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3. Jahrgang
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Mittwoch, 1. September 1920
Nummer 361
Abend- Ausgabe
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Freiheit
gr
der Unabhängigen
Sozialdemokratie Dentfchlands
Die Kommunisten in Desterreich Die Wahlen zur Nationalversammlung ( Eigene Drahtmeldung der„ Freiheit.)
Die Kommunistische Partet beschloß in einer Parteilonferenz, fich an den Wahlen zur Rationalversammlung nicht zu beteiligen. Die Rote Fahne " peröffentlicht einen Brief Lenins, der die Teilnahme an den Wahlen fordert mit der Begründung, daß, fo lange wir keine Kraft haben, das Barlament auseinander zu lagen, wir dagegen von innen und außen arbeiten müssen. Lenin pricht die Hoffnung aus, daß die österreichischen Kommunisten biesen Rat höher stellen werden, als den unrichtigen Beschluß der eigenen Bartet. Die Rote Fahne " tritt einen Rüdzug an und bereitet die Revision des Parteitagsbeschlusses vor. Die Wahl enthaltung wäre nicht aus Prinzip, sondern aus Furcht, die ahlenmäßige Schwäche der Partei festzustellen beschlossen worden. Die Arbeiterzeitung" veröffentlicht einen Leitartikel, in dem gesagt wird: Da sich Mostau, das Zen trum der Diftatoren, unvermögend erweist, das Zentrum der revolutionären Kräfte des Sozialismus zu gründen, geht diese historische Mission auf alle jene revolutionäre sozialis kischen Parteien über, die der zweiten Internationale nicht angehören wollen, fich der dritten In ternationale aber nicht anschließen fönnen. Es soll nicht eine pierte Internationale gegründet werden, sondern die Berständi gung dieser Parteien soll nur diefer mit Notwendigkeit werdenden Internationale den Weg bereiten.
Die ungarische Nationalversammlung hat die Einführung der Prügelstrafe beschlossen. Der Widerstand bäuerlicher Vertreter hat eine Fassung ergeben, daß nur Arbeiter und politische Verbrecher geprügelt werden. Horthy bereist das Land und erklärte in Sodmezoe Basarhely, ein mir liebes Projekt hat sich verwirklicht. Ich schaffe Grundstücke für Selden, ich werde Boben verleihen denen, die sich während der roten Herrschaft als gute Patrioten erwiesen. Diese guten Patrioten erhalten den Helden titel, auch ihren Namen dürfen fie so unterzeichnen, und sie er halten von mir Grund und Lehen, wofür sie gewisse Verpflich tungen" übernehmen. Diese Helben werden zuverlässigen Männern untergeordnet.
Eine großzügige Spigel- und Kriegsorganisation wurde so gegründet. Sorthy hette dann zum Kriege: In diesem Lande wird ein patriotisches zum Kampfe geborenes and tampfbereitetes Geschlecht blühen. Es ist notwendig, daß jeber. der heil it an Sand und Fuß, sich begeistert unter die Fahne schare. Jeden Augenblid müssen wir bereit sein. Der christlich- sozialen Reichs poft zufolge ist in der monarchistischen Bewegung eine WandTung eingetreten. Horthy betreibt seine eigene Thronerhebung.
Jm Reichstagsgebäude begann heute Vormittag die Reichsfonferenz der U. S. P. D. Es find in ihr vertreten der Partei Dorstand, der Beirat der Partei, die Vertreter der Bezirke und der Parteipresse aus dem ganzen Reich. Um 11 Uhr eröffnete Genosin 3iet die Sigung. Es sind etwa 200 Konferenzteilnehmer anwesend. Auf Antrag des Genossen Lede bour wird beschlossen, durchgehend zu tagen, und zuerst die Referate der Delegierten in Mostan über die Berhandlungen mit der dritten Internationale entgegenzunehmen.
