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hat die Berweigerung der Wiedereinstellung damit begründet, daß die Antragstellerin die Namensnennung des Herrn, mit dem sie Umgang gepflogen hatte, abgelehnt und dadurch der Oberpost­direktion jede Möglichkeit genommen hat, den erwiesenen Berkehr nachsichtiger zu beurteilen". Die Postgehilfin K.", so heißt es weiter, ,, hat durch den intimen Verkehr mit einem Herrn, mit dem sie nicht einmal verlobt war, so schwer gegen§ 10 des Reichsbeamtengesetzes verstoßen und sich der Achtung, die ihr Beruf erfordert, in so hohem Grade unwürdig gezeigt, daß sie nicht mehr im Dienste belassen werden konnte."

Der Post minister( gez. Sautter) hat die ablehnende Stel­lung der Oberpostdirektion in einem Schreiben vom 1. Mai 1926 be= stätigt. In diesem Dokument finden sich die folgenden bezeich­nenden Sätze: ,, Die Tatsache der unehelichen Mutter- und Schwanger­schaft wird seitens des Bostministeriums nicht ohne weiteres als ausreichender Grund zur Entfernung aus dem Dienst betrachtet In erster Linie ist vielmehr maßgebend und daher festzu­stellen, ob die Umstände, die zu dem außerehelichen Berkehr geführt haben, solche waren, daß die Betreffende die ihr als Beamtin ob= liegenden Pflichten verletzt hat. Diese Feststellung erfordert, daß die Beamtin auf Befragung durch ihre vorgesetzte Behörde die­jenigen Erklärungen abgibt, die zur Beurteilung der Sach­lage erforderlich sind. Weigert sie sich, wie es die Postgehilfin K. getan hat, diese Erklärung abzugeben, so verstößt sie hiermit gegen den§ 10 des Reichsbeamtengesetzes. Sie erschüttert durch die wieder­holte Verweigerung das Vertrauenshältnis, das zwischen Behörde und Beamtin bestehen muß. Eine Beamtin aber, der die Ver­waltung nicht das nötige Vertrauen entgegenzubringen vermag, fann nicht im Dienst belassen werden. Das Reichspoſtministerium ist daher nicht in der Lage, die von der Oberpostdirektion ausge= sprochene Kündigung zurüdzunehmen."

Also nicht wegen irgendwelcher Bemängelung der Dienstleistungen wird der Postgehilfin die gewünschte Rück­tehr in ihr Arbeitsverhältnis versagt, sondern lediglich deshalb, weil sie aus verständlicher und anerkennenswerter Diskretion nicht den Namen des Mannes preisgeben wollte, mit dem sie Verkehr gehabt hat. Im Betitionsausschuß des Reichstages hat einer unserer Genossen aus dem Postdienst diese Diskretion durch den Hinweis auf die manchmal sehr brutalen und zynischen Fragen der Post­verwaltung in solchen Fällen noch besonders gerechtfertigt. Trotz der Befürwortung der Eingabe durch die Linksparteien scheiterte thre Berücksichtigung jedoch an dem ,, Sittlichkeits= empfinden" des Zentrum s. Praktisch bleibt also die bloße Tatsache der unehelichen Mutterschaft immer noch ein Matel, der den Reichsbehörden als billiger Vorwand für soziale Ent rechtung dient.

Der Abgrund.

Bon Max Barthel .

Lisa war achtzehn Jahre alt, Stenotypistin, sehr hübsch gewachsen und erlebte wechselnde Abenteuer. Ihr vorlegtes Abenteuer war eine Liebschaft mit dem Mechaniker Paul, drei Wochen Schwärmerei in den Frühling hinein, von der nichts blieb als eine hoffnungslose Freundschaft. Dieser Mechaniter Baul wartete mit Lifas Schwester Johanna in dem billigen Hinterhauszimmer auf das Mädchen. Als fie endlich fam, gab es eine große Begrüßung, herzliches Hände­schütteln und zwischen den zwei Menschen das flüchtige Farbenspiel mit Rot und Weiß in den Gesichtern. Eine leichte Welle vertrauerter Zärtlichkeit verschwemmte sehr schnell.

Das ist schön, daß ich dich wieder einmal sehe, Paul," sagte Lisa, du warst eine ganze Woche lang unsichtbar. Was ist in diefer Woche alles passiert! Dieser Berger!" erzählte sie lachend. Gestern nacht bin ich erst um zwölf Uhr nach Hause gekommen. Er ging mit bis an den Hausflur.

