bedrückt durch die wirtschaftliche Abhängigkeit. Die Zeit des rationalisierten Großhaushalts und ungehinderter Berufsfortfegung der Frau, so lange sie nicht durch Mutterschaft völlig beansprucht ist, scheint noch in so weiter Ferne zu liegen, daß wir im Interesse der Eheerhaltung nach sofort anwendbaren Lösungen suchen müssen. Die Anerkennung ihrer Leistung als Hausfrau und Mutter durch den Mann nicht zuletzt durch einen Anspruch auf ein persönliches Taschengeld, und sei es auch noch so gering, wird ihr Selbstgefühl und ihre Arbeitsfreude heben. Mann und heranwachsende Kinder beiderlei Geschlechts sollten der Frau in Abend und Feiertagsstunden helfend zur Hand gehen, um ihr die Teilnahme am politischen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Für die häuslich weniger belastete verheiratete Frau ist leider die Forderung der Halbtagsarbeit ganz in den Hintergrund getreten. Nach Ueberwindung der heutigen Arbeitslosigkeit sollte dieser Gedanke von der Frauenbewegung erneut aufgegriffen werden. Für die Frauen aller Berufe und Stände geht leider in den meisten Fällen im Augenblick der Verheiratung der Zusammenhang mit dem Beruf völlig verloren. Es fehlen uns im Rahmen der Gewerkschaften und Berufsvereine Sondergruppen für verheiratete ehemalige Berufsangehörige, in Denen die Verbindung mit den früheren Arbeitskolleginnen gepflegt, Teilnahme an ihren Kämpfen genommen und das Fachwissen und können aufrecht erhalten und erweitert wird. Die einmal erwerbstätig und selbständig gewesene Frau wird bie Beschränkung auf die Enge des Haushaltes eher ertragen, wenn sie sich nicht plöglich als isolierte Nur- Hausfrau", fondern als ihre Zeit bewußt erlebende Sogar- Hausfrau" fühlt. Das Bewußtsein, im Notfalle ohne allzu große Schwierigkeiten wieder in ihren Beruf zurückkehren zu können, wird sie vor der Mißachtung des Mannes und eigenen Minderwertigkeitsanwandlungen schützen. Soll die Frau geachtete, gleichberechtigte Kameradin des Mannes sein, so muß sie ihre Persönlichkeit nach eigenen, nicht nach des Mannes, Bielsehungen, zur höchsten Entfaltung bringen. Dies und das Wissen des Mannes um die jederzeitige Berufsbereitschaft der Frau die Doppelbelastung von Haushalt und Beruf lehnen wir natürlich als ungesund abwird eine Einstellung beim Mann erzeugen, die im höchsten Sinne eheerhaltend wirkt. Zu einer solchen Eheform fehen wir vorläufig mur schwache Anfäße; aber dürfen wir uns Sozialisten nennen, wenn wir schon auf dem Gebiete der eigenen Lebensgeftaltung versagen?
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Die Eheerneuerung begrüßen fann man natürlich nur, wenn man in der Ehe selbst einen Wert und Sinn fieht. Unsere Zeit ist geistig über das hemmungslose Bu und Boneinanderlaufen hinaus, die Schwärmereien von der alleinfeligmachenden freien Liebe" und der Wirbeltanz der Lebensgler nach dem Völkermorden haben sich ausgetobt. Ohne Bharifäertum gegenüber anderen Formen der geschlechtlichen Gemeinschaft, rein aus fachlicher Erkenntnis des über legenen Wertes einer Dauerbindung, die weit mehr ist als ,, Liebe", beginnt man an den verschiedensten Stellen ihre Grundlagen zu prüfen und im Einklang mit den Forderungen der Zeit zu erneuern. Hedwig Schwarz.
Das Kind in der Familie.
Bei einer Diskussion über Erziehungsfragen sprach eine Genoffin liber die Schwierigteiten, die sie mit ihren Kindern habe, und schloß mit den Worten: ,, wie man Eier tocht, das hat man mir gezeigt, aber wie man Kinder erzieht, das haben wir nicht gelernt!" Die Rednerin traf damit den Nagel auf den Kopf. Man erwartet wirklich von einer Frau, daß sie zur Erzieherin wird durch die bloße Tatsache, daß sie ein Kind bekommen hat.
