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Einzelpreis 30 Pfg.
3. Jahrgang
Ste Breiheit erfcheint morgens und nachmittags, Sonntags und Montags nur einmal. Der Bezugspreis beträgt bei freier Buftellung ins Haus für Groß- Berlin 10,-. im voraus zahlbar, von der Spedition selbst abgeholt 8,50 M. Für Poft bezug nehmen fämtliche Postanstalten Bestellungen entgegen. Unter Streifband bezogen für Dentschle nd und Defterreich 16,50 m., für das übrige Ausland 21,50 m. ugliglich Baluta- Aufschlag, per Brief für Deutschland und Desterreich 30,-. Rebektion, Egpedition und Berlag: Berlin 2, Breite Straße 8-9.
Nummer 392 Sonntag, 19. September 1920
.
Morgen- Ausgabe
Ole achtgespaltene Monpareillegelle oder beren Raum koftet 5,- M. einfchließlich Eeungszuschlag. Kleine Anzeigen; Das fettgedruckte Wort 2- M., jebes weitere Mort 1,50 M., einschließlich Teuerungszuschlag. Laufende Anzeigen lant Tarif. Familien Unzeigen und Stellen- Gesuche 3,20 m. netto pro Zeile. Stellen Gefuchs in Wort- Anzeigen: bas fettgedruckte Wort 1,50 m., jebes weitere Wort 1,- M Fernsprecher: Bentrum 2030, 2645, 4516 4603, 4635, 4640, 4821.
greiheit
der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands
Das Gleiten der Mark
Seit Juni dieses Jahres sinkt der Kurs der Mark und die
ausländischen Zahlungsmittel werden teurer. Seit einigen
Franzöfifch- ungarisches Geheimabtommen
Tagen hat sich diese Bewegung verstärkt. Man zahlte für: Der Wortlaut des Abkommens
100 holländische Gulden
1 Dollar
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Ende Januar 4196 Mt. 100 1798
"
23. Juni
1 800 Mr. 36,75 670
"
17. September 2028 Mt.
64,93
1 041
100 Schweizer Francs Die Gründe für diese Erscheinung find mannigfacher Natur. Freilich läßt sich ein wirklich erattes Bild deshalb schwer gewinnen, weil unsere wirtschaftliche Berichterstattung völlig versagt. Insbesondere werden die Außenhandelsziffern, die Steuereingänge und andere für die Beurteilung unentbehrliche Zahlen von den Aemtern als süßes Geheimnis gehütet oder so spät bekannt gegeben, daß fie mehr historisches als ökonomisches Interesse haben. Immerhin tann man vermuten, daß ein Rüdgang des Exports statt gefunden hat, so daß wir unseren Einfuhrbedarf in geringetem Maße mit Waren begleichen fonnten und eine BerIchlechterung der Handelsbilanz eingetreten ist. Bugleich haben wir mit einer stärkeren Einfuhr, vor allem von Lebens- und Futtermitteln für die nächste Zeit zu rech nen, für die größere Käufe von ausländischen Zahlungsmitteln vorgenommen werden. Auch die plögliche Lockerung der Zwangswirtschaft durch die Politik des Ernährungsministers Hermes, die zur Freigabe der Einfuhr bestimmter Futtermittel geführt hat, ist von einiger Bedeutung.
Dazu kommen spekulative Momente. Die Verschiebung der Genfer Konferenz bedeutet, daß die Festsetzung der Zahlungsverpflichtungen Deutschlands an die Entente wieder hinausgezögert wird. Solange diese Verpflichtun gen aber nicht bekannt sind, ist auch die Erlangung größerer internationaler Kredite außerordentlich erschwert. Dazu tommt, daß innerhalb der Entente aus verschiedenen Gründen der Einfluß Frankreichs erstarkt ist. Das alles läßt die internationale Spefulation ein weiteres Sinken der Mark wahrscheinlich erscheinen und die Mark ist heute im Aus: land, insbesondere auch in den Vereinigten Staaten , viel leicht das beliebteste Spekulationspapier.
