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Lenins Antwort an die USP.
DA. Berlin, 15. September.
Der Berliner Korrespondent der„ Daily News", Mr. J. C. Segrue, hat, wie er der Dena" mitteilt, an Lenin die Anfrage gerichtet, welche Erwiderung die Sowjetregierung auf die von den deutschen Unabhängigen vorgebrachten Angriffe zu geben hätte, ganz besonders, soweit sie die Anklage der Hinrichtungen zahlreicher Gegner des Bolschewismus betreffen. Segrue hat heute daraufhin von Lenin folgendes& unttelegramm als Antwort erhalten:
Ich bitte feststellen zu dürfen, daß die Attacken, die von Mitgliedern des rechten Flügels der deutschen Unabhängigen von der Art des Herrn Dittmann und gewissen Angehörigen der britischen Labour- Party gegen den Bolschewismus geritten werden, mich in teiner Weise in Erstaunen sehen. In der Rede, die ich auf dem letzten Moskauer Kongreß der Kommunistischen Internationale hielt, wies ich nach, daß die Auffassungen und Grundfäge Dittmanns und Crispiens sich durchaus mit denen Kantstys deden. Es ist ganz natürlich, daß Kautsky wie Crispien und Dittmann mit dem Bolschewismus unzufrieden sein müssen. Es wäre in der Tat auch höchst bedauerlich, erregte der Bolschewismus die Zufriedenheit solcher Leute. Es ist nur natürlich, daß solche bourgeoisen Demokraten der vorbezeichneten Art, die sich in nichts von unseren Menschewiti unterscheiden, in dem Entscheidungstampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie sehr häufig im Lager der Bourgeoisie sich finden. Die Hinrichtungen scheinen Dittmanns Empörung erregt zu haben, aber in solchen Fällen, wie er sie im Auge hat, versteht es sich von selbst, daß revolutionäre Arbeiter Mensche= wisten hinrichten, eine Tatsache, die selbstverständlich ihm nicht zusagen tann. Es wäre wahrhaftig eine traurige Sache für die Dritte Internationale , wenn Leute von Dittmanns Art, ganz gleich, ob sie Deutsche , Franzosen oder Engländer find, in ihren Reihen zugelassen würden.
Wenn, wie Sie anführen, ble Berichte der britischen, franzöſischen und deutschen Arbeiterabordnungen über Rußland der Sache des Bolschewismus mehr Abbruch getan haben als alle antibol Schewistische Propaganda zusammengenommen, so nehme ich mit Freuden die logischen Folgerungen daraus hin. Ich mache hiermit ein Anerbieten an die antibolshewistische Bourgeoisie aller Länder. Laßt sie und mich dahin übereintommen, daß Abordnungen aus allen Ländern nach Rußland geIchidt werden, die sich aus Arbeitern, Kleinbauern und solchen Personen zusammenseßen, deren Arbeit dem Kapital einen Profit schafft! Laßt diese Delegationen einen Monat oder zwei in Ruß land bleiben! Wenn die Berichte dieser Abordnungen der Sache ber antibollchemistischen Propaganda förderlich sind, so tann die internationale Bourgeoisie die dadurch entstehenden Unkosten gut und gern tragen. Jedoch, trotz des Umstandes, daß wir in Ruß land arm und schwach find, die Bourgeoisie aller Länder dagegen reich und start, finde ich mich bereit, auf die Sowjetregierung hinzuwirken, daß sie dreiviertel der Ausgaben für bie erwähnten Abordnungen auf ihre Schultern nimmt und es den internationalen Millionären überläßt, nur ein Biertel der Unkosten gez. Lenin zu bestreiten."
Die Antwort, die Lenin auf die Anfrage des englischen Korrespondenten erteilt, befremdet durch die Dürftigkeit ihrer Argumente. Lenin geht von der Voraussetzung aus, daß die Genossen Dittmann, Crispien usw.„ Attaden gegen den Bolschewismus geritten" hätten. Das ist feineswegs ber Fall. Die genannten Genossen haben es lediglich als ihre Pflicht betrachtet, die Verhältnisse in Rußland , nach persönlicher Kenntnisnahme, so darzustellen, wie sie find, ohne in jene Boreingenommenheit oder Schönfärberei zu perfallen, die in Westeuropa und namentlich in Deutschland so viele falsche Vorstellungen über Rußland erweckt haben. Sie haben hierbei gegenüber den russischen Genossen jene 3urüdhaltung geübt, die man einer fämpfenden proletarischen Partei schuldet, die man aber vergeblich in der Stellung nahme der russischen Kommunisten gegen unsere Partei suchen würde. Und sie haben ferner stets auf die Eigenart der russischen Verhältnisse und auf die durch äußeren und inneren Krieg hervorgerufene 3wangslage der rust Schen Kommunisten hingewiesen.
