Schwangerschaftsunterbrechung nur in öffentlichen Heilanstal ten unentgeltlich vorgenommen werden können. Durch das Prinzip der Unentgeltlichkeit soll das Borrecht der befizen­den Frauen, untontrolliert Schwangerschaften zu unterbrechen, so viel sie wollen, aus der Welt geschafft werden und die besig lofe Frau soll nicht immer den Stachel in sich spüren, daß sie schlechter daran ist, weil sie nicht bezahlen kann. Die Unent­geltlichkeit und die öffentliche Krankenanstalt für alle, soll dem Brinzip der Gleichheit den Weg bahnen.

Ein weiterer Antrag verlangt von der sozialdemokratischen Fraktion, sich für die Amnestierung aller wegen Schwanger­schaftsunterbrechung Verurteilten einzusetzen.

Wenn es nun auch längst dazu gekommen ist, unter dem Sturm der Deffentlichkeit und durch die erschütternden Bilder, die in den Gerichtsfälen geboten wurden, den Frauen gegen über nur von der bedingten Berurteilung Gebrauch zu machen, so ist doch, je weiter sich die Gerichte von Wien ent­fernen, auch eine grausamere Strafbemessung noch immer möglich. Die Hebammen selbst werden fast von allen Gerichten mit der ganzen Schwere des Gesetzes getroffen. Bier sechs, acht Monate Kerker find nichts Seltenes, obwohl man sagen muß, daß das Gefeß als Urheber der so bestraften Verbrechen anzu Jehen ist. Würde ärztliche Unterbrechung erlaubt sein, würde bie foziale Juditation anerkannt, dann müßten die von Not und Elend oder Seelenschmerz gepeinigten Frauen nicht den Weg zur Hebamme gehen. Es ist Tatsache, daß, auf den Anien liegend, mit aufgehobenen Händen, Hebammen angefleht werden, den verpönten Eingriff zu tun. Wenn so oft bei diesen geheimen Unterbrechungen Todesfälle eintreten, so muß vor allem das Gesetz verantwortlich gemacht werden und barum geht die sozialdemokratische Bestrebung dahin, das Gesetz zu andern. Aber wie mit anderen wichtigen Fragen ist es auch

Bon der Frauenkonferenz hat das Frauenreichskomitee, das ist die gewählte und vom Parteitag bestätigte Vertretung der sozialdemokratischen Frauen, den Auftrag übernommen, bei allen staatlichen, fommunalen, von der Arbeiterschaft mit­verwalteten oder alleinverwalteten Körperschaften dahin zu wirken, daß dieser Grundsag zur Anerkennung gelange. Der Parteitag hat dem zugestimmt, und da die weiblichen Mit glieder in der österreichischen Sozialdemokratie ein Drittel der Gesamtpartei bedeuten, in vielen Industrie­bezirken fast schon die Hälfte, ist nicht zu befürchten, daß alle diese Beschlüsse und Forderungen sich nur theoretisch aus­wirken werden. Die Frauen in der österreichischen Sozial­demokratie sind nicht nur wegen des Wahlrechts schon ein beachtenswerter Teil geworden, sondern auch organisatorisch. eine zweite Zeitung, Die Unzufriedene", die jede 170 000 organisierte Frauen, eine Zeitung, Die Frau", Woche in hundertzwanzigtausend Exemplaren verbreitet wird und die jetzt daran geht, durch eine besondere Agitation ihren Leserkreis wesentlich zu erweitern, find nicht zu übersehen. mehr als 6000 weibliche Vertrauenspersonen, Frauen­fomitees, die die Arbeit unter den Frauen zu leisten haben, und die sich vom Frauenreichskomitee abwärts in den Länder­freisen, Bezirken und lokalen Organisationen betätigen. Ein Geist der Einigkeit und der Solidarität verbindet alle diese Frauen miteinander, und macht sie zu einer Macht, die sich hoffentlich im fünftigen Wahlkampf für die Partei als frucht­bringend erweisen wird. Wir sind der Ueberzeugung, daß das neue Parteiprogramm, vor allem in den zwei wichtigen Punkten, von denen hier gesprochen wurde, neue Frauen­massen aufrufen und erweden wird. Adelheid Popp.

hter. Der chriftliche Bundeskanzler Desterreichs, Dr. Ignaz Kann das Kind schöpferisch tätig sein?