"

Würden Sie es frech finden, wenn ich Sie tüsse?" fragte er. " Ich finde es frech, daß Sie erst fragen," sagte sie. Ich habe dich verhängnisvell lieb!" fagte er. Wörtlich: Ber­hängnisvoll lieb." Was soll ich machen, Hanna? Soll ich nachgeben? Ja oder nein?"

Ja und nein," sagte Baul verbittert." Tu' doch, was dir das Herz eingibt! Natürlich will dich der Berger nur haben. Das ist fast immer das Ende und nicht der Anfang, wie du vielleicht dentst. So einem Mann wie Berger gegenüber ist eine Frau fast immer machtlos."

" Du bist nur eifersüchtig, Baul," sagte Lisa. Es ist natürlich Dummheit, vor dir über diese Dinge zu reden. Aber du wolltest doch mein Freund sein und du solltest nur als Freund reden und raten. Du kennst den Berger doch gar nicht. Er ist Chef unserer Abteilung. Der Abgott der anderen Mädchen. Die würden mit Begeisterung auf seine Anträge eingehen. Wenn du wüßtest, wie ich ihn quäle! Wie ich ihn um einen einzigen Ruß betteln lasse! Nein, ich bin dem Berger gegenüber nicht machtlos!"

" Was heißt überhaupt machtlos," sprang Johanna in das Ge­[ präch. Machtlos, machtlos! Eine Frau ist niemals machtfest Sie hat alle Macht. Und wenn sie sich hingibt, da gibt sie sich ja gar nicht hin. Der Mann gibt alles hin! Seine Ruhe gibt er hin, seine Protektion und, wenn es sein muß, auch sein Hab und Gut. Der Mann verkauft sich und seinen Frieden, um eine Frau zu besigen. So ist es und nicht anders, Paul."

So einfach ist es doch nicht," antwortete Lisa und wurde ernst, " Beul hat schon recht, wenn er sagt, der Berger hat mich nur so

lange lieb, folange ich mich ihm verweigere. Das weiß ich doch ganz genau. 2lber mich lockt der Abgrund..

" Sternlein," sagte Paul sehr schnell und hatte vergessen, daß sie nur noch Freunde waren, Sternlein, du täuschst dich sehr. Dich lockt wohl der Abgrund und auch ich lasse mich gern verführen, aber hier bei dem Herrn Berger ist gar kein Abgrund da. Euer Bureau ist nämlich wie ein großer Hühnerhof, und Berger, der dich so lieb" hat, ist einfach ein wütender Godel, den du in seiner Männ­lichkeit und Haupthahnehre getränk haft, weil du nicht auf den ersten Blick hin" Ja" gesagt haft. Seine Aufregung hat mit Liebe gar nichts zu tun. Seine Liebe, das kann ich dir sagen, ist weiter nichts als unterbewußter und törichter Haß."

,, Wie kann die Liebe törichter Haß sein!" lachte Lisa auf, aber in ihrem Gelächter war doch ein wenig Angst. Sie ließ, während Paul schwieg, die Geschichte mit Berger blizschnell an ihrem inneren Auge vorüberziehen. Ja, am ersten Tage war Berger der fühle Abteilungsleiter, am zweiten Tag begann das Spiel mit dem Feuer. Am dritten Tag lud er sie beim Diktat zum Abendbrot ein; der vierte Tag war ein Sonntag, da waren sie in einem Konzertcafé gewesen und am fünften Tag bummelten sie durch den Abend bis in die späte Nacht. An diesem Tag fragte er sie, ob sie mit ihm an die See fahren wolle; an diesem Tag bettelte er um einen Kuß und sagte: Ich habe dich verhängnisvoll lieb". Der sechste Tag war Wetterleuchten verliebter Blicke. An diesem Tage war sie allein nach Hause gegangen, aber morgen, am siebenten Tag sollte sie sich wegen der Reise entscheiden. Berger war fein Etel; er verstand sehr gut zu erzählen und liebte Musik und Literatur. Auch Blumen hatte er am Sonntag gekauft, roten Feuermohn, keine Rosen, nein, nichts als einen Strauß flammenden Mohns. An diese sechs Tage dachte sie und an die fünf Abenteuer, während Paul schwieg. Ja, das Leben war schön mit achtzehn Jahren. Der Abgrund war voller Licht und Tanz schaumgefrönter Wellen. Sie sah den Abgrund leuchten, und ihr Herz war für den Sprung in die Tiefe.

