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Frauen in der Gemeindeverwaltung.

Der Deutsche Städtetag hat an alle an ihn angeschlossenen Städte über 25 000 Einwohner durch Rundschreiben eine Anfrage Aber die Anzahl der männlichen und weiblichen Mitglieder der Ge­meindekörperschaften gerichtet. Das Ergebnis der Rundfrage, das vom Frauenberufsamt des Bundes deutscher Frauenvereine bear: beitet wird, ist bezüglich der Gemeinden der größeren Länder jetzt In den Mitteilungen des Deutschen Städtetages" veröffentlicht. Der Städtetag hat leider verabfäumt, eine Zusammenzählung der Er­gebnisse selber vorzunehmen, Bei seiner Statistik find als Gemeinde­förperschaften für Berlin nur der zentrale Magistrat und die Stadt­verordnetenversammlung gerechnet. Immerhin ist doch als be­merkenswert festzustellen, daß unter den zahllosen Städten über 25 000 Einwohner in Preußen, Bayern , Sachfen, Württemberg und Baden eine einzige Frau ein befoldetes, hauptamtliches Mit glied in einem Magiftrat ift. Die Stadt Elbing führt eine Frau als angestelltes Mitglied des Magistrats. In allen anderen Städten find die Frauen, soweit sie im Magiftrat vertreten sind, nur ehren amtlich tätig. Aber auch hier ist ihre Vertretung eine auffallend geringe, und die Städte, die Frauen im Magistrat aufweisen, lassen ich an einer Hand abzählen. Es sind das in Preußen Berlin mit 2, Frankfurt a. M. mit 1, Dortmund und Königsberg mit je 2, Raffel mit 1 und dann noch Elbing und Tilsit mit 1 Frau. Alle übrigen Städte scheiden vollständig aus. Bayern fann in diesem Sinne nicht in Betracht kommen, da Bayern bei feiner Stadtrats. verfassung das Nebeneinander von Magistrat und Stadtverordneten versammlung nicht fennt. In Sachsen fißt je eine Frau als unbefol. detes Mitglied im Magiftrat( Rat) der Städte Leipzig , Meißen , Zittau , in Baden im Magistratsrat der Städte Freiburg i. Br., Pforzheim mit je einer und Karlsruhe mit zwei Frauen.

Zeigt schon diefe Uebersicht, wie wenig bisher noch es ben Frauen gelungen ist, in wirklich leitende Stellungen aufzurüden, fo beweist auch die Statistik der ehrenamtlichen Mitglieder der Ge­meindevertretung, daß auch dort die Frauen noch lange nicht die wirkliche Gleichberechtigung mit den Männern durchgefeht haben, froßdem sie die Mehrheit der Wähler stellen. Verhältnismäßig am stärksten ist ihre Beteiligung noch in der ersten Kategorie der Städte ilber 500 000 Einwohner, Dorf stehen 351 Männern 48 Frauen gegenüber. In jeder weiteren Kategorie finft die Beteiligung der Frauen zu ihren Ungunften.

Ju preußischen Städten von

500 000-250 000 Einwohner 250 000-100 000

100 000-50 000

50 000- 25 000

find Mitglieder der Gemeindevertretung Männer Frauen

62

2323

558

O

9

818

89

1054

92

1852

116

Bedeutend ungünstiger ist das Verhältnis für die Frauen in Bayern , wo auf alle bayerischen Städte über 25 000 Einwohner 476 Männer und nur 28 Frauen unbefoldete Mitglieder des Stadtrats find. Günstiger ist das Berhältnis wieder in Sachfen, wo es 440: 44 steht. In Württemberg stehen ganze 7 Frauen 113 männlichen Rol­legen gegenüber. In Baden ist das Berhältnis wieder etwas günsti­ger, dort find Mitglieder des Bürgerausschusses 507 männliche und 59 weibliche. Diese Verschiedenheiten in den einzelnen Ländern find offensichtlich teine Zufälligkeiten. Die banerischen Zahlen ergeben fich aus dem Charakter der politischen Verhältnisse in Bayern . Je größer im übrigen die Städte und ihre Gemeindevertretungen, defto leichter wird es auch den Parteien, Frauen in die Bertretungen zu entfenden, und infolgedeffen steigt der prozentuale Anteil der Frauen In den Gemeindeversammlungen. Alles in allem beweist das Ergeb­nis der Rundfrage des Städtetages aber, daß die Frauen noch viel zu tun haben, bis sie eine wirtliche Gleichberechtigung durchgefeht haben.

Frauenbewegung im alten Rom .

Den Frauen des Altertums war die Beschäftigung mit der Bolitif durchaus nicht fremd. In Bandinschriften zu Pompejl lefen wir:" Agna bittet" oder" Caprafia bittet"( den und den zu wählen), aber auch Iphigenie wählt den und den" und" Caprasia wählt" Offenbar handelt es sich hier um Wahlagitation hervorragender Frauen. Diefe römischen Frauen nahmen den leb­haftesten Anteil am Ergehen ihrer Gemeinde, wie sie sich auch als Kapitalistinnen ganz merkwürdig betätigten. fauften und verkauften durch einen Geschäftsführer Fabriken und Grundstücke, spekulierten und trieben Geschäfte aller Art. Go rührt In dem wiederausgegrabenen Pompeji eine der größten gemein­nüßigen Anlagen, die dem Geschäftsverkehr diente, von der Briefterin Eumachia her. Das bezeugt die Inschrift auf der 40 Meter breiten Front des Gebäudes. Und vermutlich war es die Briefterin Mamia, welche den Auguftustempel am Forum gestiftet hat. Die Frauen müssen also über große Kapitalien verfügt haben.

So

Die römischen Frauen ließen sich aber auch die Bertretung ihrer Interessen in feiner Welse nehmen. In die Vorstände der großen Begräbnisgilden konnten sie gewählt werden, aber sie bildeten jogar politische Bereine zur Förderung der be­fonderen Frauenintereffen. Wie energisch fle das taten, beweist der folgende, von den römischen Hiftoritern verbürate Bor­gang: Die jungen Römer der Herrentialle mußten den Sigungen hes Senats betwohnen, um dort in die staatsbürgerliche Arbeit ein­

geführt zu werden. Einer von Ihnen wird nachher von seiner Mutter gefragt, was es denn im Senat gegeben habe. Der Jüngling versucht zunächst, sich hinter das ihm auferlegte Schweigen zu ver tecken. Schließlich aber muß er nachgeben. Da er aber nicht die Wahrheit fagen will, fügt er ihr vor, man habe darüber verhandelt, ob es beffer fel, wenn ein Mann zwei Frauen habe oder eine Frau zwei Männer. Die Mutter weiß nichts Elligeres zu tun, als in ihrer Aufregung die Geschichte ihren Mitbürgerinnen zuzutragen. Sie rotten sich zusammen, und in der nächsten Senatssitzung erscheint eine Frauenprozeffion, um zu fordern, daß eine Frau zwei Männer haben dürfe, aber nicht umgefehrt. Man kann sich die Heiterkeit der Senatoren denken. Als der strenge Cato durch ein Gesez den über­großen Lurus der Frauen verbieten wollte, da war der Protest der Frauen so stark, daß der Gesezentwurf zu Fall kam.

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was damals

In der späteren Kaiserzeit hatten die Matronen feineswegs Greifinnen bedeutete- fogar einen regelrechten Frauenlenat gebildet, zunächst aus religiösen Abfichten organi fiert, wenigftens wird ein solcher einmal von Livius erwähnt. Später aber scheinen die religiösen Angelegenheiten ganz zurücfgetreten zu fein. Es muß in den Sigungen oft recht temperamentvoll zuge gangen fein, denn die Mutter des Kaisers Nero hat dort einmal Prügel erhalten, well fie gegen eine Kollegin sehr heftig ge sprochen hatte. Genauere Einzelheiten sind über diese Frauen vereine nicht bekannt, aber man fann aus gewissen Mitteilungen schließen, daß die Kaiferinnen den Frauenvereinen gewiffe Schenkungen und Stiftungen machten. So haben sich auf dem Forum des Kaisers Trajan Inschriften gefunden, wonach die Ralferin Sabina einen für ble Frauen bestimmten Raum geftiftet habe, und die gleiche Inschrift fagt, daß der gleiche Raum von der späteren Kaiserin Julia wiederhergestellt worden sei. Auch in Neapel gab es solche Frauenvereine, und hier besaßen die Frauen fogar ein eigenes Bersammlungslotal.

Auch Mutterschaft will gelernt sein!

Bon einem intereffanten, glänzend gelungenen Berfuch der Stadt Stuttgart , Mädchen und Frauen zur bewußten Muiter fchaft heranzubilden, weiß die Boffifche Zeitung" au berichten. Als Kriegsgründung des Nationalen Frauendienstes für die Frauen der Frontfoldaten entstand 1917 die Stuttgarter Mütterschule, die heute, erweitert und ausgebaut, von Staat, Stadt, privaten Stif fungen und eigenen Einnahmen erhalten wird. Die Anteilnahme der Bevölkerung aller Kreise und Altersstufen an dem Wert wächst ftändig, 3125 Frauen bel dreistündigen Einzelfurfen von 16 bis 18 Teilnehmerinnen find bisher durch die Mütterschule gegangen. Für erwerbstätige Frauen und junge Mädchen, ebenfalls jüngere Mädchen und Kindermädchen werden je nach Bedürfnis Sonderkurse eingerichtet.

In der Form der Unterweisung vermeidet man alles Lehrhafte, die furzen, allgemeinverständlichen Borträge werden durch Aus­sprache der Teilnehmerinnen ergänzt. Auch wird die Not der Zeit berücksichtigt, indem an die Mütter feine unerfüllbaren Forderungen bezüglich der Kinderpflege gestellt werden. Es zeugt für die Beliebt. heit der Schule, daß auch die Väter den Wunsch geäußert haben, an ihr teilzunehmen. Zu diesem Zweck find Abendkurse eingerichtet worden, in denen beide Eltern willkommen sind.

Der Unterrichtsstoff der Mutterschule umfaßt ein recht weites Gebiet: Eine Säuglingsschwefter erteilt Unterricht in der Pflege des gesunden Säuglings und Kleinkindes, wobei fle Pflege der Mutter vor und nach der Geburt, Stilltechnik, fünftliche Ernährung usw. behandelt. Die Behandlung des Säuglings wird von der Teilnehmerinnen an einer Uebungsgruppe geübt. Besuch des städtischen Kinderheims und Beobachtung der Kinder des an gefchloffenen Tagesheims unterstützen den theoretischen Teil. Eine Aerztin befpricht ausführlich Säuglings- und Kindertrant. heiten, eine Erziehungsfürsorgerin über Erziehungsfra gen der kleinsten und älteren Kinder. Sonderkurse zur Selbst­herstellung von einfachem und geschmackvollem Spielzeug durch die Mütter sind gleichfalls von großem Nußen. Im Lages heim für Säuglinge und dem gleichfalls der Mütterschule angefchlof fenen Kindergarten werden den Frauen auf Wunsch Praktikantinnen­pläge überlassen. Erwähnt soll noch werden, daß eine Juriftin auf 28unsch Sonderkurse über Familienrecht veranstaltet.

Die Einrichtung der Mütterschule hat sich als lo fegensreich erwiesen, leistet der Bevölkerung fo wertvolle Dienste in bezug auf förperliche und geistige Pflege der Kinder, Bewahrung vor Un gefundem, Wegräumung althergebrachter Unfitten, gelftiger Hebung der Kinder, daß man sich, zumal angesichts der regen Beteiligung der Bevölkerung fragen muß, warum andere Städte nicht längst dieses Vorbild nachgeahmt haben. Alle tommunalpolitisch arbei tenden Frauen sollten die Stuttgarter Erfolge zum Anlaß nehmen, auch in ihrem Wirkungskreis eine derartige Einrichtung zu schaffen.

H. S.

Die Säuglingssterblichkeit ist im vorigen Jahre weiter aurid. gegangen. In Preußen hat sich von 1913 bis 1925 der Durch schnitt von 14 Proz. auf 9,7 Broz. der Lebendgeborenen ver. mindert. Am relativ ungünstigsten steht Oberschlesien , am günstigsten Seffen- Naffau. Ob die schwere Wirtschaftskrise und riesige Arbeitslosigkeit felt dem Herbst 1925 die Säuglingssterblichkeit nicht ungünstig beeinflussen wird, bleibt abzuwarten.