Es ist nun besonders interessant, daß Lenin die über Sowjetrußland vorgebrachten Tatsachen in feiner Weise bestreitet. Wenn Lenin statt sachlicher Argumente Crispien und Dittmann als bourgeoise Demokraten" beschimpft, so ist das gegenüber Genossen, bie seit Jahrzehnten auf exponierten Posten der deutschen Arbeiterbewegung die Grundsäge des revolutionären Sozialismus vertreten haben, wirklich sehr abgeschmact.
Urwahl der Delegierten zum Partei
Die am 14. b. M. tagende Borstände konferenz des Bezirks Teltow Beestow beschäftigte sich mit dem bevorstehenden Parteitag und beschloß einstimmig, die Delegierten zum Parteitag in Halle durch Urwahl wählen zu lassen. In der Distusfion wurde von allen Rednern zum Ausdrud ge= bracht, daß es besonders im Hinblick auf die zur Entscheidung stehende Frage, Annahme oder Ablehnung der Moskauer Bedingungen, darauf antomme, eine einwandfreie Willenserklärung schon bei der Wahl der Delegierten zum Ausdrud zu bringen. Es wird zweifellos der Gesamtwille der Mitgliedschaften in mehr oder weniger gut besuchten Mitglieder- und Bezirksgeneralversammlungen nicht so in Erscheinung treten, wie es im Interesse der Klärung notwendig erscheint. Sicher ist darauf zu rechnen, daß die Beteiligung an einer Urabstimmung eine bedeutend größere und von äußeren Einflüssen und Stimmungen weniger beeinflußte sein wird.
Die Aufstellung der Kandidaten geschieht in den einzelnen Generalversammlung des
Ortsgruppen. Es wurde dringend befürwortet, in den Orten sich auf eine möglichst geringe Anzahl Vorschläge zu beschränken, um die Liste nicht gar zu groß werden zu lassen. Als Delegierter zum Barteitag fann nur aufgestellt werden, wer mindestens 5 Jahre in der Arbeiterbewegung politisch organisiert oder, wem das wegen seiner Jugend nicht möglich war, mindestens seit der Gothaer Konferenz Mitglied der U. S. P. ist.
Die in den Ortsvereinen vorgeschlagenen Kandidaten sind dem Bezirksbureau schriftlich bis spätestens den 30. September einzureichen, mit dem Hinzufügen, ob der Betreffende für oder gegen die Moskauer Bedingungen und wie lange er politisch organisiert ist. Die eingelaufenen Vorschläge werden vom Be zirtsbureau zusammengestellt und einer Bezirksgeneral. versammlung vorgelegt, die am Sonntag, den 3. Ottober stattfindet. Diese Bezirksgeneralversammlung, die zu den Mostauer Bedingungen sich äußern wird und über etwaige Anträge und Resolutionen der Ortsvereine zu beschließen hat, soll auch die eingegangenen Kandidaten- Vorschläge fichten und zwei Listen aufstellen, eine für, eine gegen die Aufnahmebedingungen. Auf Grund dieser, von der Bezirksgeneralversammlung endgültig festgelegten Listen werden am 9. und 10. Ottober die Delegierten zum Parteitag nach dem Verhältniswahlsystem gewählt. Dadurch besteht die Gewähr, daß jede Richtung ihrem Stärteverhältnis entsprechend Mandate erhält. Es wurde in der AusSprache darauf hingewiesen, daß in allen anderen Bezirken auch nach diesem Schema die Wahlen vorgenommen werden möchten, um ein möglichst flares Bild über die Stellungnahme aller Mitgliedschaften schon auf dem Parteitag zu erhalten. Das Zentralkomitee wurde ersucht, in diesem Sinne an die Bezirke heranzutreten.