Genoffe Crifpien führte als erster Berichterstatter ans, er wolle einen gedrängten Bericht geben und sich darauf beschränken, die Frage zu beantworten, wie unsere Partei zur tommunistischen Internationale stehe. Er ruft den Beschluß des Leipziger Parteitages in Erinnerung, wonach das Bentralkomitee den Auftrag erhalten habe, mit Mostau und allen jozialrevolutionären Parteien in Verbindung zu treten, zur Schaffung einer attionsfähigen Internationale. Der Parteivorstand hat über die Ausführung dieses Auftrages bereits Bericht erstattet, an alle sozialrevolutionären Parteien sei er herangegangen. Das Verlangen einzelner Parteien, einen Kongreß aller westeuropä ischen sozialrevolutionären Parteien einzuberufen, fei abgelehnt worden, damit in Mostau nicht der Verdacht entstehen solle, als habe man eine vierte Internationale bilden wollen. Es follte auch nicht so aussehen, als ob ein Blod der westeuropäischen Barteien gebildet werden solle, der zu den Verhandlungen nach Moskau gehe, denn dadurch würden diese nur kompliziert worden fein. Der Leipziger Beschluß sei gut gewesen, da dadurch die Bartet vor der Situation bewahrt worden ist, als Abgewie fene dazustehen.
Vor der Abreise der Delegierten ist wiederholt vom BartetDorstand über die Grundlage der Verhandlungen mit Mostan gesprochen worden. Zuerst wurde in einer Sigung mit dem Parteivorstand und dem Beirat vereinbart, auf der Grundlage der Autonomie und der selbständigen Ver waltung der inneren Angelegenheiten der Partei zu verhan beln. Kein Mensch habe damals dem widersprochen, auch kein Delegierter.
Am 19. Juli ist in Petersburg der 2. Kongreß der dritten Internationale feierlichst eröffnet worden. Die Delegierten überreichten bort persönlich das Schreiben des Parteivors
In geschloffener Sthung der Rationalversammlung erklärte Horthys Vertrauensmann, Kriegsminister Steter, daß Ungarn berzeit teinen getrönten König habe. Das gab Anlaß zu stürmischen Szenen. Zur Rede gestellt, erflärte Sreter, daß er persönlich nicht gegen König Karls Rüdtehr set. Abgeordneter Beniczky rief darauf, daß nicht der Kriegsminister, sondern eine höhere Berson gegen König Karl fei, er sage, daß die neuen Rappen, bie jest bie Golbaten erhalten, im Embleme die Buch Raben von Horthys Ramen tragen.
Die norwegische Arbeiterpartei und die dritte Internationale
2. Chriftiania, 1. September. Eine Sprengung der norwegischen Arbeiterpartei erscheint nunmehr unvermeidlich. Die Ursache ist die Stellung eines Teils der Arbeiterpartei zur dritten Internationale und zu der Mostauer Resolution. Die parlamentarische Frattion der So zialdemokratie ist entschieden abgerüdt von denjenigen, die die Mostauer Resolution befürworten. Das bollchemistische Tendenzen vertretende Organ Sozialdemokraten" fordert dagegen, die Mos tauer Beschlüsse unbedingt zu respettieren.
Die Bewegung der englischen Bergarbeiter
Tu Bonbon, 1. September. Die endgültig veröffentlichten Zahlen zeigen, daß 606 782 Berglente für den Streit immten und 238 865 dagegen; bie notwendige Zweibrittelmehrheit ist also überschritten. In Him ficht auf die allgemeine Entrüftung und die Unsicherheit einer Un terstilgung burch andere große Arbeiterverbände glaubt man nicht daran, daß die Bergarbeiterführer den Streit proflamieren
werden.
Unsere Partei und die dritte Internationale
III.
Was für die Zentralisation innerhalb der Partei gefagt wurde, gilt selbstverständlich auch im gleichen Maße für die notwendige Zentralisation in der Internationale. Gerade dadurch unterscheidet sich ja die dritte Internationale fo wesentlich von den bisherigen Methoden der zweiten Inter nationale, die sich darauf beschränkte, einige schöne Resolu tionen zu fassen und im übrigen aber faum mehr denn ein
so
Informationsbureau war. Nein, in der jetzigen, so überaus gespannten weltpolitischen Situation brauchen wir eine wahr haft aktionsfähige Internationale. Attionsfähig fann eine Internationale aber nur sein, wenn sie im wesentlichen aus gleichgesinnten und gleichgerichteten Elementen zusammen gesetzt ist und wenn deren Widen durch eine straffe Leitung auch wirklich einheitlich zusammengefaßt wird.
