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Frauenstimme

Nr.12 46. Jahrgang *

Beilage zum Vorwärts

27. Juni 1929

Frau Arbeitsminister.

Elend des englischen Proletariats zu vermindern.

Unter den Ministern der Arbeiterregierung befindet sich| Ministerium haben wird, die alles versuchen wird, um das eine Frau, die schon seit vielen Jahren mitten in der eng lischen Arbeiterbewegung steht und sich große Verdienste um die englische Arbeiterschaft erworben hat: Miß Margaret Bondfield .

Schon im ersten Ministerium Macdonald sollte sie das Arbeitsministerium übernehmen. Ihre Bescheidenheit aber ließ sie von der Uebernahme dieses Postens Abstand nehmen. Sie wurde die parlamentarische Gefretärin im ersten Arbeitsministerium Englands. Eingeweihte wissen, daß bei den vertraulichen Beratungen dieses ersten Mac­

Morgen.

Der Morgen reißt sich auf die Brust Und tränkt ben Tag mit seinem Blut. Und hat doch von der Nacht gewußt, In ihrem Schoß hat er geruht.

Genossin Bondfield hat schon in den neunziger Jahren im Vordergrund der englischen Arbeiterbewegung gestanden. Bereits 1899 nahm sie als erste weibliche Dele gierte an dem Gewerkschafts­tongreß teil. Selbst die bür. gerliche Presse Englands rühmt die Genossin, die ,, Energie und Enthusiasmus" für ihr hohes und verantwortungsvolles Amt mit­bringe. Macdonald hat ihr in seinem Ministerium das ich were Amt des Arbeitsmini ſters übertragen. Genossin Bondfield bringt zu diesem Amt alles mit, was dieses Amt von ihr erfordert. Durch viele Jahre hin­durch leistete sie für die englischen Arbeiter und ihre Frauen agita torische Kleinarbeit. In zahl= losen Versammlungen trat sie für die Interessen der unehe­lichen Kinder ein, organisierte Krantendienst in den Proletariervierteln, richtete Gemein schaftstüchen ein und war besonders den Frauen in ihren Nöten ein treuer, unermüdlicher Berater.

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donald- Ministeriums ihr Wort immer gewichtig in die Wagschale der Entscheidungen fiel. 1923 führte sie das Präsidium des eng­lischen Gewerkschaftskongresses. Ihr Programm, das sie sich gemeinsam mit Macdonald im Arbeitsministerium aufgestellt hat, sieht in erster Linie den Bau von Wohnungen vor, denn in England ist die Wohnungsnot nicht fleiner als in den Kon­tinentſtaaten, Sie will viele Kleinwohnungen errichten lassen, die nicht mehr als etwa 9 Mart pro Woche Miete foften sollen. Von der Regierung sollen zu diesem Wohnbau große Bautosten­zuschüsse geleistet werden. Ein umfangreicher Plan ist in diesem Sinne bereits in Angriff genommen.

Umsonst gab sie die Sterne hin Und bleichte ihren dunklen Samt. Nur Lagen, Lag trägt er im Sinn, Bis seine Sonne aufgeflammt.

Genossin Bondfield hat immer unerschrocken, ohne Rück­sicht auf äußeren Erfolg die Meinung vertreten, die sie im Interesse des englischen Arbeiters als am zweckmäßigsten an­

Bruno Schönlant.

Margaret Bondfield ist die erste Frau, die in einem großen modernen Staat ein Ministerium leitet. Wir dürfen davon überzeugt sein, daß sie als englischer Arbeitsminister ihren Mann stellen" wird.

fah. So ſtand ſie zu Kriegsbeginn 1914 an der Seite Mac Kritif an dem Frauenfongreß.

donalds und der wenigen Mitglieder der Labour- Partei, die sich mit aller Energie gegen den Krieg erklärten. Daher tämpfte sie mit ihrer ganzen Kraft gegen die Teilnahme an dem Massenmorden des Krieges, trotzdem sie wohl wußte, daß sie durch diese Haltung innerhalb der englischen Arbeiter bewegung auf lange Zeit in den Hintergrund treten mußte. In diesen Tagen der Zurückhaltung fand sie die Freundschaft Macdonalds. Sie blieb in den Jahren des Krieges nicht untätig. Nachdem der Entschluß der Teilnahme am Krieg gefaßt war, fuchte sie das Elend zu lindern, so weit sie es vermochte. Sie nahm sich der Kriegswaisen und Hinterbliebenen an. In den Lazaretten pflegte sie die Verwundeten.

So ist es kein Zufall, daß Macdonald gerade sie zum Ar beitsminister in seinem Kabinett ernannt hat. Macdonald wußte, daß er in dieser Frau eine Kampfgenossin in seinem

Wer von sozialistischer Seite der Tagung des Weltbundes für Frauenstimmrecht beiwohnte, fonnte sich dem starten Eindruck dieses imposanten internationalen Parlaments von 1000 Frauen nicht entziehen. Die in den Ausschüssen geleistete sachliche Arbeit, die un­mittelbar auf nationale und internationale Gesetzgebung einwirten wird, die von starkem Ethos getragenen, zuweilen hinreißenden Reden der öffentlichen Versammlungen,

die parlamentarische Disziplin und Ausdauer der Frauen auch bei schwierigen und frodenen Berichterstattungen der Ausschüsse und nicht zuletzt die ausgezeichnete Organisierung des Kongresses gaben einen Eindruck von Frauenwillen und Frauenleistung in der Gegenwart, der die Frau als politischen Machtfaktor auch dem Widerstrebendsten bewußt machen mußte.

Wir wissen gut, daß es heute nicht mehr angeht, die Frauen­bewegung, und zwar gerade die im Weltbund für Frauenstimmrecht zusammengeschlossene, daneben gilt es den viel tonservativerent, in Wohltätgiteit fast aufgehenden Internationalen Frauenbund",