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Die ihr Brot verdienen. Das Problem der verheirateten Arbeiterin.

Die Frage der Arbeit der verheirateten Frau ist durch langanhaltende Arbeitslosigkeit aktuell geworden. Die Stel- lung der Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratischen Partei zu dieser Frage wurde an dieser Stelle mehr als«in- mal beleuchtet: ohne den Grundsatz der sozialen Erwägungen bei der Verteilung der vorhandenen unzureichenden Arbeits- Möglichkeiten aufzugeben, lehnen sie mit voller Entschiedenheit jeden Versuch ab, die arbeitende Ehefrau als eine Arbeit- nehmerin zweiter Sorte zu betrachten und ihre Gleichberech- tigung mit den übrigen Arbeitnehmerinnen in Frage zu stellen... Wie groß ist aber die Zahl der arbeitenden verheirateten Frauen in Deutschland ? Welche Rolle spielen sie in der Wirt- schaft? Die jüngsten Veröffentlichungen des Statistischen Reichsamts bringen aufschlußreiche Daten darüber. Die Volks- und Berufszählung vom Jahre 192S hat im Reiche 32 Millionen erwerbstätiger Personen ermittelt, dar- unter 2Ü,S Millionen Männer und 11.5 Millionen Frauen. Die verheirateten Frauen stellen allerdings unter den weib- lichcn Erwerbstätigen nur«ine Minderheit dar: Ledige Frauen....... 6,8 Mill.(59,3 Proz.) Verheiratete Frauen..... 3,6(31,7) Verwitwete und�geschiedene Frauen 1,9.(9,9,) Von den ledigen Frauen im erwerbsfähigen Alter ist die große Mehrheit auf Erwerb angewiesen und diese Art der weiblichen Erwerbstätigkeit ist gegenwärtig viel weiter verbrettet, als dies vor dem Kriege der Fall war. Von hundert ledigen Frauen jeder Altersgruppe waren erwerbs- tätig: im Alter im Jahre 1997 im Jahre 1926 16 18 Fahre 73,4 72,2 18-29 77,1 78.7 29 25 M.«»» 77,9 81,9 2539....... 75,9 82,3 39-49...... 79,3 89,3 49-59....... 65,8 72,8 5069...... 56,1 61,7 Von der gesamten ledigen weiblichen Bevölkerung(auch Mädchen unter 1k Iahren, ja sogar weibliche Säuglinge mit- Serechnet) standen im Erwerb im Jahre 1907 31,9 Proz., im ahre 1925 bereits 41,2 Proz.. Dementsprechend ist die Zahl der arbeitenden ledigen Frauen von 5,1 Millionen im Jahre 1907 aus 6,8 Millionen im Jahre 1925 gestiegen. Anders steht es mit den verwitweten und ge- s ch i e d e n e n Frauen, die meistens zu den bejahrten Alters- klaffen gehören und zum großen Teil von den Witwenrenten oder Pensionen leben. Mit dem Ausbau der sozialen Ver- sicherung ist der Anteil solcher Rentnerinnen unter den ver- witweten und geschiedenen Frauen(von 41,2 Proz. im Jahre 1907 auf 48,8 Proz. im Jahre 1925) gestiegen, dagegen ist der Anteil- der Erwerbstätigen von 40,8 Proz. auf 34,5 Proz. zurückgegangen. Die erwerbstätigen Witwen und Ge- schiedenen sind sehr häufig selbständige Leiterinnen der Be- triebe, so sind z. B. nahezu vier Fünftel aller Eigentümerin- nen landwirtschaftlicher Betriebe Witwen. Den Kern des Problems bildet die Erwerbsarbeit der verheirateten Frauen, die eine eingehende Betrachtung erfordfrt. Der Prozentsatz der verheirateten Frauen, die in irgendwelchem Beruf tätig sind, ist heutzutage n u r u m weniges höher als vor dem Kriege: von 25,8 ist er aüf 28,7 Proz. gestiegen. In ähnlichem bescheidenen Rahmen bleibt auch das Wachstum der entsprechenden Prozentsätze für die einzelnen Altersklassen. Von 100 verheirateten Frauen waren erwerbstätig: im Jahre 1997 im Jahre 1925 ..... 33,8 31.3 ..... 21,1 27,8 ..... 21,6 27,9 ..... 21,9 26,8 ..... 25.4 27,9 ..... 28,6 30,7 ..... 29,5 31,"S

im Alter 1618 Fahre 1820 2025. 2530* 3040 4050. 60-60

Die Gesamtzahl der erwerbstätigen verheirateten Frauen betrug im Jahre 1907 2 5 Millionen, im Jahre 1925 3 645 326. Diese letzte Zahl verteilte sich wie folgt auf die einzelnen sozialen Gruppen:

