Nr. 392
1. Beilage zur„ Freiheit"
Sonntag, 19. September 1920
Die Sozialisierung des Bergbaues
In den nächsten Monaten wird die deutsche Arbeiterklasse Dor eine bedeutungsvolle Aufgabe gestellt sein. Die Berichte der Sozialisierungskommission sind erschienen und damit gelangt dann die Frage der Sozialisierung des Bergbaues auf die Tagesordnung. In den nächsten Wochen schon wird sich der Reichswirtschaftsrat mit der Frage beschäftigen und die Regierung sich gezwungen sehen, Stellung zu nehmen. Damit naht die Entscheidung über die zukünftige Gestaltung der Kohlenwirtschaft heran.
Die Verwirklichung des Sozialismus ist selbstverständlich eine Frage der politischen Macht. Der Sozialismus fann erst durchgeführt werden, wenn das Proletariat im Besitz der politischen Gewalt ist und die Staatsmacht in den Dienst der Neuorganisation der Wirtschaft und des Neuaufbaus der Gesellschaft stellen fann. Das schließt nicht aus, daß bereits im jezigen Stadium das Proletariat die politische und ökonomische Kraft, über die es verfügt, einsetzen muß, um für bie Sozialisierung einzelner, besonders wichtiger Produktionszweige zu fämpfen. Die Sozialisierung des Bergbaues ist eine alte Forderung der Bergarbeiter. Bei der Bedeutung des Bergbaues für die gesamte Wirtschaft ist aber die Entscheidung über diese Frage zugleich von außerordentlicher Wichtigkeit für das ganze Proletariat.
Es liegen nun zwei Berichte der Kommission vor. Der eine hält den Majoritätsbericht der alten Sozialisierungstommission aufrecht und fordert die volle Sozialisie rung des Bergbaues. Die Kapitalisten werden als solche ausgeschaltet. Alle Kohlenbergwerke werden zu einem einheitlichen Wirtschaftskörper der Deutschen Kohlen gemeinschaft" vereint. Die oberste Leitung hat der Reichstohlenrat, der aus Vertretern der Arbeiter, Angestellten, der Betriebsleiter und der Verbraucher zusammengesett ist. Dieser erwählt als seine Exekutive ein fünftöpfiges Reichstohlendirettorium. wie die Produktion soll auch der Handel sozialisiert werden. Dagegen beläßt der zweite Entwurf die Kapitalisten in ihren Funktionen und tonstruiert eine Art gemischtwirtschaftlichen Betriebes, innerhalb dessen zwar die Kapitalisten in ihrer Verfügungsgewalt und ihrem Gewinnstreben zugunsten der Allgemeinheit beschränkt, aber zunächst nicht ausgeschaltet werden. Erst nach einer Uebergangsfrist foll bestimmt werden, ob diese Organisationsform unter Umständen in so1zialistischem Sinne umgestaltet wird. I
Ebenso
Indem wir auf die einzelnen Probleme späterhin eingehen werden, veröffentlichen wir nachstehend den Gesegents wurf, der die völlige Sozialisierung des Kohlenbergbaues anstrebt:
Entwurf eines Kohlenwirtschaftsgefeges
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81. Zu einem einheitlichen Wirtschaftskörper, der Deutschen Kohlengemeinschaft, werden vereinigt: die gesamten deutschen privaten und staatlichen Kohlenbergwerke Steinkohle und Brauntohle sowie die Betriebe für Herstellung von Britetts, für Vertofung und Gewinnung von Nebenerzeugnissen, die aus der Verkotung im Werte unmittelbar entfallen. Die Deutsche Kohlengemeinschaft ist der Träger der Kohlenwirtschaft einschließ lich der genannten Nebenbetriebe.
82. Die Deutsche Kohlengemeinschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie verwaltet im gemeinwirtschaftlichen Dienst alle Angelegenheiten des Kohlenbergbaues und der in § 1 sonst genannten Betriebe. Sie regelt die Aus- und Ein fuhr unter Berücksichtigung der von den zuständigen Behörden erlassenen allgemeinen Aus- und Einfuhrbestimmungen.
