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Schußbeftimmungen für die Jugend bedeutet, daß wir fein Interesse an der Berabschiedung desselben haben, wenn er bei den Beratungen im Ausschuß nicht ganz wesentlich ver­beffert wird. Wir haben immer wieder dringend die For­derung nach einem verbesserten Arbeitsschuß für Jugendliche erhoben nach bezahlten Sommerferien, nach Bezahlung der Zeit für den Fortbildungsschulunterricht, nach befferer Be­rufsausbildung, nach mehr Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der jungen Arbeiter und Angestellten beiderlei Ge­schlechts. Aber sowohl der Entwurf eines Arbeitsschutzgesetzes als auch der Entwurf eines Berufsausbildungsgefeges ist nicht bis an den Reichstag gelangt. Reichsrat und Reichs­wirtschaftsrat sind mit ihrer Stellungnahme nicht fertig ge­worden. Deutschnationale und Wirtschaftspartei segen diesen. gefeßlichen Regelungen starke Hemmungen entgegen. Der Kinderschutz in der Landwirtschaft ist bisher an dem Wider­stand der Agrarier gescheitert.

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biefen Ausfall an Geburten wieder. Die untersten Jahr­gänge, die auch weniger stark befett find, als es im Jahre 1910 der Fall war, sprechen von dem Rückgang der Geburten nach dem Kriege. Die Zahl der Kinder( bis 15 Jahre alt) hat sich also stark vermindert: von 19,6 Millionen im Jahre 1910 auf 16,1 millionen im Jahre 1925. Die Kinder machten im Jahre 1910 33,9 Proz der Bevölkerung Deutsch­ lands aus, im Jahre 1925 nur noch 25,7 Proz. Die Zahl der Kinder im schulpflichtigen After ist dementsprechend von 10,1 Millionen im Jahre 1910 auf 7,7 Millionen im Jahre 1925 gesunken.

Altersaufbau der Bevölkerung Im Deutschen Reich nach der Volkszählung von 1925 Altersjahrs

Minnlich

95

80

85

Weiblich

Der kommende Reichstag hat unendlich viel gut zu machen, was diefes Parlament des Bürgerblocks schlecht ge macht hat. Er soll es unter stärkeren finanziellen Anforde rungen, denn die Beträge aus dem Dames- Blan erhöhen fich bis zum Etatsjahr 1929 laufend. Sollen unter diesen Um­ständen die Lebensnotwendigkeiten der Wirtschaft nicht wie­der als einseitige Intereffenvertretung für die arbeitgebende Industrie und Landwirtschaft betrachtet, sollen im Gegenteil die Interessen der arbeitnehmenden Bevölkerungsschichten als Voraussetzung für eine gesunde, wirtschaftliche, tul­turelle und staatliche Entwicklung in der Gefeßgebung wahr­genommen werden, dann muß der nächste Reichstag anders aussehen, als der gegenwärtige. Die Stärfe unserer Fraktion muß erheblich machsen, so daß ihre Position bei der zu­fünftigen Regierungsbildung sehr stark ist. Wir Frauen müssen, mehr noch als zu anderen Zeiten, in diesen Wochen der Wahlbewegung werben für die Partet. für die Abgabe fozialistischer Stimmen. Aber darüber hinaus müssen mir auch als Mitglieder der Partei darauf achten. daß genügend Frauen als sozialistische Abgeordnete im Reichs- und Land­tag einziehen. Ich glaube nicht, daß noch ein vernünftiger Mann die Mitarbeit der Frau an der Gefeßgebung ent­behren möchte. Es gibt viele Gebiete, die so im Lebens- Bei den untersten Altersklassen sind diese durch- den freis der Frau liegen, daß ihre Erfordernisse von Frauen Krieg verursachten Lücken bei den beiden Geschlechtern un einfach nicht übersehen werden können. Bom Manne da gefähr gleich. Dagegen ergibt sich ein großer Unterschied gegen wohl, wenn er auch als Sozialist stets bereit sein wird, bei der Besetzung der oberen Altersklassen. Während die foziale und tulturelle Forderungen tatkräftig zu unter- weibliche Linie der Bevölkerungspyramide sich ziemlich gleich­stützen. Hierzu gehören vor allem unfere Mütter, Kinder- mäßig gegen die Spize verjüngt, zeigt die männliche Linie und Jugendschuhforderungen, sozialhygienische und und be- eine tiefe Einbuchtung bei den Altersklassen 25 bis 50 Jahre. völkerungspolitische Maßnahmen, Erziehungs- und Er- Diese Einbuchtung erinnert an die Schlachtfelder, von denen nährungsfragen, Wohlfahrtspflege, mie überhaupt der rund zwei Millionen Männer nicht mehr zurüdfamen. Schutz von Gesundheit und Leben. Damit aber ist die naturgemäße Einstellung der sozialistischen Frau zu der Außenpolitik gegeben; es fann nur eine Politik des Friedens und der Berständigung sein. Gerade in der Mitarbeit sozialistischer Frauen an der Gesetzgebung wird die friedliche Entwicklung ihre stärkste Stüße finden.