Manchmal trifft es ja zu, und viele Mütter leisten Hervor. ragendes in der Anleitung ihrer Kinder, aber es sollte nicht bloßer Glücksfall bleiben, es müßten alle Frauen planmäßig vertraut gemacht werden mit den Schwierigkeiten, die schon allein daraus ent stehen, daß Kinder als fleinster und schwächster Teil einer Familie aufwachsen, und daß einzige jüngste Kinder oft ein schwieriges Kapitel sind, daß aber diese Schwierigkeiten aufhören, wenn das Kind in einer gleichaltrigen Gesellschaft aufwächst.
So fpricht uns nachfolgender Fall von einer merkwürdigen Wandlungsfähigkeit; eine neunjährige Jüngste nach ganz erwachsenen Geschwistern. Sie galt für eine hoffnungslose Herumftreicherin, wollte gar nichts arbeiten, belästigte die ganze Umgebung, felbft fleine Diebstähle famen vor. Leider versuchen Jüngste ja sehr häufig ihren Entgang an Macht durch besonderes Hervortun im Unnüßen auszugleichen. Sie fam in ein Heim zu faft gleidhaltrigen Kameraden, und es gab überhaupt keine Klage mehr.
Man erkennt daran die korrigierende Wirkung eines gleich altrigen Zusammenlebens, im Gegensatz zum Familienleben. Daß hier die Erwachsenen das Kind oft geradezu als ihren Befihstand betrachten, als den Grundstein, auf den sie ihr eigenes Leben aufzul
bauen sich berechtigt fühlen, das kommt in den Aussprüchen mancher Eltern ganz deutlich zutage, z. B. in der Antwort einer fränflichen Mutter, die gewohnt war, täglich von ihrer fünfzehnjährigen Tochter spazierengeführt zu werden. Als diese nun einmal bat, heute aus. nahmsweise mit ihrer Freundin ausgehen zu dürfen, antwortete die Mutter: Geh nur, und ich gehe halt allein, höchstens werde ich überfahren werden, das macht ja nichts." Welcher Berufserzieher würde es wagen, die Seele eines Kindes derart zu belasten? Sehr charakteristisch ist auch die Klage einer Mutter über ihren neunjährigen Einzigen, daß er sich immer so viel aufrege", wenn man mit ihm um Geld Karten spiele. Sie hätte mit dem gleichen Recht darüber Klage führen können, daß er berauscht werde, wenn man ihm Alkohol zu trinken gebe. Und als man sie fragte, wieso es denn so oft zu diesem Anlaß fäme, gab fie in ihrer Antwort die tlarfte Anklage gegen die Erziehung eines einzigen Kindes unter lauter Erwachsenen, indem sie meinte, gleichaltrigen Verkehr habe er nicht und von den Großen fönne man doch nicht verlangen, daß fie fich immer auf die Intereffen eines Kindes herunterschrauben. Also spiele man Karten mit ihm und er wolle jetzt auch schon gar nichts anderes mehr spielen, nur daß er halt dabei immer so zornig werde.
