Die Kunst, Männer zu feffeln."

Ratschläge eines alten Schmöckers.

Kein Zirtustrid, bitte, aber etwas Aehnliches. Der Titel des alten Schmöters, der vor mir fiegt, lautet weiter: und in furzer Zeit glückliche Braut zu werden. Bielversprechende Winke für junge Damen, Männerherzen im Sturm zu erobern" Darf man hoffen, die Lacher nunmehr schon auf seiner Seite zu haben?

Mit diesem herzlich fröhlichen Lachen wollen wir diese Gesell ( chaftsstudie betrachten, die ganz dazu angetan ist, den Spiegel einer verlotterten und zum Untergang bestimmten Kaste vorzuhalten, die vor dem Kriege dominierte und noch heute ihre verlorene Position gern wleder erobern möchte. Wer will es bestreiten, daß es in diesen Kretsen eine Kunst war, Männer zu fesseln und für die Ehe einzu­fangen? War doch die Stellung der Frau in der Gesellschaft vor dem Kriege so, daß ihr das Joch der Ehe" erstrebenswerter erschien als bie Sklaverei der eigenen Familie und der lieben Anverwandten, wenn sie ehelos blieb. So mußte der Mann erobert, diese Eroberung aber erlernt werden.

So heißt es in einem solchen Unterrichtsbüchlein:

Die junge Dame erlebt Ihren ersten Ball, benn ber Ball bietet ohne Zweifel die beste Gelegenheit, Bekanntschaften zwischen Damen und Herren auf leichte Art angufnüpfen und fortzujeßen". Getragen von den Tönen der helter stimmenden Musit

schwebt das anmufige Paar bahin.

Es ist so glücklich; tanzt sie doch heute zum letzten Male als Jungfrau." Die Ballmutter aber sitzt mit ebenfalls flopfendem Herzen wie eine Henne bei ihren Küden und hofft, daß der große Fang gelingen möge. Bel dem Kapitel Winte und Ratschläge" wird dem jungen Mäd­chen angeraten, sie bekunde Gefallen an den Manieren und Neigun­gen thres Erkorenen, lege Gewicht auf seine Aeußerungen und An­fichten und verwebe in ihre Sprache geschickt Ausdrücke und Redens arten, die er vorzugsweise gebraucht. Sie zeige überhaupt Geschmack an allem, was ihm gefällt, dagegen Antipathie wider alles, was sein Mißfallen hervorruft." Beißt der Liebhaber nicht gleich an, so entfalte ,, ein junges Mädchen alsdann bie Rofetterie in pitanter Weise. Sie flelde ihre Reden in bezug auf Herzensangelegenheiten in doppel. finnige Ausbrücke und gebe fich den Anschein, als schente fie der Männerwelt nicht das nötige Bertrauen, um ihren ledigen Stand für ben ehelichen aufzugeben." Ist aber ein Mann erst in ein Mädchen bis zu einem gewissen Grade der Leldenschaft verliebt, dann fann sie thre bisherigen Berführungs- und Berlodungsfünfte getrost einstellen." Bei der Liebeserklärung finb u. a. folgende Winte zu beobachten: Sobald

ber Antragsteller entweder leidenschaftlich oder vielleicht mit von Tränen erfüllten Augen

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ober perlegen stammelnd, aber feine Erregung durch Mienen und Gebärden befundend, seine Erklärung macht, so tann die Auserforene von der reinen und aufrichtigen Liebe thres Zufünftigen überzeugt fein." Ist die Liebe des Mannes elme wenig feurige, fein Cha­ratter aber fest und stolz, so spiele die Dame die Wiltfährige, da fonst feinerfelts schneller als in anderen Fällen ein Rücktritt zu be­fürchten ist." Auch die Koketterie ist eine Kunst, die erlernt wer­ben will. Nicht einverstanden ist der fluge Ratgeber mit jener Art von Koketterie, die ihre feuersprühenden Blicke und herzdurch. bohrenden Amorpfeile den leicht entzündbar und verwundbaren Männerherzen zuschleudert und dadurch Feuersbrünste und Ver. wundungen" verursacht, gegen welche alle Feuerlöschanstalten und medizinisten Fakultäten nichts auszurichten vermögen." Den Ge­( lebten eifersüchtig zu machen, wird als unschuldige Kunst be­Belchnet, um ihn zu einer Erklärung zu veranlassen. Bei der Aus. führung dieses Kunstgriffes muß man sich aber sehr in acht nehmen, baß der Geliebte den Plan nicht durchschaut. Bleibt aber der Sünder trotz alledem verstockt, so ist es das Klügste, was man hun fann, thm für immer den Rücken zu fehren; denn man hat es alsdann mit einem leichtfertigen und loderen Gesellen zu tun." Der Pantoffelritter, der sich in allem den Wünschen seiner Dame fügt, ist bei aufsteigendem Verdacht ihrer Treulosigkeit folgender. maßen zu behandeln:" Das Mädchen weiß sich

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den Anschein schwer beleidigter Unschuld zu geben und je nach ihrem Naturell, oder Charakter durch ihre lleber­cebungskunst oder durch Tränen und Ohnmachten den Beweis zu llefern, daß ihr Unrecht geschehen set. Der Liebende bereut dann feine herzloje Uebereilung und gelobt im Stillen, es nimmermehr zu einer ähnlichen Szene tommen zu lassen. Bei einem Witmer be­strebe man sich, die verstorbene Borgängerin aus dem Herzen seines Zukünftigen zu brängen, bie, eben, weil sie

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tot ist, in so herzlicherem Andenten bei ihm fortlebt. Wenn nun alles nach Wunsch gegangen ist, ber Mann nach ber raffiniertesten Methode im Neze zappett, folgt die Berlobung und dann endlich die Hochzelt. Am Schlußbild dieses Kapitels heißt es dann: Wenn Ihr aus der Ruhe der Hochzeitsnacht erwacht, werdet Ihr einen schönen Morgen, den ersten Morgen Eurer Ehe begrüßen. Heiter und lächelnd wird die junge Frau an der Seite ihres Gatten fizen und ihm die erste Taile Motta reichen....."

