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Arbeiterfamilie mit mehreren heranwachsenden Kindern, Eltern und mitzuerhaltenden Großeltern verbraucht täglich an die zehn Pfund Kartoffeln, mittags find Kartoffeln das Hauptnahrungsmittel und abends erscheinen fie nochmals in Maffen als Bratkartoffeln. Es ergibt sich also eine tägliche Mehrausgabe von 2% ẞ1g, das sind im Monat 75 Pfg., das sind im Jahr neun Mart- Neulich hörte ich von dem Ertrintungstod eines vierzehnjährigen Rindes. Durdy etwas Schwimmen hätte es sich leicht retten tönnen, aber dem arbeitslosen Bater war es absolut nicht möglich gewesen, das Kind am freiwilligen Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen. Was hätte der monatlich gefoftet? Nur fechaig Pfennig! Den in behaglichen bürgerlichen Verhältnissen lebenden Journalistischen Berteidigern des Bürgerblocks und der Agrarier bleibt der 3ynismus ihrer Worte angesichts der unbeschreiblichen Notlage breitefter Maffen völlig unbewußt.
fratischen Fraktion, außerdem das Berbot für die zwei| forgenvoll faltulierende Arbeiterfrau aus diesem„ nur“? Eine Wochen aufrechtzuerhalten, ist abgelehnt worden. Da die frankenversicherten Frauen die Möglichkeit haben, für sechs Wochen vor der Entbindung das Wochengeld zu beziehen und außerdem wie noch weiter auszuführen ist eine eventuelle Kündigung des Arbeitgebers fechs Wochen vor der Entbindung unwirksam ist, so wird es Sache der Aufklärung der Frauen sein, zu erreichen, daß fie von dem Schwangerenschutz auch wirklich Gebrauch machen. Es wird den Müttern immer wieder flar zu machen sein, daß sie durch die Ueberanstrengung ihres Körpers infolge der Arbeit bis furz vor der Entbindung nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Kind gefährden. Ein Beispiel soll hier zu dem mehrfach hervor gehobenen Material des Textilarbeiterverbandes hinzugefügt werden: In einer der Bevölkerungsfrage gewidmeten Nummer des Heimatdienstes" finden wir eine Aufstellung, wonach von 123 Kindern von an Bleivergiftung erfrankten Müttern starben: im Mutterleib 73, im 1. Lebensjahr 20, im 2. Lebensjahr 8, im 3. Lebensjahr 7, später 1, sodaß nur 14 am Leben blieben! Bei Ausbau der Erhebungen über Schädigungen der Arbeit würden ähnlich tragische Beispiele noch weiter zu finden sein. Deshalb muß es unfere Aufgabe fein, die Frauen zur Inanspruchnahme des möglichen Schwangerenschuhes zu veranlassen, um, darauf fußend, einmal diesen Schuh und zum zweiten die dafür in Frage tommende Entschädigung zu erweitern.
Ist der Schutz der Schwangeren also gefeßlich nur in Form der Berechtigung geregelt, so besteht für die Wöch nerinnen ein Arbeitsverbot für sechs Wochen nach der Niederkunft. Eine weitere Be rechtigung der Arbeitsverweigerung ist gegeben für weitere fechs Wochen, wenn durch ärztliches Zeugnis nachgewiesen wird, daß eine Arbeitsverhinderung infolge einer mit Schwangerschaft oder Niederkunft zusammenhängenden Krankheit besteht.
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Wirksam wird dieser Schuß- und das ist vielleicht das wertvollste und den Arbeitgebern schmerzlichste an diesem Gesetz durch das Kündigungsverbot für den Arbeitgeber für 6 Wochen vor und 6 Wochen nach der Niederkunft, in dem oben genannten Falle der weiteren Behinderung für noch weitere 6 Wochen nach der Nederkunft. Dadurch erhält das Gefeh in arbeitsrechtlicher Hinsicht eine große Bedeutung; denn es dürfte auch den Arbeitgebern flar fein, daß dieser erste Eingriff in ihr Kündigungs- und Entlassungsrecht nicht der legte bleiben wird. Aus Gründen der allgemeinen Bolfs wohlfahrt wird hier eingegriffen in das Arbeitgeberrecht, und das gibt diesem Gelegentwurf einen nicht zu unterschäßenden allgemein fozialpolitischen Wert. Wenn bei der Abstimmung über das Gesetz die Arbeitgebergruppe der Deutschnationalen Bolfspartei figen blieb, wenn ferner unser Antrag, das Kündigungsverbot auf acht Wochen nach der Niederkunft zu erweitern, um besonders die mit täglicher Kündigung Arbeitende zu schützen, abgelehnt wurde, so sicher, weil die Arbeitgeber sich diesen Eingriff in ihre Rechte nur zähne fnirschend gefallen lassen.
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Zu diesen Bestimmungen tommt sodann noch die Berpflichtung, stillenden Frauen auf ihr Berlangen während sechs Wochen nach der Niederkunft die zum Stillen erforderliche Zeit bis zu zweimal einer halben oder einmal einer Stunde täglich von der Arbeit fre is zugeben.
Es ist also nicht au feugnen, daß wir mit diefen Gesetzen wieder einen fleinen Schritt vorwärts gekommen find; an den Frauen selbst muß es nun liegen, bei der nächsten Wahl eine Busammenfehung des Reichstages zu erzielen, die die Gewähr eines welteren Ausbaues gibt. Luise Schroeder.
Nur ein viertel Pfennig!
