, eine gründliche Säuberung des per- fönlichei, Bestandes der Fraktionen vorzunehmen, von dem Prin- zip ausgehend, daß es für die Sache der Arbeiterklasse viel nütz- licher ist, eine kleine, aber wirklich kommunistische<zraklion zu haben, als eine zahlreiche Fraktion ohne konsequente kommuni- De/ kommunistische Abgeordnete ist auf Beschluß des Zentral- komitees verpflichtet, die legale Arbeit mit der illegalen zu ver- einigen. In denjenigen Ländern, wo sich der kommunistische Ab- geordnete der Immunität vor den bürgerlichen Gesetzen erfreut. muß diese Immunität dazu ausgenützt werde», die Parte, ,n ihrer illegalen Tätigkeit der Organisation zu unterstützen. 5. Alle ihre parlamentarischen Aktionen müssen die kommunist,- schen Abgeordneten der Tätigkeit ihrer Partei nugerhalb des Par- laments unterordnen. Die regelmäßige Einbringung von dcmon- strativen Gesetzentwürfen, die nicht dazu uestlmmt sind, von der büraerlichen Mehrheit angenommen zu werden, sondern«ur Ne Zwecke der Propaganda, Agitation und Organisation, mutz auf An- Weisung der Partei und ihres Zentralkomitees geschehen. 6. Bei Etraßcndemonstrationen der Arbeiter und sonstigen revo- tulitonären Aktionen hat der kommunistisch- Abgeordnete die Pflicht, an der Spitze der Arbeitermnssen an erster leitender Stelle 3 7? Die kommunistischen Abgeordneten müssen auf allen ihnen zur Verfügung stehenden Wegen(unter der Kontrolle der Partei) schriftliche und jedwede andere Verbindungen mit revolutionäre» Arbeitern, Bauern und anderen Werktätigen anzutnupfen suchen. 'Sie dürfen unter keinen Umständen gleich den sozialdemokratischen Abgeordneten handeln, die Ceschästsverbindungen mit ihren Wählern nachlaufen. Sie müsfen sich jeder Zeit zur Verfügung der kommunistischen Organisation für jede Propagandaarbeit im Lande halten. 8. Jeder kommunistische Abgeordnete. der Parlamente, muß dessen eijigeLcnk sein, daß er kein Gesetzgeber ist, der mit anderen Gesetzgebern eine Verständigung sucht, sondern wgstator der Parte«, der ins feindliche Lager entsandt ist, um dort Parteibeichlüss« durchzuführen. Der kommunistische Abgeordnete ist nicht der lose« Wählermasse, sondern seiner lokalen oder illegalen kommunistischen Partei gegenüber verantwortlich. 9. Die kommunistischen Abgeordneten müssen im Parlament eine Sprache reden, die jedem einfachen Arbeiter, jedem Bauern, leder Waschfrau, jedem Hirten verständlich ist, so daß die Partei die Möglichkeit hat, ihre Reden als Flugblätter herauszugeben und sie in den entlegensten Winkeln des Landes zu verbreiten. 19. Einfache kommunistische Arbeiter müssen in den bürgerlichen Parlamenten auftreten, ohne den sogenannten erfahrenen Parla- mentariern den Vorrang zu überlassen— auch in den Fällen, wo die Arbeiter erst Anfänger auf parlamentarischem Gebiet sind. Im Notfall können die Abgeordneten aus der Mitte der Arbeiter ihre Reden direkt ablesen, damit die Reden in der Presse und in den Flugblättern abgedruckt werden können. 11. Die kommunistischen Abgeordneten müssen die Parlaments- tribüne zur Entlarvung nicht nur der Bourgeoisie und ihrer offenen Handlanger, sondern auch zur Entlarvung der So- zialpatrioten. Reformisten, der Halbheit der Politiker des „Zentrums" und anderer Gegner des Kommunismus und zur breiten Propaganda der Ideen der 3. Internationale ausnützen. 12. Die kommunistischen Abgeordneten haben sogar in den Fäl- len, wenn es ihrer nur wenige im ganzen Parlament gibt, durch ihr ganzes Betragen dem Kapitalismus gegenüber eine Heraus- forderung zu zeigen. Sie dürfen nie vergessen, daß nur derjenige des Namens eines Kommunisten würdig ist, der nicht nur in Wor- ten, sondern auch in seinen Taten ein Erzfeind der bürgerlichen Gesellschaft und iher sozialpatriotischen Handlanger ist. Die USPD . und die dritte Internationale Von W. Stephan, Gießen (Deutscher Eisenbahner-Verband). Sich unter das Joch der Kommunistischen Internationale beugen, würde nichts anderes bedeuten als die Z e r t r ü m m e- rung der Gewerkschaftsinternationale und unserer Partei, deren Geburtswehen darin bestanden, daß taufende von Revolutionären ihr Leben lassen mußten und wieder andere taufende heute noch hinter Gefängnismauern schmachten. Man kann unserer Partei wirklich nicht den Vorwurf machen, daß sie nicht revolutionär genug gewesen sei und am allerwenigsten denjenigen, die doch ihr alles im Interesse der Partei eingesetzt haben und auf dem Kampfplatz liegen geblieben sind. In einer Zeit wie der jetzigen, wo eine Zusammenfassung aller revolutionären Parteien nicht nur erforderlich, sondern eine dringende Notwendigkeit ist, sind die Statuten der Kommunistischen Internationale für uns nur unannehmbar. Unsere Aufgabe kann nicht die sein, zu zertrümmern, sondern auf- zubauen. Die Annahme der Moskauer Bedingungen bedeutet eine Auseinanderreißung aller revolutionären Parteien. Sie dient nicht dem Zusammenfassen, sondern lediglich der Verzette- lung der Kräfte. Die Annahme der uns gestellten Bedingungen bedeutet nicht nur allein die Aufgabe der Selbständigkeit unserer Partei, sondern vor allen Dingen auch die Vernichtung der Ge- werkschaften. Hierdurch würde uns das beste Arbeitsfeld zum Re- volutionieren entzogen und somit die Basis zerschmettert, auf welcher eine revolutionäre Tat nur möglich ist. Nicht in der Kommunistischen Internationale liegt der Grundstein zu revo- lutionären Aktionen, sondern in den einzelnen Parteien und Ge- werkschaften. Letztere sind für uns erst recht eine dringende Rot- wendigkeit, da sie uns den besten Boden liefern, auf welchem wir die Frucht ziehen können, die wir zur Uebernahme der politischen Macht benötigen. Wie man sich überhaupt die Bedingungen in die Praxis über- setzt denkt, ist jedem unverständlich, der es ernst mit der Aus- führung gegebener Statuten meint. Hervorzuheben braucht man nur das jährlich länderweise wechselnde Exekutiv- komitee. Ferner die Leitung der Kommunistischen Internationale von einer Stelle aus usw. usw. An die Verwirklichung des letz- teren zu denken, noch viel weniger zu glauben, ist eine Ungeheuer- lichkeit. Noch ungeheuerlicher ist es aber, wenn man die Einführung der Statuten mit dem Verlangen verbindet, daß diejenigen Genossen, die den Moskauern nicht revolutionär genug erscheinen, einfach aus unserer Partei hinausgeworfen werden sollen. Hiergegen ganz entschieden Front zu machen ist Aufgabe eines jeden Genossen. Es ist in unserer Partei kein Verbrechen, das ein solches Verlangen rechtfertigt, begangen worden. Es ist eben bei uns wie in jeder anderen Partei, daß die Meinungen und Urteile über einzelne Fragen nicht immer dieselben sind. Um die Partei wird es schlecht stehen, die in den eigenen Reihen Aeuße- rungen und verschiedene Ansichten nicht vertragen kann. Ver- stoßen Einzelne gegen die bestehenden Parteigrundsätze, so sind wir noch Mannes genug, um selbst Auskehr in unseren Reihen zu halten— aber keineswegs geht es an, daß wir uns vor- schreiben lassen, wen wir zu dulden oder nicht zu dulden haben. Es fällt einem nicht leicht, all dieses zu Ungunsten der russischen Genossen vorbringen zu müssen, aber trotz alledem muß es einmal geschehen. Versteck spielen hat keinen Wert, wo man sich