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Warnung vor Auswanderung nach Rußland !

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise, die sich nicht nur auf einzelne Orte und Bezirke, sondern über das ganze Reich erftredt, läßt es begreiflich erscheinen, daß deutsche Arbeiter nach Betätigungsmöglichkeiten außerhalb der beutschen Grenzen Umschau halten und den Entschluß faffen, auszuwandern, um der Not und dem Elend der Arbeitslosigkeit zu entfliehen.

Als das Land der Sehnsucht, in dem sie Lohn und Brot zu finden hoffen, wird von vielen Arbeitern Rußland be trachtet. Ganz besonders sind es politisch und gewerkschaftlich organisierte Arbeiter, die, geleitet von ihrer Sympathie für Sowjetrußland, sich dieses Land wählen, in der Hoffnung, dort das zu finden, was ihnen in ihrer Heimat versagt ist: Durch eigener Hände Arbeit sich die Möglichkeit zum Leben und eine Existenz für ihre Familie zu schaffen. 3us gleich leitet sie aber der Wunsch, ihren Gesinnungs- und Klassens genossen in Rußland am wirtschaftlichen Aufbau ihres Landes behilflich zu sein.

Dieses Sehnen deutscher Arbeiter nach Arbeit und Existenz und ihre Sympathie für Sowjetrußland wird von gewissen Elementen auszubeuten versucht, indem sie aus selbstsüchtigen und eigennügigen Motiven Auswanderer Organisatio= nen ins Leben rufen und die Not der Auswanderungsluftigen noch dadurch ausbeuten, daß sie dieselben zum Eintritt in diese Organisationen verleiten und Beiträge von ihnen erheben. Das geschieht mit der Vorspiegelung, daß ihnen dadurch die Aus­wanderung und die Schaffung einer Existenz in Rußland er leichtert wird.

Wir halten es für unsere Pflicht, die Arbeiter vor diesen falschen Freunden und ihren Organisationen, auch wenn fie diesen einen noch so sympathisch flingenden und auf Täuschung berechneten Namen geben, zu warnett.

Eine Auswanderung nach Rußland tann zur Zeit gar nicht in Frage kommen. Selbst von russischen Vers tretern ist schon wiederholt sehr eindringlich vor Einwanderung in Rußland gewarnt worden. Denn noch hat sich die russische Arbeiterrepublik gegen die kapitalistischen Feinde fast der ganzen Welt zu wehren, so daß es ihr gar nicht möglich ist, ihren wirts schaftlichen Aufbau zu fördern; ausländischer Arbeitskräfte also nicht bedarf. Dazu tommen die Ernährungsschwierigkeiten in folge des Krieges.

Erst dann, wenn Rußland vor diesen Feinden Ruhe haben wird, wird es sich der frieblichen Arbeit, dem Aufbau jeiner Wirtschaft widmen fönnen. Dann aber wird auch bie Zeit gekommen sein, wo die russische Regierung selbst Arbeits­träfte fordern wird und wo die Auswanderung nach Rußland organisiert werden kann. Dazu wird es aber feiner privaten Dr­ganisationen bedürfen, sondern diese Organisierung wird von der russischen Regierung selbst mit Hilfe der deutschen politischen und wirtschaftlichen Organisationen vorgenommen werden können. Wer sich also vor Enttäuschungen bewahren will, der gehe jetzt nicht nach Rußland , sondern warte bis die Zeit dazu gekommen ift. Darum warnen wir die Arbeiter noch einmak eindringlich vor allen privaten Auswande rungs- Organisationen, welchen Namen sie auch immer tragen mögen, denn sie dienen nur der Spetulation und der Gewinnjuht ihrer Grüns

der.

Die Gewerkschaftskommission Berlins und Umgegend.

Wieder ein Zeitungsverbot im befegten Gebiet. Die in Mannheim erscheinende Neue Badische Landeszeitung" ist für die Dauer eines Monats vom 15. September ab perboten worden.

1.

Beilage zur Freiheit"

Betriebsräte

Die Erfassung der Groß- Berliner

Die Erfassung der Betriebsräte des Wirtschaftsbezirtes Groß­Berlins sowie die Wahl der Mitglieder der Generalversammlung und der Hauptgruppenausschüsse ist erfolgt. Nur in drei Unter gruppen der Nahrungs- und Genußmittelindustrie macht sich in­folge verspäteter Anmeldung mehrerer Großbetriebe eine Ergän­zung notwendig, die am Montag vorgenommen wird.

