?ennp Marx. •* Don Anna Blas. Ganz im Gegensatze zu Lassalle, der, von seinen Leidenschaften hin und her gerissen, viel geliebt hat und viel geliebt wurde, ist das Leben von Karl Marx von einer einzigen großen Lieb« aus- gefüllt. Merkwürdigerweise stammt aber auch die Frau, der diese Liebe galt, ebenso wie die Frauen, die die Hauptrolle im Leben Lassalles spielten, aus altem aristokratischen Geschlecht. Diese so unendlich glückliche Ehe ist der schlagendste Beweis dafür, daß Menschen von ganz verschiedener Herkunst, Rasse und Familie in Harmonie miteinander leben können, wenn nur gleiches Streben, gleiche Ideale sie miteinander verbinden. Jenny von Westphalen ,»das geliebte Weib von Karl Marx ', wie es in Ihrer Grabschrift heißt, stammte aus einer vor- nehmen, begüterten Familie. Ihr Großvater war Generalstabschef des Prinzen Ferdinand von Braunschweig Im Siebenjährigen Kriege: ihr Dater lebte als Regierungsrat in Trier . Schon als Kind war Marx mit den Söhnen und der Tochter der Familie von Westphalen befreundet, und die Kinderfreundschaft führte zur Verlobung des achtzehnjährigen Studenten mit der vier Icchre älteren, geistig ungewöhnlich hochstehenden Jenny,.dem schönsten Mädchen von Trier'. Mar� war, wie er später seinen Kindern erzählte, in seiner Liebe»em wahrer rasender Roland'. Sieben Jahre mußte er um die Geliebte dienen,.und sie dünkten ihm, als wären sie einzelne Tage, so sieb hatte er sie'. Am 19. Juni 1843 wurde die Ehe geschlossen, von der Stefan Born schrieb:„Ich habe selten eine so glückliche Ehe gekannt, in der Freud und Leid, das letztere in reichlichstem Maße, geteilt und aller Schmerz in dem Bewußtsein vollster gegenseitiger Angehörigkeit getragen und über- wunden wurde.' Wilhelm Liebknecht erschien Jenny bald als Iphigenie, die den Barbaren sänftigt und bildet, bald als Eleonore. die dem mit sich Zerfallenen, an sich Zweifelnden Ruhe gibt. In Deutschland fanden diese seltenen Menschen keine Heimat. Mit 500 Talern Redaktionsgehalt ging das junge Paar nach Poris, und, von dort ausgewiesen, nach Brüsiel..Frau Marx ', schreibt Vorn,.lebte ganz in den Ideen ihres Mannes. Sie ging dabei ganz in der Sorge für die Ihrigen auf und war doch so Himmel- weit von der strumpfstrickenden, den Kochlöffel rührenden deutschen Hausfrau entfernt.' Als 1848 der Ausstand in Brüssel ausbrach, wurde Marx Ins Gefängnis gebracht, und seine Frau blied allein mit Ihren kleinen Kindern. Sie eilte auf die Straße, um das Schicksal ihres Mannes zu erkunden, wurde festgenommen und mit Prostituierten in einen Raum gesperrt. Später ging die Familie nach kurzem Aufenthalt in Köln , wo Marx die.Reue Rheinische Zeitung ' herausgab, über Paris nach London ins Exil, das sie nie mehr dauernd verlassen sollte. Bei allen schweren Schicksals- schlügen blieb Jenny stark, und besonder» ihre rheinische Fröhlich- keit brachte Sonne in dos Heim, in dem es oft unsäglich kärglich zuging und die Rot oft so groß war, daß das schön« 300 bis 400 Jahre alte Silberzeug, ein großmütterliches Erbstück, in» Leihhaus ! gebracht werden mutzte. Aber auch diese tapfere Frau brach zu- ammen, als mehrere ihrer Kinder Opfer des Flüchtlingslebens wurden. Alle ihre in London geborenen Kinder hat Jenny Marx verloren, bis auf das jüngste Töchterchen. Ihr« Liebe half dem tapferen Menschen, Elend und Schmerz überwinden, bis dann dl« letzte Trennung kam. Jenny war n schwer leidend, als ihr Gatte an Brustfellentzündung erkrankte. Sie mußten In getrennten Zimmern liegen, und als Marx wieder aufstehen und die Kranke aussuchen konnte, waren