§ 3. Alle privaten und staatlichen Kohlenbergwerte und Betriebe nach§ 1 werden gegen angemessene Entschädigung, erforderlichenfalls im Wege der Enteignung, in das Eigentum der Deutschen Kohlengemeinschaft übernommen. Diese hat das ausSchließliche Mutungsrecht. Die Rechte an unverrigten Feldern find ihr gegen Entschädigung, nötigenfalls im Wege der Ent Sie hat das ausschließliche Recht, eignung, zu übertragen. Kohlenbergbau und Betriebe im Sinne des§ 1 zu betreiben.
Das Pferdejuppchen
Als er nach Beendigung der Schicht wieder auffuhr, stand der Vater schon fertig in der Kaue. Er machte ein böses Ges ficht und fragte auch Juppchen nicht, wie es ihm unten ergangen war. Wortlos machten sie sich auf den Heimweg.
In der harten, schneidenden Luft des Spätnachmittags fühlte Juppchen eine schwere Müdigkeit in den Gliedern. Seine Knie drohten einzuknicken. Er hielt sich aber tapfer bis zur Behausung.
" Da, hier hast Du Dein Pferdejuppchen, Mutter. Zu schwach ist er, um ins Gedinge zu fahren. Einen ganzen Taler Löhnung weniger bekommt er. Kaum genug, die Kost zu bezahlen!"
Die Mutter erwiderte nichts auf die ungewöhnlich harten Worte des Baters, der sich mißmutig auf den Stuhl warf. Sie strich Juppchen über das feuchte Braunhaar und über die malen, sommersprossigen Baden.
Juppchen wollte der Mutter die Freude, daß er ganz unerwartet zu den Pferden gekommen war, jubelnd mitteilen. Aber vor dem Vater wagte er es nicht auszusprechen. Durch Jeinen Kopf rauschten die frischen Eindrüde wirr durcheinander. Er schwankte zwischen Wollen und Nichtwollen eine lange Weile. Dann legte sich das Fieber.
Nach und nach verschwand auch die Müdigkeit in den Gliedern, wenn er von der Grube fam. Ganz heimisch war er dort unten schon geworden und stand mit den sechs Pferden, die er zu besorgen hatte, auf Du und Du. Den einäugigen Schimmel hatte er besonders lieb. Diese Liebe ging mit der Beit so weit, daß er die Saferration der anderen Pferde be= schnitt und das Ergatterte dem Schimmel zuführte.
Das merkte der bevorzugte Gaul sehr bald, und es entspann sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden. Jeden Abend, wenn Juppchen den Stall verließ, drehte sich der Schimmel um, wippte mit dem Kopf und stieß ein helles Ges wieher aus. Und sobald am nächsten Morgen der Förderforb in die Sicherung schlug, vernahm Juppchen schon aus dem betäubenden Geräusch den leise gewieherten Frühgruß.
Jmmer, wenn er das Tier für die Wagenfahrt zurecht machte, erzählte er ihm alle Pläne, die er mit ihm noch vors hatte. Er würde sich Geld sparen. Jede Löhnung eine Mart. Und wenn dann ein schönes Sümmchen zusammen war, würde er den Schimmel dem Direktor abtaufen und mit ihm die Grube verlassen auf Nimmerwiedersehen. Oben könnte
Das Enteignungsverfahren und die Grundsätze für die FestSegung der Entschädigung für Enteignungen werden durch be sonderes Gesetz geregelt.
Die bestehenden Privatregale und Abbaurechte des Grundoder auf die Kohlengemeinschaft überführt.
eigentümerbergbaues werden durch besonderes Gesez aufgehoben § 4. Die Deutsche Kohlengemeinschaft regelt ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten selbständig und verwaltet sie auf Grund taufmännischer Buchführung. Die Ueberschüsse fließen, Soweit sie nicht im Einvernehmen mit der Reichsregierung zur Förderung der Kohlenwirtschaft verwendet werden, der Reichstasse zu.
§ 5. Die Festsetzung der Kohlenpreise bedarf der Genehmigung der Reichsregierung.
§ 6. Die Organe der Deutschen Kohlenwirtschaft sind: 1. der Reichskohlenrat( RKR); 2. das Reichstohlendirektorium( RKD). 87. Der Reichskohlenrat besteht aus 100 Mitgliedern. Von den Mitgliedern werden gewählt: 15 von den Leitern der Bergbaubezirke und der Betriebe, 25 von den Arbeitern der Deutschen bezirke und der Betriebe, 25 von den Arbeitern der Deutschen , Kohlengemeinschaft, 10 von den Angestellten der Deutschen Kohlengemeinschaft, 15 von den verbrauchenden Industrien und 10 von den letzten Verbrauchern. Als Vertreter der Gesamt: interessen werden je 5 sachverständige Mitglieder von dem
Reichstag und dem Reichswirtschaftsrat bestellt, 15 allgemein technisch und wirtschaftlich erfahrene Mitglieder durch den Reichsfanzler ernannt. Von den bestellten und ernannten Mitgliedern dürfen nicht mehr als 8 Reichs-, Landes- oder Kommunalbeamte sein.
