Allenlhalben müssen Spielplätze sür Kinder angelegt werden, und dem Bewußtsein der Kinder müssen die aus dem Straßenver- kehr drohenden Gefahren eingehämmert werden. Das muß in der Schule und im Elternhaus geschehen. In amerikanischen Schulen wird bei Schluß des Unterrichts eine kurze S i ch e r h c i t s- pause eingeschaltet. Der Lehrer laßt die Kinder ausstehen, um ihre Aufmerksamkeit zu erhöhen und prägt ihnen dann täglich eine praktische Verkehrsregel ein, zum Beispiel: Seht noch links, ehe ihr vom Bürgersteig heruntertretet! Oberingenieur Tramm schlägt vor, daß bei uns die Lehrer ihre Kinder in Straßen- bahnhöfe und Autogaragen führen, um ihnen dort praktisch zu zeigen, wie sie sich verhalten sollen. Bei dem Physik- und Zeichenunterricht, bei der Auswahl der Aussatzthemen kann die Auf- merksamkeit der Kinder auf die Sicherheitsbestrebungen hingelenkt werden. Dieser Verkehrsunterricht in den Schulen muß unterstützt werden durch Belehrungen, die den Kindern von den Eltern zuteil werden. Die Belehrungen sollen nicht allgemeine Mahnungen zur Vorsicht sein, sondern möglichst exakte Anweisungen. Es werden da- für solgcnde fünf Regeln ausgestellt: 1. Lauf nicht zuviel auf dem Fahrdamni umher, Spiel nicht aus Straßen mit Fuhrwerksverkehr! 2. Wirf nicht Obst hin, daß man fallen kann, Spiel' nicht auf den Schienen der Straßenbahn. 3. Lauf nicht neben den Wagen oder dicht hintenon, lim mitzufahren häng dich nicht an! 4. Lauf nicht übern Damm ohne dich umzuseh'n,..... Spring nicht aus und nicht abl Laß den Wagen erst steh nl 8.. /£ Laus niemals schräg über den Fahrdamm hmüber, A. Weder vor noch dicht hinter dem Wagen! Warte lieberl Totentag. Von Walther G. Oschilewski. Es war im November: das sagt, daß unsere Stimmen einsam und fröstelnd in den Regen hingen und der Kirchhof, gegen die graue Wand des Himmels gelegt, den Tag taub und dunkel machte. Gorgias Baldus stand am Grab seiner Mutter, aber er weinte nicht, obwohl kaum der Brunnen versiegt war: es war ihm. daß er nicht weinen dürfe, da das Verlorene nur Beispiel unseres eigenen Todes ist. Und es schien ihm Spott, über sich selbst zu weinen. Früher, als noch die Nächte jenes verwirrte Dunkel waren, das phosphorn leuchtete, schrie er nach Gott, qualvoll rang sich das Gebet aus feinem Munde— jetzt war ihm nur die tote Mutter Stecken und Stab. Es mag geheimnisvoll fein und ein Unterirdisches zu» gleich, wenn das Vergangene den Schritt führt, wurzelnah und heim» wärts. Wenn ich dies erzähle, wird es keine Geschichte geben, doch vielleicht ein Gleichnis für die Dürstenden der Zeit. Denn als Gorgias achtzehn Jahre alt war, begann er die Bibel zu lesen, und sie ward ihm ein Buch, das auch den Ungläubigen nicht verschlossen ist. Sie war ihm ein Stück Erde , darin man sich ein- grub und selbst Erde wurde oder ein Klumpen Fleisch und Blut: man blieb irdisch und erhob sich doch, man war das Tägliche und wurde doch erfüllt vom Geist. Am Tage, da er neunzehn wurde, nannte er Gott seinen Bruder, ober nun wurde das Furchtbare: Gott wußte nichts von ihm... Während Gorgias fortan keine Nacht mehr in den Morgen gehen ließ, ohne zu rufen und zu bitten um Brosamen vom Tische des Herrn, um Oel für das Wund seiner Seele, vergnügte sich der Angebetene irgendwo als ein Nichts, war Schall und Rauch. Wenn man nicht zu den Frommen zählt, lacht man darüber und will klüger sein, weil inan jenes weiß. Die Armen haben er- fahren müssen, daß man auch am ersten Tage Brot nicht aus Steinen buk, die Unglücklichen der Seele wußten, daß nichts glücklich macht, was nicht wirklich ist, und wer in den Granatlöchern vor Arras lag. darüber die platzenden Schrapnelle keine weißen Taube» waren, die gen Osten flogen, mußte sich oft glauben machen, daß Gott nur zu den Offizieren kam... Das Reich aber, das mit strahlenden Engeln und Posaunenschall herniederkommen sollte wie eine Braut, war Traum und man vergaß es. Heute, da ich Gorgias kenne und weiß, was gut macht, könnte Ich den Brüderlichen raten. Nichts ist, was nicht in uns ist. So kam auch für Gorgias die Zeit, da die Gesundheit seines Schreis verloren ging: an einem Morgen brach er krank zusammen. Was man In jenen Tagen aus den Fetzen seiner Worte, die im Fieber hingen, heraushören konnte, war eine fürchterliche Klag«. Man darf nicht Aehnlichcs erlebt haben, um ruhig zu bleiben. Es vergingen bange Wochen. Doch dann verflatterten die wunden Träume, er wurde wieder gesund, und alle, die ihn kannten, dankten und freuten sich, daß das Unsriedliche seiner Stimnie geschwunden und sein Inneres kristallener ward. Es war ganz seltsam: denn um neu geboren zu werden, muß man durch den Tod gehen: vielleicht ist es wahr: nach hunderttausend Jahren. Aber Gorgias starb doch nicht, nur das Vergängige siel von ihm ad, das Unruhige zerbrach wie Laub und Glas. Verwirrt von diesem nicht allzutäglichen Erlebnis, das uns heut« noch fast wie ein Geheimnis unfaßbar scheint, sahen wir das Ver- änderte. Gorgias pries jetzt Gott, dessen Sein er früher nur in schwarzen Lettern aus vergilbtem Papier genagelt las, in jedem Stein, die Berge waren ihm ein Regiment von Fingern, die in den Himmel stachen, das Gras, das zwischen den Tieren wuchs, lobte er als Geschenk aus den Sternwäldern und alle Fracht, die die Wolken trugen, war ihm Zeugnis der allumfasienden Macht. Das war anfanas. Bald daraus vernahmen wir, daß alle Zweisel und alles Drängen nach den. Unwirtlichen absiel und Gorgias einen heimlichen Weg zu seiner Muter nahm. Sie war das Wirkliche, obgleich sie tot war. Jmnier läßt das Mütterliche uns erinnern: wir gehen dann durch die Heimat wie durch einen unterirdischen Gang, und wenn er in den Morgen stößt und die Kindheitssluren vorüberflattcr», ist Gruß und Dankbarkeit. Auch Gorgias vergaß das schmale Lächeln nicht. Nie dieses Herz, nie diesen Glanz der Stirnel Ob er nun glaubt, Gott sei gefunden? Wir wissen nur, daß er jetzt die Mutter oft aus einer Wolke sieht. Das gibt dcn> Herzen Maß und Ordnung. Geht ein Schatten»eben ihm, ist es der der Mutter. Fällt ein Stern durch die Nacht, ist es ihre strahlende Träne. Ansang und Ende der Tage, Schritt und Wandlung, ja wir wagen zu sagen, ewige Form des flegreichen Guten, also das Gesetz der Erde: Gorgias Baldus fand alles.dies in dem mitwandernden Tod seiner Mutter. So ist auch der Tod kein Hinüber, sondern ein Sein, lind wenn die Nacht spricht: ein Wirkliches. Und wenn Not ist: eine Gabe. Gedenken wir an diesem Novembertagc aus den Friedhöfen unserer Mütter, auch der Fahrt Gorgias'— Gott der Herr, den oft nur die tönerne Kanzelstimme der Kirchen preist, Gott der Herr, der auf den Schlachtfeldern des Lebens gefallen scheint, ist nicht mehr Nahrung für unseren Traum. Hängen wir unser Gebet an den Kelch des Irdischen, zwischen den braunen Geruch der Scholle, zwischen Segen und Schuld der feurigen Erde. Der Gott unserer Kindheit, den sich die Hungrigen und Zornigsten unter uns zu zerschlagen bemühten, der Gott aller Völker und aller brünstigen Händcgewalt ist nur das ins übersinnliche gesetzte Gleichnis des Guten. Es muß immer eine Macht sein, die uns dahin solaen läßt. Alles Hinaus in die Wurzel der Seele. Wir wollen das Gute— auch die im Streit des Zornes, auch die im Kniefall am Turm des Herrn. Warten wir nicht, bis der Sohn aus dem Himmlischen fährt, wie uns die Posaunen verkünden; heute, morgen, in den November- straßen. in deiner Kammer. In dein eigen Herz, wird täglich Gott geboren. Sagt, was ist mehr: der Schmerzensgürtel um den Leib der Mütter oder ein urfernes enthobenes Angesicht? Keine Frage, nur die Uebersetzung ins Diesseits: Gott ist in den Müttern und in den Müttern ist Gott ... Der Sohn. Wir haben dich„Der erste Mensch" genannt. Geboren bist du aus der Sehnsucht unsres Blutes, Dein Herz ist licht von Flammen unsres Mutes, Noch bist du allen Menschen unbekannt, Der Sohnl Der Erste! Wieder kam das Kind. In allen Schildern lächelt schon dein Bildnis Wie eine Flamme durch der Zeiten Wildnis, Umweht von Morgenrot und mädchenhastem Wind. Mein Sohnl In deine Kindheit lärmt die Welt.. Sie ist nicht gut und schön gewachsen! Blut vieler Kriege quillt um ihre Ächsen, Das Wehgeschrei der Unterdrückten gellt. Noch ist das Zuchthaus gegen Menschennot gesetzt, Die Arbeit ist nur schlecht verhüllter Dienst von Sklaven Noch sind viel Götter, die mit Freude strasen, Roch wird die Kreatur, der Mensch, zu T»d gehetzt. Und doch: Du bist„Der erste Mensch" genannt. Das ist der Mensch, der sich vollendet, Den nicht der grelle Blitz des Goldes blendet, Der Mensch, dess' Nomen lautet: Unbekannt. Ja, unbekannt seist du verfluchter Zeit, Dem Irrsinn, dem wir Armen dienen, Dem seelenlosen Wert von menschlichcn Maschir.eu, Ja, unbekannt sei dir die Weltzerrissenheit> Auch unbekannt soll dir die Lüge sein, Der dummen Menschen lächerlich Zerwürfnis, Der Mensch sei Bruder dir und Herzbedürsnis, Und wenn du sreudig bist, so sei es nie allein. Den Söhnen allen weih ich das Gedicht, Die voll find von der Sehnsucht unsres Blute», Und glühend von den Flammen unsres Mute», Die jetzt schon leuchten, denn sie sind das Lichts Max B a r t y..
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten