Kritif einer Ausstellung.
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Das Gesundheitsamt des Stadtbezirks Pankow veranstaltet im Gefundheitsamt, Grunowstraße 8-11, eine Ausstellung Mutter und Kind", die täglich von 16 Uhr an geöffnet ist. Wir alle begrüßen wohl diese kleinen Ausstellungen der Bezirksämter. Unendlich viel Gutes fann dadurch geschaffen werden. Der Besuch einer solchen fleinen Ausstellung, fostenlos und bequem; vermittelt durch das Material, das gut angeordnet ist und eine Ueberfütterung" glücklich vermeidet, zumeist mehr an wirklichem Wissen, als manche mit großer Reklame aufgezogene, teure Schau, von der ihren Besuchern ( man muß doch sein Billett ausnußen und an einem Tag möglichst alles" fehen!) zumeist nur ein Riefenrummel im Gedächtnis bleibt. Auch für diese Ausstellung gilt das: Vor allem für ihre erste Abteilung, die sich mit der Entwicklung des Menschen befaßt. BeJonders au loben ist hier die Ausstellung zehn großer, folorierter Tafeln, auf denen die Entwicklungsstufen der Fortpflanzungsvor gänge geschildert werden von der Amöbe bis zum Menschen. Ebenso gut ist die Darstellung der embryonalen Entwicklung des Kindes und die graphische Darstellung hygienischer und sozialer Schädigungen, die das Leben des Kindes bedrohen, besonders instruktiv die Darstellung des Sterbeüberschusses", der in Berlin den Geburtenüberschuh abgelöst hat und der ständig wächst und manche der anderen Tafeln, der anderen Modelle noch. Dann
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Dann aber folgt eine große Ausstellung der Artikel zur Pflege von Mutter und Kind". Hier hat man sich an Firmen gewandt, die natürlich nur zu bereitwillig diese Propagandemöglichkeit ergriffen haben, und man hat ihnen anscheinend alles abgenommen. Da steht ein„ Kochriftenkinderwagen" neuesten Modells, oben, unten, an den Seiten luftdicht durch Wachstuch abgeschloffen: Die Auffnöpfbede lit doppelt Wachstuch, damit die Sache nur recht solide ift! Da steht cine weißladierte Kindergarnitur, Tisch und Stühle: Daß fie menigstens feine Muschelauffäße mehr haben, ist das einzige, was man zu ihrem Lobe sagen fann; fie reinigen sich aber auch nicht ganz leicht. Da steht ein„ Klappstuht"- das berühmte Möbel, aus dem schon unzählige Kinder herausgefallen find, in dem unzählige andere( weil man das Kint ja so schön stundenlang darin ein Iperren fann) fich die erste Rückgratverfrümmung geholt haben. Da llegen Gummischlüpfer, die an den Schenkeln und am Bund gezogen find... die Liste ließe sich noch weiter verlängern. Und diefe Dinge find nicht etwa als abschreckende Beispiele gekennzeichnet, sondern tragen brav und treu den Namen der Firma, die sie zur Berfügung stellte! Selbst wenn später bei den Führungen mal auf die Fehlerhaftigkeit dieser Ausstellungsobjekte hingewiesen wird es find doch nicht andauernd Führungen, und es ist fraglich, ob die Firmen mit einer derartigen negativen Retleme einverstanden find - man sollte doch diesen Kram ohne weiteres herauswerfen! Eine| andere Koje hat man, weil noch Blah war", einer bekannten Kunstverlagsfirma zur Verfügung gestellt, um darin Kinderbilder auszustellen. Eine derartige Schan fönnte außerordentlich reizvoll Jein: Man denke an eine Zufemmenstellung über„ Das Kind und die Mode" von Rubens kleiner Tochter, von den unglücklich ge Jchmürten Infanten und Infantinnen des Belsquez zu den reizenden Kinderbildern der Engländer im 18. Jahrhundert, unseren Bleder meierbildern und der neuesten Zeit. Statt deffen ist gut die Hälfte der ausgestellten Bilder hundertprozentiger Kitsch, würdig, auf Raten" im Straßenhandel vertrieben zu werden. In einer Ede hängt ein nedischer Klapperitorch, auf dem Tisch liegt eins der lo beliebten Schußengelbilder...
Nach Meinung des leitenden Verwaltungsbeamten"( anders stellte sich der Herr nicht vor) wollte man eben allen was bieten, den Reichen und den weniger Begüterten. Aber Bonkow ist ein Arbeiterbezirk, und es wäre wichtiger und besser gemejen, statt der ,, Spielecke im Brivathaushalt" für seine Leute eine richtig und gut eingerichtete Wochenstube im Arbeiterhaushalt mit den primi tiven Hilfsmitteln herzurichten, die in solchen Fällen zu Gebote stehen. Als bescheidener Anfang dazu steht ja schon das Lager für Mutter und Kind da; hier hätte man ausbauen müffen. Kurzum: Dieser Ausstellung scheint vor allem das Auge einer fachverständigen Frau aus Arbeiterfreisen bei der Ausgeftaltung des praktischen Teiles völlig gefehlt zu haben. Interessant ist ferner noch die Abteilung, die der Hortpflege des Kleinkindes gewidmet ist. Hier find fich Montessori Syftem und Fröbel- Ausbildung gegenübergestellt- leider ist das en sich ausgezeichnete Montessori- Syftem so unglüdlich angeordnet, daß ein Lale fich überhaupt kein Bild von der Bedentung dieser Sache machen kann. Bielleicht läßt auch dieser Fehler, wie so mancher der anderen, sich bei der langen Dauer der Ausstellung noch abstellen. Bemerkenswert aber bleibt folgende tistik: Von den neun Kinderhorten des Bezirks Banken werden
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nur zwei beide in Niederschönhausen vom Bezirk unterhalten. Bier sind in den Händen kirchlicher Vereinigungen, zwei find reine Erwerbsunternhmen, einer wird durch die Fröbel- Bereinigung geleitet. Ein Montessori - Haus ist nicht unter den Horten; eine Statistik über die Kosten der Unterbringung eines Kindes für die Stadt wie für die Familie- fehlt.