Die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren für die erste und die späteren Wahlen erläßt der Reichswirtschafts
minister.
§ 8. Die Mitgliedschaft im Reichstohlenrat währt vier Jahre mit der Maßgabe, daß jedes Jahr der vierte Teil der Mitglieder ausscheidet.
9. Der Reichstohlenrat gibt sich seine Geschäftsordnung. § 10. Der Reichstohlenrat bestellt das Reichstohlendirektorium. Dieses besteht aus fünf Mitgliedern, welche nicht Mitglieder des Reichstohlenrats sein müssen. Die Mitglieder werden vom Reichstohlenrat auf fünf Jahre ernannt. Sie tönnen jederzeit durch einen mit Zweidrittelmehrheit nach Maßgabe der Geschäftsordnung zu fassenden Beschluß des Reichstohlenrats abberufen werden. Sie erhalten feste Bezüge.
§ 11. Das Reichstohlendirektorium gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Genehmigung des Reichstohlenrats unterliegt. § 12. Das Reichstohlendirettorium hat einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden, deren Befugnisse in der Geschäftsordnung geregelt werden. Sie sollen gemeinsam weitgehende Vollmachten zum selbständigen Sandeln besitzen.
§ 13. Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Reichstohlendirektoriums werden aus dessen Mitgliedern vom Reichstohlenrat bestimmt. Die Ernennung bedarf der Beſtätigung der Reichsregierung.
§ 14. Das Reichstohlendirettorium führt die Geschäfte der Deutschen Kohlengemeinschaft auf Grund eines alljährlich beim Reichstohlenrat einzubringenden Wirtschaftsplanes und nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Reichstohlenrats. Diese muß dem Reichstohlendirektorium diejenige Handlungsfreiheit und selbständigen Befugnisse gewähren, die zu einer wirksamen und gedeihlichen Geschäftsführung erforderlich sind. Hierzu gehört insbesondere das Recht, selbständig unvorhergesehene notwendige Ausgaben zu machen und in dringenden Fällen bis zu einer in der Geschäftsordnung zu bestimmenden Höchstgrenze Kredit in Anspruch nehmen. Das ReichstohlenDirektorium ernennt die Leiter der Bergbaubezirke, und nach Anhörung derselben sowie der Betriebsausschüsse der Werte Leiter der Bergwerte und sonstigen Betriebe.
Die
§ 15. Der Reichstohlenrat hat die Oberleitung der Kohlenwirtschaft und die Ueberwachung der Geschäftsführung des Reichstohlendirettoriums. Insbesondere ist seine Zustimmung erforderlich für die Errichtung neuer Werte, Stillegung und Zu Sammenlegung von Betrieben, die Abgrenzung der Bergbaubezirke und der Betriebseinheiten sowie für den Abschluß der Tarifverträge(§ 21) und die Festsetzung der Preise der Bergmertsprodukte. Ferner genehmigt er den vom Reichstohlendirektorium aufzustellenden Bewirtschaftungsplan.
Die zwischen den Betriebsleitungen und den Arbeiter- und Angestelltenvertretungen abgeschlossenen besonderen Vereinbarungen find zur Kenntnis des Reichstohlenrats zu bringen.
§ 16. Das Gebiet des deutschen Kohlenbergbaues einschließlich der Betriebe nach§ 1 wird in etwa zwanzig örtlich und wirt schaftlich zusammenhängende Bezirke eingeteilt. Das Reichstohlen
man vielleicht billig einen Wagen erstehen und für die Bahn| Fuhrdienste tun. In der Sonne müßte es dem Schimmel doch viel besser gefallen. Da gab es frischen Klee und langes, weiches Gras. Und ein blantes Ledergeschirr mit Schellen am Joch sollte der Schimmel haben. Eine weiße gebogene Peitsche mit einem goldenen Griff würde er auch faufen. Aber nicht um den Schimmel zu schlagen. O nein, das tun nur die rohen Sandfärrer, die ihre Liere im Regen stehen laffen, derweil sie im Wirtshaus sitzen und stundenlang Karten Spielen.
direktorium fann aus 3wedmäßigteitsgründen einzelne dieser Be triebe von der Zuteilung an einen Bezirk ausnehmen und sich unmittelbar unterstellen.
