In einem umfnflenben Refewt behandelte nun die Leiterin des Bezirk- Brandenburg, Genossin Matschte� Berlin , den ganzen Fragenkomplex, der zur Zeit die größte Aufmerksamkeit beansprucht. Ausgehend von den Wahlversprechungen der Rechtsparteien, besonders der Deutschnationalen, denken wir nur an die tOOprozentiae Aufwertung, aus der unter der Rechtsregierung eine 12'i, bis 2Sprozentige wurde!— brandmarkte die Vortragende schars die Unehrlichkeit dieser„Retter" von Bo!k und Vaterland. Sie erwähnte die Zoll- und Steuer.» g e s e iz g e b u n g der jüngsten Zeit, die all« Minderbemittelten delastet und deren Auswirkung besonders hart die Frauen emp- finden. Welch frevelhaftes Spiel aber auch außenpolitisch mit dem deutschen Volke getrieben wurde, erhelle vor allem daraus, daß dos Reichskabinett einschließlich seiner deutschnationalen Minister Sicherheitsverhandlungen mit den ehemaligen Gegnern einleite, den endgültigen freiwilligen Verzicht auf deutsches Land ausspreche, dies in Verträgen zu Loearno festlege und daß danach die Leitung der größten Regierungspartei erklärt, daß f i e diese, von ihren Ministern mitgemachten Abmachungen nicht billige und ihre Mi- nister aus der Regierung nehme. Wieder glaubt man auf dieser Seite, die So z i a l d e m'o k r a t i e werde in die Bresche springen, sie werde im Reichstage dem Sicherheitspakt ihre Zustimmung geben und seine Annahme damit gewährleisten. Die Sozialdemo. kratie denkt nicht daran, Luther und Stresemann den Gefallen zu tun, an Stelle der Deutschnationalen die Verantwortung für die Regierungsgeschäste des R e ch t s kabinetts zu übernehmen. Obwohl wir durchaus mit dem Ergebnis der Loearno-Zusammen- tunft einverstanden sind, können wir doch nicht die Deutschnatio- nalen von der Verantwortung entbinden. Würden wir ohne Neu- wählen in das jetzt noch vorhandene Rumpskobinett eintreten, so bekäme unsere Partei, wie schon oft, die Schläge vom Volke für alle Belastung, die die vorige, bürgerliche Regierung verschuldet hat, um dann, wenn die Krise wieder einmal mit Hilfe unserer Par- tei behoben ist, von Stresemann aus der Regierung hinauskompli- mentiert zu werden. Den Deuischnationalen darf jetzt nicht die de- queme Opposttionsstellung zufallen, Zentrum und Demokraten denken ebenso. Genossin Matjchke behandelte nun das ganze große Ausgaben- gebiet der Provinziallandttage und Kreistage. Sie sprach über das Recht beider Körperschaften, Steuern— sowohl Eigen- wie Zu- schlagssteuern— zu erheben und über die Einnahmequellen, daß es nicht gleichgültig fei, ob Feudale die Steuerarten festlegen, um ihre Kaste zu entlasten, wie es vor dem Kriege gewesen und woran sich allzu viel noch nicht geändert hat. Auch heute ist der Einfluß der Arbeiterschaft noch recht gering. In Kreisen, in denen er bedeutender ist. ist dein kleinen Besitzer manche indirekte Besteue- rung, wie z. B. beim Wegebau erleichtert worden; ist besonders - auch in w o h l f a h r t s pslegerischer Hinsicht Gutes erwirkt worden. Wie notwendig die genügende Einrichtung von Kranken- und Heil- anstalten, von Blindenheimen und Irrenhäusern sei, wies die Re- serentin nach. Der Schutz für Mutter und Kind sei völlig ungenü- gend, bei den Jugendämtern liege noch vieles im argen. Die Kreis- sürsorgerinnen stehen meist dem Wesen des Arbeiterhaushaltes ver- ständnislos gegenüber. Unzulänglich sind oft die Untelstützungen an Klein-, Sozial- und Wohlfohrtsrentner, viel verbessert wurde überall da, wo So z l a l d e in o k r a t e n den Ausschlag geben. Aus alledem folgerte die Reserentin, wie