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Die Schleppe.

Heute ist die Schleppe, die einst zu den merkwürdigsten Dingen ber Kleidung gehört hat, aus dem Straßenbild verschwunden. Wir sehen sie zwar gelegentlich noch bei Hochzeiten und ähnlichen Fest­lichkeiten, aber nicht mehr als tägliche Erscheinung und notwendiges Bekleidungsstück. Heute ist der turze Rod modern, und zu ihm paßt die Schleppe nicht. In den sechs Jahrhunderten ihres Be­stehens hat sie manche Wandlungen durchgemacht, ist zeitweilig, wenn der Rock wieder fürzer wurde, aus der Außenwelt ver schwunden und dann doch erneut in desto größerer Länge und Auf­machung wiedergekehrt.

Zuerst ist die Schleppe im 14. Jahrhundert in Frankreich Mode geworden. Von hier fam sie nach England und wurde hier in Schmähschriften heftig bekämpft, jedoch mit wenig Erfolg. Bald fand sie auch in Deutschland Eingang, und namentlich die pracht llebende Isabella von Bayern begünstigte ihre Einführung. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts war die Schleppe so lang geworden, baß sich die vornehmen Damen ihre Schleppe von Dienern tragen ließen Die ärmere Bevölkerung hat daran freilich keinen Anteil genommen. Für die Arbeiter und Bauernfrauen tam die lange Schleppe nicht in Frage, und ihr Tragen wurde ihnen überdies ausdrücklich verboten. Bestimmungen dieser Art finden sich in den Kleiderordnungen, die dazumal von den Städten und Fürsten er lafsen wurden.

Im 15., besonders aber im 16. Jahrhundert überboten fich die abligen Familien in der Wahl von langen Schleppen. Sebaftian Fran de flagt in seiner um 1550 erschienenen Ge­schichtsbibel", daß Schleppen bis zu fünf und sechs Ellen Länge feine Seltenheit seien. Dagegen schritt dann die Obrigkeit mit Aufwand gesetzen" ein. So erließ der Rat der Stadt UIm eine Verordnung, nach der es erlaubt war. eine Schleppe bis zu einer Elle Länge zu tragen, und in Sachsen tam etwa 1482 eine Berordnung heraus, nach der eine Schleppe bis zu zwei Ellen Länge gestattet war. Schärfer war die Anordnung des Papstes Eugen IV. , der den Franziskanern die Erlaubnis erteilte, den Frauen mit langen Schleppen die Absolution zu verweigern.

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Gegen Ende des 16. Jahrhunderts, als reif- und glockenförmige Röcke getragen wurde, verschwand die Schleppe aus dem Straßen bilde und kam nur noch bei großen Festlichkeiten zur Geltung. Ein Jahrhundert später, als die Mode wiederum eine große Wandlung durchmachte, kam auch die Schleppe wieder auf, doch erlangte sie nicht mehr ihre frühere Bedeutung. Das 18. Jahrhundert fennt die Schleppe noch als wichtigen Bestandteil der Kleidung. In der folgenden Zeit erscheint sie nur noch als turzer Schwanz, der leicht die Erde berührt, bis sie dann mit dem Aufkommen der kurzen Röcke ganz verschwunden ist.

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sie auch vorher von ihrem Mann nicht gehabt; und seit Mieze, die älteste, nun schon in die Fabrit ging, hatte die Familie wohl mehr Einkommen, als sie je bei Lebzeiten des Baters gehabt hatte. Doch es waren eben zuviel Mäuler fatt zu machen! Mutter und Mieze und Trude, und Ernste" und Rolle", die beiden Jungens. Da nahm Mutter Richardsohn dann eben noch Schlafburschen in die Wohnung, die nur aus einer Berliner Stube und Küche beſtand. Damit fing das Unheil erst recht an, denn nun mußten es felbst die Nachbarn aufgeben, sich in Richardsohns Familienverhältniffe zurecht zufinden! Immer war da ein kleines Kind, von dem man nie wußte, ob Mutter Richardsohn dazu Mutter oder Großmutter war ( manchmal warens auch zwei Kinder), und ehe die Frage des Familienstandes für die Nachbarn endgültig geklärt war, war der neue Zuwachs schon wieder tot, und die jüngsten Sprößlinge mechselten ihren Platz im Kinderbett mit dem in einem kleinen, weißen Särglein fast so rasch, wie die Schlafburschen, die auch höchstens ein Jahr in dem Richardsohnschen Quartier aushielten. Nun hatte ich die Trude wiedergetroffen, und eines Tages habe ich sie auf ihrem Strich" gesucht. Ich wollte doch wissen, was aus den vier Kindern geworden war, aus Mieze, der schönen, mit dem aschblonden Haar und den schwarzen Brauen, aus Ernste, dem wilden, und Rolle", dem frummbeinigen Schrecken der Ge schäftsleute denn Rolle" ,, flaute" schon damals, was los und ledig war.