Selbständige(Inhaberinnen oder Mitinhaberinnen eines eigenen Betriebes)........ 309 160 Mithelfende Familienangehörigen(Bauernsrauen u. -töchter, Ehefrauen von Handwerkern u. ä.)... 2 591 335 Angestellte und Beamtinnen......... 82 637 Arbeiterinnen.............. 708 061 Hausangestellte............. 44 233 Von der Gesamtzahl der erwerbstätigen verheirateten Frauen bilden den überwiegenden Teil, rund drei Viertel, Ehefrauen von Landwirten und-ardeitern, von Handwerkern und Gewerbetreibenden, die im Betriebe, auf dem Grundstück, im Laden, kurz, zu Hause oder in engster räumlicher Verbindung mit ihrem Hause arbeiten. Ob sie als selbständige oder mithelfende Familienangehörige austreten, ist hier von unserem Standpunkte aus nicht von großer Be- deutung, denn sie leisten keine Lohnarbeit. Wenn man über die Arbeit der verheirateten Frauen in Verbindung mit dem Problem der Arbeitslosigkeit spricht, hat man selbstverständ- lich nicht diese Frauen im Auge, sondern ausschließlich die- jenigen, die ihre Arbeitskrast aus dem Arbeitsmarkte verkaufen müssen. Es handelt sich also um die rund 708 000 Arbeiterinnen und 82 500 Angestellten und Beamtinnen. Die Gesamtzahl der weiblichen Angestellten war im Jahre 1925 rund 1,4 Millionen, die Verheirateten machten darunter nicht ganze 6 Proz. aus. Am zahlreichsten waren diese letzteren im Handelsgewerbe, in der Verwaltung und im Schulwesen tätig, dann noch im Nahrungsmittel-, Beklei- dungs- und Gastwirtsgewerbe. Die Zahl der verheirateten Arbeiterinnen beträgt. wie gesagt. 708 061. Davon sind 219 375 in der Landwirtschaft und 420 299 in der Industrie tätig. Ein Fünftel sämtlicher. Landarbeiterinnen und ungefähr soviel<21,4 Proz.) der In- dustriearbeiterinnen sind verheiratet. Aber in einigen In- dustriezweigcn steigt dieser Prozentsatz ganz erheblich: so er- mittelte die Zählung unter den Weberinnen 40,3 Proz ver- heirateter Frauen, unter den Appreturarbeiterinnen 34,4, unter den Spinnerinnen 31,8 Proz. Wir sehen also aus den angeführten Angaben, daß die Zahl der erwerbstätigen Frauen viel stärker gestiegen ist als die der Verheirateten, und daß die letzteren hauptsächlich im eigenen Betriebe oder in dem ihres Mannes arbeiten. Nur knapp ein Viertel der' erwerbstätigen verheirateten Frauen kommt für die Lohnarbeit in Betrocht. Da es sich in der Mehrzahl der Fälle nicht um das Streben der ver- heirateten Frau nach dem bürgerlichen Lebensniveau handelt, sondern um die Abwehr der Not. liegt auf der Hand. Die� mit häuslichen Sorgen belastete Arbeiterfrau sehnt sich nach der Fabrik gewiß nicht, sie möchte auch lieber mit ihrem Kinde zu Hause bleiben, als es allein auf der Straße lassen und für den Lebensunterhalt arbeiten. Unter diesen Umständen und angesichts der schweren Beeinträchtigung des Familien- lebcns durch die außerhäusliche Arbeit, klingt schon der Be- griffDoppelverdienerin" allein als ungerechte Verhöhnung dieser Frauen, die die doppelte Last der Haus- und Erwerbs- tätigkeit tragen, um die durch unzureichendes Einkommen des Mannes entstandenen Lücken im Haushalt auszufüllen. Emma Woytinski.

Die Diplomatie.

Die französische Regierung hat angeordnet, daß auch Frauen zur diplomatischen Lausbahn zugelassen werden können. Diese Maßnahme ist daraus zurückzusühren, daß in den letzten Iahren sich zu wenig männliche Bewerber für die diploma­tische Lausbahn gemeldet haben. Nachdem sich in diesem Jahre be- reit« mehrere weibliche Kandidaten gemeldet haben, hat.Briand diese Frage dem Ministerrat unterbreitet, der sich schließlich im günstigen Sinne ausgesprochen hat. Es sind zurzeit sechs Stelle» von Attaches und vier Stellen von stellvertretenden Konsuln zu be- setzen. Allerdings dürfen die zugelassenen Frauen im Aus- landsdienst nicht verwendet werden. In Deutschland gibt es keine einzige höhere Beqmtin im Aus» wärtigen Amt oder aus Gesandtschasten und Konsulaten. In Amerika ist die Frau langst zum diplomatischen und Konsulardienst jpejaiassen, in der Sowjetunion ebenfalls.