Deutsthes Institut für Zrauenkunöe. ?!ach einjährigem Bestehen des Deutschen Instituts für Frauen- künde und der Frauenklinik„Cecilieichaus" ist es nicht uninter- ejsant, sich kurz darüber Rechenschaft zu geben» was in der ver- flostenen Zeit geschaffen und erreicht wurde. Insgesamt wurden in der Klinik im ersten Jahre des Be- stehen? lgY4 Kranke behandelt. Zahlreiche Patientinnen mußten im Laufe des Jahres wegen Platzmangels abgelehnt werden. Unter den zahlreichen Frauenkranthelten müssen von allgemeinem Inter - esse besonders erwähnt werden die Krebserkrankungen der Kcbärinutter, die in 44 Fällen zur Aufnahme kamen. Auch hier tonnte festgesteUt werden» daß viele Frauen viel zu spät eingelicsert wurde». Es sei an die Worte meines alten Lehrers Bumni er- innert. Würde ein Krebs so weh tun. wie ein hohler Zahn, dann würde» viel mehr Frauen gerettet werden können.— Seit der Eröffnung unserer Röntgen- und Radium-Station, die technisch das Vollkommenste bedeutet, was wir jetzt besitzen, hat sich die Zahl der trebskranken Frauen ganz wesentlich gesteigert. Um davon einen Begriff zu geben, sei bemerkt, daß seit dem 1. Juli, d. h. nach dem Ende des ersten Jahres, bis zum heutigen Tage, 31 krebskranke Frauen die Klinik aufsuchten. Sieben den Krebsgeschwülsten der Gebärmutter spielten die gutartigen Geschwülste, beson- der? die Fasergeschwülste eine bedeutende Rolle. Es kamen in diesem Jahre 77 Fälle zur Behandlung. Eierstockgeschwülste wurden im ganzen k>2 gutartige und 4 bösartige behandelt. Auffallend groß ist auch die Zahl der Bauchhöhlen- sch man gerschaften, die, oft nicht erkannt, durch innere Ver- blutung den Tod der Frauen herbeiführen. Sie beziffern sich aus 33. Inwieweit hierbei die Beemflusfung der inneren Organe durch die Anwendung antikonzeptioneller Mittel eine Rolle spielt, werden erst größere Reihen erschließen müssen. Jedenfalls scheint es, als wenn durch die Zunahme der Aborte und die.Zunahme des Wun- ches, nicht Mutter zu werden, auch eine Zunahme der Lauchhöhlen- chwangrrschaften festzustellen ist. Die Gesamtmortalität auf der gynäkologischen Station beträgt: Geiamtbelegziffer 1333, Todesfälle 29, d. h. 2,14 Proz. Es wurden im ganzen 383 Operationen ausgeführt, bei denen nur die großen Operationen mitgerechnet wurden. Hiervon betrafen 36 die Ope- tationen bei Krebsgeschwülsten der Gebärinutter. Bon den ope- rterten Patientinnen sind 19 gestorben. Auf der geburtshilflichen Station fanden im ganzen 331 Pa- tlentinnen Aufnahme, von denen 353 Erstgebärende und 193 Mehr- gebärende waren. Gestorben sind 2, das bedeutet eine Mortalität von 0,36 Proz.. eine Ziffer, die besonders hoch erschelut, aber durch einen Todessall, der im Anschluß an eine septische Halsentzündung auftrat, bedeutend belastet wurde. Der andere Todesfall betraf eine Frau mit schwerster Nephritis. Es haben im ganzen 98116 Proz. der Mütter selbst gestillt. Nicht gestillt haben 1,94 Proz� die meisten von ihnen wegen Tuberkulose oder Hohlwarze. Zur Nachuntersuchung, die wir in allen Fällen nach Geburten für wichtig halten, kamen nur 13? Patientinnen. Bon diesen hatten 18,9 Proz. im Wochen- bell eine Knickung erworben, von denen sich drei Viertel der Fälle durch einfache Aufrichtung heilen ließen, während bei den anderen die Aufrichtung nicht erfolgen tonnte. In allen Fällen wurde aus der geburtshilflichen Station, aber auch auf der gynäkologischen Station weitestgehender Gebrauch von ollen F ü r s o r g e e i n r i ch- t u n g e n gemacht, und es gelang in den meisten Fällen, durch die ärztliche und soziale Fürsorge auch weiterhin für die uns«nver- traute» Frauen zu sorgen. Wesentlich schwieriger sind die Arbeiten des Deutschen Instituts für Frauentunde zu werlen und nach einem Jahr festzustellen. Die kurze