Nun fönnte hier eingewendet werden, daß die Aufklärung der Eltern immer weiter fortschreitet, und daß die Erziehungsmethoden immer verständiger werden. Das ist ja richtig, aber keine Methode fann die Tatsache aus der Welt schaffen, daß einzige und jüngste Kinder nun einmal die Kleinsten bleiben, und daß sie in einer nicht gleichberechtigten Pofition aufwachsen( einerlei ob fie verhätschelt ausgesetzt sind. Wenn der große Pädagoge Pestalozzi die Familienoder vernachläffigt werden) und also den Schäden dieser Situation erziehung als vorbildliche preift, so hebt er vor allem die Liebe der Eltern als bestes Erziehungsmittel hervor, und sicher wird ein Kind eine Zurechtweisung, möge fie in welcher Form immer erfolgen, leichter ertragen, wenn es dahinter allgemeines Wohlwollen, Wärme fühlt, als eine aus rein fachlichen Gründen erteilte, bei der das Mitgefühl des Zurechtweisenden fehlt. Nun stehen leider der tatkräftigen Hindernisse entgegen, daß die Frage wohl erlaubt ist, ob man Entwicklung elterlicher Liebe so viele foziale und psychologische Kindern nicht lieber gleichmäßige, gleichartig mit anderen Kindern geteilte Erziehung wünschen soll, selbst um den Preis einer fühleren Haltung des Erziehers. Dadurch werden zumindest die für das Kind so unangenehmen und schädlichen Situationen vermieden, wie z. B. die leider auch in Arbeiterfreifen noch immer übliche Teilnahme des Kindes bei den regelmäßigen Gast und Kaffeehausbefuchen der Eltern, die entfeßliche Langeweile der allein oder gemeinsam mit den Eltern auf einem„ braven" Spaziers Kinder, deren Erziehung schon als vorbildlich gute galt, noch als gang verbrachten Sonntage, von deren gespenstischer Dede selbst Erwachsene in der Erinnerung sich bedrückt fühlen, die Zurücksetzung der findlichen Tätigkeit gegenüber dem Tun der Erwachsenen, lauter unvermeidliche Begleiterscheinungen auch der besten häuslichen Erziehung, die vor allem das eine nicht schaffen kann, was unbedingte Bereich der Tätigkeit und der Verantwortung. Wer je erfahren hat, Voraussetzung der guten Entwicklung des Kindes ist: ein eigener in welchem Maß die Uebertragung einer eigenen verantwortungs pollen Tätigkeit im Rahmen einer Kindergemeinschaft das damit betraute Kind im günstigen Sinne beeinflußt, der wird auf dieses Erziehungsmittel nicht mehr verzichten.
Es darf also im Sinne einer zweckmäßigen Erziehung vor läufig die Forderung erhoben werden, daß es jedem Kinde vergönnt meinschaft mit anderen Kindern als gleiches unter gleichen zu ver fei, menigstens einen Teil seiner Entwicklungsjahre in Ge leben. Die planmäßige Entwidlung von Ferienkolonien, deren Ein richtung jetzt in Desterreich in größtem Umfang besteht, und die auch dem Mindest- und Unbemittelten erreichbar sind, bereitet diese Möglichkeit am besten vor. Dort werden von geschulten Pädagogen Stätten der Gemeinschaftserziehung geschaffen, in denen es dem Kinde vergönnt ist, sich seine Welt felbst aufzubauen, zu ordnen und zu verwalten und Berantwortungsgefühl, Disziplin und Selbst. vertrauen zu erwerben, Eigenschaften, die ihm helfen werden, die drei großen Aufgaben des Lebens, soziale Gemeinschaft, Beruf und Che nach besten Kräften zu erfüllen. Sophie Lazarsfeld .
Adoptivkinder.
Sehr häufig erscheinen in den Tagesblättern der Großstädte Annoncen etwa folgenden Inhalts:
Rind als eigen gegen einmalige Abfindungssumme anzunehmen. Offerten unter Nr. erbeten."
Beim Lesen solcher Inserate ist das Publikum meist der Ansicht, daß die ein Adoptivfind suchenden Leute ehrbare Ehepaare sein werden, die ein fremdes Kind deshalb an Kindesstatt anzunehmen wünschen, weil ihre Ehe finderlos geblieben oder ihnen ihr Kind durch den Tod entrissen sein wird.
Das Publikum findet auch scheinbar nichts Arges darunter, wenn die Inferenten gleich in der Annonce zum Ausdruck bringen, daß sie eine einmalige Abfindungssumme beanspruchen, gleichsam als Ent schädigung für die in Zukunft erwachsenden Aufwendungen für das anzunehmende Kind.
In Wirklichkeit handelt es sich aber bei denjenigen Leuten, die ein Adoptivkind und gleichzeitig eine Abfindungssumme suchen, in fast allen Fällen nur darum, eine größere Summe Geldes zu erlangen.
Kinderlose Ehepaare oder alleinstehende Witwen, die aus Zuneigung eine Bollwaise oder ein unehelich geborenes Kind an Kindes.