Wie die heutige Jugend( lebt? Ja, das zu sagen, brauchte man wohl ein neues Kapitel. Aber jedenfalls liebt sie wahrhafter.

Jm Sowjetfindergarten.

Die folgende Schilderung scheint von besonderem Interesse, well sie von einem Arbeiter stammt, einem Drucker, der den Sommer bet seinem Freunde verbrachte, der Bädagoge ist und dessen Haus in­mitten der Kindergartenfieblung sich befindet. So hatte er Gelegen heit, die Erziehungsmaßnahmen der USSR. tennen zu fernen. Seine Eindrüde wurden in der dritten Nummer ber Berufszeitschrift der Lehrerschaft der USSR . Die Lehrerzeitung" veröffentlicht. Und so beobachtete der Arbeiter:

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Wie auf ein Signal erhebt sich früh um 8 Uhr Lärm. Geschrel, Beinen und gegenseitiges Geschelte. Der Daticha"( Landhaus) ent­strömt eine Kinderschar im Alter von 4-9 Jahren. Durchweg Ar­beiterkinder, doch sehr gut, fast elegant gekleidet. Die Eltern sind sämtlich qualifizierte Arbeiter, denen es augenscheinlich nicht an Mitteln fehlt. Auf eine Gruppe von 50-60 Kindern entfallen brei bzw. vier Leiterinnen, Wie von Sinnen rennen sie durcheinander und ab und zu steht man sie Rippenstöße austeilen und gar zu Un­gebärdige gewaltsam in den Karzer sperren.

Endlich sitzt die Kinderschar ba. Unablässig läßt sich ble Stimme der Leiterin vernehmen, die absolute Stille und Ordnung fordert. Dann wird der Thee eingenommen. Bel Schluß jeder Mahlzeit stürzen die Kinder auseinander, gleich einer aufgescheuchten Herde. Einen kleinen Teil bloß halten die Leiterinen zurfid und beginnen zurück mit ihnen das Programm durchzuführen".

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Allmählich schrumpft ber Kreis um die Leiterinnen zufammen. Dafür fassen sich, über den ganzen Kindergartenbezirt hin verstreut, zahlreiche Szenen selbständiger Beschäftigung der sich selbst über. lassenen Kinder beobachten.

Zuweilen treiben sie Dinge, daß einem angst und bange wird. Eine Bestattung wird dargestellt oder die Bermählung eines fechs. jährigen Knaben mit einem vier. oder fünfjährigen Mädchen, wobel man sie zwingt, alles zu tun, wie es in Wirklichkeit" ist und wie sie es zu Hause beobachtet haben.

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Die Kinder halten Nachmittagsschlaf und die Stille am heffen Tage wirft feltfam. Die Leiterinnen versammeln sich für blesen Seite raum im Garten, fochen Beeren ein, nähen, flatschen übereinander, beraten ihre Kleidung. Bei alledem sind sie so taut, daß es einen Wunder nimmt, wie die Kinder es fertig bringen, bei bem Lärm zu schlafen.

Einmal in der Woche fommen die Eltern zu Gaste. Dann ändert sich das Bild. Dann gibt es meder Ausgelassenheit noch wilde Spiele. Sowohl Kinder als Leiterinnen halten Wache. Bolttommene Ordnung. Disziplin und Organisterthett fällt ins Auge. Wohl wahr, die Eltern tragen wenig Ordnung hinein in biese Feiertagsstimmung. Einige machen sich's bequem bet Schnüpschen und Imbis... Ein regelrechtes Trinkgelage wird er­öffnet vor den Augen der Kinder, ble derlei Szenen auch bahelm zu sehen bekommen. Zu den Ehrengästen gesellen sich die Leiterinnen und im Beisein der Kinder zecht man fast bis zur vollen Trunkenheit.

Beobachtet man das Berhalten der Kinder zur Leiterin, so muß man feststellen, daß ble einfachen Arbeiterinnen unter dem technischen Personal bel den Kindern größere Autorität genießen als ble Leiterinnen. Kommt es vielleicht daher, baß eine solche Technitschla sich weniger intellektueller Wendungen bebient, wenn sie zuweilen in grober, aber den Kindern verständlicher Form Verweise erteilt und zur Ordnung ruft?

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Ich habe da Revisoren gesehen, die die Arbeit der Erzieherinnen einer Beobachtung unterzogen. Ich hörte sie sehr fluge Reden führen. Das alles geschah, während die Kinder vorübergehend der

Fremden" megen zur Disziplin gebracht worden waren Meiner Meinung nach vermochte feiner blefer Revisoren eine der Wahrheit entsprechende Borstellung von blesem Kindergarten zu gewinnen,