Aber als sie sich entschieden hatte und lächelte, wie man nach einer Entscheidung lächelt, da fiel plöglich ein Flügelschlag Schatten in das Licht. Verhängnisvolle Liebe," dachte sie. Er hat mich verhängnisvoll lieb. Aber ich will nicht verhängnisvoll" geliebt werden. Die Liebe soll mehr Lust als Leid sein! Mehr Gelächter als Tränen! Mehr Süßigkeit als Bitternis!" Da blickte sie auf und sah ihren schweigenden Freund, sah sein schmales Gesicht und seine verarbeiteten Hände. Da dachte sie an die drei Wochen Schwärmerei in den Frühling hinein, an seine geduldige Freund­schaft, die beinahe so schön war wie die Liebe selbst und sie sah ihren Freund so strahlend an, wie nur die Liebe strahlen kann. Baul fühlte die große Wandlung und stand auch in Flammen. Er hob den Kopf, lächelte und wußte, daß alles wieder gut war.

Lisa, willst du nun mit dem Berger an die See fahren?" fragte die Schwester und tokettierte mit Baul. Auf Rügen soll es sehr schön sein.

Ich weiß nicht," antwortete sie und machte weite, ferne Augen. Sie wandte sich an Paul und fragte: Was meinst du, Paulitsch? Soll ich oder soll ich nicht?

Frage dein Herz", sagte er leise.

Ich habe es befragt, und wenn du die Antwort hören willst, tomm, ich sage fie dir leise ins Ohr," sagte das Mädchen.

Baul beugte sich glücklich nieder und hörte Lisas Herz in ihrer Antwort schlagen. Johanna fiel aus allen Wolken und als sie zer­schunden und ernüchtert auf der Erde stand, da hörte sie das lieb­liche Gewitter großen Gelächters, wie es nur die Verliebten lachen können.

Charlotte von Cengeseid, die Gattin Schillers, starb am 9. Juli vor 100 Jahren. Sie war dem Dichter in seinen materiellen und förperlichen Bedrängnissen eine treue Gefährtin. Von ihr stammt das schöne Wort: ,, Es ist nicht Liebe, wenn man sich nur ein schönes Bild in der Seele entwirft, sondern das ist Liebe, die Menschen so zu lieben, wie wir sie finden, und haben sie Schwachheiten, jie auf­zunehmen mit einem Herzen voll Liebe."

Es ist schon alles dagewesen. Der englische Paläontologe Dr. Babe hat bei seinen Forschungsarbeiten in Tell- Ennacbeh in Balästina neben anderen vorgeschichtlichen Funden ein Bildnis der Göttin Astarte aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. zutage gefördert, das die Göttin mit dem gleichen furzen Haarschnitt darstellt, wie er heute bei den Frauen wieder modern geworden ist.

Aus der polnischen Frauenbewegung. Auch in Bolen macht die politische und soziale Gleichberechtigung der Frauen, die in der Ver­fassung gewährleistet ist und besonders in der Verleihung des Wahl­rechts zum Ausdruck tommt, Fortschritte. Die Frauen sind dort schon in manchen Berufen tätig, in denen sie in Deutschland bisher kaum zu finden sind, z. B. als Landmesser, Ingenieure, Architekten ujm. Auch auf dem Gebiete sozialer Arbeit sind sie hervorragend tälig und im Barlament haben sie fürzlich den Erlaß einschränkender Be stimmungen in der Alkoholfrage durchgesetzt. Dagegen werden sie zum Richteramie noch nicht zugelassen, während die weiblichen Rechtsanwälte schon ziemlich zahlreich sind. Auch die gesetzliche Etellung der Frau in der Ehe läßt in Polen noch zu wünschen übrig.

Amerikanische Hauswirtschaft. Eine amerikanische Statistik hat zwei Millionen Familien in den größeren Städten Amerikas über Einzelheiten ihrer Wirtschaftsführung befragt. Ein erheblicher Teil der Familien waren Arbeiterfamilien. Es ergab sich, daß auf 100 Familien 70 elettrische Blätteisen, 60 Telephone, 61 Automobile, 59 Gasheizungsanlagen, 47 Staubsauger und 23 mit Elektrizität Glückliche Hausfrauen! betriebene Waschmaschinen tamen.