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Mr. 372
Die Beschlüsse der dritten Internationale
Nationalitätenfrage und Kolonialfrage
B. Supplementthesen
1. Eine der wichtigsten Fragen, die dem 2. Kongresse der 3. Internationale vorliegen, ist die genaue Feststellung der Wechselbeziehungen zwischen der Kommunistischen Internationale und der revolutionären Bewegung in den politisch unterdrückten, vom eigenen fapitalistischen System beherrschten Ländern, wie in China und Indien . Die Geschichte der Weltrevolution durchlebt eine Periode, die eine richtige Auffassung dieser Wechselbeziehungen erfordert. Der große europäische Krieg und seine Folgen haben deutlich gezeigt, daß die Voltsmassen der nichteuropäischen unterbrückten Länder, infolge der Zentralisation des Weltkapitalismus mit der proletarischen Bewegung in Europa unlösbar verbunden find, was während des Krieges z. B. in der Entsendung von Kolonialtruppen und zahlreichen Arbeitermassen an die Front seinen Ausdruck fand.
2. Der europäische Kapitalismus schöpft seine Kraft in der Sauptsache weniger aus den europäischen Industrieländern als aus feinen Kolonialbesitzungen. Zu seiner Eristenz bedarf er der Kontrolle über die umfangreichen Kolonialmärkte und ein weites Feld der Ausbeutungsmöglichkeit. England, das Bollwert des Imperialismus, leidet schon ein Jahrhundert lang unter Ueberproduktion. Ohne die ausgedehnten Kolonialbefizungen, die für den Absatz seiner Waren notwendig sind und zugleich die RohStoffquellen bilden, wäre die kapitalistische Ordnung Englands schon lange unter ihrer eigenen Last zusammengebrochen. Indem Der englische Imperialismus Hunderte von Millionen Bewohner Aliens und Afrikas zu Sklaven macht, hält er gleichzeitig das britiThe Proletariat unter der Herrschaft der Bourgeoisie.
3. Der Reingewinn, der in den Kolonien erzielt wird, ist eine der Hauptquellen der Mittel des zeitgenössischen Kapitalismus . Der europäischen Arbeiterklasse wird der Sturz der tapitalistischen Ordnung nur dann gelingen, wenn diese Quelle endgültig ver topft sein wird. Die kapitalistischen Länder versuchen, und zwar nicht ohne Erfolg, durch umfangreiche und intensive Aus beutung der menschlichen Arbeit und der natürlichen Reichtümer der Kolonien, ihre erschütterte Lage wiederherzustellen. Infolge der Ausbeutung der Kolonialbevölkerung ist der europäische Jmperialismus imitande, der Arbeiteraristokratie in Europa eine ganze Reihe von Almosen( Kompensationen) zu gewähren. Während der europäische Imperialismus einerseits durch die Einfuhr von Waren, die von der billigeren Arbeitskraft der Arbeiter der Rolonialländer hergestellt sind, das zum Lebensunterhalt nötige Minimum des Proletariats herabzudrücken sucht, ist er bereit, den im Heimatland zu erzielenden Mehrgewinn zu opfern, um sich nur den durch die Ausbeutung der Kolonien zu erreichenden Mehrgewinn zu erhalten.
4. Der Fortfall der Kolonien und die proletarische Revolution in den Mutterländern werden die tapitalistische Ordnung in Europa stürzen. Folglich muß die Kommunistische Internationale ihr Tätigkeitsfeld erweitern. Die Kommunistische Internationale muß sich in enger Verbindung mit den Kräften befinden, die sich gegenwärtig in den politisch und wirtschaftlich unterdrüdten Länbern an dem Sturz des Imperialismus beteiligen. Zum vollen Erfolge der Weltrevolution ist das Zusammenwirten dieser beiden Kräfte notwendig,
5. Die Kommunistische Internationale ist der tonzentrierte Wille des Weltproletariats. Ihre Aufgabe ist die Organisation der Ar beiterklasse der ganzen Welt zum Sturze der fapitalistischen Ordnung und zur Verbreitung des Kommunismus. Die 3. Inters nationale ist eine friegerische Einheit, die die revolutionären Kräfte aller Länder der Welt vereinigen muß.
