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aleht nd nun ein einfames Leben führt. Es wird den Eltern gegenüber verschlossen, stößt heute seine Spieltameraden zurück, um fie morgen leidenschaftlich an sich zu ziehen. Und so wird es un berechenbar und empfindlich. Die Gefühle, die sich nicht in Tat um fegen fönnen, verbinden sich mit den Borstellungen von der Ver­tändnislosigkeit der Menschen zu Eindrücken, die in Untergegeben, weil angeblich bewiesen, daß die Frauen als solche un bewußtsein Wurzel faffen, um später von hier aus den Menschen, besonders auch in Träumen, zu quälen. Manche Neurose des Er­wachsenen hat hier ihren Ursprung.

Wenn das Kind onaniert eine Betätigung, die man faft durch weg bei Kindern findet- begegnen dem die Erzieher mit Drohungen und Strafen. Und nun beginnt ein Kampf in der Seele des Kindes. Die Naturfraft, der Geschlechtstrieb, der vom Erzieher als böse" hingestellt wird, läßt sich als Naturtraft nicht ausrotten. Da das Kind aber gut" sein möchte, nimmt es den vergeblichen Kampf hmmer wieder auf, um schließlich zu unterliegen. Damit aber hat des Kind jedes Selbstvertrauen und jeden Lebensmut eingebüßt. Es wird ein fraftloser und unfelbftändiger Mensch.

Und die menschliche Gemeinschaft hat einen Menschen ver­Toren, eine Nummer gewonnen. Henny Schumacher.

Negative Wertschäzung.

Die Standalprozesse der Hohenzollern   und der andern ehe­maligen deutschen Fürften, die 1918 alle fo eilfertig mit schlotterndem Gebein ihre wadelnden Throne und Thrönchen im Stich ließen, find ein sprechender Beweis treudeutscher" Habsucht.

Und trotz alledem ist in gar manchem Untertanenherzen noch Immer eine lächerliche Wertschägung für diese eitlen Gößen lebendig. Der dumme Deutsche will selbst lieber hungern und frieren mit feiner Familie, damit nur die einstigen Herrscher weiter schlemmen und verschwenden fönnen. Er will auch mit seinen Kindern lieber im Asyl für Obdachlose haufen, damit nur ja die staatlichen Schlösser den Fürsten   mit ihren Liebchen verbleiben. Nur blinde Wertschätzung fann das ehemalige Krongut als Privateigentum erklären, als ob die negativen Fürstenhände jemals felbft etwas ehrlich errungen hätten. An der Erwerbung des Krongutes ist doch der Staat und das Bolt, durch die Stellung des Heeres, vielmehr beteiligt gewesen, als Die fogenannten Fürsten  . Sie haben dann das Krongut für fich ausgenügt wie ein Staatsbeamter sein Dienstland für sich hat, daß er bei Beendigung feiner Dienstzeit ja auch nicht als Eigentum be­halten darf, sondern in gutem Zustand dem Staat wieder zur Ber. fügung stellen muß. Warum soll der ehemalige Fürst mit seinen Rindern, der sich doch von Großvaterszeiten her, jo gern als ben ersten Diener des Staates bezeichnete, sein Dienstland und seine Dienstwohnungen als Eigentum geschenkt triegen?

Wohl darum, well er im November 1918 fo feig sein Heer und Jein Band" im Stich gelaffen hat?

Aufgepaßt ihr Frauen und Mütter!

Der Boltsentscheid gibt euch die Entscheidung selbst in die Hände.

Ihr selbst sollt und müßt nun beweisen, ob ihr die negative Wertschäzung, wie sie Ruliseelen zu haben pflegen, endlich über­wunden habt in all der Notzeit.

Die Zeit in der wir leben fordert unerbittlich, daß ihr den Echein nicht für das Sein haltet!

Der blendende Schein der Fürstengöhen ist mit dem Blut un ähliger Männer befleckt, und die Opfer des Krieges, die Blinden, die Berstümmelten und die Hinterbliebenen sind es, die heute unsere Wertschätzung brauchen, denn ihrem Sein verdanken wir un endlich viel! Fr. Sch.

Sehlt den Frauen der Zeitfinn?

