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bezeichneten Leistungen; dabei beträgt das Wochengeld ein Zehntel| und das Stillgeld drei Zwanzigstel der Reichsrichtzahl täglich.

Infolge dieser seit der Festsetzung der Mark vollkommen ver­alteten Berechnungsmethode sind die zur Auszahlung gelangenden Beträge viel zu gering. Die Mindestleistung beträgt ungefähr: au Entbindungskostenbeitrag 6,50 M. an Wochengeld

an Stillgeld

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7,50 . 13,- 27,- M.

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Wozu im Bedarfsfall die unentgeltliche ärztliche Hilfe tritt. Während die Regierung Marg zahlreiche Verordnungen er Tassen hat, die nicht mit dem Deckmantel der Stützung der Mark zu entschuldigen sind, hat der bureaukratische Verwaltungsmechanismus fich Zeit gelassen, um diese wichtigste bevölkerungspolitische Gesetz­gebung den Zeitverhältnissen anzupassen. Die sozialdemokratische Fraktion hat im Februar den Antrag gestellt, die Leistungen der Wochenhilfe und der Wochenfürsorge den Säßen der Kriegswochen­hilfe anzupassen. Durch Annahme dieses Antrages wäre eine Ber­vielfachung der zur Auszahlung gelangenden Beträge erreicht wor­den. Die Auflösung des Reichstags hat auch das Schicksal dieses An­trages besiegelt.

Noch schlimmer steht es mit der Fürsorge für minderbemittelte Wöchnerinnen, die keinen Anspruch an eine Krankenkasse haben. Es war ein besonderer Fortschritt, daß diese Aermsten den gleichen An­spruch wie die Angehörigen der Krankenkassenmitglieder hatten, und zwar an das Reich. Durch die Fürsorgepflichtverordnung hat die Regierung Marg das Gesetz über Wochenfürsorge aufgehoben und diese Fürsorge den Ländern zugeschoben. Was das bedeutet, weiß vielleicht nur der zu beurteilen, der in den letzten fünf Jahren im Sozialpolitischen Ausschuß miterlebt hat, wie sich die Vertreter der Länder aus finanziellen Gründen gegen jede Fürsorgepflicht der Länder gewehrt haben, ob mit Recht oder Unrecht, soll hier gar nicht geprüft werden. Das Schicksal der Wochenfürsorge ist deshalb ganz ungewiß. Eine der ersten Aufgaben des neuen Reichstags müßte es sein, auch diese Fragen in einer Weise zu lösen, die im Interesse der Mütter und damit im Interesse des ganzen Volkes liegt. Ob das geschieht? Luise Schröder.

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Ein alter Zopf.

Es ist eine alte merkwürdige Tatsache, daß alle politische Gleich­berechtigung, Zulassung zu jeglichem Universitätsstudium und Be­stellung mit öffentlichen Aemtern die Frauen noch nicht dahin ge­bracht haben, sich einen alten, längst ergrauten Philisterzopf abzu­schneiden: ihre Titelsucht. Es scheint vorläufig in der breiten, all­gemeinen Frauenwelt um die Mündigkeit" noch schwach bestellt zu fein. Frau Direktor", Frau Dottor"," Frau Rat"," Frau Apo­theker" usw.

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Es ist wirklich an der Zeit, daß mit dieser lächerlichen Unfitte Schluß gemacht wird. Die Frau ist überhaupt nicht berechtigt, den Titel ihres Gatten zu führen, denn es geht mit der Heirat lediglich der Name des Mannes auf sie über, nicht aber seine beruflichen Titel. Es ist ein Kuriosum, daß in einer Zeit, da den Frauen sich langsam die Türen zu den beamteten und den freien Berufen öffnen, fie also selber berufliche Titel erwerben, die verheirateten Frauen sich die Titel ihrer Männer beilegen. Frau Professor" kann eine Frau nur angeredet werden, wenn sie eine Professur innehat, Frau Doktor" nur, wenn sie ihren Doktor gemacht hat! Das Führen von Titeln, die der Frau nicht zukommen, ist anmaßend und macht lächerlich.

Zurück zum Webstuhl...

Obgleid; sie starke Wehn durchzudten schon wie Flammen, Hielt sie doch aufrecht, bleich und stumm am Webstuhl aus. Und als die Arbeit schloß, lief eilig sie nach Haus Beim scharfen Nord und brach an ihrer Tür zusammen. Sie stöhnt und wimmerte, und als der Morgen wieder Heraafgedämmert bleich, da tam das Weib, Aufschreiend wie ein Tier, dem man zerriß den Leib, Mit einem toten kind in bitt'ten Qualen nieder.