Es wurde festgelegt, alle Mitglieder des Bezirks durch vom Bezirksbureau zu liefernde Handzettel auf die Urwahl hinzuweisen, unter näherer Bezeichnung des in Betracht tommenden Wahllotals und der Wahlzeit. Die erforderlichen Stimmzettel werden rechtzeitig vom Bezirksbureau an die Ortsvereine ausgegeben werden. Den örtlichen Organisationen wurde aufgetragen, umgehend die nötigen Borbreitungen zu treffen.
Die Anzahl der Delegierten zur Bezirksgeneralversammlung bleibt dieselbe, wie bisher: auf jedes angefangene 500 der Mitglieder ein Delegierter.
Aus den Berliner Parteiorganisationen
Generalversammlung 4. Distrikt
Die startbesuchte Generalversammlung des vierten Distrikts nahm am 14. September Stellung zur Frage der dritten Internationale. Auf Antrag der politischen Kommission war zu der Bersammlung fein Referent zugelassen. Nach lebhafter Dis fussion bei beschränkter Redezeit ging der Bersammlung die fol gende Resolution zu:
Die Generalversammlung des vierten Distriktes etflärt fich nach ausgiebiger Distusfion für den Anschluß an die dritte Internationale, denn jeder wahrhaft revolutio= näre Genosse und die von solchen zusammengefügte Partei, welche eine Dittatur als im gegenwärtigen proletarischen Klaffentampf als notwendig anerkannt und für geboten hält, muß die in den 21 Punkten festgelegten Bedingungen als Richtung angebend ebenfalls anerkennen. Jede weitere reformistische Tätigkeit inner halb der Partei wirft lähmend auf die Attionstraft innerhalb der U. S. B. D., darum unbedingten Anschluß an die dritte Inter nationale.
Die Resolution wurde unter starkem Beifall mit über zwei Drittel Majorität angenommen. Außerdem ein Antrag, der fordert, daß die Delegierten zum Parteitag wie beim letzten Male durch die Distrikte und nicht durch die Verbandsgeneralversammlung gewählt werden.
Stellungnahme des 5. Distrikts
Der 5. Diftrift nahm am Mittwoch in einer sehr gut besuchten Bersammlung Stellung zu dem Anschluß an die dritte Internationale. Nach dem Referat der Genossen Hery, das die Zu stimmung der großen Mehrheit der Versammlung fand und dem Korreferat des Genossen Weyer, wurde beschlossen, die Diskussion in der nächsten Woche fortzusehen,
Generalversammlung der USP. Pankow
Die von etwa 700 Parteimitgliedern besuchte Generalversamm
lung der U. S. P. D. in Pantow nahm nach einem eingehenden Referat des Genossen Eichhorn und dem Korreferat des Genoffen Richter, nachdem in ausgiebiger Diskussion dafür und bagegen gesprochen wurde, folgende Resolution mit über wältigender Mehrheit gegen vereinzelte Stimmen an:
Die am 15. September tagende Generalversammlung der Orts gruppe Berlin - Pantow erklärt sich mit den Mostauer Bedingun gen durchaus einverstanden. Sie erfennt in ihren Grundfägen und in dem Anschluß an die dritte Internationale die notwendige Boraussetzung, gemeinsam mit Sowjetrußland in Deutschland und in allen Ländern die Weltrevolution siegreich
weiterzutreiben."
Denkschrift über die Lage des Arbeitsmarktes in Deutschland
Bom Reichsarbeitsminsterium wird uns mitgeteilt: In der Sigung des volkswirtschaftlichen Ausschusses des Reichstages am 9. 6. M. hat der Reichsarbeitsminister eine Dentschrift des Reichsamtes für Arbeitsvermittlung über die Lage des Arbeits marties in Deutschland überreicht. Die Denkschrift behandelt in zusammenhängender Darstellung den Umfang der Erwerbslosigkeit, welche mit einer Unterstützung aus öffentlichen Mitteln verbunden ist, sowie den weit größeren Umfang der Arbeitslosigkeit überhaupt. Sodann werden die Gründe für das Ueberangebot an Arbeitsträften auf zahlenmäßigen Unterlagen erörtert. Ferner wird auf den Rüdgang der Arbeitsgelegenheit in Jndustrie, Gewerbe, Handel und Berfehr hingewiesen und di erfreuliche Zunahme der Arbeiterschaft in Landwirtschaft und Bergbau, trotz der zu überwindenden Schwierigkeiten hervorgehoben. Endlich gibt die Denkschrift Aufschluß über die Maß nahmen der produttiven Erwerbslosenfürsorge und ihre Grenzen.