Die Hauptgruppen- Ausschüsse hielten am Freitag, den 3. Sep­tember d. J. ihre erste Sigung ab und nahmen den Bericht der Die Erfassung der Betriebs­provisorischen Zentrale entgegen. räte hat bisher folgendes Ergebnis gezeitigt:

Hauptgruppe

Banten u. Sandel( 5 Untergr.) Baugewerbe und Steinindustrie ( 5 Untergruppen)

( 5 Untergruppen)

Betriebss Deleg. d. Grupp. räte Gen. Bers. räte

Bes fchäftigte 44 480

1354

50

7

30 380

1469

34

9

Bekleidungs- u. Textilindustrie

55 586

2650

10

Chemische Industrie( 6 Untergr.) Freie Berufe( 4 Untergr.)

39 600

1190

1 212

167

Graph. Gewerbe u. Papierindustrie

( 4 Untergruppen)

35 240

1959

Solzindustrie( 7 Untergruppen)

30 900

2377

Landwirtschaft( 2 Untergruppen)

5 850

850

Lebens- u. Genußmittel

52 238

1849

Lederindustrie( 3 Untergruppen)

5 042

420

Metallindustrie( 9 Untergruppen) Staatliche und fommunale Behörde ( 2 Untergruppen)

276 700

5901

305

15

50 000

1787

76 536

2509

5 164

118

Summa: 708 928

24 550

800

( 8 Untergruppen)

Bertehr( 9 Untergruppen) Sozial- Versicherung

2

107

Mit der Erfassung der Betriebsräte ist die Arbeit der provi­forischen Zentrale erledigt. Sie wird in der am kommenden Don­nerstag stattfindenden Generalversammlung ihren Bericht geben und durch eine definitive Zentrale ersetzt werden. Letztere wird noch ein umfangreiches Arbeitsgebiet vorfinden. U. a. wird die Zuteilung der Untergruppen zu den Hauptgruppen noch weiter ergänzt werden müssen; desgleichen ist die Wahl der Unter­gruppenausschüsse sofort in die Hand zu nehmen. Alsdann gilt es, die Arbeitslosen zu erfassen und ihnen eine ent­sprechende Vertretung in der Generalversammlung wie auch in den Hauptgruppen zu sichern. Es wird auch Aufgabe der neuen 3en trale sein, diejenigen Betriebe noch heranzuholen, die sich nicht gemeldet haben. Wenn auch die Erfassung der Betriebe und der daselbst tätigen Betriebsräte im allgemeinen ein gutes Resultat ergeben hat, so muß doch dafür gesorgt werden, daß auch der lehte Betrieb herangeholt wird. Besonders bei den freien Be rufen wird noch viel Arbeit geleistet werden müssen. Hier hat man es mit Gruppen zu tun, die im allgemeinen noch nicht der Arbeiterbewegung zugeführt worden find.

Gen. Rich. Müller wies darauf hin, daß die prov. Zentrale in ihren Arbeiten auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt gewesen sei. Versuche, dieses Arbeitsgebiet zru erweitern, seien auf Wider­stand gestoßen. Jezt gelte es fofort eine arbeitsfähige Zentrale zu schaffen. Deshalb schlage die prov. Zentrale vor, bie unbe= Ausschüsse der Generalversammlung vorzuschlagen. Die Haupt­foldeten Mitglieder der Zentrale durch die Hauptgruppen­ausschüsse schlossen sich dieser Ansicht an und stellten die Kandi daten für die Sentrale auf.

Die Hauptgruppen- Ausschüsse beschäftigten sich dann mit der Wahl der beso lo eten Sekretäre. Die Gewerkschaftskommission schlug vor, diese Frage nicht in der kommenden Generalversamm lung, sondern in einer später einzuberufenden zu erledigen. Die Sauptausschüsse stellten sich einstimmig auf den Standpunkt, daß es besser set, sofort eine arbeitsfähige Zentrale zu schaffen und die Wahl der besoldeten Sekretäre in der ersten Generalversamm­lung vorzunehmen. Die Hauptgruppen- Ausschüsse setzten ein­stimmig die Zahl der besoldeten Sekretäre auf fünf fest. Der über diese Frage zu treffen.