Das alles sind aber Momente, die erffären, warum das Gleiten der Mart gerade jetzt eintritt. Der entscheidende Grund ist anderswo zu suchen. Es ist die miserable Finanzwirtschaft Deutschlands , und deshalb tommt das Sinten der Mart auch für feinen Einsichtigen überraschend. Es konnte gar nicht anders kommen, und es wird nicht anders werden, bevor nicht mit dieser unverant: wortlichen Wirtschaft Schluß gemacht wird. Das muß umso schärfer betont werden, da es sich bei der Finanzpolitik um ein Gebiet handelt, das unserer eigenen Einwirkung bis zu einem hohen Grade unterliegt und wir dabei nicht wie bei den Bewegungen der Zahlungsbilanz abhängig sind von schwer zu beeinflussenden ökonomischen oder sozialen Not: wendigkeiten oder dem Willen des Auslands, uns Kredite
( Eigene Drahtmeldung der Freiheit".) Wien , 18. September. Die hier erscheinende ungarische Zeitschrift„ Az Embre" vers öffentlicht den Tegt einer wirtschaftlichen und militä.
en konvention, die zwischen Horthy und der franöisen Regierung abgeschlossen worden ist. Nach dieser
Ronvention werden die ungarischen Staatsbahnen für 50 Jahre an eine französische Aktiengesellschaft verpachtet, die von den Attionären der Firma Schneider und Creuzot gebildet wird. Die ungarische Regierung muß bis zum 1. Januar 1921 den Bersonen
tarif auf das Fünffache und den Gütertarif auf das Achtfache er höhen. Stimmt das Parlament dem Bertrag nicht zu, so muß die Rationalversammlung aufgelöst und der Vertrag auf dem Wege der Verordnung verwirklicht werden.
Der politische Vertrag gestattet der ungarischen Regierung die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und die Einberufung der Jahrgänge 1890 bis 1900. Die französische Regierung ist berechtigt, die Stärke der ungarischen Wehrmacht zu Regierung ist berechtigt, die Stärke der ungarischen Wehrmacht zu ontrollieren. Die französische Regierung ist bereit, beim Böller bund zu beantragen, daß die im Friedensvertrage festgesetzten bund zu beantragen, daß die im Friedensvertrage festgesezten Grenzen Ungarns überprüft werden.
Der dritte Teil des Abkommens enthält die Militärton vention zwischen Ungarn und Frankreich , wonach Ungarn die Bereitschaft ausspricht, eine Armee von 150 000 Mann auf zustellen, während Frankreich für die Ausrüstung Sorge zu tragen hat. Die Armee untersteht im Feldzug gegen Sowjet Rußland dem französischen Oberbefehl.
pas, ber einer der wichtigsten Edpfeiler seiner Friedens schlüsse ist.
Zeigen diese Teile des ungarisch- französischen Abkommens den eigentlichen Charakter der auswärtigen Politik des imperialistischen Frankreichs , so fennzeichnet der Inhalt des wirtscha Lichen Abkommens die ökonomischen Wurzeln der reaftsmären Politik Frankreichs . In diesem Vertrage, wie in dem Geheimabkommen zwischen Frankreich und General Wrangel, zeigt es sich, daß die französischen Banken
und die französische Schwerindustrie die auswärtige Politit Frankreichs beherrschen. Genau so wie Wrangel die Hilfe Frankreichs durch die Preisgabe der wirtschaftlichen Zukunft Südrußlands erkaufen mußte, muß die Horthy - Regierung fich bereit erklären, die ungarischen Staatsbahnen den Attio nären der Firma Schneider und Creuzot auszuliefern, die ihre Fangarme auch nach Ungarn ausstreden wollen. Es ist nur eine pifante Einzelheit, daß gleichzeitig gefordert wird, die ungarische Rationalversammlung müsse aufges löst werden, wenn sie diesem Vertrage nicht zustimmen wolle. Die Bantokratie, die die französische Republik beherrscht, schert sich eben nicht um solche Kleinigkeiten, wie das Selbsts bestimmungsrecht eines Parlaments oder die„ Demokratie", die sie sonst so gerne im Munde führt.
Es unterliegt feinem Zweifel, daß das ungarisch- französ fische Geheimabkommen weittragende internationale Verwidelungen nach sich ziehen wird. Es ist in erster Linie nun die Aufgabe des französischen Proletariats, bie Regierung wegen dieses Abkommens our Rechenschaft zu ziehen und eine machtvolle Attion gegen seine Annahme einzuleiten.
Der hier wiedergegebene Inhalt des ungarisch- französischen Geheimvertrages bestätigt die Nachrichten, die seit einiger Beit über die Verhandlungen zwischen Ungarn und Frank reich im Umlaufe waren. Er zeigt das hartnädige Bestreben des französischen Imperialismus, sich in dem weißgardisti gennachrichten über Rußland . Das letzte Erzeugnis schen Ungarn , neben Polen , ein Bollwerk zu schaffen, auf das sich die aggressive Politit Frankreichs gegen Sowjetrußland auch in Zukunft stügen tann.