Bei dem Interesse, das die Denkschrift in weiten Kreisen findet, ift die große Zahl der Abdrude bereits vergriffen. Die Dent schrift wird jedoch in der Oftober- Nummer des Reichsarbeitsblattes, welches nunmehr als Amtsblatt des Reichsarbeitsministeriums und des Reichsamtes für Arbeitsvermittlung in völliger Umgestaltung erscheinen wird, zum Abdrud gelangen. Bestellungen sind an den Berlag Reimar Hobbing , Wilhelmstr. 30-32, zu richten.
Der Rest der Montagsizung wird ausgefüllt mit dem letzten Teil des Geschäftsberichtes des Vorsitzenden Scheffel. Er behandelt ansführlich die Tätigkeit des Verbandsvorstandes bei der Besoldungs. reform und der damit in Zufammerbang stehenden Regelung der Einkommensverhältnisse der Diätare. Durch unseren Einfluß wurde die Einteilung der Beamten in untere, mittlere und obere Beamte beseitigt. Redner behandelt weiter die Verschmelungsfrage mit den gegnerischen Organisationen. Der Busammenschluß mit dem Deutschen Berkehrspersonal- Verband brachte der Organisation 110 000 neue Mitglieder. Die Verhandlungen mit den Gewerkschaftskartell Deutscher Staatshandwerker, Arbeiter, Fach- und Spezialverbände haben leider fein befriedigenbes Ergebnis gehabt. Die in betracht fommenden Verbände mit ungefähr 28 000 Mitglieder verlangen eine Selbständigkeit innerhalb der Einheitsorganisation, die wir aus gewerkschaftlichen Gründen nicht zugestehen fönnen. Wir wissen aber heute, was wir von den Talmigewerkschaften zu halten haben und werden uns bementsprechend einrichten. Die Entwickelung des Verbandes wird dadurch jedenfalls nicht aufgehalten werden.
In seinen Schlußausführungen bespricht der Berichterstatter die Saltung des Verbandsvorstandes zu den Truppen- und Munitions transporten und zu der Frage der internationalen Eisenbahner. bewegung. Zu den Grenzftreitigkeiten hebt er hervor, daß solche bestehen mit den Holzarbeitern, Metallarbeitern und Transport arbeitern. Mit den letzteren besteht Aussicht, eine Arbeitsgemeins schaft zu bilden. An der Errichtung und Finanzierung von Fachs schulen für Eisenbahner hat sich der Verband ebenfalls beteiligt. Scheffel schließt seinen Bericht mit dem Hinweis, daß der Verband tein Juftrument in. den Händen der Drahtzieher der Kommunisten werden darf.
Aus dem Bericht, den der Hauptkassierer Dräger erstattet, ist hervorzuheben, daß die Finanzen des Verbandes gute sind. Dte Einnahmen betrugen im Jahre 1919 fast 9 Millionen Mart, die Ausgaben rund 4 Millionen. Das Bermögen beziffert sich auf 8%, Millionen Mart.
Den Pressebericht erstattet der Redakteur Ros ur; er betont, daß die Redaktion es bisher abgelehnt hat, das Gewerkschaftsblatt zum Tummelplay politischer Leidenschaften zu machen. Die Anträge, die sich mit der Schreibweise des Deutschen Eisenbahner" befaffen, und eine schärfere Hervorhebung des Klaffenkampfstandpunktes und eine revolutionäre nach links gerichtete Orientierung verlangen, werden taum Berücksichtigung finden tönnen. Das Schicksal des radikalften Berfechter des Mätegedankens, Nichard Müller, zeigt, daß auch ein sehr radikal gesinnter Redakteur es den Ueberradikalen nicht recht machen kann. Die Redaktion hat den gestellten Auforderungen entsprochen, indem sie ihre Aufgabe erblickte, in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung und der Verwaltungsorgane im Sinne der Durchführung der in den Verbandsfagungen feft gelegten Biele, in der Aufklärung der Mitglieder, threr Bildung und Erziehung, in der Abwehr gegnerischer Angriffe und in der Information der Mitglieder durch den Borstand.