§ 17. Jeder Bezirk wird einem Generaldirektor unterstellt. 18. Die Generaldirektoren und die Direktoren der Kohlens bergwerke und sonstigen Betriebe werden durch Privatdienst vertrag auf Zeit angestellt. Sie erhalten fefte Bezüge und Sonderoergütungen nach Maßgabe der Betriebsergebnisse unter Berücksichtigung der in der Privatindustrie üblichen Säge.
§ 19. Der Reichstohlenrat hat das Recht, den Kohlens großhandel in gemeinwirtschaftlicher Form zu regeln Enteignungen finden gegen Entschädigung statt; das Verfahren und die Grundsäge für die Festsetzung der Entschädigung werden durch besonderes Gesetz bestimmt.
Die Verteilung des Hausbrandes liegt den Gemein. den ob, die sich hierzu genossenschaftlicher Organisationen oder des Kleinhandels als ihrer Organe bedienen tönnen.
§ 20. Aus- und Einfuhrhandel mit Kohle( Steins und Braunkohle) und den Erzeugnissen der in§ 1 genannten Be triebe werden vom Reichsfohlendirektorium geleitet, das sich hierzu kaufmännischer Vermittlung bedienen fann.
§ 21. Die Lohn- und Arbeitsbedingungen sind zwischen dem Reichstohlendirettorium und den zuständigen Gewerkschaften der Arbeiter und Angestellten zu vereinbaren.
Die Bezahlung der Arbeiter und Angestellten besteht aus festen Bezügen und aus Prämien entsprechend den Leistungen. Bei den technischen Angestellten ist die Leistung des Wertes, bei den faufmännischen Angestellten und den Arbeitern ist die Ge samtleistung des Bezirtes der Berechnung der Prämien zugrunde zu legen.
§ 22. Für den Bereich jeder Zeche oder eines Betriebes bes § 1 wird ein Betriebsrat und ein Betriebsausschuß nach den Vorschriften des Betriebsrätegefehes vom 4. Februar 1920 gebildet. Die Betriebsausschüsse eines Bezirkes( General birektionsbezirt) wählen einen Regionalrat, der aus fünf Mitgliedern, darunter mindestens je einem Bertreter der faujmännischen und technischen Angestellten, besteht. Die Regionalräte haben ihre Spize als Reichsausschuß in den Arbeitnehmer. vertretern des Reichstohlenrats. Die Befugnisse dieses Vertre tungsförper werden, soweit sie über das Betreibsrätegesetz hinausgehen, durch Tarifvertrag festgelegt.
§ 23. Das Verhältnis der bergbaulichen zu den allgemein gesetzlichen Betriebsvertretungen wird durch eine von dem Reichswirtschaftsminister und dem Reichsarbeitsminister nach Anhörung des Reichswirtschaftsrats zu erlassende Berordnung geregelt.
§ 24. Die Reichsregierung hat vor Ausübung der ihr nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse(§§ 4, 5, 13) den Reichs wirtschaftsrat anzuhören.
Druckfehlerberichtigung. In dem Artikel der Genossin Arendsee in Nr. 388 der Freiheit" muß es auf der zweiten Seite nicht heißen:„ Die Aufgaben der Partei liegen jegt nicht mehr in ber Propaganda usw.", sondern:„ nicht mehr nur in der Propaganda".
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einen festen Gegenstand lehnen müsse. Die Schläfen Klopften wie Hämmer. Die Lippen brachen auf. Ein heller Schrei zerfetzte die Luft.
Ich laß ihn nicht fort! Ich will ihn kaufen! Ich habe Geld. Wieviel willst Du haben? Morgen bringe ich es Dir! Ein ganzes Beutelchen voll Geld habe ich! Ich laß den Schimmel wirklich nicht fort!"
,, Ach, was bist Du für ein findischer Bengel! So ein Junge! Hat man so etwas schon erlebt?"