An der bekannten und geachteten John- Hopkins- Universität   in Baltimore   hat man sich vor einigen Jahren an die Untersuchung einer Frage gemacht, die man in Europa   wohl mit einem ironischen Lächeln, beiseite schieben würde. Die Frage lautet: Stimmt die allgemeine Auffaffung, daß Frauen nicht pünktlich sind, daß fie fünf Minuten" fagen und eine Stunde warten laffen, mit den wiffen schaftlich nachprüfbaren Tatsachen überein, oder handelt es sich bloß um einen Aberglauben, von den Wigblättern großgezüchtet?

Die einzige Möglichkeit, in der Frage Klarheit zu schaffen, war, den Weg der psychotechnischen Versuche zu betreten. Von einer Rommiffion find je 700 männliche und weibliche Studenten der John Hopkins Universität als Bersuchsobjekte bestimmt worden. Diese selbst durften natürlich von der Rolle, die ihnen zugeteilt wurde, nichts wissen.

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Jahrelang gingen die Versuche nach einem genau ausgearbeiteten Plane vor sich. Die Ergebnisse sind nun veröffentlicht worden und stellen fest, daß 100 Proz. der weiblichen Studenten, das heißt also: einen vollkommenen Mangel an Sinn für Zeiteinteilung zur Schau gebracht haben, während der übergroße Teil der Männer genau weiß, was und wieviel eine Stunde ist und es auch versteht, fich danach zu richten. Männer verstünden es, sich für einen Nach mittag ein Programm zu machen, was den Frauen unmöglich sein Zoll. Die Unpünktlichkeit der Frau sei kein Leichtsinn, fein böser Wille, feine wie immer geartete Rücksichtslosigkeit. Die Frau set unpünktlich, weil ihr Sinn für den Unterschied zwischen fünf und fünfzig Minuten fehlt. Sie sagt fünf Minuten" und meint damit eine unbestimmte Zeit, deren Maße sie in ihrem tiefsten Innern gar nicht fennt.

Sowelt die John- Hopfins- Universität. Nun mögen die Ber fudje, die an und für sich eine dankenswerte Tat darstellen, noch so eindeutige Ergebnisse gezeitigt haben: die Frage der Schluß­folgerungen bleibt bennoch offen. Sie müssen nicht ohne weiteres widerspruchslos im obigen Sinne angenommen werden. Selbft an pünktlich find, muß zuerst die Frage aufgeworfen werden, ob dies in Europa   ebenso der Fall ist, wie in Amerika  ? Eine zweite Frage: Benehmen sich Frauen mit selbständigem Berufe genau so, wie bie Studentinnen, die noch nicht ins Leben getreten sind? Fehlt der Sinn für Zeit der Arbeiterin ebenso wie der Millionärin? Der Sinn dieser Fragen liegt in dem bekannten Umstande, daß in Amerika   die Frauen der mittleren und höheren Gesellschaftsklassen eine souveräne Stellung einnehmen. Die Studentinnen aber gehen aus diesen Klassen hervor, und da fie eben noch jung und Studentinnen sind, so hatte noch feine von ihnen Gelegenheit, vom Leben eines Böseren belehrt zu werden. Die Frauen dieser Klassen, und insbesondere die jungen, forglosen Damen, fühlen fich also als Herrinnen der Welt. Ihnen versucht ein anderer Souverän: die Zeit in den Weg zu treten, bie Zeit, dieser Tyrann, der jedem von uns täglich unzähligemal feine Befehle erteilt. Die Männer müssen sich büden und den Befehlen des Ungeheuers fügen. Ge wiffe Kategorien von Frauen hingegen fönnen es fich, ebenso wie nod) einige wenige primitive Boltsstämme, erlauben, fich um die Seit, um deren unnatürlichen 3wong, nicht zu fümmern. Im Herzen Chinas   leben noch Stämme, die weder einen Kalender, noch eine Beitrechnung tennen. Bei ihnen gibt es feine alten Frauen, einfach aus dem Grunde, weil sie die Begriffe Jung" und" alt" noch nicht herausentwickelt haben. Ebenso gibt es in Aequatorial Afrita Stämme, deren Mitglieder nicht wiffen, wieviel Jahre fie alt find. Während indessen die wenigen Primitiven des mittleren Chinas   und Nigerias   bie Seit und das Alter überhaupt nicht fennen, muß auch bie meist umhuldigte Göttin des Fifth Avenue  lelder Gottes zumindest von der Wahnidee, daß es Jahre und auch Jahrzehnte gibt, Kenntnis nehmen. Dagegen darf und fann fie fich von der Birchofe, es würden fünf und zehn Minuten, bringende Wege und fatastrophale Berspätungen geben, freihalten.