notwendig ein starkes Einrücken der Sozialdemokratie In diese kleineren Parlamente sei, wie überaus nötig ober auch die Mitarbeit der Frauen.. Leider sind diesmal noch recht wenig Frauen ausgestellt, das müsse bei der nächsten Wahl gründlich geändert werden. Jetzt komme nun olles daraus an. daß auch die Genossinnen bei der Wahlagitation ihre Pflicht tun, aufklärend nach ihren Kräften bis in die kleinsten Orte zu wirken. Den Wahlen am 2 9. November komme nicht nur rein örtliche, sondern darüber hinaus auch politisch« Bedeutung zu, da der Provinzialausschuß die Mitglieder des Reichs- und Staats- rotes wählt. Starker Beifall wurde dem Referat der Genossin Matschke. In der Aussprache führte Genossin Müller(Zossen ) in scharfer Verurteilung des Verhaltens der Gutsherren einen Fall an, in dem 3S Arbeiter, die zum Teil ihr Leben lang der Guts- Herrschaft gedient haben, ohne daß für sie V e r s i ch e r u n g s b e i- träge gezahlt wurden, der gemeindlichen Armenpflege einheimfielen. Zurzeit sei auch In Zossen der Kamps um das Wohl- fahrtsdezernat entbrannt, das ein Genosse verwalte, der aber wegen seiner Erfolge durch einen Bürgerlichen ersetzt werden soll! Genossin Höpfner(Neu-Zittau ) sprach über die Steuergesetzgebung des Kreistages. Genossin Döhlemann(Trebbin ) und eine Rüdersdorf «« Genossin besprachen die Agitation, das gleiche tat die Versammlungs- leiterin. Genossin W u t t k e(Potsdam ) sprach über Wohlsahrtsangelegen- heilen und Werbung. Eine Rednerin aus dem Kreise Niederbarnim übte aller- schärfste Kritik an Pflege uyd Behandlung erholungsbedürftiger Kinder in einem Ostseebad. Die dortige Vorsteherin, Schwester eines Geistlichen, scheine ungeeignet für die Leitung des Heimes. Genossin Matschke bat. ihr derartige Fälle immer sofort mitzuteilen, damit sie die Dinge an der richtigen Stelle unterbreite» könne. Nach kurzen Ausführungen noch einiger Genossinnen über die Wohlfahrtspflege in Provinz, Kreis und Gemeinde und Besprechung von Agitationsmethoden führte Genossin M a t f ch'c e im Schlußwort aus, die heutige Konferenz sei gleichzeitig als Austatt für etwaige Neichstagswahlen bestimmt, an Agitationsstoff fehle es uns gewiß nicht, die Debatte zeige, daß die Frauen der Provinz, wenn sie wollen, ihrer Aufgabe gewachsen sind. Mit einigen anfeuern- den Worten, In den nächsten Wochen noch mehr als je der Pflicht als Genossin eingedenk zu sein, schloß die Referentin. Nach Verteilung von Wcrbenummern der.Frauenwelt" fand die gut verlaufene Tagung mit einem freudigen Hoch auf die Sozial- demokratie ihr Ende. Eine weibliche Gemeinöeratsmehrheit. Bei den Kommunalwahlen, die am 2S. Oktober im Landesteil Birkenfeld stattfanden, wurde in Hoppstädten eine de- sondere Frauenliste ausqestellt. Der Erfolg war verblüffend. Es gelang den weiblichen Wählern, von den neun Sitzen des Gemeinde- rotes sechs zu erobern. Das ist der erste Fall, daß eine Parla- mentswahl in Deutschland zu einer Frauenmehrheit und sogar zu einer Zweidrittelmehrheit führte. Natürlich ist unter de» gegen- wärtigen Verhältnissen so etwas nur einmal ganz ausnahmsweise und nur an einem kleineren Ort möglich, wo ein Wahlresultat oft mehr von Zufälligkeiten als von politischen Entscheidungen großer Massen abhängt._ Arbeitslos. Der Abbau in der Fabrik macht« yroße Fortschritte. Zum nächsten Quartal erwartete man wieder eine Menge Kündigungen. Männer, Frauen und Jugendliche beiderlei Geschlechts sürchteten den herannahenden Termin, der vielen von ihnen den bekannten gelblichweißen Zertel bringen würde, auf dem in wenigen trockenen Worten die Entlassung innerhalb weniger Tage zu lesen war. Der Direktor des Unternehmens ging durch die Säle, seine Auge» sahen scharf umher und hinter der Stirn balgten sich die Gedanken. Da und dort könnte man einen Arbeiter, eine Arbeiterin entbehren, der Nachbar müßte eben eine Maschine mehr bedienen. Immerhin eine Ersparnis. In feinem Kontor sah der Generaldirektor, den Bericht des Direktors anhörend. Hin und wieder griff die Hand nach dem goldenen Bleistift, der an einer dünnen Kette hing, und schrieb Ziffern aus einen Papierblock. Nach einer geraumen Weile, wäh- rend welcher beide mehrmals nicht ganz einig waren, versuchte letzterer für einige Arbeitende ein Wort einzulegen; er sehe ein, daß der Abbau notwendig sei, aber es wären Familienväter darunter, die für eine Schar Kinder zu Jorgen hätten. Vielleicht würde man gerade mit diesen noch ein wenig zuwarten. Wieder tanzte der Blei- stift hin und her, aber eine Zurücknahme der beschlossenen Ent- lassungen war nicht das Endergebnis. Morgen mittag würden die Entlassungsschreiben versendet, die Arbeitnehmer ausbezahlt und weggeschickt. Und morgen mittag werden Frauen, die früh gealtert und früh verbraucht sind, sorgenschwer der Zukunft entgegensehen, ihre Kinder vertrösten, wenn sie hungrig lind und Kälte leiden. Die Schar der Arbeitslosen wird vermehrt fein, hossnungslos werden die Männer in ihr ärmliches Heim zurückkehren und warten, warten, ob sie nicht bald wieder für wenig Lohn ihre Arbeitskraft verkaufen können. Adele Bruckner. Kinöerunfälle auf öer Straße. In Deutschland ereignen sich jährlich ungefähr 2000 Kinderun- fälle im Straßenverkehr. Meistens handelt es sich dabei um schwere oder tödliche Unfälle. Von allen durch Verkehrsunfälle getötete» Personen sind ungefähr die Hälfte Kinder. Schwere Opfer an Menschenleben und Elternalück wer- den von dem gewaltig gesteigerten Verkehr in unseren Großstadt- straßen gefordert. MussendieseOpsergebrachtwerden? In einem sehr instruktiven Artikel im»Reichsarbeitsblatt" er- örtert Oberingenieur Tramm die Ursachen der Kinderunfälle und Ihre Verhütung. Die Nachprüfung der Unfälle hat fast immer er- geben, daß die Kinder im Eifer des Spielens nicht inehr aus die ihnen drohenden Gefahren achteten. Beim Nachlausen, Verstecken und ähnlichen Svielen sahen sie nur auf di« Spielkameraden und liefen oft direkt i» die Fahrzeuge hinein Die meisten Unfälle er- folgten beim Reifen- und Ballspielen, beim Rollerfohren und Roll- schuhlaufen. Diese Spiele zwingen die Kinder zur Benutzung des Fahrdainmes. Der drohenden Gefahr sind sich die Kinder meistens nicht bewußt. Ja, die in Bewegung befindlichen Fahrzeuge üben, wie alles Bewegliche, eine,, großen Reiz auf die Kinder aus. Sie hängen sich an fahrende Wagen, fallen herunter und werden über- fahren. Sie lausen möglichst dicht neben der fahrenden Straßen- bahn her, bis sie im Eifer des eingebildeten Wettlaufs unter die Räder geraten. Radfahrende Kinder machen gefährliche Kunststücke und hängen sich mit Vorliebe an Straßenbahnwagen an. Nicht selten gilt es unter Großstadtkindern als heldenhaft, in letzter Se- künde vor dem herannahenden Auto noch schnell den Fahrdamm zu kreuzen. Der Spielbetrieb de« Großstadtkindes wird zu einein tausend- fältigen Spiel mit dem Tode, besonders wenn es viele Stun- den des Tages auf der Straße verbringt, weil die Mutter ihrem Er- werb nachgeht. Wie kann den V e r k e h rs g e f a h r e n begegnet werden, die das Kind auf der Straße umlauern?
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