Die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung in Jugosla- Generalversammlung bleibt es überlassen, die letzte Entscheidung vien sind auf den 28. November festgesezt worden.

Ketten

Bon Béla Révész.

( Einzigberechtigte Uebertragung aus dem Ungarischen von Stefan J. Klein.)

Außer den Ketten haben wir nichts zu verlieren. Janos Nagy spielte mit den seltsamen, heißen Worten und starrte in den Rebel, der vor seiner Phantasie schwamm. Er tam von einer Versammlung. Die große Demonstration, Tausender und Abertausender erregtes Aufbegehren, die feuerdurchglühten, nicht ganz verstandenen, mehr erahnten Reden stürzten auf sein Gehirn, auf sein Herz Blendung. Wach lebte und schwoll an in jeber seiner Fibern der fanatische Glaube, der Millionen und Millio­nen Gefährden zu seinen Brüdern weihte, sie müßten sich bloß zusammenschließen, ihre kleinen Kräfte vervielfachen und groß

ziehen.

Und glückselig, andächtig brummte er:

Können aber eine ganze Welt gewinnen.

Janos Nagy betrat flint bie Druckerei. Die Maschine erwartete ihn schon, die Segmaschine. Ihr Eisenleib sak fest auf der Erbe, ihr elektrisches Auge war bereits aufgeglüht. Acht Uhr abends. Janos Nagy nahm das Manuskript in Empfang und setzte sich vor die Maschine, die ihm aus ihrem Eisenschoß Sige entgegenblies. Er ließ die Finger über die Buchstabenreihe gleiten, fie liefen flint über die Tasten, er untersuchte die Schrauben, brachte bie Sebel in Bewegung, machte sich dann ans Sezen. Die Manuskripte lagen auf einer Metalltafel vor ihm, unter der elektrischen Birne; auswählend, in zidzadiger Reihenfolge berührte er die Buch­stabentasten. Am oberen Teil der Maschine, in einem nach innen zu schmäler werdenden Eisentasten, erschienen die hervorgerufenen Buchstaben. Mit ihrem gelben Kupfergesicht äugten sie für einen Augenblid unter der Glasblatte hervor, dann fielen, purzelten sie durch die Kupfertanäle des Eisentastens hinab. In der Hüften­gegend der Maschine erwarteten Metallarme die flinten Buch­staben, erfaßten diese, wenn sie bei der Mündung der Kupfertanäle erschienen, reihten dreißig- vierzig aneinander und trugen sie so in hastiger Eile auf die rechte Seite der Maschine hinüber, in die Bleigießerei. Die Maschine flapperte, die Buchstaben flopften, dem benommentöpfigen Janos Nagy war es fingfroh zu Mute. Stumm fummte er vor sich hin, mit der Phrase spielend:

,, Außer den Ketten haben wir nichts zu verlieren.

Janos Nagy stierte ins Manuftript, sein Finger traf genau die Buchstaben und setzte sie, er schuf Reihe um Reihe, doch wurde sein Gehirn von den Nachmittagsaufregungen nicht losgelassen. Sein Leib badete schier in Size, wenn er daran dachte, wie er in der Menge eingeklemmt gestanden hatte, wie ihn die riesige Menge wogend, brandend umgischtet hatte und selbst wenn sie geschwiegen, auch da war die Luft voll geheimnisvoller Geräusche gewesen, wenn sie sich aber regten, begeisterten, Zwischenrufe machten, da war es, als ob eines einzigen Menschen furchtbarer Schrei aus ber Stille aufgegellt wäre, als ob aus seinem Gehirn, aus seiner Kehle all das aufgeschwirrt wäre, was bei der Nachmittagsver famlung erflungen war. Auf seinem Rüden, auf feiner Bruft waren Menschen gelegen, hatten ihn gedrückt und gestoßen, als wäre er in die vielen Tausend Menschenleiber hineingewachsen gewesen. Sie hatten miteinander nicht gesprochen, einander nicht einmal angeschaut, die schweren Gedanken waren in ihren Ge­hirnen zur gleichen Zeit in Bewegung geraten und alle wollten fie, ohne zu wissen, wie es geschah, plöglich dasselbe....

Janos huftete. Der Maschine entstiegen die Gerüche. Schwere und leichte Gerüche. Zwischen den Schrauben, hinter dem Buch­stabentasten, aus den Tiefen der Bleigießerei schwigte Fett, Blet, 3int auf, erfüllten die Luft, setzten sich auf die Luftstreifen und wanden sich um des Sezers Gesicht. Die schweren, muffigen Ge­rüche schlugen Janos Nagy in Mund und Nase. Der Seger schüt telte den Kopf. Ihm war, geheime Hände bürdeten schwere Ge­wichte auf sein Gehirn, umilammern es, pressen es zusammen, und Zint und Blei bringen in seinen Kopf; dieser wurde schwer, er schüttelte ihn. Janos Nagy stierte vor sich. Ueber das Ma­nuskript breitete sich Nebel. Die hastig hingeworfenen Krähfüßchen liefen ineinander, die dicen Linien hüpften tänzelnd über die bünneren, hier und dort sprang eines Buchstaben herausfordernder Schnörkel verzerrt aus dem Chaos. Der Sezer rieb sich die Augen, hielt im Segen inne. Er beugte sich zur Erde nieder, hob Blei flumpen auf und öffnete die Tür der Buchstabengießerei. Zurück­weichend vor dem stintichten Kessel, lehnte er seinen Körper gegen die rechte Seite der Maschine und streckte der ganzen Länge nach die Hand aus, warf die Bleistüde nacheinander in die Gießerei. Das flüssige Metall schnalzte und verschluckte die Bleistüde, wurde dann wieder spiegelflach und schielte den Sezer aus dem schwarzen Haus wie ein silbriges Herenauge an.

Janos Nagy brummte, rieb sich den Kopf. Durch den Segerraum raften Menschen, brachten neue Manustripte. Janos Nagy liek seinen Finger über die Buchstabenreihe hüpfen und strengte sein Ge­hirn an. Er wollte sich eine Bose, mehrere Gebärden ins Ge­dächtnis zurückrufen. Aus schleierigen Eindrüden tauchte vor ihm die Gestalt des Nachmittags- Redners auf. Wie stand er auf dem Podium? Wie neigte er sich über die Masse, der Masse zu? Was machte seine Faust, wenn sie sich wie ein dides, fnochiges Mahn­zeichen hob und in die Luft schlug, wie ein Hammer auf den Am­boß? Janos Nagy ordnete seine Gedanken. Dachte er an die Masse, so tauchte vor ihm die Gestalt des Redners auf, die auf­rührerische Bose überflutete ihn von Neuem mit Glut, doch drückten ihn im nächsten Augenblid wieder die Menschen, lagen auf ihm, dann summie plöglich wieder die Rede in seinem Gehirn, er lauschte, wollte den Sinn erfassen, doch schwand seine Wachheit dahin, und vor seinen flimmernden Augen fuchtelte des Agitators Faust. Die Maschine blies Janos Nagy ihre Sige entgegen. An­fangs strömte bloß aus ihrem Schoß die Size, ähnlich einem breiten Fluß, humpelte unentwegt, strömte auf ihn zu, brandete mit hartnädiger Gleichmut gegen seine Brust. Janos. Nagy schwigte, rückte hin und her und atmete schwer, derweil er über­legte. Er strengte sich an, versuchte der Fronarbeit Alpbrüde ab­zuwehren. Die großartige Phrase erhellte wieder sein Herz mit fatamorganartigen Schönheiten und trieb sein Gehirn an, die Worte zurückzuerobern. Er grübelte, überlegte, reihte Worte an= einander, doch gelang es ihm nicht; hin und wieder loderte ein Wort in seinem Gehirn auf, andere Worte durchglitten es bloß mit ihrer Mufit, aber die ganze Wahrheit, wie sie aus der Schlachtreihe der Worte erflungen war, vermochte er nicht zu er­faffen. Janos Nagy rang. Die Maschine erhitzte sich, aus der Blei­gießerei froch Size auf den Leib der Maschine, schlang sich über ihre Süften, ihre Beine, ihre Schrauben. Der Geger arbeitete und feuchte. Ueber seinem Kopf Strahlte die elektrische Birne wie feurige Sonne. Bor seinen Augen hüllten sich die Buchstaben wieder in Nebel, er beugte sich über das Manuskript, aus der Ma­schine langten plöglich versengende Arme, erfaßten, umframpften ben gekrümmten Seger. Janos Nagy taumelte und fiel mit be­täubtem Kopf über die Segmaschine,

Sonntag, 5. September 1920

Die Wahl der besolbeten Setretäre erfolgt nach den Grund­sägen der Verhältniswahl. Die Betriebsräte der verschiedenen Barteirichtungen müssen vor der Generalversammlung zusammens treten, um ihre Kandidatenlisten aufzustellen.

Die Generalversammlung war vorgesehen für Dienstag, den 7. September. Besondere Schwierigkeiten machen die Verlegung auf Donnerstag, den 9. September 1920, notwendig. Sie findet an diesem Tage

abends 7 Uhr in den Borussia- Sälen, Aderstraße 6/7,

statt. Den Frattionen ist Gelegenheit gegeben, sich vorher zu versammeln, und zwar versammeln sich diese um 5 Uhr: Die U. S. P. D. im großen Saal, die S. P. D. im Gartensaal, die K. P. D. im ersten Stock. Die Mitglieder der Generalversamm lung müssen vollzählig erscheinen. Sie erhalten ihre Legi timationstarte nebst einer Einladung durch die Post zugestellt. Diejenigen Mitglieder der Generalversammlung, die am Mittwoch noch nicht im Besiz der Legitimationstarte find, müssen dies der Zentrale sofort mitteilen.

Buchdrucker- Betriebsräte der Opposition

Am Montag, den 6. September, nachmittags 5 Uhr, findet im Dresdener Garten", Dresdener Straße 45, eine Versammlung statt, die sich mit den Wahlen zu dem bevorstehenden Betriebsräte­Kongreß beschäftigen soll. Eine Frage von allergrößter Wichtig. feit wird damit aufgerollt. Der Kongreß wird Entscheidungen zu treffen haben, die für den Gang der weiteren Entwicklung in Deutschland entscheidend sind.

Kollegen! Eine große Verantwortung lastet auf jedem Eins zelnen gegenüber der gesamten Arbeiterschaft. Im Bewußtsein dieses Verantwortungsgefühles erwarten wir von allen Betriebs­räten, daß fie in obiger Versammlung erscheinen und Säumige an ihre Pflicht erinnern. Der Aktionsausschuß der Opposition. 3. A.: Otto Fiedler.

An die Betriebsräte der Afa!

Nach§ 50 des B.R.G. fann durch übereinstimmende Bes schlüsse der Einzel- Betriebsräte die Errichtung eines Gesamt­betriebsrates neben den Einzel- Betriebsräten erfolgen für meh rere gleichartige oder nach dem Betriebszwed zusammengehörige Betriebe, die sich innerhalb einer Gemeinde oder wirtschaftlich zusammenhängender nahe beieinander liegender Gemeinden in der Hand eines Eigentümers befinden.

In Frage kommen also hierfür vor allem die großen und mitts leren Konzerne usw., in Handelsbetrieben Firmen mit Filialen, von denen jede einen Einzel- Betriebsrat hat. Wir fordern die in Betracht kommenden Kolleginnen und Kollegen auf, soweit es noch nicht geschehen ist, umgehend diese Gesamt- Betriebsräte zu bilden, felbstverständlich nach vorheriger Rücksprache und im Einverständs nis mit den Arbeitervertretungen.

Gleichzeitig bitten wir um umgehende Angaben( Adressen usw.) der Gesamt- Betriebsräte, die nach dem oben angeführten§ 50 des B. R. G. verfahren sind.

Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände. Ortskartell Groß- Berlin, Belle- Alliance- Straße 7/10. Flatau. Liebeskind. Betriebsräte der Lebens- und Genußmittelindustrie Die am Dienstag, den 31. August 1920, vertagte Haupt gruppenversammlung der Lebens- und Genuße mittelindustrie findet nunmehr endgültig am Montag, den 6. September 1920, abends 6 Uhr, in der Schul aula, Koppenplay, statt. Tagesordnung: Wahl der Dele gierten zur Generalversammlung und Ausgabe der Delegierten tarten.

Die Delegierten der Untergruppe 6 ber Metallindustrie. Mon tag, den 6. September 1920, abends 5 Uhr, im Sigungsfaal ber Zentrale, Münzstraße 24, 3 Treppen. Tagesordnung: Eins bringung von Anträgen zur Generalversamlung".