Mostau, 18. September. Französische Funkenstationen verbreiten wiederum lächerliche ihrer Phantasie ist ein angeblicher Bericht von Kopenhagen , welcher besagt, daß in Petersburg legtens eine Revolu tion ausgebrochen sei, bei welcher mehrere Bolfskommissare ge tötet und in die Newa geworfen worden seien.
Selbstverständlich hat sich nichts derartiges ereignet.
Weber bort noch in irgend welchen anderen Teilen Rußlands find Unruhen ausgebrochen; alle Volkskommissare find auf ihren Bosten. Obige Erzählung gehört zu der Reihe von Lügen, die von ausländischen Reaktionären jedesmal dann herausgegeben werden, wenn fie enttäuscht sind, so wie jetzt an der polnischen Front, wo sie hofften, daß man mit Gewalt ein reaktionäres Ruß land errichten fönne.
Um den Preis der militärischen Unterstützung der ungarischen weißen Garden find die französischen Militaristen sogar bereit, eine Revision der Bedingungen des Friedensver. trages in Aussicht zu stellen. Es bedeutet nicht viel, daß Frankreich bloß beim Völkerbund beantragen will, daß die im Friedensvertrag festgesetzten Grenzen Ungarns überprüft werden, denn diese Grenzen wurden festgesetzt unter dem Drud jener Nachbarn Ungarns , die sich durch ihre Haltung den Anspruch auf Teile des früheren ungarischen Gebietes erworben hatten. Wichtig jedoch ist das prinzipielle Eingeständnis des franzöfifchen Imperialismus, daß er über die Festsetzung der Grenzen mit sich reden lassen will, wenn feine fonterrevolutionäre Politik durch die Aufstellung miliDer Grund zu dem deutschen Finanzelend ist bereits im tärischer Hilfskorps unterstützt wird. Ein weiteres wichtiges Kriege gelegt worden. Der gewissen- und verantwortungs- Zugeständnis, das denselben Motiven entspringt, ist die Einwilligung zur Beibehaltung der allgemeinen Wehr= lose Helfferich hat während des Krieges wirksame neue Gteuern verhindert, um die Besigenden bei guter Kriegs: pflicht und der Einberufung von zehn Jahrgängen in Un- Tschitscherins Aeußerung die roten Truppen an der Curzon- Linie laune zu erhalten. Der Krieg wurde nur durch Schulden- garn. Mit dieſem Jugeständnis durchbricht der französische machen finanziert, und an dieser verbrecherisch leichtfertigen Militarismus den Grundsatz der Entwaffnung MitteleuroPolitit selbst dann noch festgehalten, als längst jede Aussicht auf die von Helfferich frivoler Weise in Rechnung gestellte Kriegsentschädigung längst geschwunden war.
einzuräumen.
Nach der Revolution drängten unsere Vertreter in der Regierung mit aller Energie darauf, daß eine Reihe Befizſteuern sofort ausgearbeitet und in Kraft gesetzt würden. Bergeblich! Als man den damaligen Reichsschasekretär Schiffer und sein Finanzministerium so weit gebracht hatte, ie Gesetzesvorschläge dem Rat der Voltsbeauftragten vorzuegen, fand der Austritt unserer Genossen aus der Regierung tatt. Die Vorlagen blieben liegen. Rechtssozialisten und ürgerliche Parteien wurden allesamt schrecklich gute Demoraten und erklärten, nur die Nationalversammlung dürfe die Steuergesetze beschließen. Schiffer und dann Dern: burg , die„ demokratischen" Ausgaben des Helfferich, wie dieser vor allem Vertreter des Besitzes, afzeptierten mit Freuden das Programm des Nichtstuns, in ihrer Untätigkeit begeistert unterstützt von dem ganzen Ministerium, in dem bis heute noch der ganze alte Stab der Beamten und der alte Geist der Vorkriegszeit weiterlebt. Erst Erzbergers Uebernahme des Ministeriums änderte die Situation. Er padte die Aufgabe wenigstens mit der nötigen Rücksichtslosigkeit an. Er fand in dem Ministe: rium wenig brauchbare Vorarbeiten, so grotest das auch flingt, und noch weniger willige Unterstützung. Kein Wun ber, daß seine Steuern nichts weniger als eine großzügige und einheitlich gedachte Finanzreform darstellen, sondern eine ziemlich wahlloje Sammlung aller möglichen guten und schlechten Steuern, daß technische Mängel nicht vermieden find. Aber es schien doch wenigstens, daß endlich ein Anfang gemacht sei.
