hat ihr Lebensgefühl gestärkt. Ein Teil ihres Seins wird dem Liebeserleben entzogen und von der fachlichen Arbeit ausgefüllt. Das wird dem Menschen nur zugute kommen und der Frau nicht Schaden. Die Gemeinschaft mit dem Mann wird reicher werden. Gefahr entsteht nur in dem Augenblick, wo sich das Verhältnis um fehren fönnte, wo die Arbeit der Frau zur Hauptsache und das Liebeserlebnis zur Nebenfache wird. Es ist die Frage, ob das über haupt möglich ist.
Tatsache ist, daß heute einer großen Zahl von Frauen das Liebeserlebnis nicht mehr das alles überragende Erlebnis ist. Man spielt so viel mit diesen Dingen, man nimmt sie von der leichten, der fröhlichen, der amüsanten Seite, daß man das schwere, verantwortungsvolle eine Gefühl dafür verliert. Der" Freund" ist moderner als der Verlobte, die Junggesellin ist durchaus nicht mehr das fizengebliebene Mädchen. Sport, Reise, Wochenende teilt man mit dem Kameraden, der in keiner Weise legitim zu sein braucht und mit dem man trotzdem alle Freuden der Liebe fostet. Man fühlt fich froh und frei dabei, man steht dem Liebespartner der furzen Dauer gewissermaßen fachlicher gegenüber. Man nimmt sich das Recht, diese leichten Erlebnisse zu pflücken, ohne eigentlich im Innersten dabei beteiligt zu sein. Von der Jugendbewegung vorbereitet, von amerikanischen Sitten beeinflußt, ist diese Form des Liebeslebens bei uns durchaus heimisch geworden. Die schwüle Spannung der Erotik ist zum Teil gewichen. Aber es besteht die Gefahr, daß auch die tiefste menschliche Spannung, die wirtliche Liebe dieser Versachlichung zum Opfer fällt, das Gefühl Stumpf wird. Beim Mann fann die Liebe gebunden werden in seiner Arbeit. Die Frau wird sich entscheiden müssen für den Berstand oder das Gefühl.
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Nicht nur von Amerika , sondern auch von Rußland her erscheint diese Entwicklung beeinflußt. Für russische Auffaffungenfreilich: wir sehen, wie gerade Kommunisten, die sich, wohl nicht ohne Recht, als echte Bolschemisten bezeichnen, vieles als unkommunistisch verwerfen, was das offizielle Sowjetrußland jetzt tut! ist ein Buch fymptomatisch, das Alexandra Kollontay , die gewesene Sowjet- Gesandtin in Norwegen , unter dem Titel„ Wege der Liebe" veröffentlicht hat. Schon das außerordentliche Interesse, welches das Buch bei der jungen Generation findet, beweist, daß hier Dinge ausgesprochen sind, die uns in startem Maße bedrängen. Die drei Novellen des Buches haben das gleiche Grundthema. Die junge russische Kommunistin, erfüllt von ihrer Aufgabe in der Partei, gerät in den Konflikt zwischen ihrer Arbeit und ihrer Liebe. Der Arbeit gehört ihr ganzes Sein, dem Mann gehört die mehr oder minder zufällige Gemeinschaft. Die Frau entscheidet sich bei diesem Konflikt für die Arbeit, für den Verstand, gegen das Gefühl. In der ersten der drei Novellen,„ Die Liebe der drei Generationen", ist die Entwicklung des Liebeslebens der lekten 50 Jahre in drei Gestalten personifiziert: die Großmutter, im Konflikt zwischen Liebe und Ehe der Liebe folgend und die Ehe verlassend, die Mutter, im Konflikt zwischen Liebe und Leidenschaft schwankend und die frete Liebe zu beiden wählend, die Tochter, nicht mehr im Konflikt, da der Verstand für die Arbeit entscheidet und die Liebe nur zufällige Beziehungen fnüpft. Während aber die alte Generation der mittleren noch Verstehen entgegenbringen fann, steht die Mutter der jüngsten Generation, der Tochter, ratios gegenüber. Ich habe doch geliebt", ruft sie verzweifelt, die Stärke meiner Liebe, meiner Leiden rechtfertigten mich aber hier ist nicht Liebe, nicht Leiden, nicht Reue.. hier ist eine Stumpfheit, eine Härte des Gemüts... faltes leberzeugtsein von ihrem Recht und Bestätigung des Rechtes, Freuden zu pflücken, wie und wo man sie findet." Und sie tommt zu der Frage, die der Angelpunkt des Buches ist:„ Was soll das nun fein? Bügellofe Leidenschaft, durch kein moralisches Gesetz eingedämmt, oder Anschauungen, hervorgebracht von dem neuen Leben und geboren aus den Aufgaben der aufbauenden Klasse? Neue
Moral?"
