Sozialistische Erziehung. Von Therese Schlesinger . In weiten Kreisen unserer Partei wird die Frage diskutiert,»d wir unsere Kinder zu sozialistischen Anschauungen erziehen sollen, oder ctb es besser sei, ihnen all« Politik fern zu halten und nur gute Menschen aus ihnen zu machen, die dann schon selbst den Weg zum Sozialismus finden würden. Ich möchte die Frage dahin beantwor- ten, daß einerseits eine objektive Erziehung, wie sie manchen Genossen vorschwebt, überhaupt undenkbar ist, andererseits aber jedes aus- geweckte Kind uns zwingt, ihm gegenüber eine b e st i m m t e Weltanschauung zu vertreten. Natürlich wäre es verfehlt, den Kindern alle Nichtfogialisten als schlecht« Menschen erscheinen zu lassen. Es handelt sich vielmehr dämm, ob wir unsere Kinder mit den sittlichen Begrlsfw der besitzenden Klassen, oder denen des Proletariats erfüllen wollen. Das Kind steht auf Schritt imd Tritt, daß es gut und schlecht gekleidete Menschen gibt; es bemerkt in der Schule, daß manche Kinder «in so reichliches Frühstück von zu Hause initdckommen haben, daß sie es gar nicht aufessen können und Brocken davon achtlos herum- liegen lassen, während andere Kinder nichts zu essen haben und sich wohl gar die verlchmähten Bissen der U ebersatten schmecken lassen. Wenn nun ein Kind, das solche Beobachtungen gemacht hat, dl« Mutter fragt, weshalb Kleidung und Nahrung so ungleich unter die Menschen verteilt sei, so kann sie daraus nur entweder mit der veralteten Lesebuchweisheit antworten, daß es reiche und arme Leute immer gegeben hchbe und immer geben wende, weil es der liebe Gott nun einmal so eingerichtet habe, oder sie muh dos Kind darin be- stärken, daß ein solcher Zustand ein durchaus ungerechter und ver- «ammensrverter sei. Entschließt sie sich aber zu dieser letzteren Ant- wort, und das muß sie wohl, denn die ersterc zu vertreten wäre kein« Soziatdemotratin ünstvnde, so wird sie sich auch mächtig dazu gedrängt fühlen,«inen Trost für das Kind hinzuzufügen, dem die ungerechte Weltondmmg, unter der es lebt, schmerzlich zum Bewußt- sein gekommen ist und zwar auch dann, wenn es selbst weder unter Kälte noch unter Hunger zu leiden hat. Jedem normal empfindenden Menschen bereitet der Anblick offenbare? Ungerechtigkeit auch dann tiefes Unbehagen, wenn er sechst nicht das Opfer dieser Unge- rechtigkeit ist, und es bedarf langer Gewöhnung und starker Bor - urteile, um dieses Unbehagen abzuftumpsen. Welchen besseren Trost aber könnte die Mutter dem noch nicht abgestumpften und auf die soziale Ungerechtigkeit lebhast reagieren- den Kinde geben als den, daß Millionen Menschen in der ganzen Welt am Werte find, mn solche Ungerechtigkeit zu bekämpfen, und daß auch Voter und Mutter zu den Kämpfenden für eine gerechte Weitordirung gehören? Das Kind aber wird durch solche Erkenntnis mit Stolz und Zuversicht erstillt und will mehr und immer mehr von den Arbeiten und Bestrebungen hören, durch welche Unrecht, Bedrückung und Elend aus der Welt geschassen werden sollen. Wir weiden dadurch gezwungen, ih»n in einer Weise, die ihm ver- ständlich ist, über die Mittel unseres Kampfe, zu sprechen und ihm dabei zu zeige», daß es selbst in dieser großen Sache seine kleinen Ausgaben zu erfüllen hat. „Du beklagst Dich darüber, daß der Vater nicht viel mehr Zelt daheim verbringt, daß er nicht so»st und long mit Dir spielt mid scherzt, als Du es gerne hättest, daß er nicht immer Zeit findet, Dein zerbrochenes Spielzeug zu reparieren oder selbst dergleichen herzu- stellen. Glaub mir, er täte all da» sehr gerne, aber damit es ihm bald möglich werde, mehr Zeit mit Dir zu verbringen, muß er jetzt fleißig in seinen Fochverein gehen, wo die Arbeiter dafür efntveien, daß die Ucberstundenorbeit abgeschafft werde." Oder:„Haft D» nicht gestern gemurrt, als ich Euch Kinder mn eine Biertelfwnde früher als sonst zu Bett schickte, damit ick) ohne Sorgen in die Frauen- vcrfmmnlung gehen kennte? Weißt Du worüber in dieser Ber- finmnlung gesprochen wurde? Man sagte uns dort wie notwendig die Einführung einer gesetzlichen Kiirderoersicherung sei. Jeder Vater und jede Mutter, die in einem Betrieb arbeiten, müßten für jedes ihrer Kinder einen Zuschlag zum Arbeitslohn bekommen, damit sie es ordentlich ernähren und bekleiden können. Hältst Du es nicht auch für dringend notwendig, daß wir Arbeitersrauen uns mn solche Dinge bekümmern?" Oder:„Morgen hält unser Vorstand eine wichtig« außer- ordentliche Sitzung ab. Nicht wahr. Du tist mir den Gefallen, Dich aus dem Heimweg aus der Schule bei Frau Huber aufzuhalten, um sie zu dieser Sitzung cinznlade»? Du wirst es aber sicher nicht ver- gessen." Aber auch sehr viele kindliche Unarten, wle Streitsucht. Ueberhodltch'eit oder gar Roheit den, körperlich cder geistig schwäche- ren Kameraden gegenüber, wird man am besten dadurch begegnen, daß man den Kindern klar macht, welch große Fortschritte die Mensch- heit und insbesmiberc die Arbeitersthaft gegenseitiger Hilssbereitschost z» danken hat. Eine solche Erziehungsmethode erfordert sretlich viel mehr Zeit und Nachdenken, als dos schroff« Zurückweisen der kindlichen Fragen oder die Bekämpfung kindlicher Unarten durch Zanken und Schlagen. Während wir aber durch das bequemere alte System nur Gedanken- losigkeit, Duckmäuserei oder Roheit erzielen, könne» wir durch richtiges Hinleiten aus die Ziele des Sozialismus unser« Kinder wirklich zu guten Mensthen machen, die später ihren Weg in unsere Kampfesreihen gar nicht verfehlen können. Freilich fehlt es mancher, tnsbesondere der erwerbstätigen Mutter oft an Zeit und Ruhe für solche Erziehungsarbeit. Um so mehr müssen wir es begrüßen, daß es heute schon in vielen Landern, de- sonders aber in Oeslerreich und Deutschland Elternveretn« gtdt, in denen sich die Arbeiterschaft pSdagvglsch« Kenntnisse»er» ichaf je n kann, und proletarische Erziehungsvereine. die ihnen einen großen Teil ihrer Aufgaben abzun�hm« geeignet und bereit find. Konfumentenmacht unö Hausfrau. Bon Lucie Dörre. „Ausverkauf, Inventurausverkauf, die billigen Sonderangebote", alle diese Ankündigungen sehen in grellen Farben aus uns herab, beleben das Bild der Straße in mehr oder minder angenehmer Weise. Der Ruf an die Käufer verhallt nicht ungehört. Sie dränge« sich in den Warenhäusern, kaufen mehr als sie wollten und— die Reklame hat den gewünschte« Erfolg, das Publikum hat billig genug gekaust, um den sicheren und nicht kleinen Gewinn des Ge- schäftslnhabers, die teure Reklame, alle Spesen zu bezahlen I Jetzt gerade leben wir in so einer Epidemie des Ausverkaufs. Die all» gemeine Geldknappheit, die teuren Zinsen auf dem privaten Geld- markt lassen die Geschäftsinhaber versuchen, durch erhöhten Umsatz mebr und schneller als sonst Geld zu bekommen. Das allgemein niedrige Lohnniveau wirkt ebenfalls auf die Konsum- und damit Kaufkraft ungünstig für den Einzelhandel «in. „Aber die Preis« sind doch schon billig?" Sie sind noch immer nicht billig genug, d. h. hier nur im Rahmen de» Möglichen, also einer gesunden Kalkulation. Industrie, Engros-, Zwischen- und Einzelhandel in Deutschland leiden noch immer an den Nach- wehen einer„segensreichen" Inflation. Biel « der wirtschastlichen Scheinexisteiizen wurden bei dem volkswirtschaftlichen Ärogreme- machen mit den Scheinblüten hinweggefegt. Manehe blieben aber noch bestehen, konnten sich halten, weil die andere« an den hohen Gewinnen so konsequent festhalten und so, bei einseitiger Ad» wälzung der Gewinne aus de» Konsumenten, ihr« Unproduktlvitat sich noch gut bezahlt macht! Die politisch« Konstellation, die Schutz- zollbestrebungen der Industrie und Landwirtschast lasse» keine«ptt- mistischen Gedanken aufkommen, und man kann noch nicht sage«, wann der frische Wind wehen wird.— Und der Konsument be« zahlt. Wir bezahlen die großen Gewinne, wir lasse« im« von de«, gerissenen Geschäftsmann etwas vorgaukeln. Wir glauben den bunten Versprechungen, lausen in die Warenhäuser, gehen in di« Prlvatgeschäste und lösen 10, 12 Stunden schwerer Arbeit in Schund» wäre ein; wir setzen den Schweiß der Angehörigen i» schlechte Ge- biouchsgegenstände um. die uns nur kurze Zeit erfreue» und uns nachher zu neuen Busgaben führen. Aber wir kaufen nicht nur das. was unbedingt nötig ist. jon» der» lasse» uns durch die Auslagen anregen, über das Möglich« hinauszugehen. Darin liegt das Prinzip des Warenhauses wie dos modernen Geschäfts überhaupt. Das Warenhaus, als Typ de« kon» zentrierten Spezialhondels, huldigt diesem gewinnbringenden Prin» zip am meisten. Die Anoronung der einzelne« Lager ist so>«» trosfen, daß di« am meisten besuchten in de« oberen Stockwerle» Unterkommen gefunden haben. Die Einordnung de» Lebensmittel» Ingers in den höheren Etagen ist dar beste Beweis dafür, wie ge- schickt das Kausbedürfnis angeregt werden soll durch die Notwendig- reit de« Dnrcbschrettens der anderen Auslagen. Ltllige Lebens- mittelpreise,.Llusnahmepreise" locken an. man geht durch di« übrigen Loger und— kauft noch— vielleicht sür da« Letzte— ein« Kleinigkeit, weil„sie so nett aussah" und„man p« immer noch mal gebrauchen kann". Der Bedarf, der so geweckt wird, heißt tn der Lehre von der Volkswirtschaft exogener Bedarf. Durch den iußeren Anrciz wird das Bedürfnis geweckt. Gestützt durch die Kaustrost, Geld, entsteht Bedarf und durch dl« Umsetzung dieser Kräfte der Konsum. Er spielt aus dem Gebiete des Verbrauchs ein« nicht zu müerschätzende Nolle. Aus dieser allzu menschlichen Eigenschaft und Schwäch« Ge- wi»» zu ziehen, hat die Konzentrationsbewegung im Einzelhandel ueve» der höchsten Spezialisation gestärkt und beschleunigt. Wir selbst sind also die treibenden Faktoren. Wir haben, und wir tun es noch jeden Tag. nicht de» Zwischenhandel, das Privatkapital überhaupt ausgeschaltet, sondern geben ihm die Macht. Wir haben die Konzentraiion des privaten Kapitals im Einzelhandel, die Kar- tcllierungebestrebungen gefördert. Wir selbst find zum Teil Jchuld an der einseitigen Diktierung der Preis«, der Löhne, dem Änten der Lebenshaltung. Im Mrtschastsgeld liegt die Macht der Hausfrau. Aber gerade d i e Frau, auch d I« proletarisch» Frau, welch« nicht gern »on ihren politischen Rechten spricht, sich am liebste« mcht um diese Rechte und Pflichten kümmern möckck«. ganz Haussrau sein will, soll sich bewußt werden, daß Kaufen beim privaten Einzelhandel nicht nur Trägheit im Weiterdenken, sondern schädigend sür sie und ihre Fanuli« ist., „Im Konsumverein ist nicht so große Auswahl", hört man oft als Einwand.— Die große Auswahl könnt ihr alle schaffen, wenn ihr dazu helft, daß der Bedarf groß genug für»in« große Auswahl ist. Werbt neue Mitglieder für den Konsumoerein! Der Konsum« verein will de» verteuernden Zwischenhandel ausschalten. Seine Entwicklung zeigt die. fortschreitende Tendenz der Selbsthilfe de» Proletariats. Das Ziel ist: über den Verbrauch zur Uebernahnw der Produktionsmittel durch dos Proletariat. Und wir alle können Helsen , das Ziel zu erreichen. Indem wir richtig k a» f e n: taufen im Konsnnwerein und'Mitglieder werden! Soll die Frau al« be- wudte Kämpserin ihre Macht nicht nutzen?
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten