Mutterbewußtsein.
„ Den lebendigen Kernpunkt jeder Reform des Frauenrechts muß das Mutterbewußtsein bilden. Die Zelle des künftigen Zellen Staats, der einen gefunderen sozialen Körper darstellen wird, ist das Weib mit Mutterbewußsein. Die großen Reformationen der Frauenwelt sind nicht diejenigen, deren Absicht es ist es den Männern in jeder Beziehung gleichzutun, fondern jene, die sich bewußt werden, baß jeder, auch der größte Mann, durch ein Weib geboren ist, die bewußten Gebärerinnen, des Geschlechts der Menschen und Götter. Das Naturrecht des Weibes ist das Recht auf das Kind, und es ist das allerschmachvollste Blatt in der Geschichte des Weibes, daß sie fich dieses Recht hat entreißen lassen. Man hat die Geburt eines Rindes, fofern sie nicht durch einen Mann sanktioniert ist, unter den Schwefelregen allgemeiner und öffentlicher Verachtung gestellt. Diefe Berachtung ist aber zugleich das erbärmlichste Blatt in der Mannesgeschichte. Bildet eine Liga der Mütter, würde ich den Frauen raten, und jedes Mitglied bekenne sich, ohne auf Sanftion des Mannes, d. h. auf die Ehe Rücksicht zu nehmen, praktisch und fattisch durch lebendige Kinder zur Mutterschaft. Hierin liegt ihre Macht, aber immer nur, wenn sie mit Bezug auf die Kinder stolz, offen und frei, statt felge, versteckt und mit ängstlich schlechtem Ge wiffen verfahren. Erobert euch das natürliche, vollberechtigte, ftoize Bewußtsein der Menschheitsgebärerinnen zurüd, und ihr werbet im Augenblice, wo ihrs habt, unüberwindlich sein."
Der„ Gemeinde"-Junge.
Bon M. Todenhagen,
Das fleine Dorf log nicht im Plan unserer Pfingstwanderung. Es sollte am Wege liegen bleiben. Wir wollten die mecklenburgische Seentette in zweieinhalb Tagen umwandern. Da hieß es tapfer drein schreiten. Unsere Wandergruppe stand in einem Alter, in dem Walzermelodien einen unwiderstehlichen Zwang auf die Beine aus üben. So fam es, daß wir, ongeleckt durch die Klänge einer italieni fchen Drehorgel, doch in das Dorf einzogen.
Die Drehorgel lieferte die Begleitmufit zu einem auf dem Dorf play aufgestellten Karussell, Sem Pfingsivergnügen der Dorfjugend. Festlich gekleidet belagerten Kinder jeden Alters den Play. Eins unter ihnen, ein etwo vierjähriger Knabe, aber fiel auf durch seine auffallend schlechte Bekleidung. Mit dem mangelhaft ausgebesserten zu kleinen Anzug und den nachten Beinchen stach dieser Knabe ab von allen anderen Kindern. Die übrigen waren zwar auch nur bescheiden gekleidet, hatten aber doch den Festtag unterstrichen die Mädchen mit Hoorschleifen und weißen Schürzen, die Knaben mit Schlipsbändern und blizenden Nadeln darin und alle hatten Schuhe und Strümpfe on.
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Der Kleine im Alltagskleid genoß die Freude des Raruffellfahrens cm Rande im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn das Karussell im Auslaufen war, schwang er sich auf die Bordschwelle und toſtete die letzten Schwingungen aus, auf dem Bauche liegend, die nadien Füße durch den Sand schleifend.
Einer aus unserer Wandergruppe hob diefen Knaben auf, feßte ihn auf einen der Holzgäule und ließ ihn eine Runde machen.
Es schien dem Anaben feine frohe Fahrt zu sein. Fast war's, als fühle er sich, von erhöhter Stelle aus den Blicken aller preis. gegeben, in feiner schlechten Kleidung wie ein Geächteter. Mit un hängend als fitzend, fuhr er seinen Groschen ab, um dann schleunigst bestimmbarem Gesichtsausdruck, die Augen niedergeschlagen, mehr wieder in den Sand herunterzugleiten.
Im Begriff, weiter zu wandern, näherten sich uns drei kleine Mädchen, in nelben bunten Kleidchen und weißen Schürzen. Mit einem artigen Knir stellten sie sich uns als die Schwestern des Jungen vor, wahrscheinlich daraus Anwartschaft auf die nächste Runde ableitend.
uns froh.
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Auf unsere erstaunte Frage, warum denn der Bruder fein festlich Kleid anhabe, erhielten wir die Auskunft, er fei„ unartig" ge wefen und überhaupt," fehte die Sprecherin, eine Zwölfjährige, hinzu, er ist ja nicht unfer richtiger Bruber, er ist bloß der ange. nommene Gemeinde" Junge." Wir wanderten weiter. Sonnenschein und Vogelsang machten Der arme Junge war bold pergeffen. Mehr als ein Jahrzehnt war vergangen. Im letzten Kriegs jahre mußte ich in einer Jugendstraffache vor dem Schöffengericht Beugnis ablegen. Zwei junge Burschen im Alter von 17 Jahren hatten sich erstmalig wegen eines Diebstahls zu verantworten. Der eine der beiden war ganz gebrochen, faum fähig, feine Berfonalien anzugeben, der andere dagegen machte feine Angaben tura, ohne jede Spur von Erregung und doch wirkten sie erschütternd. Sein Leben war schen als Kind unftet und flüchtig gewesen. Unehelich geboren, in einem Dorf als Gemeindekind an die mit geringstem Kostengeld zufriedenen Leute ausgetan, war er ohne Liebe aufgewachsen. Als Sechszehnjähriger in die Großstadt gekommen, ohne Anhalt an innerlich für ihn interessierte Menschen, ein haltlos Menschenfind em Rande wandelns, bei den ersten gefahroollen Stellen geftrauchelt. In meiner Erinnerung tauchte die fleine Szene in fonem Dorfe auf, am liebsten hätte ich sie dem Richter erzählt. Der Bursche von heute schien mir der Knabe von damals zu sein. Bielleicht nicht dem Namen, aber doch dem Schicksal nach.
Kinderseelen sind teine Automaten, die auf Groschenemwurf mit strahlendem Lächeln quittieren fönnen.
Immer noch leiden wir an der Anmaßung, ohne tieferes Ein geben cuf die Eigenart des jungen Menschen und seine Umwelt Schlußfolgerungen ziehen zu dürfen, halten uns für berechtigt, ihm Lebenslinien vorzuzeichnen, ohne ihm die innere und äußere Mög lichkeit dafür zu geben.
Diese Einstellung hat ihren Niederschlag in Taufenden von Ge richtsurteilen gefunden. Es ist noch nicht allzu lange her, daß man Kinder von 12 Jahren ab schon in die Gefängnisse stedte. Der Sozialismus hat im stetigen Kampf gegen die Reaktion schon Bamblungen mannigfacher Art herbeizuführen vermocht: Jugendgerichte, Strofaufschub, Jugendgerichtshilfe, Schutzaussicht u. a. m. Vieles ist noch zu tun. Die Fürsorge für unsere Jugend steckt noch in den Kinderschuhen, sie ist eine Frage der Aufwärtsentwic lung unseres gesamten Wirtschafts- und Kulturlebens zum Sozialis nus. Wer hat ein stärberes Interesse an dieser Aufwärtsentwid lung als die Frauen?
Türkische Schwänke.
Von Naszr eb.bin
Naszr- ed- din hatte beim Megger eine Leber gekauft und schlenderte nach Hause. Ein Freund begegnete ihm und fragte:„ Wie gedenkst du die Leber zu bereiten?"
Nun, wie gewöhnlich", sprach Naszr- ed- din.
Ich weiß dir aber eine viel beffere Art", entgegnete der Freund und begann das neue Rezept umständlich herzusagen.
Darauf Naszr- ed- din: Freund, ich fann es mir so rasch nicht merken. Schreib mir das Rezept auf!"