Die Revisionstommission erklärt durch den Berichterstatter Heinrich- Harburg, daß die Prüfung der Kassenverhältniffe peinliche Ordnung ergeben habe.
Es ist folgendes Telegramm aus Erfurt eingegangen: Kühn verhaftet, Demonstration vor Amtsgericht stattgefunden, ohne Erfolg. Weitere Aftionen find zu erwarten. Verbandstag muz Stellung nehmen. Bohring, Roehring."
Der Vorsitzende teilt mit, daß eine Delegation aus Ers furt eingetroffen ist, die dem Verbandstag Material vorzulegen hat. Es wird beschlossen, zur Prüfung der Verhältnisse eine Kommission zu wählen, der die Erfurter ihr Material vortragen Jollen.
Sodann wird eine Resolution vorgelegt, die folgenden Wortlaut hat:
Die außerordentliche Generalversammlung des D. E. V. verurteilt auf das Entschiedenste die Entlassung der Kollegen in Erfurt und die etwa noch zu erwartenden Entlassungen in anderen Orten von Kollegen, die nur im Sinne des internatio nalen Gewerkschaftsbeschlusses, hinsichtlich der Kontrolle der Transporte, gehandelt haben.
Kommt die neutralitätsbrüchige Regierung der Forderung nicht nach, so werden die Eisenbahner ihre Solidarität mit den Entlassenen durch alle zweckdienlichen Mittel zum Ausdruck bringen und den Kampf, der ihnen vom Minister durch seine Saltung aufgezwungen wurde, aufnehmen."
Zur Kontrolle der Bahnen
Itegt folgende Entschließung vor:
,, Die Generalversammlung des D. E. B. beauftragt die Kontrollkommissionen, daß sie die Ueberwachung des Verkehrs nach wie vor nach den Richtlinien des internationalen Gewerkschaftsbundes vornehmen, daß sie Richtlinien der Reichsregierung nur soweit anerkenne, soweit sie sich mit ersteren Richtlinien deden."
Zur Sichtung der ftrittigen Fragen zieht sich die Kommission zurück und es wird einstweilen bas
Korreferat
Don Stüber Elberfeld entgegengenommen. Der Redner erörtert zunächst die Lohnpolitit des Verbandes, die den Interessen der Eisenbahner nicht allenthalben entsprochen hat. Selbstverständlich zetern die Bürgerlichen über den großen Defi zit der Eisenbahnen, doch sei es grundfalsch, darauf Rückficht zu nehmen. Denn für das Defizit der Bahnen sind andere Ursachen maßgebend als die angebliche Begehrlichkeit der Arbeiter. Man mende sich an die Kriegsanzettler und die RevoTutionsgewinnler. Das Existenzminimum der Eisenbahner ist in feiner Weise gewährleistet. Der Verschleppungs politif der Regierung ist zuviel Rechnung getragen worden. Auch in bezug auf die Entlassungen bei den WerkstättenschlieBungen müsse eine durchaus reattionäre Politit der bürgerlichen Parteien und der Regierung festgestellt werden. Zwar werde immer gefagt, es solle teine Politit getrieben werden, doch wenn man sehe, daß in großen Werkstätten aus durchsichtigen Gründen bis zu 97 Prozent der Entlassenen U. S. P.- Leute waren, dann weiß man, wo und wie Politik getrieben wird. Angesichts der Mißstände und der ungeheuren Notlage der Eisenbahner verurteilt es Redner, daß gegen Mitglieder vorgegangen worden ist, die sich einmal nicht genau an die Beschlüsse gehalten haben. Wenn es hie und da zu Einzelaktionen gekommen ist, so war das verständfich. Man müsse die Verwerflichkeit des Gedingeverfahrens ansehen; den Umstand, daß dabei nicht die Tüchtigkeit der Arbeiter maßgebend ist, sondern Kriecherei und Profeffion, wenn etwas verdient werden soll, um die Erregung weiter Eisenbahnerkreise zu begreifen. Man müsse bebenten, daß ein Teil Werkstätten geschlossen worden sind, obwohl Arbeit genug vorhanden war. Man hat überdies zur selben Zeit die Arbeit an die Privatindustrie vergeben. Große Summen sind ausgegeben worden, aber die gelieferten Artikel waren zum guten Teil nicht gebrauchsfertig. Kein Wunder! Sind doch die meisten Regierungsräte bei der Eisenbahn in der Privatindustrie als Attionäre materiell interessiert.