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Und Trude erzählte: Mieze is nich mehr lange bei uns ge­blieben. Erst hat se mit' n Werkmeister' n Verhältnis gehabt, denn hat seine Dile in der Fabrit Krach gemacht, um denn hat Mieze gefacht, wenn se sich schon mit Kerls abgeben muß, denn will se wenigstens nich arbeiten, denn will se lieber ganz auf'n Strich gehen. Und se hat Glück gehabt, se hat nu schon fünf Jahre ein festes Verhältnis mit' n reisenden Kaufmann, da braucht se nich alle Tage strichen... Ernste is tot. Den haben sie bei' ne Reileret erstochen, denn der war doch immer so jähzornig, wenn er ein'n fizen hatte. Und fepichelt hat er schon als Junge gerne, wenn ihm die Schlafburschen mal was abjeje'm haben, und er hat immer' n Buch jenommen, wenn er Kümmel mit Luft holen mußte Un Rolle figt in Tejel, den ham'n se mejen Kollidiebstahl eingesteckt, wo er doch bloß daneben jestanden hat. Mutter is tot; die hatte Lungen­entzündung, weil sie in die nassen Kleider nach Hause jejangen is un det Umschlagetuch so dinne war

Ohne besondere Beweglichkeit erzählt Trude das Schicksal ihrer Familie; fie gerät immer mehr in den Dialekt ihrer Kinderzeit hinein, die Maske der besseren Dame", die sie mir gegenüber erst festhielt, verrutscht immer mehr. Und plößlich ist es mir, als ob neben mir wieder die alte, frummbeinige Trube ginge, die damals zum Vergnügen des ganzen Hauses die heimkehrende große Schwester mit der Nachricht anbrüllte: Romm bloß ruff, Mieze, dein Ede is so beschmort, det er Muttern nich mal in Ruhe läßt!" Vier Kinder der Vorstadt

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vier gingen zugrunde, vom

Vorstadtkinder- ein ewiger Kreislauf. tohol vergiftet schon im Reim, notreif geworden in enger

Hundert

Ob es heute noch so tinderreiche Häuser gibt? vierzehn Hausfinder" wurden an unserem großen Erntefest ge­zählt, hundertundvierzehn Kinder, die tagein, tagaus das große graue Haus mit seinen beiden Höfen mit Lärm, Geschrei, Lachen und Weinen erfüllen. Es war ein richtiges Berliner Mietshaus älterer Bauart und stammte so ungefähr aus den Gründerjahren, in benen man anfing, die Sandberge vor den Toren zu bebauen. Es gab in ihm feinen Aufgang für Herrschaften", und wir Kinder aus dem Borderhaus hielten gute Freundschaft mit den Hinterhaus findern, denn allzu hochherrschaftlich" war auch unsere Herkunft nicht. aber davon soll noch erzählt werden. Wir wuchsen alle ein wenig wild auf, richtige Schmalzstullenfanater und Asphalt­Indianer, und hatten eine freimaurerische Art, untereinander zu verkehren, hatten Freundschaften und Freunde, mit denen unsere Eltern sicherlich meist nicht einverstanden gewesen wären. Aber dann kam das Leben und warf uns auseinander, den einen hier, den anderen dahin, und nur ab und zu treffen wieder einmal zwei Kinder aus dem alten Hause zusammen, dann gibt es ein Erzählen und Fragen, und dann ist es wunderbar, was alles aus diesen Borstadtkindern wurde, aus diesen Kindern, die einmal alle mit­einander froh ,, Kreis " und Verstecken" spielten

Die Richardjohns.