anschickt, über das Sein oder Nichtsein der Partei die Entscheidung herbei- zuführen. Wir U. S. P. D. -Leute sind wirklich nicht die letzten, die den russischen Brüdern durch Rat und Tat beiseite stehen— wie es ja nicht anders sein kann— aber daß wir uns unter uns zer- fleischen sollen, ist eine Zumutung von der Kommunistischen Internationale, die mehr als stark ist. Für uns kann und darf es keine Zertrümmerung geben, sondern nur«in rastloses Weiterarbeiten nicht nur in der Partei, sondern auch im internationale Sinn. Es darf uns hierbei nicht eine einseitig ge- hobelte Internationale vorschweben, sondern lediglich eine solche, in welcher Raum für alle revolutionären Parteien ist. Auf dieser Grundlage, die sehr leicht zu finden ist. kann einem internatio- nalen Bunde mit Rußland nichts im Wege stehen. Stimmen der Parteipreffe „Volks-Zeitung für das Vogtland "(Plauen ). Unter den Ueberschriften:„Ein gescheiterter Bersuch. Moskau will nicht den Anschluß der ll. S. P.. sondern ihre Vernichtung", schreibt unser Plauener Parteiülatt: Unsere Unterhändler sind zurück. Sie bringen die Bedingungen mit, unter denen die Moskauer Internationale ihre Stärkung durch den Beitritt der deutschen U. S. P. D. gestatten will. Die Bedingungen sind nachstehend abgedruckt._ Unsere Parteigenossen sollten sie genau lesen, sollten sie zwei- und dreimal lesen. Damit sie die ganz unfaßbare Rauheit, mit der von Moskau aus die Schaffung einer wirklichen, massenumfassenden revo- lutionären Internationale verhindert wird, verspüren. Denn diese Bedingungen löschen jede Möglichkeit auf eine organi- satorische Verbindung der U. S. P. D. mit den Boljchewisten auf lange Zeit und unweigerlich unbedingt und völlig aus. Dies« Bedingungen oerlangen den Selbstmord der U. S. P. D. Von kleinlichem kommunistischem Parteiinteresse angetrieben, mit den Scheuklappen der ganz bcsoilderen russischen Erfahrungen und Verhältnisie versehen, hat man in Moskau eine Schablone gezimmert, in die alle revolutionären Strömungen der Welt— sei es auch unter Quetschungen und Knochenbrüchen— gepreßt werden sollen. Die organisatorischen und ideellen Formen, unter denen sich die Revolution des agrarischen Rußlands bewegt, sollen ohne Widerrede und Einwendung, sklavisch und blind von den Trägern der revolutionären Bewegung der wirtschaftlich, kusi turell und geistig vielfach ganz anders gearteten übrigen Well angenommen werden. Selbst das Zweifeln an der Zweckmäßig- keit dieser Formen ist verboten und die Zweifler sind zu em- fernen. Die Dritte Internationale begnügt sich in unverständ« licher Verkennung ihrer Aufgaben damit, die Zusammenfassung aller Teilchen jener als„Kommunisten" bezeichneten besonders Gruppe der revolutionären Bewegung zu sein. Sie begnügt ssÄ mit der Sammlung dieser Splitter der Eesamtbcwegmig. Sie weigert sich, Massenparteien aufzunehmen, die sich nicht in die Geistesenge dieser Sekten und Bcrschwörerzirkel einzwängt lassen können. Sie fürchtet, daß mit dem Eintritt großer Revo- lutionsparteien, die nicht in allen und jedem auf dem Bode» der kommunistischen Bewegung stehen, das Wesen der Dritte» Internationale sich so wandeln könnte daß sie mehr als ein aus- schließlich den russischen Verhältnissen angepaßtes revolutionäres Werkzeug wäre. Der unbedingten Souveränität der Moskauer Zentrale willen wird die Bildung einer wirklichen Jnternatioiiale verhindert. Klein und von unfaßbarer Enge des Gesichtskreises zeigen sich so die Leute der Dritten Internationale. Die für unseren Eintritt in diese Internationale gestellte» Forderungen sind unannehmbar. Wir möchten den