Die durch und durch mit bürgerlicher Kultur durchtränkte, von einem Säuflein Politikaster geführte 2. Internationale hat die ganze Wichtigkeit der Kolonialfrage nicht genügend gewertet. Für te war die Welt außerhalb Europas nicht vorhanden. Sie ertannte nicht die Notwendigkeit des Zusammenarbeitens der revolutionären Bewegung in Europa und in den anderen Erdteilen. Anstatt die revolutionäre Bewegung in den Kolonien materiell und sittlich zu unterstützen, wurden die Mitglieder der 2. Internationale selbst zu Imperialisten.
6. Der den Oftvölkern fünstlich oftropierte ausländische Jmperialismus hat ohne Zweifel ihre soziale und wirtschaftliche Ent widlung gehemmt und ihnen die Möglichkeit genommen, jene Entwidlungsstufe zu erreichen, die in Europa und Amerifa erreicht ist. Dank der imperialistischen Politit, die bestrebt ist, die industrielle Entwidlung in den Kolonien aufzuhalten, hat das eingeborene Proletariat eigentlich erst vor kurzem zu existieren begonnen.
Die lokal zersplitterte Hausindustrie hat der zentralisierten Industrie der imperialistischen Länder den Blak geräumt; infolge dessen wurde die ungeheure Mehrheit der Bevölkerung gezwungen,
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Die Geschichte meines Bruders
Eine Erzählung
volt
Hans Siemfen
Neben mir lag Willi. Das war sein Bruder. Er kam ihn besuchen. So habe ich Karl fennen gelernt, soweit man fich fennen lernt, wenn man blind ist. Niemand dachte damals an das, was fam. Er war ein Junge, wie jeder andere. Ich bin inzwischen gefund geworden. Aber ich habe ihn nicht mehr gesehen. Als ich sehen fonnte, saß er im Gefängnis. Ich habe sehr lange im Lazarett gelegen, viele Monate. Ueber ein Jahr. Während der ganzen Zeit lag ich neben
Willi.
Willi besucht mich noch jetzt sehr oft. Er sagt:„ Guten Tag!" Und dann fizt er und schweigt. Ich weiß auch nicht recht, was ich sagen soll, und so sigen wir beide und schweigen. Er trägt immer noch Uniform, Soldatenschuhe und Widel gamaschen. Er zieht seinen Mantel gar nicht erst aus. So ligt er im Mantel, die Müge in der Hand. Er steht in die Beitung, die auf dem Tisch liegt. Ich sage:„ Na Willi, was gibt es denn Neues?" Er brummt mit seiner tiefen Stimme: Was soll es denn Neues geben?" Und dann sigen wir beide und schweigen. Ich hole Brot und Butter und Käse und mache ihm eine Tasse Tee. Er ist und trinkt, man Er ist und trinkt, man mertt, er ist hungrig. Er ist nämlich arbeitslos und bekommt Unterstützung. Aber davon wird niemand satt. Ich sehe ihm zu, wie er ist und trinkt. Dann ist er fertig, sieht in bie Tasse, trinkt den Rest Tee aus und stellt die Tasse weit von sich weg in die Mitte des Tisches.
Schweigen, das ist für ihn nicht peinlich. Worüber sollte man denn auch sprechen? Früher dachte ich: Man muß etwas sagen, man tommt ja zueinander, um miteinander zu prechen. Ich sagte:„ Weißt Du noch damals, Willi?" und dann sprachen wir von der Zeit, wo wir beide im Lazarett Tagen. Aber es ist nicht mehr nötig, davon zu sprechen. Wir wissen auch ohne zu sprechen, darüber Bescheid. Wir sind Freunde. Wir kennen uns. Ich bin Hans Siemsen , ein Dichter weiß das. Und er ist Willi. Genügt das nicht? Wir haben zusammen im Lazarett gelegen. Er tommt mich besuchen. Gr sigt in meinem Zimmer. Er zieht seinen Mantel gar nicht erst aus. Er sagt:„ Was soll es denn Neues geben?"
er
Beilage zur„ Freiheit"
fich mit Ackerbau zu beschäftigen und die Rohstoffe ins Ausland
führen.