Die neue Moral der Tochter antwortet auf die Frage, warum fie fich Männern hingeben könne, wenn sie mir bloß gefallen, ohne abzuwarten. daß sich der Mann in fie verliebe: Bum Berlieben muß man Zeit haben, ich meiß, wieviel Zeit und Kraft Verliebtjein beansprucht. Aber ich habe keine Zeit Mutter sagt, es ist unnormal und unfittlich... Aber man muß das alles ganz anders einschäßen und verstehen, dann ist alles jo klar und einfach." lind wen sie wirklich liebe? Oh, die Mutter ja, und Lenin, den liebe fie, aber die Männer, mit denen sie sich zufällig küsse ,, wann soll man dann arbeiten?" Und zum Thema Kind sagt in der letzten Novelle die Frau, als fie nach der Trennung von ihrem Mann und der Rückkehr zu ihrer Arbeit erfährt, daß sie ein Kind erwarte: Wozu brauch ich den Mann? Die Organisation wird es aufziehen. Wir werden eine Krippe einrichten... Und es wird unser Kindchen sein, unser gemeinsames."
Man fann fagen: das ist Rußland . Andere Bedingungen, andere Temperamente. Aber es scheint nur ein Schritt weiter auf dem Weg, den auch wir schon beschritten haben. Das Betennt nis der Frau zur Arbeit als oberstes Gesez muß die Liebe rationalisieren. Ob diese Entwicklung Schidjal ist oder nur eine vorübergehende Reaktionserscheinung, das hat die Frau noch in der Hand. Niemand wird die Rückkehr der Frau zum verödeten Haus und als Liebesfflavin des Mannes fordern wollen. Aber der Weg der russischen Frau, wie ihn Kollontan zeichnet, läuft Gefahr, in die Irre zu gehen. Es braucht damit nicht einer Wiederbelebung der Liebesromantif legitimer oder illegitimer Eyen das Bort geredet zu werden. Aber es kommt darauf an, würdige Formen für die neue Ordnung des Lebens der Geschlechter miteinander zu finden, die dieses wertvollste Fundament der Gesellschaftsordnung nicht zerstören. Susanne Suhr.
Alimentationsfragen.
Der im Spätherbst dieses Jahres zufammentretende Rechts ausschuß des Reichstages wird sich u. a. auch mit den Reformvorschlägen zum Eherecht befassen. Die Notwendigkeit einer Erleichterung der Ehescheidung ist ja bis weit in die Kreise der bürgerlichen Barteien anerkannt, es liegen hier für fast jeden Paragraphen des Scheidungsrechts Abänderungsanträge ver schiedener Parteien vor.
Der§ 1578 des Bürgerlichen Gesetzbuches ( BGB.) lautet:" Der allein für schuldig erklärte Mann hat der geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und, sofern nach den Berhältnissen, in denen die Ehegatten gelebt haben, Erwerb durch Arbeit der Frau üblich ist, aus dem Betrag ihrer Arbeit bestreiten kann. Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als Die allein für schuldig erklärte Frau hat dem geschiedenen er eußerstande ist, sich selbst zu erhalten.'