Gut, der Freund tat es. Naszr- ed- din dankte lebhaft, nahm Abschied und ging. Und freute sich schon auf das leckere Gericht. Da sprang von ungefähr ein fireunender Hund aus dem Busch, schnappte nach der Leber und lief davon. Hahal" lachte Naszr- ed- din.„ Dummes Tier, lauf bu nur mit der Beute- sie nutzt dir doch nichts: denn das Rezept habe ich."
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Einst tam ein Nachbar zu Naszr- ed- din und bat um ein Darlehen von ein paar Groschen nur für eine Woche.
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Da fagte Nafzr- ed- din:„ Leber Nachbar, das Gelb borgen fann ich dir nicht, denn ich habe feins. Damit du aber meinen guten Willen siehst, will ich dir den Termin aus zwei Wochen verlängern."
Naszr- ed- din rühmte sich eines Tages seinen Freunden gegenüber: So alt ich bin ich habe nichts von meinen Jugendfräften eingebüßt." Wie kannst du das behaupten?"
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In meinem Hof liegt ein gewaltiger Stein ben fonnte ich als Jüngling bet aller Anstrengung nicht heben. Heute versuchte und sieh: der Stein rührt sich vom Fled, genau ich es wiederum wie damals nicht."
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Naszr- ed- din lag schlafend zu Bett mit seiner Frau. Da erhob fich vor dem Haus ein mächtiger Lärm- etliche Männer schienen einander in die Haare geraten zu sein.
„ Sieh nach, was sie haben!" mahnte Naszr- ed- dins Frau.„ Am Ende gibt's noch einen Totschlag auf unserer Schwelle."
Seufzend erhob sich der Ehegatte, schlüpfte in seine Hausschuhe, ihm die Decke entrissen und bavonstoben. nahm die Bettdecke über und ging. Raum hatten die Raufer ihn erblickt, als sie sich auf ihn stürzten,
Naszr- ed- din kehrte um.
„ Nun," rief die Frau, was war's? Worüber hatten sie ge stritten?"
Ach nur um unsere Dede", antwortete Nafzr- ed- din.
( Aus der von Roda Roda und Theodor Chel herausgegebenen Sammlung Welthumor", Simpliziffimus- Berlag, München .)
Geschichten vom Elschen. Der Hut. Elschen hat Bapas Bylinder aufgestöbert und sich übergestülpt; das Röpfchen ist in der weiten, tiefen Röhre ganz verschwunden. Mana," tönt es be geistert daraus hervor, fieh mal, ein zweischläfriger Hut!"- Die Tasche. Elschen soll einholen, die Mutter gibt ihr die wachs ziemlich abgeblättert ist. Elschen aber erklärt fategorisch:„ Mit der tuchene Einholetasche in die Hand, die nicht mehr neu und schon Tasche gehe ich nicht, die ist ja jchen verweltt."- Mißverständ nis. Mutter erzählt eine Geschichte:„ Die arme Frau ernährte fich und ihren Sohn mit Spinnen." Darauf Elschen mit tiefstem Abscheu: gittigittigitt!"- Die Kuh. In der Sommerfrische reißen die Rühe die aufgehängte Wäsche vem Baun, was Eischen sehr entrüftet. Mutter sagt:„ Geh hin und schimpfe die Rühe aus. Nach einer Weile tommt Elschen zurück und Mutter fragt: Nun, was hat die Kuh gesagt?" Elschen:„ Sie hat gesagt, die andere hat es getan." auf eine Dampferfahrt mitgenommen. Ein kleiner Dampfer tommt Der Dampfer. Elschen wird von den Eltern ihnen in scharfer Fahrt entgegen, hoch schäumt das Wasser auf zu beiden Seiten des Bugs. Aufgeregt ruft Elschen:„ D, der ist aber wütend!"
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Neugierig. Vater," fragt der fleine Otto, ist das wirklich wahr, daß der König Salomo fiebenhundert Frauen hatte?" Ja, mein Junge, es soll so sein," antwortete der Bater. Otto: Ja, aber warum hieß er denn da der Weise?"