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Natürlich hat ein großer Teil der Bresse, vor allem die chriftlich- soziale, über das Gefeß gehöhnt, von der Unter­grabung der ehrwürdigen Begriffe der Familie gesprochen und wie alle diese schönen Dinge heißen. Und in den letzten Tagen hat gar ein Bund für Männerrechte" die Aufmerksamkeit der Deffentlichkeit auf sich gezogen, weil eine Deputation im Parlament erschienen ist, um allen Barteien die Forderungen dieses absonderlichsten Bundes zu über­reichen. Aus diesen Forderungen geht hervor, daß die Herren nichts mehr drückt, als die Berpflichtung, zur Erhaltung ihrer unehelichen Kinder beitragen zu müssen. Man fennt einige Beispiele aus Deutschland  , wo sich uneheliche Bäter einen Freund geworben haben zu dem Gefälligkeitsdienst, auszu­fagen, auch er habe mit dem betreffenden Mädchen intime Beziehungen unterhalten, so daß die Baterschaft in Zweifel gezogen wurde, und die unehelichen Mütter, die bei der Lohnarbeit schlechter bezahlten und auch sonst sozial leistungs­unfähigeren Frauen die ganze Laft der unehelichen Mutter­fchaft auf sich nehmen mußten.

Diese Beispiele haben es unseren Männerrechtlern an­getan, und sie berufen sich darauf, daß man unter Umständen für ein Kind Alimente zahlen müsse, von dem es gar nicht gewiß sei, ob man wirklich der Vater sei.

Und von den bürgerlichen Parteien hat sich eine ge­funden, es ist die des Landbundes, wo der Führer meinte, er habe schon lange den Eindruck, daß unsere Gesetzgebung ( die öfterreichische) viel zu feminin" fei. Er werde aber die Sache im Hause zur Sprache bringen!!

Bedarf es für die Frauen mehr als solcher Beispiele, um ihnen zu zeigen,

wie notwendig es ist, die Organisation zu stärken, mehr Mitglieder für die Partei zu werben, um, auf diese Macht gestützt, Einfluß ausüben zu können zur Festhaltung wenigstens des bisher Erreichten.

Soll man reden über das große Problem der Geburten­regelung? In Deutschland   ist es der§ 288, bei uns der§ 144. In einer Sigung des österreichischen Parlaments wurde vor wenigen Tagen auf die erschreckenden Zahlen hingewiesen, die von deutschen Aerzten veröffentlicht wurden, und die zeigen, wie viele Frauen durch künstliche Fehlgeburten am Kindbettfieber zugrunde gehen, weil der§ 288 die Schwanger schaftsunterbrechung in die Geheimwinkel der weisen" Frauen und der Kurpfuscher verweist, ganz wie bei uns.

Die Frauen, die doch die ureigenst Betroffenen dieser Barbarei sind, find aber noch nicht so start, um die Gesetz gebung zu zwingen, wirklich Abhilfe zu schaffen. Dabei sind bie Frauen, die von diesen Dingen sprechen, immer in Ge­fahr, geschmäht zu werden, daß sie unmütterlich und unweib­lich find, weil sie nicht so viel Kinder gebären wollen, als ,, Gott   ihnen bestimmt hat".

Freilich, schuldtragend find an allen diesen Dingen, die fich so lange in unserer Zeit behaupten können, die Frauen felbst. Sobald Hunderttausende und schließlich Millio­nen der der Partei angehören, wird man ihre Stimme Stimme nicht mehr überhören, wenn es sich um das Wohl der Frauen handelt, als wenn es um allgemein wichtige Fragen geht. Natürlich gehen auch diese scheinbaren Frauenfragen alle an. Ein Beispiel. In Desterreich gibt es zurzeit eine große Menge stellenloser Hausgehilfinnen, früher einmal Dienstboten genannt, welche Bezeichnung durch das Gesez vom Jahre 1921 bei uns abgeschafft ist. Diese Mädchen, wenn man diesen Ausdruck gebrauchen darf bei Frauen, die oft zwischen 40 und 60 Jahren stehen, befinden fich in verzweiflungsvollster Lage. Wo sie hinkommen, find Wo sie hinfommen, find fie zu alt; wenn sie stellenlos find, verlieren sie das Obdach, die paar ersparten Groschen gehen zu Ende, Berzweiflung, Berwahrlosung, Selbstmordversuche und schließlich Selbst morde sind bei vielen das Ende. Aber wer beachtet sie? In der Hauswirtschaft bekommt man immer Arbeit, wenn man arbeiten will, ist die sehr bequeme Redensart von allen jenen, die ihre Augen vor den notwendigsten Dingen verschließen.

Nun hat die sozialdemokratische Verwaltung der Ge­meinde Bien über Vorstellung der Genossinnen Hilfe zuge­fagt. Notstandsarbeiten und Geldunterstüßung, Ausbau und Modernisierung der städtischen Stellenvermittlung sind zuge Jagt. Das ist ein Lichtblick für alle jene, die bisher nichts als schwärzeftes Dunkel vor sich hatten. Es ist ein Erfolg der Organisation, da fich die sozialdemokratische Hausgehilfinnen­organisation, unterstützt von den weiblichen Abgeordneten und den Gemeinderätinnen an die Spige gestellt hat.

So ließe fich hunderterlei sagen und anführen, um den Frauen anschaulich zu machen, daß sie mit der Organisation nicht nur etwas tun, weil ihnen zugeredet wird, sondern daß

sie damit eine Pflicht gegen fich felbft, gegen ihr ganzes Ge­schlecht und gegen ihre ganze Klaffe erfüllen. Die Organi fation ist auch für die Frauen der wichtigste Schritt, um in eine schönere und bessere Zukunft zu gelangen.

Wieviel Steuern zahlt die Hausfrau?

Bon Mathilde Wurm  , Mitglied des Reichstags.

Geht eine gute Hausfrau zum täglichen Einkauf und hofft sie, für ihre Familie gut einzukaufen, daß alle nicht nur fatt werden, sondern daß es ihnen auch schmeckt, und außerdem, was die Haupt­fache ist, Mann und Kinder in dem, was sie effen, eine gute und ausfömmliche Nahrung erhalten, dann sieht sie ihr schönes Bor haben so und so oft scheitern, weil das Geld nicht langt.

Betrübt steht sie da. Vergeblich versucht sie zu ergründen, warum ihr Geld denn niemals zu dem geplanten Einkauf reichen will, ob­wohl ihr Mann faft seinen ganzen Verdienst für den Unterhalt Jeiner Familie abgibt und sie als häuslicher Finanzminister aufs sparsamste wirtschaftet.

after den Raufmann reben benn im Ronsum

kaufen die meisten unserer lieben Hausfrauen nicht, weil da nur die Arbeiter" faufen von den hohen Löhnen und den schweren fozialen Lasten, die alle waren verteuerten. Sie findet zwar den Lohn, den ihr Mann für vielstündige schwere Arbeit nach Hause bringt, durchaus nicht hoch, und von den alten Eltern weiß fie, daß deren Altersrente zum Berhungern gering ist, wenn sie da nicht manchmal ein bißchen nachhülfe! Aber sie weiß nicht oder traut fich nicht, dem Krämer zu antworten oder gar zu wider­sprechen.

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Und doch, ihr lieben Hausfrauen, liegen

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die Gründe für die Warenteuerung,

die euch immer wieder schmerzliche Enttäuschung bereitet, offen au tage; ihr müßt sie nur sehen und erkennen lernen wollen. Längst hat die Wissenschaft festgelegt, wieviel der erwachsene Mensch, das Kind an Nahrung zu sich nehmen muß, um den täglichen Kräfte­verbrauch zu erfeßen und den Körper aufzubauen. Aber diese Wissenschaft kommt nie in eure Küche, nie an euren Herd; darum recht euch tagtäglich von der herrschenden Klaffe zugefügt wird, und müßt ihr zur Wissenschaft kommen, müßt erfahren, welches Un­müßt euch gegen fie verbünden, um euch selber zu helfen.