sehen, der sie als unabhängiger Sozialist vertreten kann. Denn diese PS- dingungen verlangen das Aufhöre« des Bestandes einer llnab« hängigen Sozialistischen Partei. Wollen wir in die Kommunistische Internationale aufaenow- men werden, so müssen wir uns zunächst gehorsam selbst Z«» fleischen. Die den Kommunisten nicht genehmen Vertrauenspersonen und Funktionäre müssen aus der Partei entfernt werden. Die Zeitungen unserer Partei müssen durch„zuverlässige KoiM munisten" besetzt werden. Die von den Parteigenossen in die Parlamente entsandten Vertreter müssen von den im Sinne der Kommunisten unzuvei- lässigen Elementen„gereinigt" werden. Die Zersplitterungsarbeit in der Arbeiterbewegung ist cuss höchste zu steigern. Die Eewcrkschaftsinternationale, die eben den Äoykottkampf gegen Ungarn geführt und tapfer den Kamp) gegen die Unterstützung Polens aufnimmt, wird als„gelb" beichimpst und soll zertrümmert werden, weil sie nicht am Fädchen von Moskau läuft Ein wahnsinnig verzerrter Zentralismus soll den Partei- Mitgliedern jedes Mitbestimmungsrecht nehmen. Das Exekutio- komitee in Rußland ist die alles entscheidende Instanz, die auÄ ein von uns pflichtgemäß neu zu schaffendes Parteiprogramm an- nehmen oder verwerfen kann. Die„Diktatur des Proletariats wird in diesen Händen zur Narrensposse. Denn ein paar Dutzend Menschen sollen unter dieser Flagge über die proletarischen Massen diktierend den Gang der Dinge in der Welt bestimmen. Damit die unserer Partei gestellte tolle Zumutung nicht in Zornes- und Hohnesäugcrung auf dem Parteitag ertrinkt, sollen vorher— alle die mit den Bedingungen nicht einverstandene Parteigenossen und Genossinnen aus der Partei hinausgeworfen werden. Wir wissen nicht, ob der russische Muschki sich solcher Art Freiheit freut. Der deutsche — gar nicht zu reden vom west- europäischen Arbeiter— lehnt sie ab. Wir haben nur noch die Aufgabe, mit Betrübnis festzustellen, daß dieser Weg zur Schaffung einer unserer Zeit entsprechenden Internationale durch ruisischc Schuld verrammelt, unser ehrlicher Bersuch gescheitert ist. Die Internationale aber wird doch kommen! „Unabhängige Volkszeitung", Dresden . Wir veröffentlichten seinerzeit das von Sinowjew gezeichnet« Schreiben der Moskauer Ereiutioe an die U. S. P. D. in vollem Wortlaut mitten in der Wahlbewegung, obwohl dieses Schreiben von haarsträubenden Angriffen auf unsere Partei, von Ent« ftellungen und offenbaren Irrtümern nur so strotzte. Wir taten das ohne Rücksicht darauf, daß uns das Bekanntwerden dieses ominösen Schriftstückes für die Agitation und den Wahlerfolg Schaden bringen könnte. Wir wollten damit vielmehr eine Probe auf das Exempel des felbständigan Denkens und Urteilens der Proletarier-Wähler unseres Bezirks machen. Der Ausfall der Wahl zeigte, daß die Probe fast wider Erwarten gut bestanden wurde. Zugleich wollten wir aber mit der sofortigen Veröffent- lichung auch dem Vorwurf begegnen, als ob unsere Partei dies« Moskauer Kritik zu fürchten habe und ihr deshalb aus dem Weg« gehen wolle. Nach einer objektiven Prüfung und entsprechenden Kommentierung bemerkten wir, daß durch die Anwesenheit der Vertreter unserer Partei in Moskau , durch mündliche Aussprach« an Ort und Stelle, die vielen dort herrschenden Irrtümer, hervor- Sierufen durch falsche, einseitige Informationen, aufgeklärt und be- eitigt, und so der Weg zum Anschluß an die dritte Internationale freigemacht werden würde, für den wir stets mit Nachdruck unter dem Gesichtswinkel des Beschlusses des Leipziger Parteitages eii� traten. In dieser Hoffnung sind wir und wohl unsere gesamte