Seipel, betrachtet die Aenderung der§§ 144 bis 148 als ein Rührmichnichtan und feine Koalitionspartei, die Groß­deutschen, beugen sich dieser Anschauung. Es hat wohl Stim men gegeben, auch unter den Parteigenossen, die meinten, daß biese Frage fein Problem für das Parteiprogramm sei und aus dem Auslande haben wir verwundert fragen gehört, wie man denn wagen könne ,,, in einem katholischen Lande" solche Fragen zu diskutieren. Nun, es sind Menschenleben schon genug zugrunde gegangen, die einfachste Pflicht, dem Prole­fariat und seinen Frauen gegenüber erheischt es, diefem Problem genau dieselbe Aufmerksamkeit zuzuwenden, wie so vielen anderen. Freilich haben wir es nicht leicht. Im Justiz­ausschuß des Nationalrates, wohin die Frage§ 144 gehört, fann feine Sigung stattfinden, weil die Regierungs­parteien fich weigern, über den sozialdemokratischen Antrag eine De batte zuzulassen, wir aber auf unserem Recht bestehen, auch unsere Anträge verhandelt zu wissen. Wenn ich sagte, daß auch andere Frauenfragen zur Dis­fuffion standen und auch im Parteiprogramm ihren Nieder­Schlag gefunden haben, so ist auch das eine Folge der Be­ratungen der Frauenprogrammkommiffion. Es ist in der heutigen Gesellschaft eine Tatsache, daß die Frau, die nur Mutter ist, nicht so eingeschätzt wird wie jemand, der iohn bringende Arbeit leistet. So hoch man einerseits die Mutter­fchaft stellen will, fo geringschäßig spricht man ein andermal von den Frauen, die keine Pflichten haben" und für die Allgemeinheit nichts leisten. Da die Sozialdemokratie ihre Bufunftsideale nur verwirklichen kann, wenn die Frauen micht nur aus eigenem Willen, sondern auch anerkannt von den Männern, den Kampf der Partei mitkämpfen, so muß dle Frau auch als Mutter eine höhere Würdigung finden. Und barum heißt es in unserem neuen Parteiprogramm, die Sozialdemokratie bekämpft die Vorurteile, die sich der Gleichberechtigung der Frauen entgegenstellen."

Sie fordert, auch für die Frauen volle Möglichkeit der Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Sie fordert höhere Wür digung der gesellschaftlichen Funktion der Frau als Mutter und als Hausfrau und Schuß gegen die lleber bürdung der Frauen durch die doppelte Arbeit in Erwerb und im Haushalt. Und dann folgt die Aufzählung aller jener Forderungen, die ja Gemeingut aller fortgeschrittenen sozial demokratischen Parteien sind.

In Wirklichkeit klagen die Genoffinnen allerdings noch vielfach, daß ihnen diese Würdigung nicht immer auteil wird, und daß sie auch als Arbeiterinnen im Produktionsprozeß minder eingeschäßt werden, felbst dann, wenn sie qualitativ und quantitativ dasselbe zu leisten vermögen wie Männer. Hier will die Stellungnahme der Bartet in Bunft Frauen frage dazu beitragen, daß das Bewußtsein von der Gleich wertigkeit der Frau zum Allgemeingut werde,