In der furchtbaren entbehrungsreichen Zeit des Weltkrieges gab es zwar wenig zu essen, doch das wenige hatte feinen durch Zwangswirtschaft bestimmten Preis, so daß ihr es kaufen fonntet. Heute leben wir wieder in der herrlichen freien Wirtschaft. Es ist alles da, aber nur für die, so einen großen Geldbeutel be fizen; nicht für euch, Arbeiterfrauen!

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nur wollen an diesem Brot gar zu viele verdienen! ,, Es wächst hienieden Brot genug für alle Menschenfinder", Grundbesizer, auf dessen Felde das Getreide wächst, dann tommt Da ist der der Getreidespekulant, der es fauft, wenn der Halm noch grün ift; ihm folgen der Müller, der Mehlgroßhändler, der Kleinhändler, der Bäcker. Sie alle wollen verdienen, und je mehr, desto lieber. Und nicht zulegt fommt der Staat, der sagt, die Broteffer müffen Steuer zahlen 3. B. zur Erhaltung unserer antirepublikanischen Reichswehr  , und er erhebt eine indirekte Steuer,

die Umsatzsteuer,

bei jedem Verkauf, vom Getreidefeldbefizer, dem Produzenien, bis au dir, liebe Hausfrau, die du Brot einkaufft für dich und die deinen, die ihr die Konsumenten feid.

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Nehmen wir mal an, du hättest einen Mann und drei Kinder, und faufteft täglich ein: 1% Liter Milch 10% Liter wöchentlich, die kosten zurzeit 3,15 M., 6 Laib Brot wöchentlich zu 1400 Gramm ( der Laib zu 50 Pf.)= 3,- M., 10 Eier zu 15 Bf.= 1,50 m., Butter, Schmalz, Margarine nur 3, M. wöchentlich, wobei du aber nur sehr dünn aufstreichen darfft, 2 Pfund Mehl zu 20 Pf. für 2 M., und 3 Pfund Zucker für 90 Pf. Rechne dazu verschiedenes = 40 Pf. Verschiedene Nährmittel, zufammen 4 bis 5 Pfund, Gemüse und Kartoffeln, zusammen für ungefähr 3 M. die Woche, Fleisch und Wurst für mindestens 4 M., dann haft du für diefe fehr bescheidene Lebenshaltung insgesamt 20 M. und 95 Bf. zu zahlen, worin 60 Pf. Umsatzsteuer enthalten find. Rechnest du im Winter Kohlen, Gas, Reinigungsmittel hinzu, so mußt du dafür mindestens 8 bis 10 M. wöchentlich ausgeben; das foftet wieder mindestens 24 bis 30 Pf. Umsatzsteuer.

Willst du aber Kaffee, Tee, oder deine Kinder Kakao trinken, fuhrzölle hinzu, die beispielsweise bis jetzt beim Brot, dank dein Mann mal eine Zigarre rauchen, dann kommen noch die Ein­unserer teztjährigen guten Ernte, der die Agrarier fluchen, gar nicht zur Auswirkung tamen, sonst hätte das Brot von 1400 Gramm noch 10 bis 12 Pf. mehr gefoftet.

Nun rechne dir mal das alles zusammen, zähle die Wohnungs­miete mit 30 Proz. Hauszinssteuer, Ausgaben für Bekleidung und waren nicht nur so teuer sind, weil sie durch 6 bis 8 Hände gehen, darauf entfallende Umsatzsteuern hinzu, und du wirst finden, daß die scheidener Lebenshaltung insgesamt auf mindestens 40 Mark die che sie in die deinen gelangen, sondern daß du auch bei sehr be Woche kommst. Davon mußt du an ilmfat- und anderen Indirekten Steuern ungefähr 3,50 M. bezahlen.