Da sezte der Feldzug der Deutschnationalen und ihres Selfferich ein. Erzberger wurde beseitigt und seitdem stodt
TU. Mosta u, 18. September. Tschitscherin erklärte in einem Interview einem englischen Pressevertreter, daß die Sowjetregierung eine Boltsabstim mung in der Ukraine über das Regierungssystem für übers flüssig halte. Die Utrainer hätten bereits dreimal Gelegenheit| gehabt, durch Annahme des Sowjetsystems ihren Willen klar zum Husbrud zu bringen. Bei einer neuen Offensive würden nach nicht halt machen, da man Polen zu einem Frieden zwingen milife.
wieder alles. Die Besitzenden Deutschlands . Das bisherige Versagen der Steuererhebung verdirbt natreiben eine foamlose Steuerfabotage. Sie türlich alle Kreditaussichten und ruiniert immer weiter die schreien über die unerträglichkeit der Steuersäge und haben Staatsfinanzen. Die schwebenden Schulden sind unheimlich ein ganzes System der Steuerdefraudation fich zurechtgemacht. gewachsen, es gibt Wochen, in denen der Notenumlauf um In England sind noch während des Krieges die Befizsteuer- 1% Milliarden Mark zunimmt. Die Notenflut, die Inflation läge auf ähnliche Höhe festgelegt worden. Dort werden sie steigt und steigt und die selbstverständliche, und allen ökono auch wirklich gezahlt. In Deutschland blieben sie auf dem mischen Gesetzen unentrinnbare Folge ist ein Sinten der Papier. Wenn die deutschen Steuern wirklich erhoben wür- Kaufkraft der Mart und ein Steigen der den, würde sich ein Durchschnitt pro Kopf von etwa 550 reije. Papiermart ergeben. In England beläuft sich die wirkliche Aufbringung pro Kopf auf etwa 400 Goldmark!
Das bedeutet vielleicht zunächst eine Erleichterung des Exports, gesteigerte Ausfuhrgewinne, vermehrte BeschäftiDiese Sabotage wird von dem Finanzministerium wenn gung der Exportindustrien. Es bedeutet aber auf der andenicht geradezu unterstützt, so doch ruhig ertragen. Als die ren Seite gesteigerte Ausgaben für die Einfuhr der Rohstoffe, Bergarbeiter den Sechstundentag forderten, als die Arbeiter der Nahrungs- und Futtermittel, erhöhte Koften des Lebenssich gegen den Steuerabzug wehrten, da wurde die gesamte unterhalts, gesteigerte Staatsausgaben, eine Verschlechteöffentliche Meinung von Amts wegen aufgestürmt. Wo und rung der Staatsfinanzen. Zugleich wird unser ganzes Wirts wann findet man in der bürgerlichen Preffe Anflage gegen schaftsleben wieder verwüstet durch den Geist der Spetudie bürgerlichen Steuerverweigerer? Das Finanzministe- lation, durch die Gier nach Valutagewinnen, anstatt die Errium hat bisher nichts anderes getan, als den Termin der höhung der Konkurrenzfähigkeit durch verbesserte ProdukSteuererklärungen hinausgeschoben. Wir wissen, daß die tionsmethoden und Wirtschaftsorganisation anzustreben. Steuererhebung infolge der Umorganisation größere Schwie Deshalb ist es vor allem notwendig, daß diese fatarigkeiten bietet. Aber das Finanzministerium und Dr. Listische Finanzwirtschaft endlich aufhört, Wirth hat jeder Energie ermangelt, um sie zu überwinden. daß der Widerstand der Besitzenden gegen das Steuerzahlen Es hat statt dessen immer wieder mit dem Gedanken gespielt, gebrochen und so endlich der fortschreitenden Verwüstung des die Besitzsteuern abzuändern und sie durch Zwangsanleihe Geldwesens ein Ende gemacht wird. Erst wenn die HauptExperimente oder andere Pläne zu ersetzen. Diese Un ursache, der Notenbrud, beseitigt wird, erst dann wird der Weg frei, um durch Inanspruchnahme von Krediten, [ icherheit und unschlüssigkeit in einer Zeit, wo bie Steuererhebung das Dringendste und Unumgänglichste durch rationellere Regelung der Aus- und Einfuhr, die Hanfür die ganze Wirtschaft ist, mußte geradezu als Auf- dels- und Zahlungsbilanz in günstigem Sinne zu beeinflussen. Vorher find alle anderen Versuche völlig nutzlos. reizung zur Steuerhinterziehung wirken,
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