Spanne Zelt erlaubt es nicht, größere Themen in wirNich einwandsfreier Form zu bearbeiten, und die kleinere»'Arbeiten, die von den Aerzten der Klinik und des Instituts geleistet wurden, werden demnächst im Jahresbericht des Instituts «rscheiuen. Aber doch wurden zwei Vortragsreihen für Vertrauensärzte im gristiti'i gehalten und zwei besonders wichtige Themen ausführlich behandelt, nämlich die.Sozialen Grundlagen der F r a u e n t r a n t h e i t e n" auf der einen Seite und.Die dlagnofti- scheu und therapeutischen Irrtümer bei Frauenkrankheiten" auf der gvderen Seite. Wesentlich durchgeführt ober wurde im Institut das Problem t«r psycholoaifchen Durchforschung bei Frauenkrankheiten. Be! der Frage der Richtlinien für die Röntgenbehandlung hat das Institut wesentlich mitgearbeitet. Die Frage der Vorbeugung der arauentrankheitcn wurde in enger Zusammenarbeit mit der chwangerenfürsorge ausführlich behandelt und hat in vielen Fällen schon segensreiche Früchte getragen. Die Borbeugung der Frauen- krantkeiten kann aber nur dann wirkliche Erfolge erzielen, wenn [le Allgemeingut aller Frauen wird, und so haben wir geglaubt, n einem Vortragszyklus vor weitesten Kreisen alle diese Fragen der Hygiene und Körperpflege der Frau ausführlich be- sprechen zu sollen.„Die Bedeutung der Frauenkrankheiten für die Krankenversicherung " ist in einer Arbeit in Nr. 47 der„Deutschen Krankenkasse" erschienen. Abgesehen hiervon haben zahlreiche in- und ausländische Aerzte als Hospitanten sich in dem wichtige» und für die Volksgesundheit so notwendigen Zweig der Frauenheilkunde misoebildet. In allen diesen Arbeiten wurden Institut und Klinik in weit- herzigster W-ise durch das Entgegenkommen des Kuratoriums unter- stützt, so daß zahlreiche Verbesserungen— ich erinnere nur an die Röntgen- und Radium-Station, an die Anwendung des ultravioletten Lichts von Landecker, an die Erweiterung unseres Instrumentariums
hinsichtlich der Beleuchtung innerer Organe lRektostopie, Zysto- skopie!— ausgeführt werden konnten. Auch die wertvolle Bibliothek oes verdienstvollen Begründers der operativen Aera in der Gynä- kologie, Geheimrat Bumm, nützte der Weiterbildung des Aerzte- kollogiums des Instituts und der dort arbeitenden Aerzre wesentlich. Zahlreich war der Besuch von in- und ausländischen Aerzten, deren Namen in dem Gästebuch der Klinik verzeichnet sind. Prof. Dr. W. L t e p m a n n.
Kinöerangste. Aus dem Dunkel und der Enge einer schützenden, gleichmäßig erwärmten und erwärmenden Hülle, in deren Stille kein Laut drang, von der Natur sorgsam alles fernzuhalten strebte, was das werdende Leben beunruhigen und gesährdcn mochte, wird plötzlich das hilflose menschliche Wesen hinausgestoßen in einen fast unbegrenzt scheinen- den Lustraum, in eine lichtersüllte Atmosphäre. Es wird bedrängt von dem ungewohnten Drucke einer festen Körperstütze, beengender Tücher und Bänder, die seine Glieder spannen, in eine veränderte Lage zwängen. Was könnte dieses winzige Wesen vor dem vielen Neuen, Andrängenden anderes empfinden als Angst, wenn irgend- eine psychische Regung im Augenblicke der Geburt und in der aller- nächstfolgenden Zeit sich formen könnte. Zum Glück erwacht das Seelische erst allmählich Es erwacht und erwächst an derselben Außenwelt, die den Ankömmling gastlich und feindlich zugleich empfängt. Erwacht dran leidooll und lustvoll. Das Ohr, das anfangs nicht hört, das Auge, das nicht sieht, reagiert von Eindruck zu Eindruck empfindlicher, und ein schriller Ton, ein greller Lichtreiz erschüttern das Nervensystem und wecken die seelisch« Regung des Erschreckens, dessen Fortschwingen der Ausdehnung?