schaftskomplere, das natürliche Gefühl offenbart, zeigt sich größte Liebe und Zärtlichkeit für die Tochter. Daß die Mutter in der landläufigen Ansicht als das liebevolle und gütige Element gilt, der Vater dagegen als das strenge und harte, beruht nur auf der männ­lichen Sohn- Mutter- Erfahrung, denn der Tochter gegenüber stellt sie sich durchaus anders ein. Den Mann interessiert an der Frau vor allem die geschlechtliche Seite, daher ist das Mutter Sohn Verhältnis, wie wir es in der männerstaatlichen Kunst tausend­fach verklärt finden, eine spezifisch männliche Ange legenheit, während die Tochter Väterlichkeit erst durch ble befreite Frau ihre Verherrlichung finden wird. Auch eine Folge der einseitigen Auswirkung der männlichen Sexualfomponente ist die heutige doppelte Moral, die zur Larheit beim männlichen Geschlecht und zur Strenge gegenüber bem weiblichen Geschlecht geführt hat. Bei natürlicher Entwicklung würde sich das weibliche Interesse genau so auf die männliche Gittenreinheit richten wie umgekehrt. Daß heute noch viele Frauen mehr Wert auf weibliche Sittlichkeit legen und der männlichen Reinheit gleichgültig gegenüberstehen, beweist ble Zerstörung ihrer natürlichsten, rafseerhaltenden Instinkte unter der männlichen Vorherrschaft. Erst die Befreiung der Frau, die wir ja gegenwärtig erleben, wird die wahre Einheitsmoral für belbe Geschlechter bringen.

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Die heutige männliche Halbkultur wird und muß ergänzt werden durch das weibliche Gegengewicht. Was wir heute noch als Weiblichkeit" bezeichnen, ist nichts als die erzwungene Formung der beherrschten Frau, die erst alle Fremd­gesetzlichkeit abwerfen muß, um zu ihrem wahren Selbst zu gelangen. Im Gegensatz zu Frau Dr. Baerting find wir in diesem Buntte der Meinung, daß nicht nur die starke Frau" zu einer folchen Wandlung fähig ist, sondern die ökonomische Entwicklung mit ihrer Embeziehung der Frau in den Wirtschaftsprozeß alle Frauen, bewußt oder unbewußt auf den Weg der Selbstbestimmung drängt. Freilich kann diese legten Endes unaufhaltsame Entwic lung wesentlich gehemmt oder gefördert werden vor allem durch bas Moment der Erziehung. Wenn wir auch darin Frau Dr. Baerting nicht beistimmen können, daß sich nur auf Grund der Sexualfomponente der Kampf zwischen junger und alter Generation lediglich zwischen Vater- Sohn und Mutter- Tochter abspielt, da doch die Feibungsflächen heute in der gleichen geschlechtlichen Sphäre viel größer sind man dente nur an Berufs- und Weltanschauungs­fragen bei Knaben, an Kleidung und Sittlichkeits" fragen bei Mäd chen! so hat sie doch über das Verhältnis zwischen alt und jung piel Richtiges gesagt. Richtig ist ihre Behauptung: Die meisten Frauen verdanken ihre Minderwertigkeitsgefühle ihren Müttern", und es wäre unendlich viel nicht allein für den Befreiungskampf der Frauen, sondern auch für das persönliche Verstehen zwischen Mutter und Tochter gewonnen, wenn die Mütter unter Ueberwindung ihrer eigenen anerzogenen Minderwertigkeitskomplexe in der Tochter ebenso den Vollmenschen erkennen und entwickeln würden wie im Sohne. 5. S.

Altgermanische Frauenkleidung.