Weiter wurde beschlossen, die Urwahl am Sonnabend, den 9. Ottober von 5 bis 9 Uhr nachm. und am Sonntag, den 10. Oktober von 10 Uhr vormittags bis 1 Uhr mittags stattfinden zu lassen. Kleineren Ortsgruppen ist es gestattet, durch Beschluß einer Mitgliederversammlung die Wahlzeit zu verkürzen. Die Festsetzung der Stimmbezirke bleibt den Ortsvereinen überlassen, jedoch muß Gewähr geschaffen werden, daß jedes Mitglied in der festgesetzten Zeit sein Wahlrecht ausüben tann. Für jedes Wahllotal ist ein Wahlvorstand von mindestens fünf Mitgliedern zu bestimmen, der, wenn irgend möglich, aus den Anhängern beider Richtungen zusammengesezt werden soll. Der Wahlvorstand wählt aus seiner Mitte einen Obmann und regelt die Verteilung der Funktionen. Er ist voll und ganz für einwandfreie Durchfeber Wabler, bez ich als solcher burch Mitgliedstarte oder Buch Der Hamburger Hafenarbeiterkonflikt nicht billigen, daß durch Einzelaktionen die Arbeiten von Lohnführung Wahlhandlung verantwortlich. Im Wahllokal muß der
auszuweisen hat, in eine Lifte eingetragen werden. Wahlberech= tigt ist, wer bis Juni 1920 einschl. seine Beiträge bezahlt hat, wählen kann jeder nur in dem Bezirt, in dem er eingeschriebenes Mitglied ist. Jedes Mitgliedsbuch muß mit dem Vermert„ Gewählt" versehen werden. Ohne Mitgliedsbuch oder Karte" tein Wahlrecht. Nach Beendigung der Wahlhandlung sowohl am Sonnabend als auch am Sonntag sind die Wahlresultate zu ermitteln, schriftlich niederzulegen und vom gesamten Wahlvorstand zu unterschreiben. Die Resultate sind unverzüglich mit den geführten Listen seitens der örtlichen Leitungen zu sammeln und dem Be= 8irtsbureau bis spätestens Montag, den 11. Oktober, abends 7 Uhr zu überweisen,
Wir haben die wesentlichsten Angaben dieser Dentschrift über den Umfang der Arbeitslosigkeit bereits in unserem Artifel vom 9. September wiedergegeben. Allen mit der Erwerbslosenfrage. beschäftigten Genossen können wir das Studium der Denkschrift nur empfehlen, da sie wertvolle Angaben enthält.
Die„ Telegraphen- Union" meldet aus Hamburg : Die in der Obmännerfigung beschlossene Urabstimmung hat am gestrigen Mittwochabend in 12 Lokalen stattgefunden. Es haben insgesamt 7133 Hafenarbeiter ihre Stimme abgegeben. Dafür waren für die Annahme des Berliner Schiedsspruches und gegen den Streit 4700 Stimmen. Für die Ablehnung des Schiedsspruches und für den Streit wurden 2359 Stimmen abgegeben. Damit ist der Schiedsspruch, der eine Erhöhung der Teuerungszulage um drei Mark vorsieht, mit überwältigender Mehrheit an= genommen. Die Wiederaufnahme der Arbeit im Hamburger Hafen soll am heutigen Donnerstag erfolgen,
Redner tritt für die Einheit der Organisation ein und kann es tommissionen gestört werden. Warum sind aber die Kollegen mit dem Reichslohn tarif nicht zufrieden? Weil er, abgesehen davon, daß der Lohn überhaupt zu niedrig festgesetzt ist, eine ungerechte Gruppeneinteilung enthält und auch für die Kollegen der besetzten Gebiete große Ungerechtigkeiten enthält. Die jetzige Teilung nach Wirtschaftsklassen bedürfe ebenfalls der Kritik. Die Arbeiten der Gewerkschaft, so führt Redner zum Schluß aus, dürfen das Tempo der Güterzüge, wie bisher, beibehalten, auch Schnellzugspolitik werde nicht förderlich sein, aber der Mittelweg müsse gewählt werden. Kritit sei nötig, gerade um auch den legten Eisenbahner dem Verband zuzuführen! ( Stürmischer Beifall.)