Andererseits ist eine schnell anwachsende Konzentration des Bodens in den Händen der Großgrundbefizer, der Kapitalisten und des Staates zu beobachten, was wieder zur Vermehrung der Zahl der landlosen Bauern beiträgt. Die ungeheure Mehrzahl der Bevölkerung dieser Kolonien befindet sich im Zustande der Unterdrückung. Infolge dieser Politit fommt der potentiell in den Boltsmassen vorhandene Geist der Empörung nur bei der dazu zahlenmäßig schwachen intelligenten Mittelklasse zum Ausdruck. Die Bergewaltigung hemmt beständig die freie Entwicklung des sozialen Lebens; daher muß der erste Schritt der Revolution die Beseitigung dieser Vergewaltigung sein. Dem Kampf für den Sturz der ausländischen Herrschaft in den Kolonien helfen, heißt demgemäß nicht, die nationalen Bestrebungen der eingeborenen Bourgeoisie unterschreiben, sondern bedeutet vielmehr, dem Proletariat der Kolonien den Weg zu seiner Befreiung zu ebnen. 7. Es lassen sich zwei Bewegungen feststellen, die mit jedem Tage mehr auseinandergehen. Eine von ihnen ist die bürgerlichdemokratische nationalistische Bewegung, die das Programm der politischen Unabhängigkeit unter Beibehaltung der tapitalistischen Ordnung verfolgt; die andere ist der Kampf der besiglosen Bauern um ihre Befreiung von jeglicher Ausbeutung. Die erste Bewegung versucht, oft mit Erfolg, die zweite zu kontrollieren; die Kom munistische Internationale aber muß gegen eine derartige Rontrolle ankämpfen und die Entwicklung des Klassenbewußtseins der Arbeitermassen der Kolonien muß demgemäß der Sturz des aus ländischen Kapitalismus fein. Die wichtigste und notwendigste Aufgabe jedoch ist die Schaffung fommunistischer Organisationen der Bauern und Arbeiter, um diese zur Revolution und zur Errichtung der Sowjetrepublit zu führen. Auf diese Weise werden die Voltsmassen in den rückständigen Ländern nicht durch die tapitalistische Entwicklung, sondern durch die Entwicklung des Klaffenbewußtseins, unter der Führung des bewußten Broletariats, dem Kommunismus angeschlossen werden.
8. Die reale Kraft, das Fundament der Befreiungsbewegung, läßt sich in den Kolonien nicht in den engen Rahmen des bürgerlich- demokratischen Nationalismus zwängen. In dem größten Teile der Kolonien bestehen schon organisierte revolutionäre Parteien, die in enger Verbindung mit den Arbeitermassen arbeiten. Die Kommunistische Partei muß die Verbindung mit der revolutiorären Bewegung in den Kolonien durch Vermittelung dieser Parteien und Gruppen herstellen, denn sie sind die Borhut der Arbeiterklasse. Gegenwärtig sind sie nicht zahlreich, drücken jedoch den Willen der Massen aus.
9. In der ersten Zeit wird die Revolution in den Kolonien teine tommunistische Revolution fein; wenn jedoch von Anfang an die kommunistische Vorhut an ihre Spike tritt, werden die revolutionären Massen auf den richtigen Weg gebracht werden, auf den sie durch allmähliche Sammlung von revolutionärer Erfahrung das gesteckte Ziel erreichen werden. Es wäre ein Fehler, bie Agrarfrage nach rein fommunistischen Grundsägen entscheiden zu wollen. Auf der ersten Stufe ihrer Entwidlung muß die Revolution in den Kolonien nach dem Pros gramm rein fleinbürgerlicher reformistischer Forderungen, wie: Aufteilung des Landes usw., durchgeführt werden. Daraus aber folgt nicht, daß die Führung in den Kolonien fich in den Händen der bürgerlichen Demokraten befinden darf. Im Gegenteil, die proletarische Parteien müssen eine intensive Propaganda der kom munistischen been betreiben, und bei der ersten Möglichkeit Arbeiter und Bauernräte gründen. Diese Räte müssen in gleicher Weise wie die Sowjetrepubliken der fortgeschrittenen tapitalistischen Länder arbeiten, um den endgültigen Sturz der kapitalisti fchen Ordnung der ganzen Welt herbeiführen.
Betriebsräte
Die Rechte des Betriebsrats
Man schreibt unst
,, Eigenartige Zustände herrschen in bezug auf Betriebratsrechte im Kreistrantenhaus Reinidendorf, dem Landkreis Niederbarnim gehörig. Alle Welt ruft den Arbeitern zu: arbeitet, arbeitet, arbeitet, nur Arbeit tann uns retten. In welcher Weise die gesamte Bourgeoisie Sabotage treibt, um uns an dieser Ausführung zu hindern, weiß jeder Arbeitslose und anständigdenkende Mensch. Dag aber diese Sabotage auch in einer sozialistisch verwalteten Behörde getrieben wird, sollte man nicht für möglich halten. Leider ist es so.
Für die Urlaubsmonate ist hier Aushilfspersonal eingestellt, welches nun von Fall zu Fall zu entlassen ist. Die Belegschaft des Krankenhauses ist der Meinung, daß für viele Aushilfen weiter Beschäftigung vorhanden ist, zumal die Arbeitslosigkeit sehr groß ist. Außerdem werden Personen beschäftigt, welche 1914 nicht in Berlin ansässig waren, diese also schon längst entlassen
Er sieht mich gar nicht weiter mehr an und liest in der Zeitung, die auf dem Tisch liegt. Und das alles bedeutet: Du bist Hans. Und ich bin Willi. Wir sind Kameraden. Wir haben zusammen im Lazarett gelegen.
Was ist da weiter noch drüber zu reden? Freunde brauchen nicht miteinander zu sprechen. Sollte sich aber etwas ereignen, worüber man miteinander spricht, so ist es ja immer noch früh genug.
Sprechen, das ist durchaus nicht leicht. Wenn es nicht Tatsachen sind, über die man spricht, so ist es sehr schwer, sich auszudrücken. Man fann wohl sagen:„ Ich heiße Willi" oder ich habe ein schlimmes Auge". Man kann auch erzählen, was einem passiert. Zum Beispiel: Jcht wollen sie uns die Unterstügung verkürzen, sie haben gesagt, wir friegten
zuviel."
Aber da gibt es noch andere Dinge, über die man wohl nachdenkt, aber über die man nicht spricht. Willi und ich find zum Beispiel befreundet. Aber was soll man darüber sagen? Er tennt alle Worte, die etwas ausdrücken. Aber es gibt Dinge, die man nicht ausdrüden fann.
Dafür sind dann die Schimpfworte da. Mit ihnen drückt man Gefühle aus. Zum Beispiel„ Du Aas". Das ist ein Wort, das an und für sich nichts weiter bedeutet. Man sagt auch von einem Offizier, das ist ein Aas" und das bedeutet dann, dieser Offizier ist ein gemeiner, gefährlicher Kerl, der seine Leute schlecht behandelt. Man muß ganz vorsichtig bei ihm sein.
Und man sagt zu seinem Freunde:„ Du Aas". Und das bedeutet dann ganz etwas anderes.
Willi hat ein noch schlimmeres Wort, mit dem er feine Gefühle ausdrückt. Er sagt:„ Du Armleuchter!" Das muß genügen. Damit kann man Gefühle ausdrücken.
Ich bin seit langem sein bester Freund. Aber das kann man sich ja nicht sagen. Ich habe Dich lieb?" Das sagt man nicht. Er sagt„ Du Armleuchter" zu mir. Das heißt- aber nur, wenn er es zu mir sagt, wenn er es zu anderen sagt, heißt es ganz etwas anderes, das heißt, wenn er es zu mir sagt: Jch habe Dich lieb, ich bin Dein Freund, Du fannst Dich auf mich verlassen." Er legt seine ganze 3ärtlichkeit, all seine Gefühle, all seine Freundschaft in dies rauhe und häßliche Wort. Seine Gefühle sind start und schön, zuverlässig und voller Güte.