Das war in einem Café, in dem sich die nördliche Halbwelt trifft; da faß, auf einem der niedergedrückten, roten Plüschsofas ein junges Mädel und guckte und gute zu unserem Tisch herüber. Dieses feingeschnittene Geficht mußte ich tennen Schließlich dämmerle es bei mir; und resolut ging ich zu ihr rüber, trotzdem an ihrem Tisch gerade ein, Kavalier" faß. N' Tag- du bist doch Mieze Richardsohn und mich hast du ja auch schon lange er­fannt!" Das hübsche Gesicht wurde wirklich unter der Schminke ein wenig rot: Ja aber nich Mieze, ich bin die Trude!"

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Und da wurde ein ganzes Stück Bergangenheit lebendig. Das also war Trude, der ewig dreckige, frummbeinige Purzel, aus der Wohnung auf dem zweiten Hof, die von allen ordentlichen Mietern. des Hauses als ein Schandfleck empfunden wurde! Da wohnte die ,, Bagasche" anders wurden sie taum im Hause genannt, die Ange­hörigen des Zweckverbandes Richardsohn denn eine Familie" fonnte man die Richardsohns faum nennen. Zwar Mutter Richardsohn war eine fleißige Frau, Tag für Tag ging fie reine­machen oder waschen, denn seit der olle Sauffac dot is, habe ic doch für allens jrade zu stehen!" Aber allzuviel Unterstügung hatte

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Alkohol Wohnung

( Fortsetzung folgt.)

Der Kranich wird es wissen.

Aus Tokio , der Hauptstadt Japans , wurde Ende Juli nach Europa gedrahtet:

Die Kaiserin hat den heiligen Gürtel angelegt, den sie bis zum Eintreten des freudigen Ereignisses, das in etwa 4 Wochen Heute freifte ein Kranich mehrere Male über dem faiserlichen erwartet wird, tragen wird. Die Kaiserin ist bei bester Gesundheit. Balast. Die Bevölkerung deutet dies als ein glückliches Vorzeichen und sagt die Geburt eines Sohnes voraus.

Fahrt wird vergütet.

Teitelbaum u. Ko.

artifel. Von der Wiege bis zum Grabe." Abzahlungsgeschäft. Herren-, Damen-, Kinder- und Säuglings­

eines hindostanischen Brigadegenerals der Landwehr zweiten Auf­Ueber dem Eingang, der von einem Portier in der Uniform gebotes bewacht wird, ein Riesen, nein, ein Mammutschild:

Fahrtkosten werden bei Einkäufen über dret Mart vergütet."

Kistenschinder kommt herbei, liest, denkt nach.( Kennen Sie übrigens Riftenschinder? Nein? Er macht in Schuhsohlen, Taschen­tämmen, Rollmöpsen, Bartwichse und so weiter. Er ist ein viel feitiger Mann.)

Ristenschinder hat nachgedacht. Er betritt den Laden und kauft: Gummitragen.

1 Betonsch lips mit einer nichtrostenden Stahlschnalle.

1 Garnitur, nämlich Vorhemdchen, Unterhose und Strümpfe von einem Stück.

Das wird ihm eingepact.

Er schlängelt sich zur Kasse. Die Rechnung zeigt den Betrag von 3 Mart 15 Pfennig.

Ich bekomme Fahrtvergütung," sagt Kistenschinder schlicht und gottesfürchtig.

" Bon woher?" fragt die Kassiererin und angelt nach der Tabelle, auf der die Fahrkartenpreise vierter Güte von und nach den Orten der Umgebung verzeichnet sind. Bierter Güte, wie gesagt. " Bon woher?" fragt die Dame noch einmal. " Bon Südamerifal" sagt Riftenschinder.

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Teitelbaum u. Ko. gingen unter Geschäftsaussicht.