Er fluchte und ging zur Wafferleitung. Stedte den Kopf unter ben Hahn, ließ das talte Wasser daraufrieseln, wusch sich bie Augen, rieb sich die Schläfen. Er setzte sich an die Maschine zurüd Es war zwei Uhr nach Mitternacht ; alle Sekmaschinen atmeten Sie ergoffen aus fich Size, in der Luft dampfte Fett und Zint. Janos Nagy spannte alle Kraft an und feste. Er flimperte auf den Tasten, raffte seinen schweren Kopf hin und her, schaute ins Manuskript, achtete auf die Buchstaben, die mitunter widerspenstig in den Kupfertanälen steden blieben. Er war zornig... die nachmittags vernommene Phrase fiel ihm nicht ein. Der herrliche Sag, der mit ihm unablässig spielte und ihm hell leuchtete, bis er hertam, war nun seinem Gedächtnis völlig entschwunden. Er erfand Worte, sprach site rasch, fühlte aber, fühlte mit Qual, es seien dies nicht jene, die ihn den ganzen Tag begeistert hatten. Er versuchte die Worte laut zu variieren, bizarre, schwere Rebe wendungen, die er einst gehört hatte, fielen ihm vertrüppelt eing mit schwerer Mühe brachte er einige Worte des Zauberspruches zueinander, doch brachen sie sofort zusammen, entflohen, sobald er mit ihnen etwas aufbauen wollte. Janos Nagy wand fich hilflos

etwas tam ihm entgegen, dunkel, beunruhigend; der Seher hob das Gesicht. Ihm gegenüber arbeitete ein Arm der Maschine. Ein schlankes Eisenstid, das pünktlich sich zur Bleigießerei nieders sentte, mit den Krallen die bereits gegoffenen Buchstabenformen erfaßte, sich dann langsam hob, zum Rachen des Eisentastens eilte und geräuschlos die Buchstaben verteilte. Janos Nagy fühlte Krämpfe im Kopf. Etwas stach ihm. ins- Gehirn, ihm war, als bohre sich ihm eine dünne, lange Nadel immer tiefer ins Gehirn, dringe, gleite hinauf bis zur Schädeldecke. Janos Nagy schüttelte den Kopf, atmete tief, Huftete und spuckte. Er arbeitete und lauerte benommen, was in seinem Kopf geschähe. Das dünne, gleitende Stechen setzte aus, und für einen Augenblick erstarrte sein ganzer Körper. Er stemmte fich mit den Ellenbogen gegen die Maschine ruhte, über ihm fehrte der buchstabenholende Arm auf seinen Blak zurüd. Janos Ragy sette weiter, heftige Schmerzen bedrängten seinen Kopf. Aus der Bleigießerei stiegen muffige, ölige Gerüche auf, purzelten durch die warme Luft. Der Seher raffte den Kopf zurüd, etwas stieß ihm ins Gehirn. Hinter einander, einmal, zweimal, zehnmal, es flimmerte vor seinen Augen, und die her vorgerufenen Buchstaben tanzten wie gelbe fleine Gnomen unter der Glasfläche. Janos Nagy Stöhnte, mit der einen Sand stützte er fich den Kopf, mit der anderen arbeitete er. Der Maschinenarm fegte sich in Bewegung. Bewußt beschrieb er seinen Kreis, ließ fich leise, geheimnisvoll nieber, griff wie ein grausamer, beute gieriger Damon nach dem Maschinenseher, schlug die Eisenpranten zu ihm nieder....

Es war drei Uhr nach Mitternacht . Janos Nagy schrat auf Unten setzten sich die Rotationsmaschinen Bewegung, und die dröhnenden unterirdischen Maschinen donnerten mit schmetterndem Lärmen über das Gehirn des Segers, dem dieser Schmerz jedoch Wonne war, denn er rauschte, scheiterte ihm ins benommene Be wußtsein, die Arbeit sei zu Ende. Janos Nagy gehörte wieder sich selbst, für diese Nacht jedoch nur noch trüpplicht, mit neblichter Be finnung, und da er heimwärts strebte, strengte er sich vergeblich an, die seltsame, aufregende Phrase fiel ihm nicht ein, was er von ihr zu erhaschen vermochte, versuchte er aneinander zu fügen, stammelte vor sich hin, stammelte in die Nacht: die Ketten...

Die Ketten