Ein besonderer Dant gebührt aber noch dem Aufsichtsbeamten, der sich nicht damit begnügt, aufzupassen, sondern die Besucher stets auf allerlei Sehenswertes aufmerksam zu machen weiß: Er ist ein Beamtentyp, der ebenso felten wie schätzenswert ist. R. E.
Der gedeckte Tisch.
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Wo man überhaupt von einem Familienleben( prechen fann, wird Wert darauf gelegt, daß die Familienmitglieder sich wenigstens einmal einen Tag bei einer Mahlzeit vereinigen. Dieler Ruhepunkt im Getriebe des Tages ift von Bedeutung für das gegenseitige gute Verhältnis. Allen Angehörigen, aber vor allem der Hausfrau obliegt es, diefe Mahlzeit so zu gestalten, daß allen Teilnehmern das Beisammensein angenehm und erstrebenswert erfcheint. Da spielt nun, abgesehen von det Nettigkeit und Sauberfeit des Wohnraumes, die größte Rolle die Art, wie die Mahlzeit eingenommen wird. Es ist leider so, und durch die große Arbeitsüberlastung der Frau und die beschränkten Mittel, die ihr zur Verfügung stehen, nur allzu begreiflich, daß in vielen Familien oft nody wenig Wert auf die äußere Form der Mahlzeit gelegt wird. Und doch ist sie in jedem Falle, und gerade dort, wo die Mahlzeiten den knappen Mitteln entsprechend bescheiden sein müffen, von großer Bedeutung. Wie unbehaglich wirft es, wenn die Hausfrau im legten Augenblick den Küchentisch von den Kochüberresten notdürftig befreit, Messer, Gabel und Teller beinahe auf den Tisch mirst. Wasser, Brot, Salz, alles was die Mahlzeit vervollständigt, wird erst dann herbeigeholt, wenn es gebraucht wird, statt daß es handbereit auf dem Tisch steht. Das gute Service, das so viele Hausfrauen befizen, steht wohlverwahrt im Schrant, nur die Alltagsteller werden der Famille vorgelegt, obgleich sie alt und oft ausgeschlagen sind, ebenso ist's mit den Gläsern. An den Töpfen fleben oft noch Reste vom lleberkochen. Ist es da ein Wunder, wenn das oft ohnedies färgliche Effen in dieser wenig appetitlichen Aufmachung nicht dazu beiträgt, die Laune und das allgemeine Behagen zu heben und allzu oft aus dem geringfügigsten Anlaß erger und Auseinandersetzungen entstehen?
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Es bedarf mur der Erkenntnis der Hausfrau und der Familienmitglieder, die ihr helfen, daß sich mit einem verhältnis mäßig geringen Zeit- und Kostenmehraufmand die bescheidensten Speisen schmackhaft madjen laffen, wenn man den Tisch sauber aufdeckt, die Speisen mundgerecht anrichtet. Freude und Behagen der ganzen Famille ist der Dank für die Mühe, um sich ständig in Besiz dieser Kulturforderung" zu feßen.
Es muß durchaus tein fostbares weißes Tuch auf dem Tische liegen, obwohl unstreitig ein weißgedeckter Tisch große Borzüge hat. Das weiße Tischtuch wird bald schmutzig, und darum lieber lein weißes als ein unfauberes. Es gibt jezt hübsche bunte Tischtücher, die sehr gut wirken. Es kann aber auch weißes Linoleum sein, das den Vorteil hat, leicht gereinigt zu werden und mühevolle Wäsche erspart. Wichtig für den Gesamteindruck ist ein einheitliches Eßgeschirr, wenn auch noch so bescheiden in Qualität und Form. Am schönsten wirten weißes oder buntes Steingut oder Porzellan, aber alle Teller in gleicher Form und Farbe. Darum ist es gut, bei Neuanschaffungen ein Geschirr zu wählen, das leicht ergänzbar ist; es muß durchaus nicht von vornherein ein komplettes Service sein. Ebenso sollen die Gläser die gleiche Form haben. Das Brot in einem netten geflochtenen Bafte oder Rohforbe, der Wasserkrug aus Glas oder Steingut, das Salz nicht auf irgendeinem großen Teller, fondern in einem kleinen Salzfaß, fein altmodisches Ungeheuer, kein porfintffutliches Tier oder ein füllhorn: ragender Engel vollständigen den freundlichen Eindruck. Servietten zum Mundund händeabwischen gehören in einfache Holz, Baft, Metallringe oder Serviettentäschchen, für jedes Familenmitglied kenntlich gemacht. Die Speisen schmecken doppelt gut, wenn sie nicht in den Kochtöpfen, sondern in einfachen weißen Schüsseln serviert werden.
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Von Wichtigkeit ist es auch, daß beim Tischdecken Teller und Bested nicht unordentlich hingeworfen werden, sondern in einer bestimmten Ordnung hingelegt werden. Das Tischtuch nicht schräg, die Teller nicht mitten am Tisch, sondern dem Rande zu, das Besteck und die Serviette neben dem Teller und nicht oben oder unten. Ein kleiner Blumenstrauß, eine einzelne Blume, ein blühender Zweig oder eine Blattpflanze, je nach der Jahreszeit in der Mitte