sie wieder jung zusammen:.sie«In liebendes Mädchen und er«in liebender Jüng- ling, die zusammen ins Leben eintreten, und nicht ein von Krank- heit zerrütteter alter Mann und ein« sterbende alte Frau, die fürs Leben voneinander Abschied nehmen'. Monatelang erduldet« Jenny Marx alle die schweren Qualen der Krebskrankheit..Und doch hat Ihr guter Humor', so berichtet Ihre Tochter Eleonore,»Ihr un- «rschöpflicher Witz sie keinen Augenblick verlassen. Sie erkundigte sich ungeduldig wie«In Kind nach dem Ergebnis der damaligen Wahlen In Deutschland (1881), und wie jubelle sie über die Siege! Bis zu ihrem Tode war sie heiter und suchte unser« Furcht um sie durch Scherze zu zerstreuen. Ja, sie, die so furchtbar litt, sie scherzte, sie lachte, sie lachte uns alle und den Arzt aus, weil wir so ernst- hast waren. Bis säst zu dem letzten Augenblick hatte sie ihr volle, Bewußtsein, und al« sie nickt mehr sprechen tonnte— ihre letzten Wprte waren an Karl gerichtet— drückte sie uns die Hände und versuchte zu lächeln.' .Der Mohr ist auch gestorben', sagte Engels, als er das Trauerhaus betrat. Der Mohr(Karl Marx ) hat die gesiebte Frau nur um fünfviertel Jahr« überlebt. Wenn wir hören, daß jahrelang — als die schlimmste Zeit schon vorüber war— 20 Mark, die Marx wöchentlich für seine Mitarbeit an der New Porter.Tribüne' erhielt, die einzige sichere Einnahme der Familie waren, ferner, daß der geringstbezahlte Lohnarbeiter In 40 Jahren mehr an Lohn bezogen hat, als Marx für sein« gewaltige wissenschaftliche Schöpfung .Das Kapital', an der er 40 Jahre lang gearbeitet hat, an Ho- norar erhielt, so können wir uns eine Vorstellung davon machen, was das Flüchtlingselend mit allen seinen Folgen für die beiden Mensche» bedeutet hat, die um Ihrer Ueberzeugung willen Heimat, Wohl- leben und sichere Existenz aufgegeben haben. �nftaltökjnöer. Bon Hedwig Schwarz. In der Beurteilung der Anstaltserziehung von Kindern findet man zwei sich schroff entgegenstehende Richtungen: die eine trachtet die Anstalt als einen traurigen Notbehelf für familienlos« Ktnderwaisen und Uneheliche, während die andere von ihr da» Heil der neuen Erziehung im sozialdemokratischen Staat erwartet. Sowjet rußland ist theoretisch, und soweit es ihm möglich war, auch prat» tisch , von der zweiten Auffassung ausgegangen: es bestreitet den Eltern das Recht auf die Eignung zur Erziehung, es beansprucht den Menschen bereits von frühester Jugend an für den Staat. Die letzte Entscheidung für oder gegen die Anstaltserziehung sst natürlich nur möglich auf Grund der mit ihr gemachten prak« ttschen Erfahrungen. Im Juliheft der.Frau' teilt Kinderarzt Dr. Lehmann wichtige Ding« aus seiner Anstaltspraxis mit, di« mit dem. was auch andere Fachleute sagen, übereinstimmen. Au« ihren Beobachtungen ergibt sich, daß die heutige Anstaltserziehung durchweg noch sehr ungünstige Resultate ergibt, was aber nicht dtt Anstaltserziehung als solcher, sondern nur ihren heute noch be, stehenden Unvollkommenheiten zur Last gelegt werden darf. Worin bestehen nun diese Unvollkommenheiten? Nicht In de« technischen und hygienischen Beschaffenheit der Anstallen, di« meisten« vorbildlich eingerichtet sind, und in dieser Hinsicht mehr bieten al« es die meisten Elternhäuser vermögen. Im Sachlichen unter» scheiden sie sich fast immer günstig vom Elternhaus, aber ungünstig im Menschlichen. Zunächst wirkt es nachteilig, daß in einer Ab« teilung immer nur Kinder gleichen Alters zusammen sind, wodurch die erziehende Wirkung der älteren Geschwister in der Familie fori» fällt. Das Hauptübel aber