Daß ihre Augen nicht den Jammer mehr erschauen, Nahm man stillschweigend ihr den kleinen Leichnam fort. Drei Tage lag fie dann noch auf den Kiffen dort, Das statre Angesicht schien wie aus Stein gehauen. Ullein am vierten Tag des Nordwinds eis'ges Wehen Hait' noch nicht aufgehört da rafft sie sich empor, Und totenblas, als ob fie alles Blut verlor... So fah man fie zerstört zurück zum Webstuhl gehen.

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Ada Negri ,

Der Kinderfreundin.

Martha Demmning zum Gedächtnis.

Jun April ist die unsern Berliner Genoffinnen bestens bekannte Genoffin Martha Demmning gestorben, die besonders in der Fürsorge für die Kinder des Proletariats ihre Lebensaufgabe fah. Bei ihrem Ab­schied widmete ihr Emma Dolg diese warm­empfundenen schlichten Verse:

Es klingt ein altes Lied so wehmutsvoll

Bon unsres Herzens tiefstem, tiefstem Leiden. Es fagt: daß man vom Liebsten, was man hat, In schwerer Todesstunde einst muß scheiden. So wird auch uns der Abschied bitter schwer Von Martha Demmning, die in ihrem Leben Für unsre Ideale groß und hehr 3hr ganges, volles Menschenherz gegeben. Denn sie war gut, wie es nur wen'ge sind! Und da sie eigne Kinder nicht bekommen, Hat sie das fremde Profetarierkind Ans überreiche, volle Herz genommen. Die Not des Kindes ward ihr Kampfgefang, Der tönte über Meere, über Länder, In tausend Herzen weckend Wiederklang, Webend der Hilfe hoffnungsvolle Bänder. Sie war auch reich. An Lieb' und Güte reich. Die schüttete sie aus mit vollen Händen. Ein guter und ein treuer Mensch zugleich! So blicb sie, bis ihr Leben mußte enden. Schon überschattet von des Todes Graun, Sprach sie von fünft'gen frohen Kinderfesten, Und wollte noch an ihrem Werke bau'n Mit ihres Lebens schmerzhaft letzten Rejten. Nun bist Du still, Du liebevolles Herz!

Du kannst nicht mehr von Deinem Reichtum schenken. Doch wo Du schafftest, wird man allerwärts In Liebe und Verehrung Deiner denken. Und wir, wir wollen Deine Wege gehen: Gerechtigkeit und Menschenliebe lehren. Wir wollen fest zu unserm Ziele stehen! So wollen wir auch Dich im Tode ehren.

Das Lachen.

Unaufhörlich spült der Regen an den Scheiben nieder, Achtzehn Fahrgäste fitzen in gereizter Stimmung nebeneinander.

An der nächsten Baltestelle steigen vier lachende Frauen zu. Der Schaffner reißt die Wagentür auf, um die Frauen ins Abteil zu lassen. Sie bleiben aber draußen auf dem Perron und nur ihr lautes, fröhliches Lachen schafft in den Wagen. Ueber die gries. grämigen Gesichter der Fahrgäste huscht erst ein schwaches Zuden des Unwillens, das dann aber verdrängt wird von einem unge­wollten Lächeln. Die Tür ist wieder geschlossen, aber das fröhliche Lachen der vier Frauen dringt noch gedämpft herein.

Warum sie wohl lachen mögen? Auf allen Gesichtern der schweigsamen Gäste ist diese Frage zu lesen. Fahrgäste steigen aus und nehmen ein Lächeln mit. Neue Fahr­gäste treten in den Wagen und lächeln. Der Schaffner reicht lächelnd die Fahrscheine. Drei fleine stille Kinder in der Ede be­ginnen zu fichern, zu lachen. Und alle Fahrgäste lachen schließlich ungeniert mit den Kindern fröhlich vor sich hin.

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Biele Stationen weit schaufelt der Wagen in ausgelassener Fröhlichkeit. Dann aber veriassen die lachenden Frauen den Zug. Es wird plötzlich still um den Schaffner und auch im Wagen ver­sickert die Heiterkeit. Aber die Augen fragen noch: Warum die Frauen wohl so lachten?

Der Echaffner weiß es: Sie haben Arbeit erhalten und dürfen heute wieder anfangen.

Plötzlich ist es fefundenlang still im Wagen.

Nein, dieser Unsinn!

Sie lachten, weil sie wieder arbeiten dürfen?- Sie dürfen wieder arbeiten!

Eine Frau schüttelt den Kopf..

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Sie dürfen wieder arbeiten! Nicht müssen! Dürfen! Und das machte die Frauen so fröhlich....!

Zum. Nachdenken.

Dem Saweizer Frauenblatt" entnehmen wir: Das Govern ment Labour Bureau" in Washington hat eine interessante Unter­fuchung gemacht: Es berichtet, daß mehr Frauen als Männer ihren ganzen Verdienst zur Erhaltung ihrer Familien her­geben und daß mehr ledige Frauen als obige Männer zum Familienbudget beitragen.