Die sogenannte Bronzezeit, welche die Wissenschaft auf die Jahre 1500 bis 500 v. Chr. ansetzt, hatte eine überaus reiche und elgenartige Kultur, die zeigt, daß die Germanen keineswegs ganz rohe Böller waren. Das gilt auch für die Frauentracht jener Zeit, für die wir ein besonders anschauliches Beispiel in einem alten Gräberfunde haben. Den Oberkörper der Frau bedeckte eine ziemlich roh gearbeitete Jacke, die aus einem Stück geschnitten war. Die Nähte liefen auf dem Rücken und an den Aermeln. Die Aermel find tief geschnitten und reichen nur bis zu den Ellenbogen. Der Unterarm blieb also für Schmucksachen frei. Die Ränder sind mit Knopfiochstichen eingesäumt, und nur unten sind ein paar Streifen Stoff angefeßt. Die Jade muß ziemlich furz gewesen sein. Der Rod war weit und faltenreich und hat wahrscheinlich über den unteren Rand der Jacke herübergefaßt. Er hat sowohl oben wie unten einen Webejaum. Daraus geht hervor, daß der Stoff für jenen Rod genau in der Länge, die der Größe der betreffenden Frau entsprach, be­fonders gewebt wurde. Offenbar hing er bis auf die Füße herab, benn er hat eine Länge von 1,15 Meter.

Bei dem erwähnten Gräberfunde hat man auch zwei Gürtel zutage gefördert. Der eine ist nur eine einfache Schnur, der andere bagegen zeigt ein sehr feines gemustertes Gewebe und endet in kunst­pollen Quasten. Ju seiner ganzen Ausführung ist er ein Meisterwerf schöner Handarbeit. Da andere Bänder fehlen, muß man annehmen, daß die Frau ihre Kleidung über Nacht nicht ablegte, sondern sie so lange trug, bis sie der Reinigung bedurfte. Auch die am Körper anliegenden schweren Schmuckstücke wurden so lange getragen, weil fle so eng anlagen, daß ihre Entfernung schwer fiel.

Die Farbe der Kleider war dunkelbraun oder schwarz wie die Naturwolle der Schafe, die damals gezüchtet wurden. Man ver­mochte jedoch auch damals schon andere Farben herzustellen, denn der funstvolle Gürtel zeigt einen helleren Mittelstreifen zwischen dunkleren Streifen. Das Interessanteste ist jedoch das Haarney, bas kunstvoll gearbeitet und mit Schnüren zum Festbinden getragen wurde. Man fand bei der Frau in dem erwähnten Grabe das lange Haupthaar teils in Neße, tells auch auf einem zierlichen Hornfamım. Es war also wohl mit dem Kamme aufgesteckt und im Neze gesammelt worden. Da das Nez aber zu flein ist, um nach Art der heute von unseren Frauen getragenen Haarneze den ganzen

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Kopf zu. bedecken, so scheint es nur den hinten aufgefeßten Haar. knoten umfaßt zu haben. Die Schnüre selbst sind so furz, daß sie nur dazu gedient haben fönnen, das Netz um den Knoten festzuhalten. Nach fachkundigen Feststellungen kann das Netz weder geknüpft, noch gestridt, noch gefnotet, noch gebätelt gewesen sein. Durch ange stellte Versuche ist man schließlich hinter die Technik der Herstellung gefommen: Zwischen zwei parallel aufgespannten Schnüren sind nebeneinander Fäden gezogen, und die verschiedenen Muster sind durch einfaches Flechten der Fäden ohne irgendein anderes Hilfsmittel als einige Stäbchen ausgeführt worden. Das Verfahren zeigt also Aehnlichkeit mit dem Flechten und Weben im Rahmen, das als Anfang der Weberei gilt. Man sieht daraus, daß die alt­germanische Frauenkleidung selbst im vorgeschichtlichen Zeitalter feineswegs roh und barbarisch gewesen ist, sondern sich durchaus mit der anderer Kulturvölker messen kann.

Das Kind und sein Buch.