liegt im Mangel an Pfleg«« personal. Wenn eine Säuglingsschwester S bis 6, oft aber noch niehr Säuglinge zu versorgen hat, so kann sie bei der größten Auf» vpferung doch nur gerade eben die Kinder baden, füttern und säubern. Darüber hinaus aber Ist es unmöglich, mit dem Kind« noch zu plaudern und zu spielen. Diese Anregung aber braucht d«r einig« Monate alt« Säugling zu seiner geistigen Entwicklung. Darum ist der Anstaltssäugling oft träge und stumpfsinnig, starrt zu« Zimmerdecke, spielt nur mit seinen eigenen Händchen nnd bleibt In der Entwicklung zurück. Er lernt später laufen und sprechen al» ein Familienbaby. Man hat häufig die Erfahrung gemacht, daß solche Kinder, wenn sie In Einzelpslege oder zurück zur Mutt«« kommen, plötzlich anfangen, sich gut zu entwickeln, obgleich ihnen an Sauberkeit und äußerer Pflege dann oft viel weniger gebotech wird als in der Anstalt.> Am meisten Sorge machen den Anstaltsleitern die etwa zwei» jährigen Kinder, die in dem bekannten Stadium sind, wo der Geist beweglich und aufnahmefähig, aber der kleine Mensch noch nicht weit genug ist, sich die nötige Anregung selbst zu verschassen. Da« Pflegepersonal ist zu knapp, um außer der leiblichen Versorgung auch noch mit den Kindern zu spielen. Dos typische Bild in dm Anstalten in diesem Alter sind die im Bett sitzenden Kinder, die Ot den Bettstäben rütteln und sich anders nicht beschästigen tönnett, Neben der geistigen Minderwertigkeit ist bei der Masse der zu» sommengedrängten Kinder die Ansteckungsgefahr doch ev> heblich, nicht was schwere Erkrankungen anbetrifft, wie Scharlachs Diphterie usw.. wo sofort strenge Abtrennung vorgenommen wird, sondern sür kleine„harmlose' Krankheiten, wie Schnupfen, leicht« Darminfektionen usw., die den zarten Kinderkörper doch jedesmal beträchtlich angreifen. In Erkenntnis dieses Uebelstandes hat matt das neue Mutter- und Säuglingsheim in Neukölln mit kleinen Sälett für je 4 Kinder gebaut. Um die ungünstigen Wirkungen der Anstaltserziehung zu o«r» meiden, ist nur ein Weg gangbar: mehr Personal einstellen! Unk« dem heutigen politischen Kurs in Deutschland freilich wird das Geld für andere Zwecks gebraucht als für Jugendfürsorge! In reich au«« ficstatteten, gut geleiteten und mit geriügend Personal besetzten Al«> talten hat man sogar bessere Erfolge erzielt als mit der Familielj» erziehung, weil man deren Fehler vermied. Ihren Vorteil, den Ztt» fammenschluß eines kleineren, innig verbundenen Menschenkreit««» hat man in solchen Anstalten mit Erfolg durch Aufteilung der Kino «« und Fürsorger in kleine Anstaltssamilien ebenfalls erreicht. Ist dieser Methode siegt ein bedeutsamer Ansatzpunkt. Man könnte dt« Famisie noch vollständiger nachahmen, wenn man in solchen Gruppen auch die strenge Alterstrennung fortfallen ließe. Dann müßt« natürlich die Pflegerin als„Familicnmutter" eine umfassendere Au«» bildung bekommen, als etwa nur als spezialisierte Säugling«» Pflegerin. Das jedenfalls Ist sicher: soll das Anstaltskind zum voUwertig«tt Menschen erzogen und die Anstaltserziehung vorbildlich werden, dann wird viel Geld für die Einstellung geeigneter Menschen gebraucht. Das heutige Deutschland wird es nicht geben wollen, das heutig« Rußland bei seinem wirsschaftlichen Daniederliegen nicht könne«, Nur auf dem Wege, wie die Stadt Wien , nämlich, durch B«> stcuerung des Reichtums, durch klare politische Entscheidung d«r Massen sür die Sozialdemokratie, werden wir auch In Deutschland zu einer großzügigen, musterhasten Jugendfürsorge gelangen.
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