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nicht einmal ein ordentliches Simmer haben. Man versucht, fich den Widerspruch zu erklären, ber barin liegt, daß bei dem großen Mangel an Hansangestellten ihre Lebensbedingungen, abgesehen vielleicht vom Cohn, noch immer recht fehlecht find, und man findet mir das eine Argument, daß fich dieler Stand in der Hauptsache aus den Einwanderern und ihren direkten Nachkomunen retrutiert, während die hundertprozentigen Anrerikanerinnen die Arbeit in den Raufhäusern, in den Bureaus und den Fabriken vorziehen.

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Much Berta, die Heldin des Buches, deffen Titel Lummor noch am ehesten mit Trempel überlegt werden kann, obgleich die beiden Begriffe nicht vollständig beden, ist das Kind einer Eingewanderten. In ihr mischen sich baltisches, polnisches und ukrainisches Blut. Sie ist blond, greß, schwer und fräftig, aber in hr Jehlummiert der Rhythmus, die Mufit der ukrainifchen Wälder, Fe ist aufs innigfte mit der Erde, dem Land verknüpft. Sie ist urchdrungen vom mütterlichen Inftinkt, von der Liebe zu den Hilf> afen und Leidenden, ganz gleich zu welcher Schicht sie gehören. Imgeftrengt arbeitet sie den ganzen Tag unverdroffen, für sie ist des eine Selbstverständlichkeit, über die fein Wort zu verlieren ist. Aber sie hat Kolleginnen, die fich gegen die Bedingungen ihres Berufes auflehnen, die nicht einsehen, warum nur die Herrschaft" gut leben foll. Und einmal spricht Jogar ein Mädchen aus, warum denn feine Gewerkschaft, fein Verband vorhanden sei, der für eine Renderung dieser Zustände fämpfte und die Mädchen unterstütze. Fannie Hurst   hatte wohl gar nicht so sehr die Absicht, die Lebens- und Arbeitsverhältniffe diefer Arbeiterinnen zu schildern, als zu zeigen, wie das einfache, ungebildete, fchwerfällige Mädchen tausendmal wertvoller ist als die Frauen der befferen Gesellschaft", mit denen fie in Berührung fommt, wie fie unendlich viel mehr Berfiändnis auch für das feelische Leiden anderer hat. Aus ihrem mütterlichen Empfinden heraus handelt fic, fut fie unbewußt das, was geschehen muß und was niemand außer ihr begreift. Sie wird selbst Mutter und muß ihr Kind abgeben, da sie nicht dafür forgen fann, dies Kind, dessen Vater der Sohn einer ihrer Arbeit­geberinnen ist. Berta arbeitet zunächst als Köchin in wohl Hobenden Häusern, wird dann Scheuerfrau und findet endlich das, was fie braucht, bei einem einfachen Mann, deffen Frau gestorben ift und deffen Kinder ohne Aufsicht verwahrlofen. Ihnen fann fie thre ganze Liebe geben, hier ist fle außerhalb New Yorts auch in direkter Berührung mit der Natur. Wenn wir aber mit diesem Mädchen an ihre verschiedenen Arbeitsstätten gehen und sie bel der Arbeit beobachten, fo machen wir die merkwürdigften Entdeckungen. Ihre Kammer ist unter dem Dache oder fonft in einem versteckten Winkel. Die Wofferteitung geht nicht bis in den obersten Sted, täglich muß das Waffer aum Wafchen zwei Treppen hinaufgefchleppt werden. An ein Bad kein Gedanke. Das Zimmer ist so falt, daß sie im Winter die Tür auf lößt, damit etwas Wärme von der Halle hinaufkommt; außer ihrer Kammer ist das ganze Haus schön durchwärmt. Die Arbeit beginnt sehr früh; das erste Frühstück muß zeitig fertig sein und wird für die verschiedenen Familienglieder verschieden zubereitet und ferviert. Die Angestellten erhalten andere Kost. Wir hören, doß sich das Zimmermädchen über das ewige Hafermehl und die Preng schmeckende Margarine beschwert. Das in einem reichen Hause, das oft Gäfte zu Zisch hat und sonst in feiner Weise spariom ift. Das Zimmermädchen hat den ganzen Tag zu laufen und zu wischen und die Damen zu bedienen, Berta, die Köchin steht in der engen Küche, kochend, scheuernd und noch spät nachts Silber und Krystall puzend. Die Küche ist glühend. Nur jeder zweite Donnerstag ist ein freier Tag, der aber auch noch mit Arbeit belegt wird, wenn die Mädchen zu Hause bleiben statt auszugehen.

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Bei einer anderen Familie sehen wir, daß Berta, auf den Knien liegend, den Fußboden scheuert oder mit Del einreibt. Jeden Handgris fast, den sie zu tun hat, lernt man im Laufe der Zeit fennen. Man erfährt, daß die Familie zwei Autos hat, aber von einem Staubsauger ist nicht die Rede. Nirgend ist eine der arbeit Iparenden und erleichternden Einrichtungen erwähnt, die gerade Amerifa in Menge auf den Markt gebracht hat. Man verliert faft felbst den Atem, in einer so dauernden Hezjagd rollt sich die Arbeit ab; in manchen Haushaltungen unter der ständigen Kontrolle der Arbeitgeberin. Bon der halbjertigen Arbeit zu etwas anderem gerufen, dann wieder angefangen, wo man stehengeblieben war. Die Treppen hinauf und herunter. Selbst wenn die Dame das Haus verläßt, gibt fie von unterwegs telephonisch Anweisungen, damit nur ja nicht eine Minute Zeit verloren geht.

Und doch bleibt Beria  , solange fie fann, well sie weiß, daß es anderswo auch nicht beffer ist und well das Eingewöhnen fo fchwer ift. Erschütternd ist, wie sie au alt" wird, um in guten Häusern eine Auftellung au finden, wie fle zur Tagesarbeit übergeht, Buzz­frau wird und jeden Tag wo anders beginnen, jeden Tag die auf reibende Arbeit neu einteilen muß.

Man tönnte noch fehr viel über dieses Buch und den Weg Berta fagen, aber immer wieder stellt man feft, wie unmethodisch die Haushaltführung ist, daß sie die menschliche Arbeitskraft über Gebühr belastet. Erstaunlich, daß gerade in den reichen Familien, von denen das Buch erzählt, nicht die Maschine ihren Einzug ge­halten hat. Man wird stuhig, überlegt, erfundigt sich, soweit dazu Gelegenheit ist. Das Ergebnis ist nicht erfreulich. Die Erleichte rungen der Hausarbeit sind nur für bestimmte Schichten, in denen die Hausfrau felbft die Hausarbeit verrichtet, die jedoch über ein genügendes Einkommen verfügen. Für die Minderbemittelten ist Die Anschaffung der Apparate zu teuer; in den wohlhabenden Kreifen aber hat man fein Berständnis dafür, die Arbeit der Angestellten zu erleichtern und zu verkürzen. Man beteiligt sich zwar an sozialer

Arbett, aber die nächstliegende ist nicht intereffant genug, als daß man fich mit ihr beschäftigten möchte.

Dem fortgeschrittenen, in der industriellen Technik führenden Amerika   fteht so ein anderes realtionäres Amerika   gegenüber, das noch die veraltete Wieinung über die Berwendung menschlicher Arbeitskraft hat, ein beschämendes Kapitel zudem aus dem Buch: Die Frau als Arbeitgeberin.

Es wäre gut, wenn Lummog" ins Deutsche überseht würde und eine weite Berbreifung fände. Bielleicht würde es eine große Bahl deutscher Hausfrauen aum Nachdenken bringen, und auf der anderen Seite ben Hausangestellten begreiflich machen, daß sie nur im gemeinsamen, gefchloffenen Kompf eine Belferung ihrer Arbeits und Lebensbedingungen erreichen können. Tony Breitscheid  .

Die Montessori- Methode.

Es gibt Frauen, die bei allem, was im Zusammenhang mit Methode genannt wird, befonders wenn ein fremder Name davor­fteht, ängstlich oder unintereffiert Halt machen. Bir müffen uns aber zu selbständiger, kritischer Brüfung erziehen und unser Inter­effe allem zuwenden, aus dem wir Aufflärung und Belehrung gewinnen fönnen.

Schon 1907 hat die italienische Kinderärztin und Psychologin Frau Dr. Maria Montefiori im ärmften Arbeiterviertel Roms das erfte Kinderheim gegründet, das nach ihren Grundfäßen eingerichtet und geleitet wurde. Unermüdlich hat fie in alten folgenden Jahren weiter am Ausbau und an der Entwicklung dieser Kinderheime gearbeitet, und heute werden nach ihren Gedanken tcufende von Helmen für Kinder in Amerika  , Holland  , Frankreich  und vielen anderen Ländern geleitet. In über 4000 Schuten ift in ihrem Sinne die Arbeit geregelt. Der Schwerpunkt ihrer Methode liegt darin, daß die Aerztin   dem Kinde die Zeit des Lernens nach Möglichkeit vom gesundheitlichen Stand­puntte zu erleichtern jucht, und daß die Psychologin mit dem einer Frau eigenen Feingefühl, ganz im Sinne unserer deutschen Vorbilder eftalo 33i und Gröbel auf die Seele des Kindes eingeht. So entstanden auf und ausgebaute Kinder­Schulheime, luftig, sonnig, in hellen Farben gehalten, mit schönen, dem findlichen Berständnis angepaßten Bildern versehen und mit Lehrmitteln ausgerüftet, die dem Kinde im Spiel und durch [ pielende Arbell Kenntnisse beibringen. Die Kenntniffe liegen auf dem Gebiete der Schule und des Hauswesens. Während einesteils die Kleinen an Stäbchen usw. rechnen und durch Tasten mit verbundenen Augen Gegenstände zu erkennen lernen, werden fie anderseits durch Betätigung in Haus und Garten zur praktischen Teilnahme am täglichen Leben erzogen.

Arbeit als Freude ansehen und Arbeit unter einer Anleitung, die auf die Verhältnisse eingeht, mit Freude ausführen, ist für das Leben jedes Menschen außerordentlich wichtig und wertvoll. Diese legensvolle Anleitung den Kindern zu gewähren, ist der Sinn und Zweck der Montessori- Methode. In Deutschland   gibt es einft­weilen noch ziemlich wenige Montessori  - Kindergärten, jo z. B. den Bolfskindergarten in Berlin  - Lankwiz. Auch dort sind die Erfolge nach Auslage der Leiterin außerordentlich günstig, und es Jollte deshalb bei Neueinrichtungen von Kindergärten weit mehr Rücksicht auf die Montessori- Methode genommen werden.

Frauenkonferenz in Wien  .

Deutschösterreich ist im verstoffenen Jahr um mehr als 10000 Die Zahl der weiblichen Mitglieder unserer Bruderpartei in geftiegen. Anläßlich des Parteitages fraten die 80 weiblichen Parteitagdelegierten mit 14 Bertreterinnen von Gewerkschaften zusammen. Bor allem wurde beschlossen, den Internationalen fo zialistischen Frauentag im Frühjahr 1926 wieder einzuberufen, da er sich als das beste und wirksamte Agitations. mittel unter den Frauen erwiefen hat. Daß es in dieser schweren Zeit möglich war, mehr als zehntausend weibliche Mitglieder der Partei neu zuzuführen, wird von den Genofsinnen zum großen Tell der Propaganda durch den Frauentag zugeschrieben.

Ein von Jenny Brandt schriftlich vorgelegter Bericht über das Wachstum und das Verbreitungsgebiet der Frauenzeitung Die Unzufriedene" zeigte, wie wertvoll dieses Blatt für die Agitation unter den indifferenten Frauen ift. Der Parteitag hat dieses Blatt ats Partelorgan anerkannt. Die Genofsinnen rechnen dabei auf die bereitwillige Unterffüßung der Parteigenossen sowohl in den abriten als auch in der Häuferagitation.

Die obligatorilche Frauenzeitung Die Frau", früher Ar belterinnen- Bettung" genannt, und nad) wie vor von Adelheid Popp   geleitet, die derzeit in 160 000 Exemplaren gedruckt wird, dürfte dadurch, daß sie nunmehr von einigen Landesorgani­fationen gemeinsam für alle lofalen Gruppen be­stellt wird, wesentlich in der Auflage ft eigen.

Mit großer Befriedigung haben die Genoffinnen vernommen, daß das Frauenzentralfomitee für alle Landeshauptstädte Frauen fchulen vorbereitet, durch die eine größere Anzahl von Red nerinnen für die sozialistische Frauenpropaganda herangebildet werden foll. Eine Frauenzentralschule in Wien   wird diesem Zweck ebenfalls dienen. Auch für die neue Bartel hoch schule werden die Genoffinnen bemüht sein, geeignete Hörerinnen namhaft zu machen, um auch Frauen die höhere und fyftematische Jozialistische Bildung zu vermitteln. Je größer die Zahl der weiblichen Bartel­und Gewerkschaftsmitglieder wird, um so häufiger macht sich auch

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