Es ist nicht so leicht, sich in das hineinzuversehen, was ein Kind beim Lesen eines Buches denkt und empfindet. Gerade die bedeutenden inneren Erlebnisse behält es für sich, um sie oft erst nach Jahren überraschten Eltern und Erziehern mitzuteilen. Diese lang verschwiegenen, spät bewahrten Eindrücke, oft entscheidende im Leben, erwirbt es zu einer Zeit, in der es noch nicht gelernt hat, sich zwischen Deuken und Reden zu teilen. Bor seinen wahren Ein drücken ist es ganz schweigende Anschauung, stumm horcht es einer stürmt es von Frage zu Frage zur Qual der Erwachsenen, so ist es inneren Offenbarung. Kommt es ins Plaudern, ins Fragen gar, nicht ernstlich, nicht im Innersten beschäftigt: oft wartet es die Antworten nicht ab, angehört sind sie bald vergessen. Schweigend leistet das Kind die ungeheure Geistesarbeit, mit der es sich die Welt aneignet. Wir erwarten keine lugen, reifen Bemerkungen von ihm. Vernehmen wir sie, berührt es uns als ein Nach gesprochenes oder dem stillen Vorhaben der Natur nicht Gemäßes. Ein anderes Hindernis für das Verstehen zwischen Kindern und Erwachsenen ist die Verschiedenheit des Wertes, den beide in das gleiche Wort legen. Das alte langweilige Zimmer" kann eine uns verborgene Schattenwelt, der nette weiße Vorhang" ein Segelschiff in voller Leinwand, Schiffe, Wolken, den Ozean bedeuten. Wir stehen vor der Geisterwelt des Kindes wie vor einem Zauberreich, deren Zeichen wir nicht verstehen.

Die Erinnerung kann uns lehren, die Kinder zu verstehen, von ihnen verstanden zu werden. Albert Hans Rügenau, dem jungen Verfasser des schönen Kinderbuches Mit Siebenmeilenstiefeln "( Ber­lag C. Konegen, Wien ) ist dies vortrefflich gelungen. Däumling, von neuer Wanderlust gepackt, macht eine Reise um die Erde und erlebt die buntesten Abenteuer. Die Kinder werden von diesen Märchen wahrhaftig wie mit Siebenmeilenstiefeln in die fernsten Erdteile geführt. Die Versammlung der Tiere in den Wäldern des Balkans, der Zaubersee von Zanzibar , und wie in den Wäldern von Borneo die Affen dem armen Däumling einen seiner Zauberstiefel entwenden, alle diese Dinge werden große Freude machen, und den Erwachsenen der eigenen Kindheit gern mahnen. Naturwahre Züge sind sehr glücklich eingeflochten, so wenn Däumling auf der Heerstraße vor Konstantinopel von einem Türken durch Zuruf gewarnt wird, nicht über dessen beide Esel zu fallen, die quer über die Straße ausge Die Seen, streckt liegen: ein Bild orientalischer Sorglosigkeit. Ströme, Gebirgszüge der fernsten Ferne, die Pflanzen, Tiere, Menschentypen werden gleichsam Spielgefährten der Kinder, fremde erstaunliche Namen werden mit vertrauter Bedeutung im Gedächtnis haften. Das Buch ist vom Verlag mit sehr schönen farbigen und Schwarzweißzeichnungen bunt und reich ausgestattet und wird ge­wiß schon durch das Titelbild den Jubel des Kindes erregen. Viola Gabriele Schlesinger, Wien .

Kindergeist.

Der verkannte Gamsbart. Auf der Eisenbahnfahrt tritt in das große Coupé 4. Güte ein Mann mit Steirerhütel und Gamsbart. Sprachlos staunt unser Mechtildchen die Erscheinung an. Auf fagt sie ,, ba hat ja der Mann seinen Rasierpinsel an den Hut gesteckt. Er hat wohl vergessen, ihn

einmal: Mamachen"

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in den Koffer zu packen?"

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Der Lehrer behandelt die Sprichwörter und fragt die Klasse nach Beispielen. Die Klasse schwieg. Mergerlich schalt der Lehrer, weil niemand eine Antwort auf seine Frage wußte. Da hob das. fleinste Knäblein auf der vordersten Bant sein Fingerlein hoch. Also, Peter, du weißt ein Sprichwort?"

Ja, Herr Lehrer. Ein Narr kann mehr fragen, als zehn Weise beantworten können."

Entrüstet sagte der Lehrer:" Weißt du kein anderes Sprich wort als das, tummer Junge?"

Gewiß. Wem der Schuh paßt, der zieht ihn an."

Da war das Maß voll und der Lehrer lief zum Direktor, damit dieser den frechen Bengel zur Rede stellen sollte. zu zweien be­traten sie wieder die Klasse.

Nu sag doch mal, Peter, weißt du denn keine besseren Sprich­wörter?" Gewiß, Herr Direftor," fagte. Peter. Ein Unglüd fommt selten allein."

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