Frauenstimme
Nr. 9+ 43.Jahrgang
Beilage zum Vorwärts
29. April 1926
Und wieder Mai.
Und überall horchten sie auf in der dumpfen Enge ihres färglichen Heims, im Dunst und Lärm der Fabriken, an den Kontorpulten, auf dem Kutschbock und dem Führerstand, am Steuerrad, vor dem tickenden Telegraphen und braußen in der Feldarbeit, ja selbst die Holzmacher im Walde und die Schleifer an den Drehstühlen als der Weckruf zu ihnen drang. Und es begann ein Rüften zur Maifeier und ein
Wenn die Frauen...
Wenn die Frauen in den Maitag gehen, Leuchtet mütterlich der Sonnenschein, Denn sie tragen junges Auferstehen
In die Stadt aus Stahl und Qual und Stein. Wenn die Frauen ihre Kinder schmücken Flammet auf das schlichte rote Band, Denn der Hände liebendes Beglücken Macht zum Reichtum allerärmsten Tand. Selbst das Pflaster trägt gerührt die Füße. Die nach Wiesen einst und Tanz sich sehnten, Nach der Gärten blumenreicher Süße.. Bis die Tore der Fabriken gähnten. Tag für Tag in bleiernschwerem Fluge Not und Werk und blasse Mutterschaft Und nun gehen sie im großen Zuge Und sie fühlen wieder neue Kraft.
Als die Verfemung der deutschen Arbeiterbewegung, ihre Aechtung durch den Staat, der in seiner Verfassung allen feinen Bürgern gleiches Recht verbürgt hatte, als jenes Bismarcsche Sozialistengeseh, das ihm die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei ( noch unter der früheren Geschäftsfirma„ Konservative" und Nationalliberale") freudig oder fnechtselig stets bewilligt hatten, als diese Rechtlosmachung Millionen Deutscher im Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte am Berreden war, da fonnte wieder an organisiertes Busammenwirken der Arbeiter= bewegung aller Länder gedacht werden. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" hatten Karl Marg und Friedrich En gels einst den erwachenden der IndustrieLohnstlaven länder zugerufen, und nun, 1889, tonnte das Wert der Internationale endlich fortgesetzt werden. In Paris trafen die Abgesandten vieler Völker zu sammen und schlossen aufs Neue den Bund. Einen Tag im Jahre wollten sie festsetzen, an dem das Proletariat auf dem ganzen Erdball seine Zusammengehörigkeit in gleichem Los und gleichem Willen, sich zu bes freien, der Welt kundgeben sollte. Später tam zur Maiforderung gesetzlichen Arbeiterschutzes noch die Bekundung der Kriegsgegnerschaft und des Willens zur Friedenssicherung nach außen, die Forderung des Achtstundengesetzes zur Klassenhebung im Innern. Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Erholung, acht Stunden Schlaf- solche Tageseinteilung hindert Menschenruin durch Ueberarbeit, gibt Möglichkeit zu Geistesschulung und Körperbildung, sichert neue Kräftesammlung. Ungeheure Werbekraft trug diese Forderung in sich. Daneben sollte der Kundgebungstag den nächsten Forderungen der Arbeiterklasse in jedem Lande Nachdruck geben. Als vornehmstes Mittel der Demonstration empfahl der Kongreß die Arbeitsruhe.
Rämpfen gegen die Staatsge walt, die den erwachenden Gelst an der Auferstehung hindern wollte. So tam der 1. Mat 1890 in Blütenprangen und Sonnengold. Wo der Druc der Unternehmer und ihrer Arme des Gesetzes" noch so start war, das Arbeitsvolt tagsüber zur Fron zu pressen, feierte es den Kampftag am Abend, aber in manchen Län bern erzwang die Angst vor der Entschlossenheit der Roten sofort die Arbeitsfreiheit.
Nicht ohne Opfer sollte die Maifeier erfämpft werden, und es blieb nicht bei den AusSperrungen, die an vielen Drten, noch an viel späteren Matentagen, der Rache der Rea attion bienten. Es ist auch Arbelterblut gefloffen am 1. Mai, in verschiedenen Ländern: in Frankreich , in Desterreich und sonstwo. Allein das ,, Berbot" des Maifestes hat es dem Proletariat nur teurer gemacht. Bon Jahr zu Jahr ist die Be teiligung gestiegen und, der Kläffer nicht achtend, ziehen die Arbeiterarmeen unter roten Fahnen ihren Weg. Es ist wie in dem arabischen Sprichwort:„ Der Hund bellt und die Kai rawane marschiert."
Wenn sie mit den dunklen Massen singen, Gläubig singen von dem ersten Mai, Hebt die heiße Sehnsucht ihre Schwingen Und die Menschheit sieht sich stark und frei.,
Bruno Schönlant
kwkwkkwke
Nun war noch der Tag zu bestimmen. Da wurde nicht erst ,, in Erwägungen eingetreten", da gab es für die Männer und Frauen aus dem Volke, die für das Bolt zu beraten hatten, gar kein Schwanken- welch anderer Tag konnte dem Ziel der Zukunft, dem Kampf der Gegenwart gewidmet sein als der Maientag, der schon in alter Zeit die Feier des Auferstehens der Natur war! Und so ging von jener Tagung der Ruf in die Welt der Arbeit: Feiert den ersten Ma il
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Der Acht st unhentag ist in vielen Ländern Geset sogar international verbürgtes; daß er die ganze Welt um fassen wird, ist nicht mehr fern, mag auch gerade die schwere Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit der späteren Nachkriegszeit manchem Anschlag auf den Achtstundentag vorübergehenden Erfolg gebracht haben.
Die zweite Maiforderung: internationaler Zu [ am menschluß und Friedenssicherung- die ist nun, nach dem Erauen des Bölkermordens und seinen weltverwüstenden Folgen, zum Gebot der Selbsterhal tung der menschlichen Gefittung und Kultur geworden und in dem Wettlauf der Staatsmänner um die Palme des höchsten Verdienstes fiair den Frieben sieht man, froh so vieler 3rrwege und Kleinlichkeiten, doch die Erkenntnis, daß Europa