Was nun die vielgenannte Säuberung und Reinis gung der Partei anbetrifft, so gilt es hierbei zunächst eines flar festzustellen. Bei allen Beratungen mit dem Exekutivkomitee zeigte es sich unzweideutig, daß es diesen Genossen nicht auf einen formalen, juristischen Ausschluß be stimmter Genossen ankommt. Wenn sie einige Genossen, wie Kautsty und Hilferding namentlich nennen, so nur deshalb, um damit bestimmte Richtungen zu treffen, von denen sie allerdings wünschen, daß diese feine Aufnahme in die dritte Internationale finden. Es ist ja überhaupt ganz falsch, die Anschlußfrage, wie es von den Gegnern des Anschlusses jetzt geschieht, als eine Personenfrage hinzustellen. Im Gegenteil, es fann nicht laut genug gefagt werden und muß vor allem Dingen unfern Parteigenossen zugerufen werden, daß die Anschlußfrage eine fachliche Frage ist. Die russischen Genossen verlangen mit Recht, daß die deutsche Set tion der britten Internationale, und das find wir im Falle des Anschlusses, eine wahrhaft revolutionäre, vorwärtsdrän
Am Dienstag abenb wurde im Dreibund der Bergwerks, Eisenbahn und Transportarbeiter beraten. Die Berglente bateu um Unterfügung im Falle eines Streits für Er. höhung der Löhne und Serablegung der Kohlensgende Kampfpartei ist, die feinen Raum mehr hat für Sozia preise. Es wurde eine Resolution beschlossen, welche die Ansprüche der Bergarbeiter für berechtigt und vernünftig erklärt und die Erfüllung derselben verlangt. Es wurde sogleich eine weitere Bersammlung in Aussicht genommen, deren Bes ratungsgegenstand die außerordentlich ernste politische Lage bilden foll. Daily Telegraph " meint, daß das neue Grubex. arbeitergefes einen Weg zu einem Kompromis öffnen taun, weil die Arbeiter in die Kommission der Grubenindustrie Vertreter fenden können und weil diese Kommission die Macht hat, dem Sandelsministerium Ratschläge zur Besserung der Löhne zu unterbreiten und einen allgemeinen Minimallo ha festzustellen.
standes an das Exekutivkomitee. Der Kongreß wurde von Lenin mit einem Referat über die Weltlage eröffnet, bas ohne Diskussion entgegengenommen wurde. Nach dieser Eröffnungs fikung fuhr der ganze Kongreß in Extrazügen nach Moskau .
Crispien führte weiter aus: Am 21. Juli fand eine Bespre chung der Delegation statt. Hier wurde ich stuhig durch Ausführungen von Stöder, der Folgendes meinte: Dittmann und Crifpien haben allein zu verhandeln, da diese für Berhandlungen gewesen seien, wir, Däumig und Stöcker, feien für den Anschluß. Dittmann und Crispien haben daher auch alle Angriffe gegen die U. S. P. auf sich zu nehmen. Crispien habe darauf erwidert, wir find als Vertretung der Partei nach Mos tau gereift. Er wäre damit einverstanden, daß wir verhandeln sollten, und er habe auch der Antwort an das Exekutivkomitee vorbehaltlos zugestimmt. Auch Dittmann und ich wollen mit allem Ernst den Anschluß an Mostan, und wir sind dann in den Verhandlungen soweit gegangen, wie nur irgend möglich. Am felben Tage hatten wir eine Verhandlung mit Cachin und Frossard von der französischen Partei, um vielleicht gemeinsame tattische Linien für die Verhandlungen zu finden. Auch die fran zösischen Genossen betonten, daß ihre Partei die volle Autonomie verlange, daß die Aenderung des Namens garnicht in Betracht tommen tann, daß eine Bertretung im Eretutio= to mitee beansprucht werden solle, sowie volle Selbständigteit in der Behandlung der inneren Angelegenheiten. Am gleichen Tage fand die erste Sigung mit dem Exekutivtomitee statt. Wyntopp aus Holland empfing uns mit der Bemerkung: 3hr seid die Regierungssozialisten aus Deutschland . Er verlangte, daß die deutsche Delegation fofort aus dem Saale gewiesen werden solle. Das Verlangen mußte abgelehnt werden, da ja die deutsche Delegation von Mostau besonders eingeladen worden war. In dieser Sigung gab Crispien eine turze Uebersicht über die Entwidlung in der UL. S. P. Radet stellte dann acht Fragen, von denen sich Fieben auf die Bergangenheit und eine auf die 3ukunft der Partei bezogen. In der ersten Frage wird gesagt, daß das Antwortschreiben an das Exekutinkomitee die Tatsache negiere, daß die U. S. P. einen rechten und einen linken Flügel habe, daß die Massen hinter dem linken Flügel ständen, daß da= gegen die rechten Führer den Willen der Massen sabotierten. Ob die ganze Delegation dafür die Berantwortung übernehme.
Bet Schluß des Blattes werden die Verhandlungen fortgesetzt.
liften, die als Reformisten überhaupt die Diktatur des Prole tariats ablehnen, oder als Opportunisten das Wort von der Diftatur nur im Munde führen, in Wirklichkeit aber alles tun, um den revolutionären Vorwärtsdrang der deutschen Arbeiterklasse zu hemmen. Ich gebe ganz offen zu, in dieser Hinsicht, wie die meisten unserer Genossen, bisher viel zu wenig tonsequent gewesen zu sein. Gewiß habe ich noch vor zwei Monaten in einem Artikel, der durch viele Parteiblätter gegangen ist, geschrieben:„ Unsere Partei zu reinigen von den wenigen pazifistischen und„ demokratischen" Elementen, die uns nicht mit Unrecht von rechts und links täglich um die Ohren geschlagen werden, ist unsere eigene Pflicht, denn wir find schließlich nicht ein Diskutierklub aller möglichen schönen Ansichten, sondern eine revolutionäre Klassen und Kampfpartei, deren erste Pflicht es ist, flare und eindeutige Parolen und Losungen in die kämpfenden Massen zu werfen." Aber wir haben zu wenig in dieser Hinsicht gehandelt Dies soll und muß anders werden. Wollen wir wirklich die flare und reine, marxistisch revolutionäre, führende Massene partei werden, die entschlossen ist, das Proletariat mit allen Mitteln zum Siege zu führen, und in den kommenden revo lutionären Kämpfen der deutschen Arbeiterklasse wirklich die entschlossen und energisch vorwärtsdrängende Führerin sein wird, so müssen wir allerdings aus unseren Reihen manche Elemente ausscheiden, die deshalb, um mit der moralischen Entrüstung des Genossen Crispien zu reden, nicht etwa Judase" zu sein brauchen, sondern sehr brave und tüchtige, Sozialisten sein mögen, die aber in einer vorwärtsdrängen ben revolutionären Partei eben wegen ihrer ganz anderen geistigen Einstellung nur hemmende Fattoren sein fönnen.
Wenn der Genosse Crispien nun eine ganze Reihe von Namen nennt, die seiner Meinung nach aus der Partei ent fernt werden müßten, so ist auch das eine Konstruktion, denn diese Namen wurden im Verlaufe der Verhandlungen des Kongresses irgendwie kritisch genannt. Und wenn der Genosse Crispien sogar meint, aus unserer Reichstagsfraktion müßten 60 Genossen herausgeschmissen" werden, so muß ich wirklich fragen, wo er diese Zahl her hat. Wir haben sie in den ganzen Verhandlungen nicht gehört.
Genosse Crispien erwähnt meine Aeußerung in Mostau, für Silferding„ eine Lanze einlegen zu wollen". Gewiß, es ist richtig, daß Genosse Däumig und ich gegen die Nennung des Namens Hilferding in den Aufnahmebedingungen waren und daß wir auch die Zweidrittel- Bestimmung für falsch hielten. Wir beide waren, wie übrigens auch einige fommunistische Genoffen, überhaupt gegen die Anführung von bestimmten Namen in den Aufnahmebedingungen. Gir hiel ten fachlich scharfe Bedingungen für richtiger. Als aber dany zunächst beschlossen wurde, den Namen Kautsky in den Aufnahmebedingungen zu nennen, erhoben wir feinen Wider Spruch, da Kautsky als grundsäglicher Gegner der britten Internationale ohnehin auf irgendeine Weise aus der Bertei ausgefchieden wäre. In dieser Kommissionsgung wurde der Name Hilferding nur erwähnt, dann aber gleich zucüds