- zustand der Angst ist. Sie legt sich erst nach und nach in dem Maße, als die Erschütterung abklingt und der Gleichgewichtszustand wieder erreicht wird. Aber ein bestimmender Eindruck bleibt zurück in den ersten Ansätzen seelischer Formung. Es ist auch später vor allem das Plötzliche, Unerwartete, was das Kind in Angst versetzt: am Bellen des Hundes, an der Musik, 'am Feuerwert. Dasselbe bewirkt eine plötzliche Veränderung der Körperlage beim Heben, Tragen, wenn mit einemmal die stützende Unterlage zu entschwinden scheint. Mit der Ausbildung des Unter- scheldungsvermögens unternimmt das Kind seine ersten Gehversuche, dann hat es die Furcht vor dem Fallen zu überwinden. Die Furcht vor dem Ungewohnten, Unbekannten kann sich aus« dehnen auf Spielzeug, das beim Drücken Töne von sich gibt. Oft ist auch hier das Plötzliche. Unerwartete das Beängstigende. Auch häßliche Dinge, karitaturenhafte Puppen, Mohren, Harlekine, Bilder« bücher können derart wirken. Das Unbekannte ist in den Augen de» Kindes mit dem Geheimnisvollen verbunden, schließt es in sich. Da der kindliche Geist dieses nicht erfassen kann, so empfindet das Gemüt Angst und Unruhe, wenn es ihm begegnet. Ungewöhnlich kleine wie ungewöhnlich große Tiere können für das Kind das Merkmal des Geheimnisvollen an sich tragen. Ein ungewohnter Ort kann ungeformte aber unüberwindl che Schrecken in sich bergen. Die Dunkelheit hat ihre eigenen Schauer. Sie verursacht da» bedrückende Gefühl der Einsamkeit. Zumal wenn das Kind allein ist. Phantasiebegabte Kinder leiden besonders. Zu der Isolierung von der schützenden Gegenwart derer, die es liebt und denen es vertraut, durch die Dunkelheit kommt die Belebung derselben durch schreckhafte Gebilde der eigenen Phantasietätigkeit, die die Angst um ein Vielfaches steigern. Die 5)tlflosigteit und Ratlosigkeit des kleinen Kindes im Gefühl seiner Unsicherheit zeitigt noch niehr der Aengste und Schauer. Es fühlt sich bedroht von Tieren aller Art, von Schabernack treibenden Kindern, von Erwachsenen. Und erst wenn man sich verlausen hat und die Mutter verloren hat, wie ist einem da zu Mute! Und plötzlich redet gar ein fremder Onkel den Weinenden an mit einer groben Stimme, die man nie gehört hat und ist so hoch, daß man die Augen krampfhaft nach oben verdrehen muß, um sein Gesicht sehen zu tönnen. Aber man sieht es nur von unten, und man soll antworten und fühlt sich doch so klein und bang und verlassen. Wer weiß, ob man Mutter je wiederfindet! Dunkle Treppenflure gibt es und Kammern und Kellerluten. hinter denen sich Fürchterliches bergen mag, das man sich nicht vor- zustell«n vermag oder wogt. Fremde Tore, hohe Treppen, die man sich nicht zu überwinden traut. Und manchmal gleiten färb- und körperlose Gestalten in gebrochenen und verzerrten �Linien läng» der Wand und vor und zu feiten eines, den Fußboden entlang. menschliche Schatten, die lauttos jedem Schritte folgen, den man . tut, schattenhafte Tier- und Dingbilder, die plötzlich dem Auge sich aufdrängen und einen schrecken. Schrecken aller Schrecken sind rätselhaste Bewegungen unbekannter Dinge. Die Hilflosigkeit und Angst, mit der das kleine Kind der großen vielgestalteten Umwelt gegenübersteht, muß wachsen mit der Kom- plizienmg der Lebensbedingungen, mit der Vermehrung und Ver- breitung technischer Cinrtibtungen. Die Anpassung muß immer komplizierter, immer schwieriger werden. Im Gewühl des Alltages steht das Kind verloren da in Angst, wie es sich den Weg bahnen soll durch das Getümmel. Man sollt« sich hüten, des Kindes natürliche Aengst« zu vermehren durch schreckhafte Scherz« und Drohungen, durch onosterregende Erzählungen usw., man soll seine Aengste freundlich beschwichtigen, .zerstreuen, sein Vertrauen zu sich selbst stärken, damit es«inst lernt, unerschrocken Wege des Lebens zu gehen und den Verhältnissen wie l dem Schicksal mutig zu begegnen. Sascha Rosenthal.