Juppchen weinte lautlos und ganz gebrochen. Da riß ihn der Wärter an der Schulter empor: Marsch, die Kette los. Und daß Du mir den Halfter ordentlich auf
Manchmal flocht Juppchen seinem Schimmel ein buntes Wollband, das er der Mutter abgelurt hatte, in die Mähne. Und den Fahrer bat er, nicht so rauh mit dem Tiere umzusetzt. Gleich tommt der Korb herab." gehen. Doch der verlachte ihn und riß das bunte Band immer wieder aus der Mähne heraus.
Eines Tages sagte Juppchen zum Schimmel:„ Weißt Du, zwanzig Gulden habe ich schon zusammen. Das wird bald bis es soweit ist. Dann räume ich Dir den Kaninchenstall aus und baue Dir eine Krippe hin. Daraus sollst Du ganz allein fressen. Das wird viel schöner sein als mit den vielen zusammen. Und an den Wagen spanne ich Dich auch allein. kein anderer soll Dich führen."
Der Schimmel sentte den Kopf und schnupperte mit den weißen Nüstern über Juppchens Gesicht.
Während dieses Auftritts war der Inspektor mit dem Stallwärter in den Verschlag getreten und machte sich an dem Juppchen hätte aufweinen mögen, so Schimmel zu schaffen. Juppchen hätte aufweinen mögen, so rauh fuhr der Mann dem Tier über Rüden und Gelente.
Nach einer Weile des Prüfens sagte der Inspektor:„ Na, den alten Bod fönnen wir ebenfalls ausrangieren. Zusammen mit dem lahmen Fuchs aus der vordersten Koje. Die Tiere brauchen nicht mehr eingespannt zu werden. Um zehn tommt der neue Transport."
Der Wärter nidte und begleitete den Inspektor hinaus. Juppchen, der den Sinn der Morte nur halb verstanden hatte, stand mit offenem Munde da und sah bald den Schimmel an, bald die anderen Pferde.
So," sagte der Wärter, der wieder zurückgekommen war, ,, nun werden wir den Klepper endlich los, Juppchen. Dafür bekommen wir ein ganz junges Tier! Fein, was?"
Juppchen troch tief in sich hinein. Seine Knie zitterten. Die Augen rollten vor wie auf Stahlnadeln gespießt. Ein Weinen stieg von unten herauf und würgte ihm in der Kehle. und dann war es, als ob er sich mit ausgeredten Armen an
Juppchen Schritt an den Schimmel, strich ihm zärtlich das Fell und machte langsam die Kette los.
Der Schimmel beugte den Kopf herab. Mit dem offenen weitsichtigen Auge starrte er den Knaben an, als wüßte er, daß es ein Abschiednehmen für immer war.
Juppchen fühlte, wie ein blutiger Tau sein heißes Herz
überströmte. Er fuhr sich über die Stirn und ließ die Hände schlaff herabfallen. Plötzlich sprang er an den Berschlag, holte sein ganzes Brot und gab es Stück für Stüd dem Tier. Noch ehe der Schimmel den letzten Happen verschluckt hatte, rief der Wärter.
Juppchen warf dem Gaul den Halfter um und zerrte ihn hinaus. Er schritt wie zu einem Begräbnis.
Der Wärter riß ihm die Zügel aus der Hand, versetzte dem Schimmel einen Stoß gegen die Weichen und trieb ihn in den Förderkorb. Der Fuchs war schon festgebunden an der Gitterstange und stand ruhig mit herabgesenktem Kopf. Juppchens Schimmel fam vorn zu stehen. Der Geilschläger riß an, und pfeifend fuhr der Korb in die Höhe.
Juppchen stand gerade unter der Schachtlute. Er schnalzte mit der Zunge, und gleich darauf vernahm er in dem schwelenden Düfter ein unterdrüdtes Gewieher. Und ganz deutlich sah er noch, daß der Schimmel den Kopf aus dem Gitter herabbeugte. Juppchen wollte die Hand heben und winten und in demselben Augenblid fiel etwas unend lich Schweres herab und traf ihn mitten in das erhobene Geficht. Wie ein nasser Sad flatschte er breit hin und erhob sich nicht wieder.
Ein fantiger Türrahmen bei dem ersten Füllschacht hatte den vorgelegten Kopf des Tieres während der rasenden Fahrt glatt vom Halle getrennt.
Der Grubenarzt, der Juppchen den Totenschein ausschrieb, setzte trocken hinzu: er wurde von einem in den Schacht herabs fallenden Pferdekopf erschlagen.