Diese Schlußfolgerungen welchen freilich wesentlich von den jenigen der verdienstvollen Forscher an der John- Hopkins- Universität  ab. Sie zeigen, daß die Frage nicht einfach genug ist, um burch einen einzigen Verfuch gelöst werden zu können. Man wird wohl einige Schritte weiter gehen müssen, um dann allereinfachsten Schlußfolgerung zu kommen: daß nämlich die Frage der Seit" eben nichts als eine Beitfrage fei. Heinrich Guttmann, Paris  ,

Großmutter.

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vielleicht

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Alle find davon durchbrungen, deß Großmutter einen schönen, fonnigen Lebensabend" hat, am meisten Großmutter selbst. Nein, noch nie in ihrem Leben ist es thr so gut gegangen wie jeßt. Denn fie hat ja jebt so viel Zeit zur Ruhe, für sich selbst und zum Nach benfen, zum Ausgeben und zum Lesen; und Geld für ihre be scheidenen Ansprüche hat fie auch genug. An beidem hatte es ihr in all den vielen, vielen Jahren, als sie sich und ihre sechs Kinder mit der schmalen Witwenpension durchbringen mußte, so sehr, so furchtbar gefehlt, daß ihr ihr jetziger Zustand, wo sie beides in aus reichendem Maße hat, damals als das Paradies felbst erschienen ist. Dwie hat Großmutter gearbeitet den Tag und bis spät in die Nacht, wie hat fie gefocht, gefcheuert, genäht, gewaschen und gebügelt,- und dazu immer das ewige, schreckliche, nervenzehrende Rechnen und Knaufern mit dem Pfennig! Aber befriedigt kann Großmutter auf ihr Leben zurückblicken: ihre Kinder sind alle etwas geworden, die Söhne in guten Stellungen, die Töchter gut verheiratet. Und die Kinder lassen ihr nichts abgehen, o nein, es sind gute, dankbare Rinder. Zu Weihnachten und zum Geburtstag wird sie reich be schenkt, und Bücher und ein Theaterabonnement hat sie auch be lommen. Niemand hat etwas dagegen, daß Großmutter jetzt endlich auch einmal an sich selber denkt. Und Großmutter versucht jetzt, im feßten Jahrzehnt ihres Lebens, all das nachzuholen, was fie eln Leben lang verfäumen mußte, wonach fie fich fo glühend gelehnt hatte. Aber es ist sonderbar, in das erträumte Paradies tommt Croß nutter jegt nicht mehr, nur höchstens noch in den Vorgarten. Da sind die schönen Bücher, fie loden Großmutter zum Lesen, aber immer nach einer Weile verwirren sich ihre Gedanken, und die Buchstaben fangen vor den alten Augen zu tanzen an. verfäumt Großmutter ihre Theatervorstellung, fie freut sich an den fchönen Bildern und Borten, aber so schön, wie damals, als sie nur einmal im Jahr ins Theater gehen fonnte und fich wochentang darauf freute wie ein Kind auf Weihnachten  , ist es heute eigentlich nicht mehr. Man versteht die Leute auf der Bühne nicht mehr so gut, und auch die langen Wege find so beschwerlich. Auch auf Reisen fann Großmutter sich von ihren Kindern nicht mehr mitnehmen laffen, ihr sind die Strapazen zu groß, und wie hungerte fie einst nach dem Anblick fremder Städte und Landschaften! Am schmerzlichsten aber ist es Großmutter, wenn sie auf den Abend gesellschaften der Kinder den Gesprüchen nicht mehr folgen tann. Wie reden sie sich da über Politik und Kunst die Köpfe heißt Niemand erwartet von Großmutter, daß sie sich beteiligt, sie wirk liebevoll in die Ede gesetzt und geschont wie ein gutes, altes Möbel. Keiner weiß, daß in ihr Qual und Ehrgeiz brennt, mitzureden, mite zutun, mitzuleben. Längst verschüttete Kräfte der Seele rühren sich in der Tiefe, aber sie sind zu schwach und alt geworden, um das

Niemals