Um das Schöne auszudrüden, muß man nicht immer das Schöne wählen.
Mittwoch, 8. September 1920
sein müßten. Den Betriebsrat, der deshalb vorstellig wurde, fertigte man folgendermaßen ab:„ Sie sind jetzt im Betriebsrat und haben nicht nur die Interessen Ihrer Kollegen, sondern auch die der Verwaltung wahrzunehmen. In die Angelegenheiten der Aushilfsbeschäftigten hat sich der Betriebsrat nicht einzumischen. Im Uebrigen hätte die Verwaltung noch gar teine Bestätigung über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats seitens der Kreisverwaltung. Die Zahl der Beschäftigten darf die der im Etat festgesetzten nicht überschreiten."
Alles in allem: der Betriebsrat darf seine Wünsche und auch feine Beschwerden Dorbringen. Berücksichtigung oder gar Mitberatung ist nicht erwünscht, wird also nicht gestattet. Bei Ent lassung verfährt man selbstherrlich und im allgemeinen verschanzt man sich hinter die Kreisverwaltung. Was sagt die Kreisvers waltung dazu, und wie lange soll dieser Zustand andauern? Wie lange soll die Verwaltung das Recht haben, in dieser Weise zu verfahren?
Wir fordern endlich Anerkennung des Betriebsrates, Aufhebung der ausgesprochenen Kündigungen refp. Wiedereinstellung der bisher Entlassenen. Arbeit ist in Hülle und Fülle für Hansund Werkstattpersonal. Das will und tann der Betriebsrat beweisen, wenn er gehört wird. Im übrigen wäre es erwünscht, bei Besuch des Krantenhausturatoriums die Betriebsvertretungen hinzuzuziehen.
Da wir auf verschiedenen Wegen uns kein Gehör verschaffen tonnten, so bitten wir nochmals um Aufnahme dieser Zeilen." Wir kommen dem zuletzt ausgesprochenen Wunsche nach, um sowohl der Verwaltung wie auch dem Kreisausschuß Gelegenheit zu geben, sich zu der Angelegenheit zu äußern.
Betriebsräte!
Am nächsten Montag beginnen in der Räteschule der GroßBerliner Arbeiterschaft folgende Kurse:
Graphische Darstellungen und voltswirtschaftliche Formeln. Dr. Lier. Beginn: 5 Uhr. 3immer 33.
Wesen und Wirkung der fapitalistischen Gesellschaft. Dehring Beginn: 5 Uhr. 3immer 27.
Organisation des modernen Fabritbetriebes. Dehring. Beginn: 7 Uhr. Zimmer 28.
Kraftwirtschaft. Stein. Beginn: 7 Uhr. Zimmer 33.
Bankwesen, Geld- und Warenzirkulation. Meyer. Beginne 7 Uhr. Zimmer 28.
Anmeldungen dazu werden nur noch bis Sonnabend, den 11. September, nachmittags 4 Uhr, angenommen. Wegen bevorstehender Ueberfüllung ist sofortige Meldung anzuraten.
