Frauenstimme
.10+ 41.Jahrgang
Beilage zum Vorwärts
Nach den Wahlen.
Von den neunzehn Frauen, die in der sozialdemokratischen Fraktion waren, werden nur neun dem neuen Reichstag angehören; dazu kommt noch eine neue Kollegin Dr. med. Steg mann, Dresden . Bei einer Verminderung der fozialdemokratischen Mandate verringert sich auch entsprechend die Zahl der gewählten Frauen. Im Interesse bestimmter fachlicher Aufgaben ist die dadurch verursachte Verminderung der direkten weiblichen Einwirkung auf die Gesetzgebung bedauerlich. Jede der früher gewählten Genofsinnen hatte sich in den Jahren ihrer parlamenta rischen Tätigkeit ein bestimmtes Arbeitsgebiet gesucht( Rechtsfragen, Sozialpolitik und Wohlfahrtsfragen, Bollswirtschaft u. a), Lücken werden wir spüren.
Die
Durch die Wahlpropaganda sind auch bestimmte Fragen in breiter Deffentlichkeit behandelt worden, die nicht wieder in der Versenkung verschwinden dürfen, z. B. die Reform der Ehe scheidung und des übrigen bürgerlichen Rechtes, die rechtliche Gleichstellung des unehelichen Kindes, die Aende rung des Strafrechtes(§§ 218/19), Ausbau des Mutterschutzes, der Sozialpolitik und des Fürsorgewesens. Neben den politischen Tagesfragen, besonders neben den großen außenund innenpolitischen Problemen erscheinen, diese Fragen flein, find aber von unendlicher Wichtigkeit. Ihre Bearbeitung und ständige Berfolgung erfordert mehr Fleiß und Hingabe sowie Begabung, wie gewöhnlich angenommen wird.
Niemand dann zur Stunde fagen, wie die Arbeiten des Reichstages sich vollziehen werden. Werden die außenpolitischen Fragen alles andere untergehen lassen? Werden wir nach dem Abbau auf innerpolitischem Gebiet, der noch nicht ganz abgeschloffen ist, uns wieder einem teilweisen Aufbau zuwenden tönnen? Wie würde der Aufbau nach dieser Wahl sich besonders für die rouen würde der Aufbau nach dieser Wahl sich besonders für die Freuen gestalten? Theoretisch sind sie gleichberechtigt, auch im WirtschaftsLeben, in Wirklichkeit wendet sich jede Maßnahme allgemeinen Charakters in besonderer Weise gegen die Frauen.
-
Die Wahlen haben über die Frage: Erfüllungspolitik und Frieden oder Verneinung aller Erfüllung und damit Fortführung der alten wilhelmainischen Bolitit, aus der sich mit Naturnotwendigkeit zukünftige Kriege entwidein müffen, feine Entscheidung gebracht. Bringt fie der Reichstag, gezwungen durch den Willen der Sozialdemokratie, nicht in allernächster Zeit, dann muß das Bolt gefragt werden. Bei dieser Entscheidung aber werden die Frauen einen noch stärkeren Ausschlag geben wie bei der letzten Wahl, wird doch die Frage Krieg oder Frieden dann viel unmittelbarer auch an die Frauen herantreten, die sich der Sämmabgabe enthalten oder die Gegner der Sozialdemokratie gewählt haben.
Nach den Angaben des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns am 19. Dezember 1923 hat das verarmte Deutschland , 785 000 Kriegsbeschädigte( anfangs, waren es 1275.000 Renten empfänger, deren Baht aus Ersparnisgründen bis auf 785 000 herabgedrückt wurde); 533 000 Kriegermitwen mit 1134 000 rentenberechtigten Kindern; 58.000 Bollwaisen; 200 000 bedürftige Eltern gefallener Soldaten; 1 400 000 Invaliden- und Altersrentenemp fänger; 523 000 Empfänger von Waisenrente; 1 200 000 Kleincentner mit Angehörigen zu unterstützen. Die Kriegsbeschädigten, Krieger. witwen, Halb- und Vollwaisen sowie die bedürftigen Eltern gefallener Soldaten sind unmittelbare Opfer des Krieges. Die Notwendigkeit der öffentlichen Unterstübung der Invaliden- und Altersrentner und Kleinrentner ergab sich aus der Inflation, also Kriegsfolge verbunden mit Steuerscheu der besitzenden Maffen.
Aus dem Wahlergebnis wird sich auch teilweife( foweit ge trennt abgestimmt wurde) wieder ergeben, wie sich die Frauen im Verhältnis zur Gesamtzahl an der Wahl beteiligt haben und wie sich ihre Stimmen auf die einzelnen Parteien verteilen. Zusame
15. Mai 1924
men mit den Ergebnissen der Landtagswahlen in Bayern , Baden, Thüringen und Medlenburg, und, mit den Gemeindewahlen in Sachsen und Breußen, gob, dieses Material Gelegenheit zu einer Untersuchung über die Einstellung des weiblichen Geschlechts bet dea verschiedensten politischen Gelegenheiten.
Die
Der Besuch der allgemeinen Wahlversammlungen durch Frauen war, soweit Berichte vorliegen, relazio gut, Bon einem Mangel on politischem Interesse tann danach nicht gesprochen werden. Anteilnahme an den Vorträgen, war sichtlich start. Die Erfahrungen geben, uns die Gewähr, daß die politische Erziehungsarbeit ihre Früchte tragen wird. Nur muß sie dauernd und intensio betrieben werden.
Eins hat der Wahlkampf den erfahrenen Bersammlungsrednern und Organisatoren gezeigt. Die Sozialdemokratie, die stärkste politische Partei Deutschlands , ist noch immer ausbaufähig. Es find noch sehr viele Männer und noch viel mehr Frauen zu gewinnen, die als Mitarbeiter für die Partei gewonnen und zum Klassentämp fer für den Sozialismus geschult werden können. Marie Juchacz .
Was wird aus der Wochenhilfe?
fürsorge werden soll, beschäftigt heute mit Recht zahlreiche Frauen. Die hange Frage, was aus der Reichswochenhilfe und Wochen enn auch die Gesetzgebung in bezug auf die Mutterschaftsfürsorge fo, wie die sozialdemokratische Fraktion sie in der Deutschen Notionalversammlung durchgefeht hatte, gewiß nicht das Endziel der bereiche Frauen in den letzten Jahren eine große materielle Hilfe in völkerungspolitischen Bestrebungen darstellte, so hat sie doch zahl ten Geldentwertung stellten auch hier alles aufs Spiel, Nach langen ihrer schwersten Zeit gebracht. Die Wochen und Monate der rasens: Kämpfen gelang es endlich, einen Schlüffet für die Leistungen der Wochenhilfe und Wochenfürsorge durchzusetzen; aber es war au spät
Nun aber gilt die Berordnung aus jenen Tagen noch heute. und es ist deshalb wichtig, die Bestimmungen hier folgen zu laffen.
Danach erhalten:
Als Wochenhilfe nach§ 195a, der RBD, weibliche Versicherte, die in den letzten zwei Jahren vor der Niederkunft mindestens 10 Monate hindurch, im letzten Jahre vor der Niederkunft aber mindestens 6 Monate hindurch auf Grund der RBD bei einer Krankenkasse versichert gewesen sind,
1. ärztliche Behandlung, falls solche bei der Entbindung oder bei Schwangerschaftsbeschwerden erforderlich wird;
2. einen einmaligen Beitrag zu den sonstigen Kosten der Entbindung und bei Schwangerschaftsbeschwerden, in Höhe des Sechsfachen der Reichsrichtzahl( Reichsteuerungsinder); findet. eine Entbindung nicht statt, so ist als Beitrag zu den Kosten bei Schwangerschaftsbeschwerden das Eineinhalbfache der Reichsrichtzahl zu zahlen;
3. ein Wochengeld in Höhe des Krankengeldes, jedoch, min destens ein Zehntel der Reichsrichtzahl täglich für vier Wochen vor und sechs zusammenhängenden Wochen unmittelbar nach der Niederkunft. Das Wochengeld für die ersten vier Wochen ist spätestens mit dem Tage der Entbindung fällig;
4. solange sie ihren Neugeborenen stillen, ein Stillgeld in Höhe des halben Krankengeldes, jedoch mindestens drei Zwan zigstel der Reichsrichtzahl täglich bis zum Ablauf der zwölften Woche nach der Niederkunft. Der Vorstand fann einen Höchst. betrag für das tägliche Stillgeld festiegen.
Für den gesamten Versicherungsfe! ist die am Ende der Woche der Niederkunst veröffentlichte Reichsrichtzahl maßgebend.
Ferner erhalten nach§ 205a ber RWD, auch die Ehefrauen fowie solche, Stief- und Pflegetöchter der Versicherten, welche mit diesen in häuslicher Gemeinschaft leben und ihnen ein Anspruch auf Wodgnhilfe nach§ 195a nicht zusteht, als Wochenhilfe die im§ 195a