Man hat in Elternfreifen der modernen Pädagogik gelegentlich den Borwurf gemacht, daß sie der Struktur des Kindes zuviel Be­deutung beimißt. Man hat dabei an ein Schlagwort gedacht, welches eine Beitlang durch die Lande lief und das sich ausprägte in dem Ruf: König ist unser Kind!" Die Mehrzahl der modernen Bäda­gogen hat aber nie einer überschwenglichen Betonung dieses König­tums im Kinde das Wort geredet. Betont wurde nur immer stets von den Reformern die Tatsache, daß im Kinde Kräfte schlummern, die die ältere Pädagogik zu wecken unterließ und daß dadurch eine will nun diese Lücke schließen, dadurch, daß sie diese schlummernden Lücke im Erziehungswert unausgefüllt blieb. Die neuere Pädagogik Kräfte zur Entfaltung bringen will.

Eine solche Kraft im Kinde, die bisher stiefmütterlich behandelt wurde, ist die des schöpferischen Tuns. Kann das Kind schöpferisch tätig sein? Kommen wir zu einer Bejahung der Frage, so erwächst daraus eine neue Stellungnahme des Erwachsenen zum Kinde insofern, als man dann anerkennen muß, daß das Kind mehr ist als ein Menschlein, das in seiner Entwicklung auf einer weit tieferen Stufe steht als der betreffende Erwachsene. Man muß dann aus einer ganz anderen Perspektive das Erziehungswert an ihm be­ginnen. Ein Beispiel mag zur Erläuterung dienen. Ich hatte ein­mal in der Schulanfängerflaffe einen fleinen Jungen, der, als es gelegentlich im Unterricht ans Kneten und Formen ging, Figuren aus dem Plastikum formte, die das gesamte Lehrerkollegium in Erstaunen setten. Nicht ein einziger Junge aus der Oberstufe konnte es diesem kleinen Kerl nachtum, geschweige denn etwas Aehnliches entwerfen". Aufgefordert, noch mehr aus dieser formiosen Knet­maffe zu bauen", zauberte die kleine Hand Gebilde uns vor die Augen, die geradezu ans Künstlerische grenzten. In diesem Schüler war nicht nur die kleine Hand schöpferisch tätig, sondern in noch größerem Maße befand sich hier die Bhantafie in einem ungeahnten Schöpfungsaft.

Etwas Aehnliches erlebte ich leithin mit einem zehnjährigen Mädchen. Sie entwarf aus buntem Seidenpapier mit Hilfe der Schere Spizenmuster, die sich mit den Entwürfen Erwachsener, die Entwurfsmufter flogen nur so aus der Schere heraus. Es war auf diesem Gebiet beruflich tätig sind, gut meffen konnten. Die also hier eine Kraft im Kinde, die unbedingt dem Lehrer etwas zu lagen hatte. An ihrer Aeußerung durfte der Lehrer nicht achtlos vorbeigehen, vielleicht mit dem Einwurf, wie es früher geschah:" Das fannst du wohl in deinen Wußestunden zu Hause machen, aber hier in die Schule gehört es nicht hinein! Gerade dadurch, daß der Lehrer auf Grund des modernen Unterrichtsbetriebes Gelegenheit beden, wird es ihm möglich, das Kind nach dieser Seite hin zu hat, diese schlummernden schöpferischen Kräfte im Kinde zu ent fördern, so daß ihm diese Eigenart schöpferischer Kraft später einmal im Leben meiterhilft. Es kann ihm beispielsweise daraus ein hinweis erwachsen auf feine spätere Berufswahl. Dieser Hik­weis wäre nie eingetreten, wenn die Schule achtlos an diesen fchlummernden Kräften vorübergegangen wäre.

Wie oft haben wir es in unserer Schulzeit erlebt, daß ein Mit

Schüler, der heimlich unter dem Tisch. die Gestalt des Lehrers zeich wurde. Die Folge war, daß der Schüler fortan dieje ,, Dummheiten" nerisch zu Bapier brachte, von diesem für diese Sünde gestraft unterließ. Gottlob find unsere modernen Pädagogen zu solchen ,, Streichen" anders eingestellt. Sie freuen sich über diese Gabe des