Diejenigen Betriebsräte, die in der Hauptausschußfizung Hörerfarten entnommen haben, werden ersucht, ebenfalls bis Sonnabend dieselben abzurechnen,
Gewerkschaftliches
Der Streik der Rohrleger und Helfer
Die Arbeitsgemeinschaft der Zentralheizungsindustrie, Gas- und Wasserleitungsfachmänner und des Klempnergewerbes GroßBerlins wendet sich mit einem Flugblatt an die Mitglieder ihrer Organisation, in dem diese aufgefordert werden, allen Streifenden die Entlassungspapiere sofort zur Verfügung zu stellen, außerdem diese Arbeitnehmer bei der Krankenkasse abzumelden. Ferner heißt es in dem Flugblatt, daß die Arbeitnehmer in den Streit ge treten seien, trozdem von dem Demobilmachungskommissar noch fein endgültiger Bescheid über die Rechtsverbindlichkeit des Schiedsspruches vom 3. Juli vorgelegen hat. Wir fönnen den Schmerz der Arbeitgeber verstehen, der darin zum Ausdrud kommt, daß die Arbeitnehmer nicht erst die eiligen Arbeiten fertig stellen ließen und dann in den Streit traten. Doch wie standen die Dinge? Der alte Tarifvertrag lief bis zum 31. Mai 1920. Me Bemühungen der Schlichtungskommission, zu einem Ausgleich zu tommen, scheiterten an der ablehnenden Haltung der Arbeitgeber. Diese lehnten erst einen Schiedsspruch des Einigungsamtes des Gewerbegerichts Berlin ab, dann forderten eine ganze Reihe von Firmeninhabern die bei ihnen beschäftigten Rohrleger und Helfer zum Streit auf. Die Organisationsleitung versuchte, einen Ausgleich herbeizuführen. Es wurde der staatliche Schlichtungsauschuß angerufen, diesen Schiedsspruch vom 3. Juli lehnten die Arbeitgeber gleichfalls ab. Bei der Verhandlung vor dem Demobilmachungskommissar am 17. Auguft stellten sie die Bedingung, daß der Vergleichsvorschlag desselben auch für die Klempner gelten solle, obwohl diese bisher einen besonderen Tarifvertrag hatten. Die Annahme des Vergleichsvorschlages des Demobilmachungstommissars wurde also gleichfalls von den Arbeitgebern abgelehnt. Der Demobilmachungstommijar selbst hat bis heute es nicht für notwendig gehalten, irgend welche Antwort auf den Antrag der Rechtsverbindlichkeitserklärung zu geben.
Es ist auch nicht fein, immer ganz genau das zu sagen, was man nun gerade sagen will. Zwei Kameraden streiten sich. Sie reizen sich gegenseitig und werden wütend. Wie soll man sie nun auseinander bringen? Man kann nicht sagen:„ Seid fanft und vertragt Euch!" Man ruft viel besser: Licht aus, Messer raus! Drei Mann zum Blutrühren!"
Das heißt: Kinder beruhigt Euch doch, macht wegen solch einer Kleinigkeit nicht gleich so ein Theater, vertragt Euch lieber!" Und wirklich die beiden vertragen sich.
Es ist nicht leicht, das alles zu wissen. Es ist nicht leicht zu wissen, wann man schweigen und wann man wieder sprechen muß und was man sagen muß in jedem Fall. Aber Willi weiß es. Er schweigt und spricht und sagt genau das, was gesagt werden muß.
Wie wird man befreundet?
Wenn man einander nötig hat. Im Anglid hat man ein ander nötig. Ich war blind. Und Willi war halbblind. Er war an einem Auge verwundet.
Als Junge stellte ich mir wohl vor, wie einem zumute fein muß, wenn man blind ist. Ich ging auf die Straße und machte die Augen zu. Dann ist man plöglich ganz anders als vorher und auch anders als die anderen. Vorsichtig und zaghaft geht man, man ist allein und das Leben der Straße braust und rollt wie etwas fremdes auf uns ein und an uns vorbei. Immer glaubt man: jetzt stößt du an- jetzt und wieder geht jemand vorüber. Noch ein Schritt- und da ist ein Abgrund. Es ist der Rand des Trottoirs, der unferen langsamen Schritt begleitet wie ein gefährliches Tier das zuschnappt, wenn man in feine Nähe kommt. Es ist un möglich, weiter zu gehen, man steht und wagt nicht mehr, sich zu rühren. Wieder kommt jemand auf uns zu? Wir halten es nicht mehr aus und öffnen die Augen.
Aber blind sein das ist ganz anders. Man fann die Augen nicht öffnen, wenn man Angst hat. Aber man braucht fie auch nicht zu schließen. Sie sind geschlossen und bleiben zu. Daran ist nichts zu ändern. Wir fönnen nichts tun Es ist nicht unser Wille, der geschieht. Wir haben keine Ents scheidung zu treffen. Keine Hoffnung beunruhigt uns. Wir nehmen hin. Wir sind ruhig und sicher. Wir denken nichts Jeßt, jetzt mußt du die Augen öffnen!" Wir können sie nicht öffnen und wir find ruhig.
( Fortjehung folgt)