Clara Bohm- Schuch .

Ein Denkmal des Krieges.

Das Statistische Reichsamt hat soeben die Ergebnisse der Bolkszählung über den Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands veröffentlicht. Das Schaubild, das wir nach­stehend bringen und in dem die in der Alterszusammen fegung der deutschen Bevölkerung vollzogenen Veränderungen ihren Ausdruck gefunden haben, ist wahrhaftig ein Denkmal des Krieges. All das Unheil, das der Krieg angerichtet hatte, sieht uns von diesem Schaubild entgegen!

Jeder Streifen auf dem Schaubild entspricht einem Altersjahrgang, seine Länge veranschaulicht, die Zahl der Personen in diesem Altersjahrgang. Bei normalen Ver­hältnissen sind die unteren Streifen, die die Zahl der Kinder wiedergeben, länger als die oberen, und sie verkürzen sich allmählich, so daß der Altersaufbau der Bevölkerung durch eine ziemlich regelmäßige Pyramide dargestellt wird.

Die Alterszusammensetzung der deutschen Bevölkerung Im Jahre 1910, wie wir es auf dem Schaubild sehen können, bildete in der Tat solch eine Pyramide. Diese normale Be­völkerungspyramide erlitt durch die Einwirkung des Krieges Ichwere Beränderungen, die noch über Jahrzehnte hinaus thren Einfluß auf das fulturelle und wirtschaftliche Leben Deutschlands ausüben werden.

Die Zahl der Geburten ging in den Kriegsjahren fatastrophel( um 3,5 Millionen) zurück die große Lücke auf dem Schaubild bei den Altersklassen 7 bis 10 Jahre gibt

FOO

600 300 800

Tausend

100 200

500 600

700

800

Tausend

Diese Berluste an Männern im blühenden Alter haben zu einem starken Ueberschuß an Frauen in den entsprechenden Altersklassen geführt. Es tamen auf 1000 Männer Frauen:

vom 25. bis 30 Jahre

1925

1910

1002

1151

"

30. 35.

35.

1001

1260

"

"

40.

1003

1180

M 19

"

40.

45.

1022

1108

H

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45.

50.

1045

1068

"

20

"

Durch diesen Ueberschuß an Frauen im heiratsfähigen Alter werden viele Frauen verhindert, eine Ehe einzugehen. Troz der erhöhten Heiratsfreudigkeit, zu der noch das gesunkene Heiratsalter und die Aufhebung der Wehrpflicht beigetragen haben, ist es Tausenden und Tausenden von Frauen nicht möglich, ihr eigenes Heim zu gründen. Die Zahl der durch den Krieg und seinen Massenmord zur Ehelosigkeit verurteilten Frauen erreicht, nach der Berechnung des Statistischen Reichsamtes, etwa 900 000.

Damit erklärt fich der Drang der Frau nach selbständigen Erwerb, der ihre Stellung im wirtschaftlichen und gesellschaft­lichen Leben ganz verändert hat. Andererseits hat die Ver­ringerung der Kinderzahl dazu beigetragen, daß auch die verheiratete Frau gegenwärtig nicht mehr in dem Maße von der Hausarbeit in Anspruch genommen wird, wie es früher geschah. und sie mehr Möglichkeit hat, an dem öffentlichen Leben des Landes teilzunehmen.

Uebrigens ist jetzt die Frau in hohem Grade für den Ausgang der Wahlen bestimmend: die Zahl der Frauen im wahlberechtigten Alter überstieg bei der Zählung vom Jahre 1925 die der Männer um rund 2,2 Millionen. Das er­schütternde Dentmal des Krieges, das wir oben gebracht haben und das sich vor unseren Augen als Berurteilung der Menschenvernichtung erhebt, muß der proletarischen Frau zeigen, welchen Gebrauch sie bei den kommenden Wahlen von ihrem Stimmrecht machen soll! Emma Woytinsky.