Partei durch die unbegreiflichen Beschlüsse des zweiten Kongresses der dritten Internationale schwer enttäuscht. Wir haben am Donners- tag die Bedingungen für die Beteiligung an der dritten Inter « nationale veröffentlicht. Sie sind unseres Erachtens für di« U. S. P. D. unannehmbar, einzelne davon müssen als kaum disku« tabel bezeichnet werden. Diese Bedingungen bedeuten inner- halb der internationalen revolutionären Bewegung die Diktatur weniger Führer über die Massen der Proletarier. Das ist einer der Kernpunkte, auf die es ankommt, und die diese Bedingungeil unannehmbar machen. Man lese sie nur im einzelnen aufmerksam und prüfend durch. Ihre Annahme heißt, unsere Partei aufgeben, bis aus den Name« sogar. Es darf keine unabhängige sozialistische Partei mehr geben, unsere Partei mutz sich vielmehr der K. P. D. anschließen, mit ihr einigen. Nicht auf Grund der Entwickelung und Lerständiguilg. die etwa noch kommen kann, sondern nach dem Diktat dieser Be- schlösse auf Gedeih und Verderb. Alle Zeitungen sind von mos- kauisch geeichten Kommunisten zu leiten. Alle Zeitungsvcrlag« und sonstigen Parteieinrichtungen sind unbedingt abhängig von der Zentrale. Die gesamte Propaganda und Agitation muß kom- muniftischen Charakter tragen. Für Deutschland ist solches Per- langen geradezu absurd. Hier krankt die ganze, rn verschiedene Teile gespaltene kommunistische Bewegung an eigener Schwäche und inneren Widersprüchen. Fortwährend vollziehen sich neue Spal- tunaen, wie eben wieder in Hamburg . Selbst die stärkste kommu- nistische(Spartakus-) Richtung ist schwach, kommt als Machtfaktor des Proletariats für sich allein zurzeit kaum in Betracht. Und fortwährend lösen sich noch Splitter von ihr los. Zugunsten dieser Gruppen und Sekten soll die U. S. P. D. ihre Selbständig- keit ausgeben! Es hat den Anschein, als ob durch die llstoskauer Beschlüsse die kommunistische Bewegung Deutschlands künstlich auf die Beine gebracht werden solle.—„Reformistische und Zen- trumsleute" sollen aus der Partei und aus Parlamentsfraktionen üfw.„entfernt" und an ihre Stelle„bewährte Kommunisten" gestellt werden. Das sind doch hahnebuchene Zumutungen, wenn man bedenkt, wer denn nun eigentlich herausgesucht und zu den „Reformisten und Zentrumsleuten" gezählt werden soll. Die An- nähme der Moskauer Bedingungen bedeutete die Sprengung un» frrer Partei, die bereits zur einflußreichsten des Proletariats aller Länder außerhalb Rußlands geworden ist und mit guter Aussicht auf weitere Entwicklung ihren Weg geht..... Unter Punkt 19 der Bedingungen wird die Zertrümmerung der sogenannten„gelben" Eewerkschasts-Zilternational« gefordert. Auch dieses Verlangen halten wir für verkehrt und verhängnisvoll» wenn es durchgeführt würde. Trümmer und Zersplitterung gibt es in der sozialistischen Arbeiterbewegung schon mehr als zuviel» Man darf den Hausen nicht noch unnötig vergrößern. Die Be- dingung steht auch im Widerspruch mit der Gewerlschaststaktik im übrigdn. Die Eewerkschasten sollen nicht zertrümmert, sonderil zu revolutionären Kampsorganen umgestaltet werden. Der Stand- punkt ist richtig und ist auch der der ll. S. P. D. Er muß kons«- quenterweise aber auch der Internationale der Gewerkschaften genüber angewendet werden, da er ja für die rcoolutionären Pan teien aller Länder Geltung haben soll. Die in diesem Sinne sich vollziehende Umgestaltung der Gewerkschaften in den einzelnen Lan� der» muß sozusagen automatisch auch entsprechend? Wirkungen ausj di« gewerkschaftlich« Internationale auslösen. Aber auch in Rüifc)
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