Auf das Plüschsofa der„ guten Stube" fegte man früher gern ein von der Hausfrau handgesticktes Brachtliffen mit der Inschrift: „ Nur ein Biertelstündchen". Unter oder richtiger auf diefer gewillensberuhigenden Devise fonnten fich alsdann die hausherrlichen Mittagsschläfchen getrost um das Drei- bis Vierfache verlängern. Der Bürgerblock hat zu seiner Gewiffensberuhigung hinsichtlich des Kartoffel3011s etwas ähnliches fabriziert, nämlich die nationalötonomische Schlummerrolle:„ Nur ein Biertelpfenig, mit der er für beruhigungsbedürftige Leserinnen das Ichwarz- weiß- rot gestreifte, behagliche Sofa Lokal- Anzeiger" schmückt.
Aber selbst wenn wir es bei dem kühnen Euphemismus„ nur ein Biertelpfennig" bewenden laffen, was ergibt sich für die scharf und
Aber in Wirklichkeit liegen die Dinge ja viel, vief schlimmer! In Wirklichkeit ist die Mehrbelastung durch den Kartoffelzoll ja nur ein Bruchteil dessen, was uns die gesamte 3ollpolitik des Bürgerblocks auferlegt. Da treten zu den neun Marf für den Kartoffelzoll jährlich noch etwa 40 Mart für Brot und Meht, 20 Mark für Rindfleisch, 10 Mark für Schweinefleisch, 20 Mart für Sonstige Fleisch- und Wurstwaren, 8 Mart für Kohl, 27 Mart für Butter, Margarine, Schmalz, Käse, 5, Mark für Suder, 7 Marf für Milch usw. usw. Nach einer vorsichtigen Berechnung der Gewerkschaften bedeuten die Bürgerblodzölle für eine proletarische Normalfamilie eine Mehrbelastung von 150 Mart im Jahri
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Kommende schwere Lohnkämpfe feitens der Gewerkschaften find unvermeidlich. Kaltschnauzig reden die feftengagierten, gutbezahlten Beitungsschreiber des Kapitals von den Biertelpfennigen des Proletariats, während der Arbeiter gewohnt ist, um Bjennige Lohn aulage schwer und opfervol au fämpfen. Die Zollfrage aber ist in erster Linie eine politische Frage. 1928 find Neuwahlen zum Reichstag. Frauen und Mütter des Proletariats, zahlt ihnen den Biertelpfennig" heim in einer Denkmünze, daß sie es nie mehr wagen, mit derartigen Schnoddrigkeiten die Empörung jeder denkenden Proletarierfrau herauszuforderni
Wahlrecht der franzöfifchen Frauen?
In den Gemeinden. 16
ferien eine a hire form verabschiedet, durch die das seit 1919 Das franzöfifche Parlament hat noch vor Beginn der Sommerbestehende System durch den früheren Modus der Einmänner- WahlPreise erfegt wurde. Die Linte, einschließlich der Sozialisten, hot diese Wahlreform in der Deputiertenkammer mit Inapper Mehrheit durchgesetzt, indem sie sich durch keinerlei Obstruttions und Ablenkungsmanöver der Reaktion und der Kommunisten erschüttern ließ. Als ein solches Ablenkungsmittel ist ein Antrag au werten, den die Rechte mit Unterstützung der Kommunisten auf Einführung des Frauenwahlrechtes einbrachte. Die Unnahme dieses Antrages hätte den Frauen nichts genügt, weit man wußte, daß der Senat ihn abgelehnt hätte. Er hätte nur zur Folge gehabt, daß die Wahlreform so verschleppt worden wäre, daß das Bestehen des Wahlsystems bei den Neuwahlen vom Frühjahr 1928 noch in Kraft geblieben wäre und einen Sieg der Realtion ermöglicht hätte. Deshalb, und nur deshalb, haben die So. sialisten, die feit jeher an der Spige des Kampfes für die politische Gleichberechtigung der Frauen in Frankreich stehen, diesen hinterfiftigen Antrag niederzuftimmen geholfen.
Dagegen haben unsere Genoffen unmittelbar nach der Annahme der Wahlreform einen Borstoß unternommen, der geeignet ist, die Genosse Bierre Renau del brachte eine Resolution ein, durch die Frage des Frauenwahlrechts prattisch vorwärts zu treiben: die Regierung ersucht wurde, die Diskussion des Gefeßentwurfs, durch den die Frauen das Gemeindewahlrecht erhalten, au be fchleunigen. Dieser Entwurf ist bereits von der Kammer ange. nommen, liegt aber schon seit langem unerledigt dem Senat vor. Nachdem der Berichterstatter dieses Rechtsausschusses Renaudels Antrag unterstützt hatte, ergriff Ministerpräsident Poincaré das Wort und sprach sich ebenfalls für die Annahme des Antrags aus. Dieser wurde mit 445 gegen 105 Stimmen angenom daß die franzöfifchen Frauen wenigstens das kommunale Wahlrecht men. Wenn die Regierung ihr Wort hält, ist Aussicht vorhanden, bald ausüben dürften, da der Widerstand der Senatsmehrheit sich bisher vor allem gegen das politische Frauenwahlrecht richtet. Die franzöfifchen Senatoren befürchten nämlich, daß im fatholischen Frankreich der Einfluß der Briefter auf die Frauen der demokratis schen Republik gefährlich werden könnte. Ob diese Befürchtung berechtigt ist, steht dahin. Unsere Genoffen scheinen sie jedenfalls nicht zu teilen und stellen den Grundsatz der politischen Gleichberechtigung schen Bortells einer solchen Reform. Jedenfalls würde die Gewäh beider Geschlechter über die Frage des augenblicklichen parteipolitirung des Kommunalwahlrechts, ähnlich wie in Belgien , die erste Etappe auf dem Wege zur Gewährung des allgemeinen Frauenwahlrechts darstellen.