Man muß die Auswirkungen dieses Barographen gegenüber der arbeitenden Frau und die Rechtsprechung der verschiedenen Richter kennengelernt haben, um seine ganze fautschukhafte Dehnbarkeit und Gefährlichkeit zu begreifen. Bis weit in die Kreise des Mittelstandes hinein ist es heute üblich, daß die Frau mit der Eingehung der Ehe nicht ohne weiteres ihren Beruf an den Nagel hängt. Ihr Wert auf dem Arbeitsmarkte wird aber fast stets sofort, spätestens nach der Geburt eines Kindes, erheblich geschmälert. Letzlich kommen für sie dann nur noch Aushilfsstellungen und stundenweise Arbeit, sei es als Aufwartefrau oder als Beim heutigen Stand des Arbeitsmarktes( deffen leberwindung Stundenbuchhalterin, Rochfrau oder Stenotypistin in Betracht. noch nicht abzusehen ist), scheint es für eine, oft nach langjähriger Ehe, geschiedene Frau so gut wie unmöglich, wieder als voll. wertige Arbeitskraft Beschäftigung zu finden, dazu sind auch Körper und Nerven viel zu verbraucht. Trotzdem find viele Richter sehr geneigt, der schuldlos geschiedenen Frau auf die Argumentation des Mannes: Meine Frau hat ja vorher und im Anfang der Ehe auch gearbeitet" die Rente erheblich zu fürzen und auch, wenn das Einkommen des Mannes verhältnismäßig hoch ist, auf den foge nannten" notdürftigen" Unterhalt zu beschränken. Damit wird verhindert, daß die erwerbslose Frau der öffentlichen Fürsorge anheimfällt, und erreicht, daß das Einkommen des Mannes soweit als möglich geschont wird. Es passiert auch sehr oft, daß der unterhaltspflichtige Ehemann versucht, schon eine frühere Berufsaus bildung der Frau gegen die ftandesgemäße" Unterhaltspflicht geltend zu machen, und es gibt sogar Richter, die die Rechts ungewandtheit der Frau unter diesen Umständen benutzen, um fie zum Abschluß eines für sie ungünstigen Vergleichs zu drängen. Ein Vergleich aber läßt sich später nur sehr schwer anfechten.
Weiterhin bestimmt das Bürgerliche Gesetzbuch:§ 1579. Soweit der allein für schuldig erflärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ift, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts, dem anderen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, ist er berechtigt, von den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einfünften zwei Dritteile oder, wenn diese zu seinem notdürftigen Unterhalt nicht ausreichen, soviel zurückzube. halten, als zu dessen Bestreitung erforderlich ist. Hat er einem minderjährigen unverheirateten Kinder oder infolge seiner Wieder. verheiratung dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so beschränkt sich seine Berpflichtung dem gefchiedenen Ehegatten gegen über auf dasjenige, was mit Rücksicht auf die Bedürfnisse fomic auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten der Billigkeit entspricht.
Der Mann ist der Frau gegenüber den Voraussetzungen des Abs. 1 von der Unterhaltspflicht ganz befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten fann." $ 1610. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen( standesmäßiger Unterhalt).
Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Berson auch die Kosten der Erziehung und der Borbildung zu einem Berufe."
Aus allen diesen Gesezesbestimmungen geht deutlich hervor, daß in diesen Unterhaltsparagraphen" der wirtschaftlich schwächeren Frau nur soweit Schuh gewährt wird, als die Gefahr vorliegt, der Ehemann fönne jeine Unterhaltspflicht gänzlich auf die Wohlfahrtspflege abwälzen. Die Bestimmung, daß der Unterhalt einer neuen Familie unter allen Umständen den Unterhaltsansprüchen der schuldlos geschiedenen Frau vorgeht, fetzt ihrer Entrechtung letzten Endes die Krone auf besonders schön ist die Bestimmung des zweiten Absages des§ 1579, der die Frau unter Umständen amingt, selbst ein dem Ehemann bekanntes Zwergtapital zu verbrauchen, während er die Einnahmen, die die Grenze des notdürftigen Lebensunterhalts" übersteigen, meist geschickt verschleiern kann.
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Es ist juristendeutsch gefagt völlig abwegig, eine Frau, die nach mehrjähriger Ehe, in der fie oft genug durch schnell aufeinanderfolgende Geburten resp. Fehlgeburten erheblichen Schaden an ihrer Gesundheit gelitten hat, noch als volle Arbeitskraft zu werten. Der beliebte Einwand des bektlagten Proletariers: Nu fann se ja wieder in Stellung jehen" muß ebenso aus den Gerichtssälen verschwinden, wie die Erklärung des gebildeten Mittelstandes": Meine Frau hat vor der Ehe eine sehr gute Stellung gehabt, fie mar Sekretärin, es liegt an ihrer Arbeitsunlust, wenn sie